27 - Dachparty
Ich sah skeptisch das mehrstöckige Haus an und fragte mich, wo ich hingehen sollte.
Ich öffnete unseren Gruppenchat und sah, dass Nash ebenfalls gefragt hatte, wo er hin musste, also folgte ich der Anweisung, die Lox daraufhin geantwortet hatte.
Ich betrat das Haus, dessen Tür offen war, fuhr mit dem Fahrstuhl in den fünften Stock, ging nach links bis ich an einer Glastür ankam, trat hindurch und lief die Feuertreppe nach oben, bis ich auf dem Dach des Gebäudes stand.
Wow.
Überall hingen Lichterketten, auf dem Boden waren Sitzsäcke, Decken und Kissen, es spielte leise Musik und auf ein paar Stehtischen standen Snacks und Getränke.
Eins muss man Lox lassen, sie kann unglaublich gut planen.
"Leute, Livi ist da!" rief Nash aufgeregt und schloss mich kurz danach in eine Umarmung.
Daraufhin wollten mich Alle umarmen, selbst Shawn und das war eine ganz schön abgedrehte Situation.
"Super, dann können wir anfangen. Lasst uns anstoßen." rief Lox und ging zu einem der Tische, an dem Sektgläser standen.
Ich nahm mir eins und hörte gespannt zu, als Mahogany zu sprechen begann.
"Heute sind wir zusammen hier, um einen tollen Menschen zu ehren. Eigentlich sind es zwei, denn auch wenn wir das hier nicht als Geburtstagsparty aufziehen, möchte ich auch dir sagen, dass du toll bist und wir uns freuen dich kennen gelernt zu haben Livi.
Du bist so viel wertvoller als du denkst und ich glaube ich kann für uns Alle sagen, dass es nichts gibt, was wir uns mehr für dich wünschen, als endlich wieder etwas Glück zu spüren. Also auf dich und deinen Bruder.." nun stockte sie und sah sich erschrocken um.
Sie wusste seinen Namen ja gar nicht. Ich grinste, nahm wie immer mein Handy und tippte Logans Namen ein, bevor ich es ihr zeigte.
"Auf Logan und Olivia!" rief sie freudig und die Anderen sagten das Selbe, bevor wir anstießen und den Sekt tranken.
Ich war sehr dankbar dafür, dass es nur Sekt war und kein harter Alkohol. Da hätte ich sofort abgeblockt.
Der Abend nahm also seinen Lauf, Alle unterhielten sich, tranken ein bisschen was, tanzten und vor allem machten sie sich über das Essen her.
Und ich genoss es.
Ich konnte aus reiner Seele sagen, dass ich es genoss, meinen Freitag Abend mit ihnen auf einem Dach zu verbringen.
Es wurde immer später und damit auch kälter.
Mit einer Decke um die Schulter gelegt lief ich auf den Rand des Daches zu.
Überall waren Geländer und an eines lehnte ich mich, um über die Stadt zu sehen.
Die Meisten sind schon nach Hause gegangen.
Nur Mahogany, Shawn und Nash sind noch mit mir hier.
Sie hatten so unglaublich viel geredet.
Über ihre Kindheit, über die Schule, ihre Familien.
Und es ist schön Etwas von ihnen zu erfahren, denn ich interessierte mich für sie.
Ja, kaum zu glauben aber ich interessierte mich für die Menschen in meinem Umfeld.
Möchte wissen, was sie denken, fühlen, was sie belastet.
Vor 2-3 Wochen wäre das undenkbar gewesen.
Da gab es nur mich und meine Dunkelheit.
Und die gab es jetzt immer noch, doch je mehr ich es zuließ, desto mehr Licht schenkten mir diese Menschen.
Ich atmete die kühle Nachtluft ein und fühlte mich unglaublich lebendig.
Die letzten Wochen kamen mir wie durch einen Schleier verfälscht vor. Doch genau jetzt fühlte ich, dass ich am Leben war.
Und ich weiß es sogar zu schätzen.
"Hey ehm.. irgendwie war mir nicht so wohl dabei, dich hier allein am Geländer zu sehen. Du wirst nicht springen, oder?"
Ich atmete hörbar aus, und legte genervt den Kopf in den Nacken, bevor ich mich zu Shawn drehte und den Kopf schüttelte.
Das kann wohl nicht sein Ernst sein.
"Okay gut, ich meine wäre ja auch ne ganz schöne Sauerei."
Ich zog eine Augenbraue hoch und beobachtete, wie er seine Hand in den Nacken legt und zu Boden sieht.
Alles klar.
"Du siehst übrigens.. irgendwie schön aus heute." sprach er letztendlich und könnte ich - würde ich in Gelächter ausbrechen.
Das war einerseits so süß, andererseits überhaupt nicht, was man von Jemandem wie Shawn erwarten würde.
Immerhin macht er Mädchen bestimmt andauernd Komplimente, um sie rum zu kriegen.
Ich lächelte vor mich hin und ging ein paar Schritte, um mich auf eines der großen Sitzkissen fallen zu lassen.
Am Liebsten, würde ich für immer in diesem Moment stecken bleiben und nie etwas Anderes denken oder fühlen.
Shawn setzte sich zu mir und wir beobachteten schweigend den Sternenhimmel.
Kaum eine Wolke hinderte uns daran.
"Siehst du dieses Sternbild da?" fragte er und drehte den Kopf zu mir.
Ich drehte mein Kopf in die Richtung, in die er zeigte und nickte schließlich langsam.
"Ich habe absolut keine Ahnung, wie das heißt."
Ich konnte sein Schmunzeln förmlich hören und begann zu Grinsen wie eine Bekloppte, bevor ich wieder zu ihm sah und ihn vorwurfsvoll ansah.
"Nein, du musst jetzt nichts sagen. Oh warte.." Wieder grinste er und ich schlug ihm spielerisch auf die Brust.
Wann waren wir uns eigentlich so nah gekommen?
Wann war der Punkt an dem wir uns nicht mehr wirklich als Feinde ansahen, sondern als.. Freunde?
"Du weißt, ich mein das nicht so." seine Stimme klang plötzlich sanft und er sah mir tief in die Augen.
Diese funkelten, weil sich die Lichterketten in ihnen wieder spiegelten.
"Ich geh halt sehr komisch mit schwierigen Situationen um und versuche immer Alles ins Lächerliche zu ziehen, um keine Gefühle zu zeigen. Man wird so schnell verletzt, Mute." sprach er nun mehr zu sich als zu mir.
Ich werde das Gefühl nicht los, dass sich so viel mehr hinter diesem Kerl verbirgt.
Vielleicht hat es mit Mahogany's Anspielung von vor einigen Tagen zu tun. Oder es liegt wie Cami sagte, an der Trennung mit seiner Exfreundin.
Irgendwas hat diesen Jungen zerstört und ich will wissen was es ist, ich möchte ihn retten und.. oh Gott was dachte ich hier eigentlich?
"Hat dir schon Mal Jemand gesagt, dass du faszinierende Augen hast?" fragte er nun und ich sah ihn wieder an.
Langsam schüttelte ich den Kopf. Und das stimmt auch.
Man hatte mir schon gesagt, dass sie schön sind oder strahlen, aber faszinierend?
"Die sind irgendwie blau und dann grün. Dann wieder blau und dann.. ja, ich denke du weißt was ich meine." er begann leicht zu Lachen und auch ich schmunzelte ihn an.
17 Sekunden.
Ich sah ihm nun schon 17 Sekunden einfach nur in die Augen, hielt seinen Blickkontakt und hatte nicht das Bedürfnis ihn abzubrechen.
Die Menschen hier veränderten mich. Die Stadt veränderte mich.
Ich veränderte mich.
Wo es mir noch vor Wochen so schwer fiel Jemanden nur anzusehen, verlor ich mich hier in den Augen eines Jungen, der sich nicht Mal meinen echten Namen merken konnte.
Anstatt einer Panikattacke, begann mein Herz auf eine ganz andere Art zu rasen, als er seine warme Hand vorsichtig an meine Wange legte.
"Wie kann ich das Gefühl haben, dich so gut zu kennen, wo du doch noch kein einziges Wort zu mir gesagt hast?" flüsterte er fasziniert und musterte mein Gesicht.
Ich senkte meinen Blick und sah auf die Decke.
Er strich mit seinem Daumen über meine Wange, woraufhin ich ihm wieder in die Augen sah.
"Ich muss das tun, verstehst du? Es tut mir leid." flüsterte er und ich spürte, wie er meinen Kopf vorsichtig zu sich zog und seinen Kopf leicht neigte.
Er stoppte.
Unsere Gesichter waren Millimeter voneinander entfernt, ich bildete mir ein, seinen Herzschlag zu hören.
"Okay, also.. Oh.. Äh.." hörten wir plötzlich und fuhren augenblicklich auseinander.
Ist es plötzlich kälter geworden?
"Ich wollte euch nur sagen, dass.. Also.. Wir gehen jetzt. Wenn ihr noch hier bleiben wollt, schließt mit dem Schlüssel hier bitte die Glastür zu und werft ihn unten in den zweiten Briefkasten. Ich räume den Rest morgen weg." sagte Mahogany komplett überfordert, grinste jedoch am Schluss und verschwand mit Nash zusammen, über die Treppe.
Ich wollte aufstehen, doch Shawn nahm meine Hand und zog mich wieder nach unten.
"Geh nicht. Lass uns einfach hier bleiben und die Sterne beobachten." er grinste, wie immer, wenn er Irgendetwas vor hatte.
Und ich wusste nicht, ob das gut war.
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