Am nächsten Morgen wurde ich durch sanfte Küsse auf meinem Nacken geweckt und um ehrlich zu sein, konnte ich mich daran gewöhnen.

Bisher hatte ich sofort alles Männliche rausgeworfen, wenn sie am Morgen noch neben mir lagen.

Doch zwischen Shawn und mir ist Nichts gelaufen letzte Nacht und das hier genieße ich gerade viel mehr.

Schlussfolgerung?
Ich bin wahrscheinlich auf den Kopf gefallen.
Alles Andere ergibt keinen Sinn.

"Guten Morgen, Engel." flüsterte Shawn und ich bekam sofort eine Gänsehaut.

Seine Worte waren so sanft, doch seine Stimme so rau.

Und vor Allem fern von der Wahrheit, denn ich bin wohl alles Andere als ein Engel.

Ich drehte mich in seine Richtung und beobachtete ihn einen Moment lang.

Er sieht aus wie ein Gott und das ohne es zu versuchen.

Seine wuscheligen Haare, seine vollen Lippen und die kleine Narbe auf der Wange.

Er ist so wunderschön.

"Du bist so schön." murmelte er und strich mir über die Wange.

Ich begann zu kichern. Das war creepy.

"Was?"

"Ich habe gerade genau das Gleiche gedacht." antwortete ich grinsend.

"Dass ich schön bin?" fragte er grinsend und ich verdrehte die Augen.

"Nein, dass ich schön bin, Dummkopf." neckte ich ihn und legte meinen Kopf auf seiner Brust ab.

Er strich sanft über mein Rücken und ich fuhr mit dem Zeigefinger über seinen Oberkörper.

Ich könnte den ganzen Tag nichts Anderes tun.

Man, was stimmt nur nicht mit mir?
Wieso bin ich so ekelhaft kitschig?

"Shawn! Violet! Das Frühstück ist fertig!" hörten wir die Stimme von Shawn's Mum und ich begann erneut zu Grinsen.

Es ist Alles so perfekt.

"Ich mach mich schnell fertig." sagte ich und küsste Shawn auf die Wange, bevor ich aus dem Bett krabbelte, ins Gästezimmer lief und mir Etwas anzog.

Danach ging ich ins Bad, machte mich frisch und lief dann die Treppen nach unten.

Im Esszimmer traf ich auf Karen und Aaliyah, die bereits am Tisch saßen. Ich begrüßte die Beiden und setzte mich dazu.

Zögerlich nahm ich mir ein Toastbrot und Nutella und fühlte mich direkt wieder schlecht.

Ich will nicht, dass sie denken, ich würde mich hier durchfuttern.

Irgendwie musste ich Geld auftreiben um das hier wieder gut zu machen.

Vielleicht kauft ja Jemand meine Niere oder sowas.
Davon hab ich schließlich zwei.

"Möchtest du Kaffee?" fragte Karen lächelnd und hielt eine Kanne in der Hand.

"Gerne, dankeschön." antwortete ich und hielt ihr meine Tasse hin, die neben dem Teller stand.

"Ach hör auf." hörte ich Shawn lachen und er trat mit seinem Vater um die Ecke, der ebenfalls leicht lachte.

Man erkannte eine gewisse Ähnlichkeit zwischen den Beiden.

"Oh guten Morgen, Violet." begrüßte er mich sofort.

"Guten Morgen, Mr.Mendes." grüßte ich freundlich zurück und lächelte, woraufhin sich Shawn ein Lachen verkneifen musste.

Das gibt Prügel, aber erst später.
Es ist schließlich ein Polizist anwesend.

"Ach was, nenn mich Manuel. Wie geht's denn unserer Kleinkriminellen?" fragte er grinsend und wackelte mit den Augenbrauen.

Er lief zu seiner Frau, gab ihr einen Kuss auf die Wange und setzte sich dann neben seine Tochter.

"Ziemlich gut, danke." antwortete ich ehrlich und sah dann zu Shawn, dessen Blick sich förmlich in meine Haut brannte.

Er setzte sich direkt neben mich und begann zu frühstücken, ohne Etwas zu sagen.

Nach dem Essen, machten wir drei uns auf den Weg in die Schule.

Shawn beschloss zu fahren, also saßen wir kurz darauf in seinem Auto.

Auf der Fahrt wurde mir etwas mulmig zumute.

"Die werden uns alle anstarren, das ist dir doch klar." merkte ich an und sah skeptisch zu meinem.. naja.. whatever.

"Ist mir egal." antwortete er gleichgültig.

"Die werden aber auch sicher ganz viel reden."

"Ich freu mich schon drauf." er schmunzelte in meine Richtung.

Ich sah ihn verzweifelt an.

"Jetzt schau nicht so, ich hab dir gesagt, dass es mir egal ist, welchen Ruf du hast oder was sie von uns denken okay?
Ich bin stolz darauf mit dir gesehen zu werden." sagte er und lächelte schließlich.

"Wäh, ihr seid ja ekelhaft süß." Aaliyah streckte ihren Kopf zu uns nach vorne und riss mich damit aus meinen Gedanken.

Ich begann leise zu lachen.

Als wir an der Schule ankamen, stieg mein Puls ins Unermessliche.

Sie würden starren und reden und lästern und tuscheln.

Also.. auf in den Spaß.

Wir stiegen aus und bekamen schon direkt auf dem Parkplatz klischeehafte Blicke zugeworfen.

Und beim Betreten der Schule wurde das kein bisschen besser.

Plötzlich wurde ich beinahe umgerannt und in eine Umarmung meiner Schwester gezogen.

Wo kam die denn plötzlich her?

"Ich bin so froh, dass es dir gut geht. Es ist so nett, dass sie bei euch bleiben durfte über Nacht." sagte sie schließlich an Shawn und Aaliyah gerichtet.

"Ist doch kein Problem." lächelte Aaliyah.

"Ich hab mit Judy geredet.." begann sie zögerlich.

Ich wusste es würde mir nicht gefallen, doch heute konnte Nichts meine Laune zerstören.

"Und?" fragte ich wenig hoffnungsvoll.

Um ehrlich zu sein, wollte ich gar nicht zurück.

Andererseits wollte ich noch weniger ins Heim und bei Shawn konnte ich nicht ewig unterkommen.

"Sie.. hat gesagt ihre Entscheidung wäre endgültig.
Und sie möchte heute das Jugendamt informieren." sie sah mich entschuldigend an, doch sie trug überhaupt keine Schuld daran.

Im Gegenteil, sie wollte Judy jedenfalls noch umstimmen.

"Ja, ist kein Ding. Ich komm schon klar, mach dir keine Sorgen um mich." ich lächelte sie an und umarmte sie nochmal.

"Ich muss zum Unterricht. Wir sehen uns in der Pause." sagte ich noch immer lächelnd, drehte mich um und lief einige Schritte.

Shawn folgte mir.

"Ist kein Ding? Du kommst schon klar? Welcher Film war das denn?" fragte er vorwurfsvoll und lief neben mir her.

"Was soll ich ihr denn sagen? Sie soll sich keine Sorgen machen.
Ich meine ich.. komm schon irgendwie klar." ich zuckte mit den Schultern.

Ich konnte nichts dafür, meine kalte Fassade schien einfach durch.

"Du hast keine Angst?" fragte er und ich lachte ironisch auf.

"Angst ist gar kein Ausdruck dafür." murmelte ich.

"Wirst du mir irgendwann erzählen, wieso das Waisenhaus so schrecklich war?" fragte er einfühlsam und ich war kurz davor innerlich zu platzen.

"Nein." antwortete ich schlicht.

"Hab ich mir gedacht.
Okay, wir sehen uns in der Pause, ja? Ich hol dich am Klassenzimmer ab."

"Du weißt gar nicht, wo ich Unterricht habe!" zog ich ihn auf.

"B207" antwortete er schlicht und ich starrte ihn mit offenem Mund an.

"Woher.." begann ich, doch er unterbrach mich grinsend.

"Pack doch deine Vampirtheorie wieder aus." er zwinkerte und verschwand um die Ecke.

Er ist komisch, keine Frage.

+++
Woher weiß er das nun wieder? Was wird das Jugendamt sagen?

Meine Freunde, heute geht's mir nicht gut. Ich weiß aber nicht wieso. Kennt ihr das? Es nervt mich.