Kapitel 26
Ich kniff die Augen zusammen bis ich sicher war, dass es vorbei war. Dann blinzelte ich und sah in das vor Wut verzerrte Gesicht. Mit zwei Schritten war er bei mir, griff nach meiner Kehle und schüttelte mich brutal. Ich schnappte wegen zweierlei Schmerz nach Luft, meinen Arm aus dem sich teilweise Scherben lösten und meiner Kehle, welche eisern zerquetscht wurde. Ich röchelte hilflos nach Luft und griff die Handgelenke meines Vaters.
"Wag es nicht nochmal auf diese Weise meinen Ruf in den Dreck zu ziehen. Nichts was ich tue, habt ihr nicht auch verdient. Spar dir deine Anschuldigungen und Lügen. Keiner möchte deine Worte hören, verstanden?"
Sein Gebrüll ließ mich erzittern.
"Ich...", versuchte ich keuchend etwas zu erwidern, mein Vater lockerte seinen Griff ganz leicht und hörte auf mich zu schütteln.
"...sage nur die Wahrheit", krächzte ich mit heiserer Stimme.
Ungläubig sah mein Vater mich an, dann stieß er mich mit einem Wutschrei auf den Boden. Mein Hinterkopf kollidierte mit dem Stein. Mir wurde schwarz vor Augen. Als ich wieder zu mir kam, stützte mich Salim, der Diener meiner Mutter während sie meinen Hinterkopf betastete. Ich zuckte zusammen. Sie seufzte und ließ ihre Hand sinken. Salim ließ mich los und trat zurück.
"Samira"
Meine Mutter sah mich ernst an.
"Du solltest dich mehr zurück halten. Irgendwann wird es nicht mehr so glimpflich ausgehen."
Ich rückte von ihr ab und drückte den verletzten Arm eng an meinen Körper.
"Und genau das ist falsch, Mutter. Solche Sorgen sollten wir nicht haben."
Ich stand auf und ging zur Tür. Meine Gefühle waren völlig durcheinander. Ich war so wütend auf meinen Vater, verletzt von Zafers Enthüllung, enttäuscht von meiner Mutter. Ich hatte genug von dieser Welt.
"Es wäre einfacher, wenn du und dein Vater euch nicht so ähnlich wärt", murmelte meine Mutter.
Ich wirbelte herum.
"Was? Ich bin überhaupt nicht wie er. Er ist unversöhnlich, grausam, kontrollsüchtig und despotisch. Ich. Bin. Nicht. So. Wie. Er.", stieß ich hervor, zuckte gleich darauf zusammen, weil ich meinen Arm bewegt hatte und versuchte ruhig zu bleiben.
Meine Mutter schüttelte den Kopf.
"Ihr habt die gleiche Willensstärke, Entschlossenheit. Ihr würdet beide niemals aufgeben, euch niemals besiegen lassen. Einst habe ich das an deinem Vater geliebt."
Ihre Stimme verlor sich und sie blickte mit leerem Ausdruck in die Ferne. Ich schluckte schwer. Für einen Moment sah sie gebrochen aus, verloren. Ich wollte sie in den Arm nehmen und zurück holen von dem finsteren Ort, wo ihre Gedanken verweilten. Vorsichtig machte ich einen Schritt nach vorne. Meine Mutter erwachte wie aus Trance, schüttelte sich kurz und wandte sich zu mir.
"Nun bin ich froh, dass du diese Stärke ebenfalls geerbt hast."
Mir brummte der Kopf. Ich fühlte mich überhaupt nicht stark. Meine Welt zerbrach in Scherben und ich konnte es nicht verhindern. Ich hatte Djana nicht vor dem Zorn meines Vaters schützen können, meine Mutter nicht vor seinen Schlägen, das Volk nicht vor seinen Anweisungen, die es verbittert und in Armut zurück ließen. Ich hatte die Rebellen nicht aufhalten können. Ich hatte Zafer nicht überzeugen können zu bleiben. Ich biss die Zähne zusammen. Verzweiflung so tief, dass sie mich ersticken drohte, stieg in mir hoch. Rasch drehte ich mich um und verließ den Raum. Auf dem Weg zu meinem Zimmer musste ich ein Schluchzen unterdrücken. Das war der schlimmste Tag in meinem Leben gewesen. Am liebsten würde ich ihn ganz tief in meinem Gedächtnis vergraben und vergessen. Ich kam bei meinem Zimmer an und öffnete die Tür. Das Chaos, welches mein Vater angerichtet hatte, war beseitigt worden. Ich ging zu der Kommodo und zog sie mit dem unverletzten Arm auf. Leer. Das Geheimfach war fort. Mir war nichts von Zafer geblieben, außer meinen Erinnerungen. Ich schloss die Schublade wieder und läutete nach einer Zofe. Kurz darauf erschien ein Mädchen. Ihr Gesichtsausdruck war nicht direkt abweisend, aber nahe dran.
"Was kann ich für euch tun, Prinzessin?", fragte sie mit offensichtlichen Widerwillen und knickste.
"Könnt ihr einen Arzt herbringen", bat ich sie.
"Natürlich, Prinzessin."
Sie verschwand so schnell, dass ich den Eindruck bekam, sie wollte nicht in meiner Nähe sein. Seufzend setzte ich mich aufs Bett. Ich konnte mich jetzt nicht auch noch mit ihrer Abneigung mir gegenüber befassen. Der Schmerz pochte in meinem Arm. Dort wo mich die Scherben getroffen hatten, war der schöne Stoff des Ärmels völlig zerfetzt. Ich sah an mir herunter. Der Saum meines Kleides war zerrissen, schmutzig. Und waren das Blutflecken auf dem Stoff? Ich schauderte. Das Kleid war nicht mehr zu retten. Mit einer Hand öffnete ich den Verschluss meines Armbandes und legte sie auf die Kommode. Meine Kette folgte. Als ich in den Spiegel schaute, bemerkte ich meine zerzausten Haare. Es würde ewig dauern die ganzen Knoten raus zu kämmen. Aber diese Überlegungen waren alle nur nebensächlich. Sie sollten mich von dem Schmerz an meinem Arm und in meinem Herzen ablenken.
Ich war froh als der Heiler erschien. Er war für den Palast zuständig. Ich kannte ihn fast mein ganzes Leben lang und hatte ihn als ruhigen, besonnenen Mann in Erinnerung. Seine grauen Haare waren inzwischen weiß geworden. Seine Augen blickten aber immer noch sanft. In seiner Hand hielt er einen dicken braunen Koffer.
"Hallo Prinzessin, es ist schön euch nach langer Zeit einmal wieder zu sehen."
Als Kind war ich öfter bei ihm gewesen wegen blauen Flecken oder Schürfwunden, weil ich zu ungestüm alles erkunden hatte wollen. Mit der Zeit hatte sich das gelegt und ich hatte ihn nicht mehr so oft gesehen.
"Heiler Karim, wie geht es euch?", begrüßte ich ihn.
"Viel besser als euch, Prinzessin. Einen Moment, dann schau ich mir den Arm gleich einmal an."
Er stellte seinen Koffer neben das Bett und kniete sich vor mir. Er zog scharf Luft ein als er meinen Arm von allen Seiten genau begutachtete. Seufzend öffnete er seinen Koffer, holte eine Pinzette hervor und begann vorsichtig kleine Splitter aus meinem Arm zu ziehen. Ich zuckte beim ersten Mal zusammen. Heiler Karim schaute tadelnd zu mir auf. Ab da biss ich die Zähne zusammen und befahl mir still zu halten. Ich war unglaublich froh, als er die Pinzette zur Seite legte. Zumindest bis er ein Fläschen aus seinem Koffer kramte, die Flüssigkeit auf ein Tuch laufen ließ und dann die Wunde damit abtupfte. Zischend sog ich Luft ein. Es brannte wie Feuer. Nur mit Mühe widerstand ich den Impuls meinen Arm weg zu ziehen. Die Prozedur dauerte gefühlt ewig. Als es überstanden war, verband er meinen Arm und wies mich an den Verband mindestens einmal pro Tag von einer Zofe wechseln zu lassen. Ich bedankte mich. Heiler Karim packte seine Sachen zusammen, lächelte mich noch einmal mitfühlend an und verschwand dann.
Ich rief keine Zofe, sondern schälte mich umständlich alleine aus dem Kleid raus. Dann warf ich mein Nachthemd über. Meine Gedanken waren so schwermutig, wie ich mich fühlte. Ich öffnete die Balkontüren und ließ ein laues Lüftchen hereinwehen. Ich setzte mich auf das Bett und starrte blicklos ins Leere. Die Mauern, welche meine Gefühle weggesperrt hatten, begannen zu bröckeln. Tränen ließen meinen Blick verschwimmen. Ich verhinderte sie nicht, sondern legte meinen Kopf auf meine angewinkelten Beine und ließ ihnen freien lauf. Ich musste unbedingt stärker werden, physisch, sowie psychisch. Doch für heute konnte ich noch einmal schwach sein. Niemand würde es sehen oder ausnutzen. Ich war alleine und das war gut so.
Hey ihr Lieben, ich weiß, dass ihr wirklich lange auf dieses Kapitel gewartet habt. Und es tut mir leid euch sagen zu müssen, dass ihr wahrscheinlich noch länger auf die Vortsetzung warten müsst. Momentan spielt sich erstmal die Geschichte "Legenden der Magie" in meinem Kopf ab und verlangt aufgeschrieben zu werden. Ich finde diese Geschichte immer noch wunderschön und würde Samiras und Zafers Abenteuer gerne weiter verfolgen. Mal sehen, wie sich das ergibt. Ich versuche dran zu bleiben. Ich würde mich sehr über eure Kommentare, und vielleicht auch Lob freuen. Das könnte mich motivieren hier schneller weiterzuschreiben. ;D
Eure Magietochter
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