Fight or flirt
Henry PoV
In Zeitlupe sah ich zu, wie der Tisch ins Wanken kam auf welchem die teure, mehrstöckige Hochzeitstorte meines Bruders stand und auf den Präsidentinnensohn, der neben mir auf dem Boden landete, und mich einstürzte und konnte gerade noch die Arme über den Kopf heben, um mein Gesicht vor der Kalorienbombe zu schützen.
Die Sekunden danach waren von einer Stille geprägt, die mir in den Ohren schmerzte, gleich darauf wurde ich von einem Blitz geblendet.
Eine Kamera, hervorragend!
Der schuldbewusste Blick des Dunkelhaarigen schürrte das Feuer meiner Wut, dass immer heißer brannte. Bevor ich ihm an die Gurgel gehen konnte beugte sich das bezaubernde Gesicht meiner Schwester über mich.
"Hast du dir weh getan?", hakte sie zaghaft nach, als hinter uns ein wildes Treiben in Gang setzte, dann wurde ich auf die Beine gezogen und Shaan tauchte vor dem Amerikaner und mir auf, verzog den Mund zu einer höflichen Miene und nickte uns zu, ihm zu folgen. Der enttäuschte Ausdruck in seinen Augen war mir nicht neu.
Shaan verfrachtete uns in eines der großen Bäder im Westflügel des Palastes, wies uns an uns frisch zu machen und versprach, neue Kleidung vor die Tür zu hängen. Das Sicherheitspersonal würde im Gang warten, was mich dazu verführen könnte, Alex wirklich eine reinzuhauen.
Mit diesem Gedanken schloss ich die dunkle Eichenholztür ab und drehte mich herum, bevor ich ihn an dem hinteren Waschbecken erblickte. Das Jackett und das Hemd, beides vollständig von Kuchenboden und Buttercreme bedeckt, hatte er auf dem Boden zurückgelassen und wischte sich mit einem feuchten Handtuch den Rest aus dem Gesicht.
Ich schluckte schwer bei dem Anblick seines nackten Oberkörpers, von meinem Platz aus konnte ich zum einen seinen breiten Rücken, die angespannten Schultern, die schmale Taille, zum anderen durch den Spiegel seine glatte Brust, die definierten Bauchmuskeln und die feinen, dunklen Härchen über dem Hosenbund erkennen.
Mit heißen Wangen sah ich zur Decke und versuchte an etwas anderes zu denken, als an meinen Crush auf den Mann vor mir, der das meiste meiner Wut hatte verpuffen lassen.
"Zugegeben, ich hätte ihn lieber auf einem Teller serviert bekommen", begann er amüsiert und fuhr mit dem Zeigefinger über seinen Hals, um die Reste an Torte aufzusammeln, "aber er schmeckt trotzdem."
Mit einem überheblichen Grinsen über seine Schulter hinweg streckte er die Zunge heraus und leckte sich den Finger ab. Eine Mischung aus Wut und Scham überkam mich bei dem Anblick, doch am Ende siegte der Ärger über ihn.
"Du bist unglaublich", knurrte ich, öffnete energisch die Krawatte und setzte mich in Bewegung.
Er schenkte mir ein weiteres Lächeln, als ich mich neben ihn an das zweite Waschbecken stellte.
"Danke", erwiderte er dann in einem leichten Tonfall, als hätten ihn meine Worte erfreut.
"Das war kein Kompliment", stellte ich trocken klar und machte mich ebenfalls daran, mein Hemd zu säubern.
Unbeteiligt zuckte er die nackten, breiten Schultern.
"Klang wie eines."
Empört schnaubte ich und warf das Handtuch ins Waschbecken, stützte mich mit beiden Händen darauf ab und fixierte ihn durch den Spiegel mit einem Blick.
"Am liebsten würde ich dich für das Runieren dieser Hochzeit sanktionieren", presste ich hervor und konnte meine Gefühle kaum im Zaum halten.
Ich war sauer, ich hatte furchtbare Angst vor den Konsequenzen, ich fühlte mich schuldig und gleichzeitig konnte ich nur daran denken, wie sehr ich meine Hand über die gebräunte Haut des anderen wandern lassen wollte. Die Antwort war sehr gerne.
Ohne, dass ich es bemerkt hatte, hatte Alex die Arme vor der Brust verschränkt und sich mit der Hüfte gegen das Waschbecken gelehnt um mich anzusehen und dieser berechnende Blick machte mich wahnsinnig.
"Sag mal, flirtest du mit mir?"
Mein Herz blieb in der Sekunde stehen in der auch mein Verstand sich verabschiedete. Alles in mir hielt inne.
"W-Was? Wieso sollte ich? Ich würde dich am liebsten würgen!", versuchte ich mich herauszureden, löste mich aus der Haltung und trat einen Schritt zurück.
Alex legte den Kopf schief, dann hob er einen Mundwinkel.
"Das beantwortet meine Frage nicht."
Mit offenem Mund stand ich da, sah das Funkeln in seinen Augen, die Herausforderung und war sprachlos.
Spielte er mit mir?
Dann schnellte ich vor, meine Hände fanden instinktiv seine Haut, ich schubste ihn gegen die Wand in seinem Rücken und drängte mich im nächsten Moment gegen ihn.
Der Präsidentinnensohn empfing meine Lippen widerstandslos mit seinen, ließ mich die Hand um seinen Hals legen und krallte sich in mein Hemd, um mich näher an sich zu ziehen.
Mein verliebtes und äußerst verwirrtes Herz schlug an seiner Brust und ich konnte mein Blut rauschen hören, genau wie seinen schnellen Atem.
Alex lehnte den Kopf weiter vor, biss sanft in meine Unterlippe, als ich den Griff um seinen Hals verstärkte und nicht zuließ, dass er die Kontrolle übernahm und ließ sich weiter in den Kuss sinken, genau wie ich.
Ich konnte nicht sagen wie lange ich genau das ersehnt hatte, ihm endlich nah zu sein. Ich war schon so lange verknallt in ihn und wusste dennoch, ich könnte ihn nie haben. Ein heimlicher Kuss in einem geheimen Bad war genau das, was ich brauchte, um diesen Tag zu überstehen.
Meine Zunge fand wie von selbst den Weg zu seiner, sie umspielten sich und vertieften den Kuss, während meine Hand seinen Hals hinab zu seinem Brustbein wanderte. Die nackte Haut war heiß und zart unter meinen Fingerspitzen und ich spürte, wie er schwer schluckte, als wir uns für eine Atempause wenige Zentimeter trennten.
Bevor ich etwas sagen konnte legte er einen Finger auf meine Lippen und senkte den Blick.
"Mach es nicht kaputt, Schätzchen. Das war ein verdammt guter Kuss."
"Lass mich dir noch einen geben", bat ich ihn schwach, mit seinem Zeigerfinger auf den Lippen und er senkte die Hand, vergrub sie in meinem gegeelten blonden Haar und ich drängte mich erneut gegen seinen Körper, neigte den Kopf und gab alles in diesen Kuss, was ich hatte und nie behalten dürfen würde, genauso wie meine Wut auf ihn, auf mich, auf alles.
Alles an diesem Moment war ungehalten, ich nahm seine Lippen in Beschlag, raubte ihm den Atem, ließ ihn nicht entkommen, sondern machte an seinem Hals weiter, dann vergrub ich das Gesicht in der Beuge zwischen seinem Kiefer und der Schulter, über dem Schlüsselbein und schlang die Arme um seine Mitte, als könnte ich mich in dieser Umarmung vor allem anderen verstecken.
Entweder zeigte er die Überforderung nicht oder er war empathischer, als er sonst aussah, aber Alex legte nur wortlos die Arme um mich, kraulte zaghaft mein Haar und sprach mir gut zu.
Es half zwar nicht, wenn er die Schuld für das Kuchendisaster auf sich nahm, aber es war eine bezaubernde Geste von ihm. Und vielleicht war dieser Unfall der erste Schritt für uns.
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