XIV;
Ein leisen Klopfen war zu vernehmen.
Mona hoffte inständig die Person zu finden, die sie suchte. Sie brauchte nämlich dringend Hilfe.
Linus öffnete die Tür mit nassen, ins Gesicht hängenden Haaren und starrte Mona etwas ungläubig an. Eigentlich dürfte sie nicht hier sein, dies unterstrich sein Blick nochmals um das doppelte; und das wusste sie auch.
Er begann sich kurz die Haare mit dem Handtuch zu trocknen und zog Mona mit einer kräftigen Hand in den Raum, ehe hinter ihr die Tür zuknallte. Um Haaresbreite, dass ihre Strähnen nicht eingeklemmt wurden.
"Was machst du hier", hauchte er dezent angespannt und begann einmal, sich ein T-Shirt überzuwerfen, welchen vorerst nackten Oberkörper sie gekonnt mit ihren Augen aus dem Weg gegangen war. Dieses zog er aus dem Schrank.
"Ich brauche deine Hilfe", hauchte sie mit gesenkten Blick und griff sich kurz an die Wange. Ein leichter Hauch eines Kribbelns war noch übrig geblieben von dem unerwarteten Kuss im Café. In ihrem tiefen Inneren brannte etwas stark danach, dies erneut zu wollen, jedoch war eine andere Seite da, die dies nicht verstand.
Mona hob ihren Kopf und sah Linus in die Augen, um den Ernst der Lage zu unterstreichen.
"Ich muss heute noch wo hin", atmete sie tief durch.
"Zu einer Zeit bei der ich laut Lehrer schon im Bett sein muss."
Er ließ die Schranktür geöffnet und machte einen Schritt auf sie zu.
Der Junge vor ihr runzelte die Stirn und begann sich bereits das Hirn zu zermürben, weswegen Mona nun zu ihm gekommen war. Ganz kam er noch nicht hinter den Sinn dieser Sätze. All dies erkannte Mona nur aus seiner Mimik und löste nun das Rätsel für ihn auf.
"Ich habe heute ein Treffen in der Grimming-Therme."
Linus legte den Kopf leicht schief, als würde er seine Gehirnzellen zusammenfließen lassen, während die Hoffnung aus den Augen Monas zur Gänze entwich. Sie drehte sich im Stand um und musste Tränen zurückhalten, für die sie keine Erklärung hatte.
Ihr Herz schmerzte pochend und ihr Kopf sagte ihr erneut, sie bereits vor dem Scheitern ihres Plans gewarnt zu haben. Dennoch hatte sie daran geglaubt, wie in einem schlechten Film, eine Lösung finden zu können.
Während ihrer Gedanken hatte sie bereits die Tür einen kleinen Spalt geöffnet, welche Linus mit seiner Hand nur wieder knallend zudrückte.
"Jetzt warte doch mal", hauchte er als würde man ihn für das Gespräch mit Mona umbringen. Sie drehte sich langsam zu Linus, dessen Grübelfalten auf Hochtouren sich auf seiner Stirn entlangzogen.
"Was stellst du dir..."
Beide starrten, als würde ein Raubtier sie ins Visier genommen haben, auf die Tür.
Monas Herz pochte ihr bis zum Hals und sie spürte das aus ihrem Gesicht sickernde Blut.
Es klopfte jemand.
Mit beachtlicher Stärke und rief den Namen Linus.
Die beiden sahen sich an und gaben keinen Laut von sich.
Würden sie jetzt und hier auffliegen, wegen eines kleinen Gesprächs, konnte Mona das heute Abend vergessen. Und sie würde Ryoyu das letzte Mal in ihrem Leben gesehen haben.
Als sie vorerst für fast eine halbe Stunde auf ihrem Bett in ihrem Zimmer gesessen war und nachgedacht hatte, was sie tun sollte, war sie immer wieder an einem Satz in ihrem Kopf hängengeblieben.
Du siehst ihn nie mehr wieder, wenn du heute nicht gehst.
Eine schmerzliche Wahrheit, die Mona glaubte, in den letzten Tagen, Wochen, verdrängt zu haben.
Linus deutete Mona mit dem Kopf zum Schrank, worauf er aus dem Nichts aus tiefster Seele zu singen begann. Er übertönte damit sogar das erneute Klopfen des Lehrers und die schleichenden Schritte von Mona auf dem knarzenden Parkett. Sie schloss vorsichtig die Tür, hatte jedoch keine Ahnung, was Linus mit seiner Schreierei bewirken wollte.
Der Gesang verstummte abrupt und Schritte waren zur Zimmertür zu vernehmen. Mit einem Quietschen der Angeln wurde sie geöffnet und Linus begrüßte den Lehrer.
"Entschuldigung, sind Sie schon länger vor der Tür Herr Professor?", fragte Linus mit ernster Stimme, während Mona ihren Atem anhielt. Es herrschte kurz Stille im Raum.
Der Lehrer stimmte zu und Linus entschuldigte sich höflichst, er hätte wieder einmal laut Musik genossen und das Klopfen nicht gehört. Es wurden Worte leise gesprochen, die Mona durch das dämpfende Holz nicht wahrnahm, jedoch das Wort Bewerb heraushören konnte. Der Sportlehrer stand unter dem Türrahmen.
"Ich habe die Qualifikation nicht geschafft, also reden wir nicht darüber", lachte er kurz verlegen und der Lehrer scheint aufmunternde Worte zu finden, für die sich der Sportler bedankte.
"Nein, ich will noch unter die Dusche", sprach Linus und Mona hätte sich fast auf die Stirn geschlagen. Als wäre es nicht auffällig, dass seine Haare noch tropften. Der Blick des Lehrers müsste Monas Gedanken gewesen sein, als Linus sich noch zu retten versuchte und mit verschwitzt zu plädieren. Anscheinend wurde es so aufgefasst und etwas von fünfzehn Minuten vereinbart.
Die Tür wurde geschlossen und Mona hörte die Dusche. Linus spielte sein Alibi aus.
Er öffnete die Schranktür und deutete Mona, herauszukommen. Sie sollte sich kurz fassen und sagen, was sie von ihm brauchte, da er in fünfzehn Minuten mit dem Sportprofessor über seinen Sport sprechen sollte, tauchte Linus so gut wie nie in Turnen auf.
"Du musst mich decken, dass ich aus dem Hotel kann."
Linus musste sich sichtlich das Lachen verkneifen.
"Bei dir machen sie sowieso keine Zimmerkontrolle."
Mona nickte und erinnerte sich jedoch an das letzte Mal, als einer ihre Schulkameraden geglaubt hatte zu meinen, dass Mona nicht zurück in das Hotel gekommen war, als sie freien Ausgang gehabt hatten. Damals hatte sie bereits geschlafen, würde dies heute wieder passieren, würde die Sache schlecht für sie aussehen.
"Was muss ich tun", schnappte Linus von Bett das Handtuch und warf es geschickt in das Badezimmer, sodass es knapp noch am Waschbeckenrand hängenblieb.
"Ich geh zum Klassenvorstand und frag' ob ich Allergietabletten kaufen darf und du musst mir den Sportprofessor vom Hals halten, falls der zu mir kommen will. Alles klar?"
Mona machte bereits einen Schritt zur Tür, worauf Linus noch etwas bedacht hatte, auf das Mona nie gekommen wäre.
"Und wie kommst du wieder rein?", stemmte er die Hände kurz in die Hüfte und warf darauf neue Kleidung auf das Bett.
Mona drehte sich nochmals um und dachte erneut nach. Sie versprach ihm, es ihm zu einem späteren Zeitpunkt zu verraten. Vielleicht würde sich alles von selbst erübrigen.
Sie lauschte nun an der Tür und vergewisserte sich, dass niemand auf dem Gang herumspazierte. Schnell huschte sie nach draußen und schloss schier lautlos die Tür zu Linus' Zimmer. Mona hastete die Schritte, bis sie vor der Tür des Klassenvorstands stand und musste tief durchatmen. Ihr Kopf hatte durch die ganze Aufregung bereits an Röte gewonnen und zeigte den Stand ihrer Allergie, welche ihr am Abend hoffentlich keinen Strich durch den Spaß machte.
Sie klopfte kurz und innerhalb einer Sekunde war die Tür offen. Innerlich rauschte das Blut vor Angst, etwas Falsches zu sagen, während ihr Äußeres ruhig und gelassen blieb und nach ihrem Anliegen fragte.
Der Lehrer plädierte damit, dass sie sowieso freie Zeit zur Verfügung hatte und wusste wie wenig zu spaßen es mit Monas Allergie war. Erst seit dem Moment letztes Jahr, wo sie deswegen in Ohnmacht gefallen war, da sie kaum mehr Luft bekommen hatte.
Sie entschuldigte sich für die Störung und rannte in ihr Zimmer, welches sich ein Stockwerk höher befand, als dass ihrer Mitschüler.
Als sie in ihr Zimmer trat und die Tür ins Schloss fiel, kam ihr ein Gedanke, welchen sie in die hintere Ecke geschoben hat.
Was sollte sie anziehen.
Anscheinend war dies etwas Exklusiveres, eine Feier zu der nicht jeder konnte. Jedoch konnte sie nicht mit Jeans und T-Shirt aufkreuzen.
Sie raufte sich die Haare und sah danach in den Spiegel. Zu ihrem Glück hat sie diese gestern gewaschen, welche nun voluminös mit ihrer Schönheit prahlten. Mona ließ sie los, um sie nicht noch zu verunstalten.
In ihrem Kopf begann sie jedes mögliche Kleidungsstück durch, welches sie in den Koffer gepackt hatte. Ihre Augen schweiften durch den Raum und versuchten etwas zusammenzuwürfeln, jedoch bleib sie immer an den Skikleidungsstücken hängen.
Sie sah Ryoyu bereits in Anzug und sie daneben als Desaster.
Da war es doch besser gleich nicht hinzugehen.
Mona atmete tief durch und horchte auf, als sie ein Licht unter dem Bett hervorleuchten sah. Ihr Smartphone war offensichtlich nach dem Aufstehen darunter gerutscht, bevor sie das Zimmer verlassen hatte. Sie kniete sich hin und griff danach, um es in die Hand zu nehmen.
Doch sie erstarrte, als sie sich wieder aufrichtete und auf den kleinen grünen Rucksack sah, der unter einem Hoodie begraben worden war. Sie streifte das Kleidungsstück und ihr Smartphone zur Seite, um in den Rucksack zu sehen.
Sie konnte sich noch erinnern, sich bei der Anreise über sich selbst geärgert zu haben, den falschen Rucksack mitgenommen zu haben, der leer war.
Lediglich in der Ansicht von Essen, war im Rucksack auch keine Spur davon. Eher mehr von vergessenen Kleidungsstücken einer Dienstleistung der Reinigung, die Mona auf dem Weg nachhause erledigen hatte.
Sie zog erst einmal hohe Schuhe in schwarzem Wildleder heraus, die sie auf Unbeschadenheit begutachtete. Lediglich etwas eingetrocknete Erde, die vom Abschlussschulfoto durch das matschige Gras zurückgeblieben war.
Mit einer Hand wühlte sie noch tiefer und zog kleine Behälter mit Lidschatten, Puder, Mascara und einen rosanen Lippenstift hervor.
Und nun holte sie aus der weißen Stofftasche, welches den Gegenstand im Rucksack nochmals beschützen sollte, ein Kleid heraus.
Ein matt schwarzes, knielanges Kleid, mit ellbogenlangen Ärmeln und schwerem Stoff.
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