13 - Karma
Was am Nachmittag anstand, hatte mir schon früh am Dienstag Morgen die Laune vermiest.
Dass mein Schulalltag nicht sonderlich entspannend und ruhig ist, hatte die Sache nur verschlechtert als verbessert.
Seit ich vor beinahe 3 Jahren gefunden wurde, muss ich alle 6 Monate ins Krankenhaus, um Untersuchungen durchführen zu lassen.
Was das genau bringen soll, weiß ich ehrlich gesagt nicht.
Vielleicht erhoffen sie sich, dass ich meine Erinnerung wieder habe und sie die Story bringen können.
Ich hasse diese Routine Tests.
Denn das hier sind nur informationsgeile Vollaffen, die in ihrem Leben nichts Spannendes finden können.
Okay.. ich weiß ich übertreibe schon wieder.
Ich bin nur nicht sonderlich gern an diesem Ort, wenn man bedenkt, dass die ersten 2 Monate, an die ich mich in meinem Leben erinnern kann, im Krankenhaus stattgefunden haben.
Also saß ich hier im Wartezimmer und versuchte so wenig Bakterienluft einzuatmen, wie nur möglich.
Wenn ich mir das schon allein bildlich vorstelle, wie hier Milliarden von kleinen Viren und Bakterien durch die Luft fliegen, könnte ich kotzen.
Mir gegenüber saß ein kleiner Junge. Er hielt sich den Arm und seine Mutter, die nebendran saß, las entspannt Etwas in einer Zeitung.
Er wippte nervös mit seinem Fuß. Eine Eigenschaft die ich an Anderen hasse.
Ich mag keine Kinder.
Ich weiß das klingt hart, aber viel mehr ist es der Neid der aus mir spricht.
Immerhin genießen Viele von ihnen eine unbeschwerte Kindheit, während ich nicht mal ansatzweise weiß, wie meine Kindheit aussah.
"Ms.Cooper, Sie dürfen mir folgen." rief mich eine Krankenschwester auf und ich folgte ihr in ein Behandlungszimmer.
Sie deutete mir mit der Hand, mich auf die Liege zu setzen und begann dann, Etwas aus ihren Schubladen zu suchen.
"Dr.Milgram ist sofort da. Ich soll solang schon Mal Blut abnehmen, aber keine Angst, sie kennen das ja."
Ich weiß, sie versucht nur freundlich zu sein aber ihre Anwesenheit macht mich aggressiv und ich weiß nicht wieso.
"Ich habe keine Angst." murrte ich nur und sah ihr schließlich dabei zu, wie sie mir gefühlt 3 Liter Blut aus den Adern zog.
Aber gut, wer braucht schon Blut um zu leben?
Was wollen die überhaupt mit meinem Blut?
Das ist Alles so ätzend.
Kurze Zeit später kam der neue Arzt in den Raum.
Bisher wurde ich immer von einem alten Mann mit grauen Haaren behandelt.
Er war zwar nett, aber unheimlich.
Dieser Mann ist mir nun auch noch fremd, was Alles absolut besser machte.
Er hatte eine dicke Akte in der Hand, die er hinter mir auf die Ablage warf. Mehr oder weniger geduldig wartete ich darauf, dass Etwas geschah.
"Also, wie gehts uns denn heute?" fragte er überschwänglich.
Na ganz große Klasse. So einer also.
"Sie sind Arzt und verdienen gut, ich schätze ihnen geht es ganz gut.
Ich bin Schülerin und werde täglich von meinem Leben verarscht, was denken sie denn?" fragte ich ironisch grinsend und er hob skeptisch eine Augenbraue.
"Waren sie schon beim Röntgen?" fragte er, anstatt auf meine Worte einzugehen.
Ich schüttelte lediglich den Kopf. Er atmete tief aus.
"Können sie sich an Irgendetwas wieder erinnern?" wieder schüttelte ich nur den Kopf.
Ich habe keine Lust auf diese dumme Fragestunde.
"Na schön, ich gehe sie kurz beim Röntgen anmelden, um zu sehen, wie ihr Schlüsselbein aussieht. Ich bin sofort zurück." sagte er, bevor er den Raum verließ und ich wieder alleine rum saß.
Mein Schlüsselbein war damals mehrfach gebrochen.
Der Arzt meinte, es wären Einschläge mit einem Hammer gewesen, doch ich bezweifle, dass mir Jemand mit einem Hammer hinterher gerannt ist.
Den Knochen zu retten war scheinbar eine heikle Angelegenheit, deshalb verstehe ich die Röntgenaufnahmen, alles Andere hier ist Quatsch.
Ich bin schließlich wieder gesund.
Ich rupfte mir direkt das Pflaster mit den Marienkäfern wieder runter, das ich nach der Blutabnahme bekommen habe und hüpfte von der Liege.
Wenn ich eine Zukunft hätte, könnte ich mir vorstellen als Krankenschwester zu arbeiten.
Ich weiß wie paradox das klingt, weil ich diesen Ort absolut hasse, aber wenn ich hier arbeite, bin ich ja nicht als Patient hier, da würde sich das Ganze nicht so schlimm anfühlen.
Aber ich habe keine Zukunft, also ist diese innere Diskussion schon wieder die reinste Zeitverschwendung.
Ich lief hin und her, bis mein Blick auf meiner Akte kleben blieb.
Da darf man nicht reinschauen, richtig?
Aber eigentlich geht es darin ja um mich, also sollte ich schon Mal einen Blick darauf werfen.
Stimmt's?
Ich schnappte mir die Akte, legte sie vor mir auf die "Arbeitsfläche" und blätterte ein bisschen darin rum.
Einige Bilder fielen mir in die Hände, die ich mir ansah.
Verschiedene Ultraschallbilder, ein Ganzkörper CT mit einigen markierten Stellen an meinem Körper und die Röntgenbilder von den Knochenbrüchen die ich hatte.
Einige Arztberichte waren zu sehen, ebenso wie eine Vermutung, was die Ursachen meiner Verletzungen waren.
Da stand eine Menge von wegen gewalttätiger Familie, tagelanger Flucht in den Wald, Nahrungsmangel, bla bla..
Jeder schien zu meiner Vergangenheit seine eigene Theorie zu haben, doch im Endeffekt schrieben sie trotzdem Alle so ziemlich das Selbe.
Wäre meine Familie so schlimm gewesen, könnte ich mich daran doch erinnern, oder?
Immerhin bleiben böse Erinnerungen immer in uns.
Ich überflog die nächste Seite und griff Worte wie Blutverlust, Unterkühlung und Halluzinationen auf.
Doch plötzlich schien Alles einen Moment lang still zu stehen und ich hörte auf zu atmen.
"Außerdem konnten wir deutliche Spuren finden, die auf sexuelle Misshandlung vermuten lassen." flüsterte ich ungläubig vor mich hin.
"Was tun sie da, Ms.Cooper?" hörte ich die Stimme von Dr.Milgram hinter mir sagen.
Wutentbrannt drehte ich mich um und warf ihm meine Krankenakte vor die Füße.
"Ist das ihr verschissener Ernst? Reichen die ganzen Lügen nicht, die sie Alle über meine Familie verbreitet haben? Sexueller Missbrauch?
Ihr tickt nicht ganz richtig, ihr abgefuckten Drecksmenschen!
Ihr habt keine Ahnung was passiert ist, also nehmen Sie sich nicht das Recht raus, derartige Lügen zu verbreiten!
Niemand hat mich auch nur angefasst! Verstanden, sie jämmerlicher Volltrottel?" brüllte ich dem eigentlich unschuldigen Arzt ins Gesicht.
Ich weiß er ist neu hier und hat mit All dem nicht viel zu tun, aber ich musste meine Wut rauslassen.
Niemand hat mich missbraucht, das hätte ich doch gespürt.
Ich hätte es gefühlt, aber so war es nicht, meine Familie würde mir sowas nicht antun.
Nie im Leben.
"Sie wissen doch nicht, was ihnen passiert ist, dachte ich?" fragte er nun provokant schmunzelnd und ich glaubte ein tiefrotes Gesicht zu bekommen und aus den Ohren zu qualmen.
Dieses miese kleine Frettchen.
"Ihnen geht es doch nur um das Geld.." murmelte ich, beinahe unfähig Etwas auf dieses unmenschliche Benehmen zu sagen.
"Was denkst du wie viel Geld man bekommt, für eine derartige Story?" sagte er schlicht und schmunzelte.
So viel zum Thema unschuldiger Arzt.
"Karma schlägt zurück, niveauloser Bastard." sagte ich verblüffend ruhig, drehte mich um und verließ das Zimmer.
In mir war so eine enorme Wut.
Wieso bin ich der Mittelpunkt dieser anscheinend so gut vermarktbaren Story?
Wieso merken sie nicht, dass es ein verdammtes Leben ist, über das sie da Lügen verbreiten?
Ich wollte das nie. Niemand hat mich gefragt.
Und nicht einmal nach fast drei Jahren hörten die Leute auf damit, immer mehr Lügen über das zu verbreiten, was sowieso Keiner sicher weiß.
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Was denkt ihr eigentlich, ist Violet einfach "blind" und möchte nicht wahrhaben, was ihr wiederfahren ist? Oder glaubt ihr an ihr inneres Gefühl, dass ihre Familie nicht böse ist?
Was sagt ihr zu den Menschen im Krankenhaus?
Habt ihr coole Geschichten, die euch quasi mit Shawn Mendes verbinden oder wo euch seine Musik mal weiter geholfen hat?
Ich muss sagen, ich hab mehrere Stories.
Das erste Mal richtig von ihm gehört habe ich erst, als Stitches rauskam, das muss ich zugeben. Ich wusste nichts von Vine oder sowas.
Allerdings hab ich das Lied geliebt und hab es an meinem 17.Geburtstag morgens beim Schminken in der Dauerschleife gehört.
Abends war ich dann mit Freunden essen und in einer Sishabar und auf dem Heimweg hatten wir dann ein kleinen Autounfall, sind dann zurück in das Lokal, wo wir Essen waren und ich hab voll geheult und dann kam Stitches dort im Radio und ich war plötzlich ganz ruhig.
Die andere Sache ist noch gar nicht lange her.
Ihr wisst ja ich war beim mrt und Allem wegen meinem Kopf, weil der Neurologe meinte, er will einen Tumor ausschließen.
Und da war ich wirklich fix und fertig mit den Nerven, hab unter richtigen Depressionen gelitten und dachte, ich muss bald sterben.
Dann war der Abend vor dem Mrt, das mir dann quasi die Antwort geben konnte, ob ich krank bin oder nicht und ich war echt fertig.
Meine Mum hat dann gesagt ich soll ein Bad nehmen und hat mir ein Wasser eingelassen. Dann bin ich ins Bad, hab das Radio angemacht (Also wir haben so ein eingebautes Radio) und bin dann in die Badewanne und genau als ich rein bin, kam dann "In my blood" und das hat mir in dem Moment so sehr geholfen, weil ich da wusste, dass Alles gut werden würde, egal was morgen rauskommt.
Hab zwar geheult wie eine Blöde aber irgendwie tat das gut, ich hab mich nicht so allein gefühlt und es war wie eine Botschaft für mich. Dass das Lied genau in dem Moment kam, in dem ich dachte ich müsste aufgeben.
Ich bin ihm einfach so dankbar für seine Musik, weil ich genau weiß, in welcher Gefühlslage ich welches Lied hören muss, um mich verstanden zu fühlen.
Ich weiß meine Stories klingen echt nicht so krass aber für mich war das fast wie Schicksal. Als würde er mir ganz persönlich sagen, es wird wieder gut werden.
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