16- Erinnerungen (✔️)
Shawn, der von der Pizzabestellung meines Bruders natürlich wesentlich mehr erfreut war, als ich, ging direkt mit Cameron nach unten und wartete auf die Pizza. Vielleicht sollte ich eher froh sein keinen Freund zu haben, der mich für Pizza sitzen ließ.
Sollte er doch einen Song über seine blöde Pizza schreiben, oder den Text einfach wieder bei seiner besten Freundin klauen, ohne zu wissen, dass er von ihm handelte. Kann es sein, dass ich eifersüchtig auf eine Pizza war? Dieser Junge würde mir den letzten Nerv rauben.
Dann hieß es wohl nur noch das Klavier und ich. Es war mir immer ein treuer Freund gewesen, selbst als ich Niemanden mehr hatte. Klaviere sind die wahren Freunde des Lebens.
Und sie aßen keine Pizza.
Vermutlich reagierte ich über, ein klein wenig. Dieser Moment zwischen uns war nur so echt und das hatte mir gefehlt, ich wollte nicht, dass er enden musste.
Immer und immer wieder spielte ich die Melodie, die von Shawn das okay bekommen hatte, änderte hier und da noch ein paar Kleinigkeiten und versuchte nebenbei darüber nachzudenken, worum sich der Text drehen könnte.
Wir waren uns einig, dass wir über Erinnerungen schreiben wollten, denn es erinnerte uns an die guten alten Zeiten zusammen an dem Projekt zu arbeiten. Nur leider wusste ich nicht, ob es eine wirklich so gute Idee war, in die Vergangenheit zu blicken, immerhin hatte sie mich an genau diesen Punkt geführt und ich würde nicht behaupten glücklich zu sein.
Musste man nicht irgendwann stoppen? Was ist, wenn man sich zu sehr in der Erinnerung verlor? Dann würde man sich jeden noch so perfekten Moment der Gegenwart vermasseln, weil man ihn nicht genießen konnte.
Wieso dachte ich überhaupt nur an Shawn und mich, wenn ich in die Vergangenheit blickte? Gab es denn verdammt nochmal kein einziges anderes Thema in meinem Kopf?
Wieso hatte ausgerechnet er sich dort oben eingenistet, wie ein lästiger Parasit? Wieso nicht irgendein anderer Typ?
Verflucht sei deine Perfektion, Shawn Mendes!
Verzweifelt ließ ich den Kopf auf die Tasten des Klavieres fallen, nur um direkt danach von dem unstimmigen Geräusch aufzuschrecken, dass es von sich gab.
So schwer konnte das doch wirklich nicht sein. Es sollte nur ein Song werden, kein Lebenswerk. Ich konnte schließlich Alles aufschreiben, egal was, egal wie es klang, selbst all meine Gedanken könnte ich.. Oh.. Moment..
Zögerlich legte ich die Hände ans Klavier und schloss langsam die Augen, bevor ich erneut begann, die Melodie zu spielen.
"A Melody so perfect, that it gets me through the day,
And the thought of us forever, is one that will never go away.
All I need to know is where to stop, take my hand and show me forever,
Never will I ever let you go", sang ich sanft, wenn auch nicht unbedingt schön.
Ich hörte auf zu spielen und blickte eine Weile meine Hände an. So schwer war das gar nicht. Vielleicht konnte ich diesen Song wirklich schreiben, auch wenn Shawn mit seiner Pizza beschäftigt war.
Plötzlich hörte ich, wie Jemand hinter mir zu klatschen begann und ich wirbelte erschrocken herum, nur um Shawn im Türrahmen stehen zu sehen. Er musterte mich lächelnd und mein Gesicht lief von null auf hundert rot an.
Das kann doch nicht wahr sein, bitte lass mich aus diesem Albtraum aufwachen.
"Okay, also bevor du dich über mich lustig machst, geh ich besser", murmelte ich beschämt und wand den Blick ab.
Hektisch packte ich meine Notenblätter zusammen und versuchte sie, während des Aufstehens, in meine Tasche zu packen. Das Ergebnis war wie zu erwarten, dass ich die Hälfte daneben warf und die Blätter direkt vor Shawn's Füßen auf dem Boden landeten. Konnte die Situation noch unangenehmer werden? Ich schätze nicht.
Immerhin konnte er meine Arbeit nun wortwörtlich mit den Füßen treten. Am liebsten würde ich mich wortlos auf den Boden setzen und heulen, doch ein wenig Selbstachtung blieb mir.
Shawn, Gentlemen der er war, bückte sich natürlich und half mir die Blätter einzusammeln.
Er gab sie mir stumm in die Hand und richtete sich wieder auf. Es war eine so unangenehme Situation.
Dieser blöde Plan konnte doch nur schief gehen, ich hätte dem Ganzen nie zustimmen sollen. Mich von ihm fernzuhalten tat zwar genauso weh, ersparte mir jedoch einiges an Peinlichkeit.
Von wegen neue, selbstbewusste Kylie. Am Arsch. Ich war noch genauso unsicher und abhängig von diesem Typen wie früher. Nur besaß ich mittlerweile genug Grips, um es mir einzugestehen.
"Das war wunderschön, Kylie", sagte Shawn, als ich schon am Absatz der Treppe stand und bereit war zu gehen.
"Achja?", fragte ich spöttisch. Wollte er mich nun wirklich noch verarschen und damit aufziehen? Das war absolut nicht seine Art.
"Ja", antwortete er ernst und ich drehte mich verwirrt zu ihm, in der Hoffnung ich würde doch noch sehen, dass er lügt. Doch sein Gesicht blickte mir ernst entgegen und ich begann daran zu zweifeln, dass er mich nur aufziehen wollte.
"Ich hab gehört, wie du Irgendwas auf das Klavier geschlagen hast. Wie ich dich kenne, war es dein Kopf. Also wollte ich nachsehen, ob du nun völlig verzweifelt bist, doch scheinbar lief das besser, als ich dachte. Ich sollte dich öfter allein lassen, wenn sowas dabei raus kommt", scherzte er und ich lächelte ihn überfordert an.
"Also geh nicht, okay? Du hast dich nicht blamiert. Lass uns zusammen weiterschreiben, ja?", schlug er vor und hielt mir zu allem Überfluss noch seine Hand entgegen.
Obwohl ich wusste, dass das eine absolut schlechte Idee war, ergriff ich seine Hand und bereute es bei den ersten Stromschlägen die durch meine Haut flossen, sofort wieder.
Wieso musste er auch eine derartige Wirkung auf mich haben?
Früher war das doch auch nicht so schlimm, oder? Wir hatten uns ständig umarmt oder in einem Bett geschlafen. Wir haben sogar gekuschelt und ich bin nicht so an die Decke gegangen wie durch diese kleine Berührung gerade.
Wieso konnte er nicht einfach das Selbe für mich fühlen? Und ein normaler Junge sein? Das ist Alles so unfair.
Ich mochte ihn schon, als er noch Pickel und eine Zahnspange hatte. Jetzt geiert ihm die ganze Welt hinterher, weil er ein, wie die Welt es nennen wollte, "glow up" hatte. Unfaire Scheiße.
Wir setzten uns zurück ans Klavier und ich diktierte Shawn die Zeilen, die ich eben gesungen hatte, sodass er sie zu den Noten schreiben konnte.
"Okay, ich hab eine Idee. Spiel nochmal von vorne", bat er und ich begann zu spielen, wie er es verlangte.
"So let's hold on together, to this paper and this pen,
And write down every letter, to every word we've ever said", sang er und wie immer, starrte ich ihn dabei regelrecht an.
Ein Wunder dass ich währendessen nicht vergessen hatte weiter zu spielen. Seine Stimme war einfach perfekt. Sobald er begann zu singen, schien meine Welt schöner zu sein und einfacher. Er sah so glücklich aus und das machte auch mich glücklich.
"Den zweiten Teil, von dem was du gesungen hast, könnten wir als kurzen Refrain nutzen. Wir hängen ihn an meine Zeilen dran und hätten somit nur kurze Strophen, dafür könnten wir mehr davon schreiben und eventuell eine längere Bridge einbauen.
Das würde zwar vom Aufbau her nicht in das typische Bild passen, aber es wäre etwas Anderes und niemand verbietet uns diesen Song besonders zu machen, oder? Was hältst du davon?", wie jedes Mal, wenn er über Musik sprach begannen seine Augen zu funkeln und er sprach so begeistert, wie ein kleines Kind.
Lächelnd stimmte ich ihm zu. Immerhin verstand er sowieso mehr davon, als ich es je könnte. Wir arbeiteten noch eine Weile weiter, bis er hörte, wie es an der Tür klingelte. Vermutlich seine heißgeliebte Pizza.
"Ich denke das reicht für heute, lass uns Pizza essen gehen. Apropos Essen.. wie wäre es, wenn wir am Freitag zusammen essen gehen würden? Wir könnten mehr Ideen für den Song sammeln", schlug er vor und riss mich damit komplett aus dem Konzept. Mein Herz blieb stehen und meine Atmung setzte aus.
War das sowas wie ein Date? Lud Shawn mich gerade allen Ernstes auf ein fucking Date ein? Das ist nicht wahr.
"Also nur.. wenn du nicht schon was vorhast", hängte er hektisch hinten dran, als wäre er nervös. Nervös? Shawn? Schon wieder? Oh mein Gott.
Und mal ehrlich, was sollte ich schon vorhaben?
"Nein. Also ja. Ich meine, ich habe nichts vor und wir können Essen gehen", antwortete ich schließlich umständlicher als geplant und lächelte überfordert, kniff dabei die Augenbrauen zusammen. Noch unauffälliger konnte ich mich nicht verhalten, oder? Ich könnte mich tatsächlich ohrfeigen.
Er hingegen setzte sein typisches "Shawn-Grinsen" auf, das ich wirklich nicht besser erklären konnte und nickte.
"Dann lass uns mal zu den Anderen gehen. Wer weiß, was die Beiden denken, was wir hier treiben", sagte er zwinkernd in meine Richtung, bevor er sich umdrehte und loslief und ich schwöre, in dem Moment wäre ich beinahe in Ohnmacht gefallen.
Hätte es nicht so wahnsinnig gut nach Pizza gerochen und die konnte ich nicht den Jungs allein überlassen.
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