Kapitel 30
Die Katzen hatten sich nahe der Grenze des FlockenClans versammelt, ihre Pelze von Ruß und Asche gezeichnet. Rauch hing noch immer schwer in der Luft, während die Stille nur vom entfernten Knistern der Flammen durchbrochen wurde.
„Wo ist Frostsee?!" rief Bachfeder plötzlich, ihre Stimme voller Panik. Ihre Augen huschten hektisch umher, suchten das vertraute silber-weiße Fell, doch sie konnte ihn nirgends entdecken.
„Bachfeder, beruhig dich!" Steppenfall war an ihrer Seite, seine eigene Besorgnis nur schwer zu verbergen. Er legte seinen Schweif beruhigend über ihre Schulter, doch sein Blick wanderte ebenfalls unruhig in die Richtung des zerstörten Lagers. „Er... er wird schon kommen."
Bachfeder schüttelte den Kopf, ihre Stimme war ein Flüstern, das kaum über das Rauschen des Windes zu hören war. „Er hat uns gesagt, wir sollen rennen. Aber er... er ist nicht hinter uns hergekommen. Was, wenn er...?"
„Das ist Frostsee!" unterbrach Steppenfall sie energisch, obwohl sein Schweif unruhig zuckte. „Er hat schon so viele Dinge überstanden. Glaubst du, ein bisschen Feuer wird ihn aufhalten?"
„Das ist kein normales Feuer..." murmelte Bachfeder, ihre Ohren angelegt.
Plötzlich knisterten Schritte im Unterholz, und alle Köpfe wandten sich dorthin. Die Spannung war greifbar, die Luft schien für einen Moment stillzustehen.
Dann trat eine Gestalt aus dem Rauch. Frostsees Pelz war zerzaust, an einigen Stellen verrußt, und sein Atem kam schwer, doch an seiner Seite ging Noctar. Beide sahen aus, als wären sie gerade aus den Flammen selbst geboren worden – gezeichnet, aber ungebrochen.
„Frostsee!" rief Bachfeder mit einem Aufschrei der Erleichterung und stürmte auf ihn zu. Sie warf sich ihm um den Hals, ihre Worte überschlagen sich vor Emotion. „Mach mir nie wieder so eine Angst!"
Überrumpelt fiel Frostsee rücklings zu Boden, Bachfeder landete direkt auf ihm. „Hey, ist ja gut!" miaute er überrascht, doch ein schwaches Lächeln huschte über sein Gesicht – ein seltenes Licht inmitten der Dunkelheit.
Die beiden rappelten sich auf, während Noctar mit einem unergründlichen Blick stehen blieb, den Kopf leicht geneigt, als würde er jede Bewegung aufmerksam verfolgen.
„Wo ist Felsenstern?" fragte Frostsee, seine Stimme fest, aber mit einem Hauch von Sorge.
Ein bedrücktes Schweigen legte sich über die Gruppe. Aschenstaub trat vor, zögerlich, als suchte sie nach den richtigen Worten. „Felsenstern ist..." begann sie, doch ihre Stimme versagte.
Es war Sommerranke, der schließlich die Stille durchbrach. „Er ist dem Feuer zum Opfer gefallen," sagte er mit schwerer Stimme. Sein Blick war gesenkt, und die Trauer, die er spürte, war in jedem Wort greifbar.
Ein Schock ging durch die Gruppe. Frostsees Augen verengten sich, und er kniff die Kiefer zusammen. Die Nachrichten fügten sich wie ein weiteres Puzzlestück in das düstere Bild des Abends.
„Dann liegt es jetzt an uns, den Clan zu führen," murmelte Frostsee schließlich, seine Stimme kühl wie Eis. Doch tief in seinen Augen brannte etwas – eine Mischung aus Entschlossenheit, Schmerz und einer Ahnung, dass die wahre Prüfung erst noch bevorstand.
Noctar trat einen Schritt nach vorne, sein silbernes Fell schimmerte im unruhigen Licht des verblassenden Feuers. Er hob die Stimme, ruhig, aber eindringlich, sodass jeder im Kreis ihn hören konnte. „Ihr könnt zu uns kommen, ins Gebiet der Sternenwächter," sagte er, seine Worte von einer seltsamen Mischung aus Zuversicht und Hoffnung getragen.
Ein Raunen ging durch die versammelten Katzen. Bachfeder warf Steppenfall einen schnellen Blick zu, während Sommerranke skeptisch die Ohren zuckte.
„Es ist ein wenig wie das Territorium des FlockenClans," fuhr Noctar fort, sein Blick wanderte über die verunsicherten Katzen, ohne einen Moment zu zögern. „Doch dort gibt es keine Bedrohung durch Zweibeiner, keine Feuer, keine Kämpfe, die euch zerstören. Wir können zusammenleben... oder ihr könnt euch uns anschließen."
Die letzten Worte hingen wie ein Echo in der Luft, schwer vor Bedeutung. Frostsee sah ihn aus schmalen Augen an, sein Schweif peitschte leicht. „Anschließen?" fragte er scharf, seine Stimme ließ keinen Zweifel daran, dass er die Botschaft hinterfragen würde.
Noctar nickte langsam, seine Haltung blieb unverändert. „Die Sternenwächter sind nicht nur Hüter der Weisheit, Frostsee. Sie sind ein Clan, der nach einem anderen Weg sucht. Einem Weg, fern von Blut und endlosen Konflikten."
Bachfeder zog die Schultern zusammen, Unsicherheit spiegelte sich in ihrem Blick. „Wie sollen wir alles aufgeben, was wir kennen?" flüsterte sie, als würde sie versuchen, die Antwort selbst zu finden.
Noctar hielt inne, sah sie an und dann in die Runde. „Ihr habt bereits so vieles verloren," sagte er sanft, aber mit einer tiefen Überzeugung. „Warum nicht die Chance auf einen Neuanfang ergreifen?"
Frostsee ließ seinen Blick über die versammelten Katzen schweifen, ihre Gesichter spiegelten Zweifel, Angst und ein zögerliches Aufkeimen von Hoffnung wider. Seine Stimme war ruhig, aber fest, als er sprach: „Die Sternenwächter haben einen simplen Lebensweg gewählt. Es wäre nicht schwer, sich ihnen anzupassen."
Die Worte hallten nach, doch die Stille, die folgte, war schwer wie der Nebel eines bevorstehenden Sturms. Flammensprung trat zögernd einen Schritt nach vorne, ihre Haltung entschlossen, auch wenn ihre Schweifspitze unruhig zuckte.
„Ich finde, wir sollten uns ihnen anschließen," begann sie, und ihre Worte schienen die Spannung in der Luft aufzubrechen. „Wir haben keinen Anführer mehr, und..." Sie hielt kurz inne, ihre bernsteinfarbenen Augen glitten über die Gesichter ihrer Clangefährten, ehe sie seufzte. „Wolkenwächter scheint auch nicht mehr fähig zu sein, uns zu führen. Was haben wir zu verlieren?"
Ein leises Murmeln ging durch die Gruppe, gedämpfte Stimmen flüsterten über Möglichkeiten und Zweifel. Sommerranke wirkte, als wolle er etwas sagen, doch er hielt inne, seine Ohren leicht angelegt.
Steppenfall trat neben Flammensprung und hob leicht den Kopf. „Vielleicht hat sie recht," sagte er schließlich. „Wir können nicht zurück. Nicht nach all dem, was geschehen ist. Vielleicht... ist ein Neuanfang genau das, was wir brauchen."
Bachfeder sah Frostsee direkt an, ihre blauen Augen schimmerten vor unausgesprochener Sorge. „Frostsee... was denkst du? Sollten wir es wirklich wagen?"
Frostsee blickte auf die Lichtung, die Katzen, die noch immer unsicher zwischen den verkohlten Schatten ihres alten Lebens standen. Der Gedanke an einen Neuanfang flackerte in ihm, ein Funken, der sich gegen die Dunkelheit seiner inneren Kämpfe durchsetzen wollte.
„Wir können nicht ewig in der Vergangenheit leben," sagte er schließlich leise, aber seine Worte trugen die Schwere einer Entscheidung, die alles verändern würde. „Vielleicht... ist es an der Zeit, die Zukunft in die Pfoten des SternenClans zu legen."
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