17 - Date (✔️)
Er kam also, früher als erwartet stand der Freitag vor der Tür. Und natürlich brach die Nervosität nicht erst kurz vor dem Date über mich herein, nein. Schon die Nacht zuvor machte ich mir Gedanken darüber, was ich anziehen sollte.
Und das obwohl ich mir mal geschworen hatte, dass ich nie so ein Mädchen werden würde. Und jetzt sieh mal einer an, wo ich gelandet bin.
Schon in der Schule hatten Alle gemerkt, dass ich noch seltsamer drauf war, als an jedem anderen Tag im Jahr und ich konnte in den Gedanken meines Bruders lesen, dass er mich am liebsten in irgendeine Putzkammer geschlossen hätte, weil ich ihm auf die Nerven ging.
Aber ich konnte natürlich Niemandem sagen, wieso ich mich so verhielt. Das wäre doch absolut komisch, ihnen und damit meine ich vor allem meinem Bruder zu erzählen, dass ich ein Date mit Shawn hatte.
Unterdrücken konnte ich mein dämliches Getue trotzdem nicht. Und Zuhause ging das ganze Theater erst richtig los.
Andauernd rannte ich im Haus umher, um die Zeit zu vertreiben, ging viel zu früh duschen und verwendete sogar einen Conditioner für meine Haare.
Was war nur los mit mir? Das konnte nicht normal sein. Schließlich traf ich mich nicht das erste Mal mit Shawn.
Doch dieses Mal hatte es den Anschein ein Date zu sein und das würde mir und allen Anderen in diesem Haus noch die Nerven rauben.
Vor dem Spiegel stehend kämmte ich mir die nassen Haare und versuchte den verkrampften Blick im Gesicht loszuwerden.
"Ruhig bleiben, Kylie. Ganz. Ruhig. Einfach atmen", sprach ich meinem Spiegelbild gut zu, bevor ich im Handtuch bekleidet aus dem Badezimmer stürmte und volle Kanne in meinen Bruder rannte. Mir entfuhr ein kurzer Schrei, weshalb Cameron mich genervt musterte.
"Was ist los mit dir? Du nervst heute gewaltig!", meckerte er, bevor er sich an mir vorbei zwängte und im Bad verschwand.
Ich weiß ja, ich nerv mich doch selbst.
In meinem Zimmer angekommen warf ich mich erst mal in eine kurze graue Stoffhose und ein lockeres Shirt, um danach zu meiner Mum zu gehen. Das Ganze war ihre Idee, dann musste sie mir auch helfen bei der Auswahl meines Outfits.
"Mum, ich weiß nicht was ich anziehen so...woooah!", stieß ich aus und flog die letzten Treppenstufen runter, bis ich auf meinem Hintern landete.
"Kylie? Alles gut?", rief meine Mutter aus dem Wohnzimmer.
Schön, dass wir an einem Punkt angekommen waren, bei dem sie nichtmehr nach mir sah, sondern nur fragte, ob ich mir weh getan hatte.
"Ja, klar! Hab mir nur fast den Hals gebrochen!", gab ich laut zurück und rappelte mich auf, um zu ihr zu laufen. Sie saß nach wie vor entspannt auf dem Sofa und schrieb sich Etwas in den Kalender.
"Was soll ich anziehen?", fragte ich aufgewühlt und stellte mich direkt vor sie, sodass sie mich gar nicht erst ignorieren konnte. Eine Weile betrachtete sie mich stumm.
"Du hast da einen Pickel", merkte sie an und ich riss erschrocken die Augen auf.
"Was?! Kann nicht wahr sein, wo ist..-", begann ich aufgebracht, doch sie begann zu lachen und meinte, dass es nur ein Scherz war. Echt lustig.
"Mum heute ist..", ich sah mich kurz um, ob mein Bruder in der Nähe war "mein Date mit Shawn", beendete ich trotzdem flüsternd.
"Na schön, Spätzchen. Zieh doch einfach an, was du willst. Ihr seid so lange befreundet, dass er dich so oder so attraktiv finden wird. Ihm ist das doch egal was du anhast. Oder ob du meinen Conditioner verwendest", gab sie leicht empört von sich und ich grinste entschuldigend. Immerhin rochen meine Haare jetzt nach Kokosnuss.
"Ich weiß trotzdem nicht, was ich anziehen soll", gab ich verzweifelt von mir und beobachtete, wie Mum begann zu lächeln und danach in mein Zimmer lief.
Ich folgte ihr und wir durchsuchten gemeinsam meinen Kleiderschrank bis wir nur noch zwei Outfits zur Auswahl hatten.
Einmal ein schlichtes weißes Kleid, das mir zu den Knien reichte. Dazu eine Jeansjacke und Turnschuhe.
Oder eine schwarze, enge Jeans mit einem weißen Top und der Jeansjacke dazu. Ich ließ Beides auf dem Bett liegen und nahm mir vor, mich spontan zu entscheiden, was in einem Desaster enden würde.
Danach sah ich mir noch einige Youtube Videos an, bevor ich mich daran machte meine Haare zu glätten und mich dezent zu schminken. Ich wollte nicht übertreiben, trotzdem war es mir wichtig dass Shawn, der mich wirklich schon in sämtlichen Lebenslagen gesehen hatte, sah dass ich mich auch hübsch machen konnte.
Genau aus diesem Grund entschied ich mich auch für das Kleid, auf die Gefahr hin, dass ich später frieren würde. Doch das war es mir wert.
Schließlich setzte ich mich nervös auf mein Bett und wartete darauf, dass es an der Tür klingelte, was kurz darauf der Fall war.
Ich dachte, ich würde direkt tot umfallen, doch leider geschah nichts dergleichen. Noch nicht.
"Kylie! Shawn ist da!", rief meine Mum durchs Haus und ich verfluchte sie innerlich. Denn kurz nachdem ich mein Zimmer verlassen hatte, sah ich wie Cameron seinen Kopf aus seinem Zimmer streckte und mich fragte, was Shawn und ich vorhatten.
Ich antwortete ihm nicht, immerhin musste er nicht Alles wissen. Also ging ich einfach an ihm vorbei und rannte die Treppen hinunter.
"Hey", sagte ich schüchtern, als ich ihn an der Tür stehen sah und die letzten Stufen hinunter ging.
"Hey, wow. Du siehst echt schön aus", antwortete er und ich bedankte mich lächelnd. Ha, Jackpot!
Wir verabschiedeten uns kurz von Mum und verließen dann das Haus, um auf Shawn's Auto zuzulaufen. Bei dem Anblick wollte ich am liebsten in Tränen ausbrechen, denn hingegen meiner Erwartung fuhr er noch immer das Auto, dass er sich mit 16 durch seine etlichen Ferienjobs finanziert hatte.
Der gute, alte, rote Truck. Ich liebe es.
Wir fuhren zu einem italienischen Restaurant, in dem er ein Tisch für uns reserviert hatte. Wir saßen direkt am Fenster und konnten den mit Lichterketten beleuchteten Außenbereich betrachten. Es war schrecklich romantisch, jedenfalls für mich.
Wir redeten die komplette Zeit über unsere Kindheit und all die Sachen, die uns und unsere Freundschaft geprägt hatten, über alle Streitereien und schöne Momente. Über Alles.
Nach dem Essen, das Shawn gegen meinen Willen für uns Beide bezahlt hatte, verließen wir das Lokal wieder und liefen zurück zu seinem Auto, worüber ich froh war.
Denn wie vermutet, war es draußen kühl geworden.
Plötzlich kreischte Jemand hysterisch und wir wirbelten in die Richtung, aus der das Geräusch kam. Eine Truppe von Mädchen begannen Shawn's Namen zu rufen und auf uns zu zu rennen, weshalb ich sofort Panik bekam.
Sie begannen mich von ihm weg zu stoßen und rieten mir, ihn nicht wieder anzufassen, obwohl ich das überhaupt nicht getan hatte. Sie trieben mich regelrecht weg und begannen Fotos von und mit ihm zu machen.
Immer wieder wurden mir abschätzige, bis hin zu gehässigen Blicke zugeworfen und mein Unbehagen wuchs mit jeder Sekunde.
Sie wurden regelrecht aggressiv, wenn ich versuchte zurück zu meinem besten Freund zu gelangen.
Scheiße, so würde es doch immer laufen, oder? Wieso hatte ich mich überhaupt auf den Abend gefreut, wo ich doch innerlich wusste, dass es nicht gut gehen konnte?
Okay, bis gerade eben war er ja auch perfekt, doch aus diesem Traum erwachte ich gerade ungemütlich.
Ich gab mich geschlagen und entfernte mich von dem aufgeregten Haufen. Kurz überlegte ich, was ich nun machen wollte und obwohl ich wusste, dass ich übertrieb, nahm ich mein Handy und schrieb Shawn eine Nachricht, dass ich nach Hause lief.
Meine Reaktion nachzuvollziehen war beinahe unmöglich, doch eine Situation wie gerade eben rief einfach nur unglaubliche Panik in mir hervor und damit konnte ich nicht umgehen. Vor allem nicht, wenn derartige Gefühle im Spiel waren.
Allzu weit schien der Weg nicht gewesen sein, ich konnte die Luft gut gebrauchen und Shawn hatte sowieso nicht gemerkt, dass ich gegangen war, also was soll's?
Ein letztes Mal sah ich zu ihm, bevor ich mich umdrehte und davon lief. Denn das ist das Einzige, was ich jemals gut konnte, nicht wahr? Weg laufen, wenn es mir zu viel wurde. Ich bin ein elender Versager.
Eine ganze Weile lief ich durch die Straßen, die mir zwar bekannt waren, doch die Dunkelheit gehörte nicht zu meinen Freunden, also lenkte ich mich so gut wie möglich meinem Handy ab. Registrierte somit gar nicht, was in meinem Umfeld geschah.
Denn plötzlich packte mich Jemand grob an der Jacke und zog mich um eine Ecke. Gerade als ich einen erschrockenen Schrei von mir geben wollte, legte sich eine Hand auf meinen Mund und ich starrte in zwei kalte Augen.
Alles Leben wich aus meinem Körper und ich wusste, ich hatte verloren. Das Spiel ging in eine zweite Runde und ich hatte bereits verloren.
Wieso? Wie konnte das überhaupt sein?
Wo kam er her?
Und wieso konnte dieser Albtraum nicht endlich ein Ende haben?
"Na, hast du mich vermisst, Süße?"
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