Helen Rubys Leiden
Wie schon die vergangenen fünf Tage sitze ich auch heute wieder wie festgeklebt vor dem Bildschirm im Mentorenbereich. Es fällt mir außerordentlich schwer zuzusehen. Der erste Tag ist ja noch halbwegs erträglich gewesen, obwohl mir natürlich schwer ums Herz war, als dieses Mädchen, namens Catherine gestorben ist. Ich weiß, dass sie die einzige ist, die Rubys Plan noch ins Wanken bringen kann. Sie ist jetzt tot und hat es geschafft so wie es jetzt aussieht. Ich musste zusehen, wie sich Ruby blutig an ihren Mördern gerächt hat und dann fast gestorben wäre. Mein Herz hat kurz ausgesetzt als ich sie diese Treppe runter fallen gesehen habe. Ich bin die ganze Zeit nur noch herumgerannt bis endlich klar war, dass sie überlebt hat. Daraufhin habe ich ihr dann eine kleine Aufmunterung geschickt. Ich will sie nicht so niedergeschlagen sehen. Ich habe mit Sorgen gemacht, weil sie alleine war. Aber dann hat sie ja Rose gefunden. Am nächsten Tag dann auch noch Noel und Daniel. In mir wollte sich da gerade wieder Erleichterung breitmachen, als Ruby zusammengeklappt ist. Noel scheint sie nicht ausstehen zu können, was ironisch ist, wenn man bedenkt wofür Ruby ihren Plan auf Eis gelegt hat. Ich habe einige Zeit gebraucht, doch ich habe dann genügend Sponsoren für Rubys Medizin aufgetrieben. Es sind viele Leute beeindruckt von ihrer Entschlossenheit. Der fünfte Tag ist der schlimmste für Ruby gewesen. Ihre größte Angst sind Spinnen, sie hat eine richtige Spinnenphobie und die einzigen Mutationen die ihnen einfallen sind was? Genau riesige, ekelhafte Spinnen, die nebenbei auch noch giftig sind. Jonathan haben sie schon erwischt. Er stirbt durch Rubys Hand. Seit die Spinnen auch Ruby gebissen haben, bin ich krampfhaft auf der Suche nach einem Gegengift. Inzwischen habe ich jedoch aufgegeben. Denn ich habe erfahren, dass es keines gibt. Wozu giftige Mutationen entwickeln, wenn die Mentoren den Tributen dann einfach das Gegenmittel schicken? Wo bleibt denn da der Spaß, einem Menschen qualvoll sterben zu sehen? Manchmal widern sie mich an. Wie sie sich am Leid anderer ergötzen. Wie sie uns wieder und wieder alles nehmen. Aber es ist gefährlich so zu denken. Heute ist der Tag an dem Ruby allem Anschein nach sterben wird und ich kann nichts tun außer tatenlos zusehen. Wie ich verwundert feststelle, ist Noel über seinen Hass hinweggekommen und jetzt liegt ihm offensichtlich etwas an Ruby. Immerhin ist sie in ihren letzten Momenten nicht allein. Ich würde ihr gerne etwas schicken, dass ihre Schmerzen verschwinden lässt, aber welcher Sponsor setzt schon auf ein Mädchen, das im Sterben liegt. Keiner. Und so muss ich ihr beim Leiden zusehen. Dann ist es vorbei. Ihre Augen sind geschlossen, ich sehe, dass ihr Atem ausgesetzt hat. Doch keine Kanone ertönt. Ich blicke mich um nach den anderen Mentoren, doch auch sie sind verwundert. Keine Kanone. Kein Zeichen, dass sie tatsächlich tot ist. Was bedeutet das denn jetzt schon wieder? Angespannt sitze ich vor dem Bildschirm. Dieses ungewisse Warten ist fast schlimmer, als zu wissen, dass sie stirbt oder ihre Qualen mitansehen zu müssen, obwohl ich mit ihr gelitten habe. Sie ist meine einzige und beste Freundin und jetzt habe ich sie verloren. Ich fühle eine Hand auf meiner Schulter und mein Blick entdeckt die Mentorin von Distrikt elf. Noels Distrikt. Es ist Jill Angel. Sie scheint anders zu sein als die meisten der Sieger. Nicht gebrochen oder blutrünstig. Sie lächelt mir traurig zu. Ich versuche das Lächeln zu erwidern, scheitere jedoch kläglich. Rubys wahrscheinlicher Tod hat mir den Rest gegeben. Ich höre um mich herum entgeistertes Aufkeuchen und lenke meinen Blick wieder auf den Bildschirm. Was? Ruby lebt? Und es geht ihr gut? Wie ist das möglich? Diese Frage beantwortet sie auch und zwar damit, dass sie eine Mutation sei. Schwachsinn. Sie ist keine Mutation. Ich würde ihr das so gerne in allen Einzelheiten erzählen, doch ich bin machtlos. Zum Glück bin ich nicht die Einzige, die so denkt und so übernimmt Noel meinen Part. Zufrieden lehne ich mich zurück. Ruby lebt und Noel wird ihr diesen Blödsinn schon noch ausreden. Müde reibe ich mir meine Augen und beschließe, dass ich für heute genug gesehen habe. Die Hungerspiele schaffen mich jedes Mal wieder. Wie ich hoffe, dass diese die letzten sind. Aber das werden sie nicht sein.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro