Kapitel 1
Sieben Jahre später...
Es klopfte an der Tür. Hastig ließ ich das Buch über Wirtschaftswachstum in dem Geheimversteck meiner Kommode verschwiden.
"Herein", rief ich.
Meine Zofe Djana öffnete die Tür und machte einen Knicks. Ich stand auf.
"Verzeiht Herrin, aber es ist Zeit sich für das Abendmahl fertig zu machen."
"Natürlich, komm rein Djana."
Ich sah nach draußen auf den Balkon. Tatsächlich ging die Sonne gerade unter. Ich war überrascht. Ich hatte mich kurz nach dem Nachmittagstee zurück gezogen, um in meinem Zimmer heimlich zu lesen. Es fühlte sich nicht so an als wäre ich schon den ganzen Nachmittag hier gewesen. Aber meine brennenden Augen und mein steifer Nacken bewiesen es. Ich rollte ein wenig mit den Schultern und ließ mir von Djana aus dem Kleid in ein anderes helfen. Es war eine Verschwendung so viele Kleider zu haben. Zumal ich die meisten davon nur einmal trug. Aber als Prinzessin gab es bestimmte Regeln zu befolgen. Und ich riskierte schon genug Vorschriften, um eine weitere zu brechen. Ich versuchte krampfhaft nicht zur Kommode zu schauen. Nachdem mir Djana in das pupurviolette Kleid geholfen hatte, steckte sie mein Haar gekonnt hoch. Dann suchte sie mir noch passenden Goldschmuck heraus. Ich trat zum Spiegel. Djana hatte sich wieder mal selbst übertroffen. Ich sah perfekt aus. Als wäre ich die perfekte Prinzessin, sittsam und tugendhaft.
"Ich sehe wünderschön aus. Vielen Dank Djana."
Sie strahlte bei dem Lob. Seit zwei Jahren arbeitete sie für mich als persönliche Zofe. Sie war zwei Jahre jünger als ich und immer noch etwas unsicher. Ich mochte sie. Ich würde sie sogar als Freundin bezeichnen, wäre es mir nicht verboten Freunde von der Dienerschaft zu haben. Ich trat durch die Tür auf den Flur. Meine Schuhe verursachten ein klackendes Geräusch auf dem Mamorboden. Die Wände waren mit goldenem Schmuck behangen. Die Kronleuchter aus Diamanten. Ich beeilte mich und fühlte mich in der Zeit zurückversetzt als ich zur Empore kam. Unwillkürlich verlangsamte ich meine Schritte. Heute gab es kein Bankett. Aber es speisten wie immer die königlichen Berater mit uns. Unter ihren Augen fühlte ich mich stets ungenügend. Sie hatten viel zu kritisieren und nahmen sich selbst zu wichtig. Ich holte tief Luft und trat an der Empore vorbei, um die Treppe mit leichten Schritten hinunter zu gehen. Erstes Gemurmel erschall. Ich hielt meinen Blick auf das Tafelende gerichtet. Dort saß der König, mein Vater. Ich achtete darauf ihn nicht nicht direkt anzusehen. Mein Weg führte an der rechten Tafelseite vorbei. Vor dem Ende blieb ich stehen und versank in einen anmutigen Knicks. Ich hielt ihn, auch als mein Vater nichts sagte, um mich zu erlösen. Dafür war ich ausgebildet, um die perfekte Frau zu sein.
"Meine Tochter", sagte er schließlich, "sie wird von Tag zu Tag schöner. Nicht wahr?"
Zustimmendes Gemurmel erscholl. Ich kniff die Lippen zusammen.
"Setz dich", erlöste er mich endlich.
Ich erhob mich und nahm neben ihm Platz. Meine Mutter saß an seiner anderen Seite. Sie nickte mir kurz zu und wandte ihre Aufmerksamkeit dann wieder meinem Vater zu, der sich erhoben hatte.
"Meine Freunde, wie ihr wisst wurde erst kürzlich ein Handelsabkommen mit unseren östlichen Verbündeten geschlossen. Ich habe beschlossen das zu feiern und werde die Königsfamilie zu einem Ball einladen. An diesem Tag feiern wir nicht nur unser neues Bündnis, sondern auch den siebzehnten Geburtstag meiner Tochter. Stoßen wir auf diese erfreulichen Ereignisse an. Auf dass es ein erfolgreicher Tag wird."
Gläser wurden gehoben und ich setzte ein Lächeln auf als wäre ich freudig überrascht von der Nachricht. Dann trank ich wie alle anderen. Insgeheim graute es mich vor dem Tag an dem ich mich schweigend anstarren lassen musste. Ich fühlte mich dann immer wie eine Puppe. Ich sollte nur gesehen werden, nicht gehört. Ich ließ das Essen über mich ergehen und nickte nur hin und wieder, wenn ich angesprochen wurde. Mein Vater unterhielt sich über meinen Kopf hinweg mit seinen ersten Berater.
"Was werdet ihr gegen die Aufstände unternehmen, Mäjestät?", fragte dieser gerade meinen Vater.
"Sie werden natürlich radikal zerschlagen", antwortete mein Vater.
"Die Wachen patroullieren in kürzeren Abständen durch die Stadt. Es gibt Hausdurchsuchungen bei etwaigen Verdächtigen."
Ich hörte aufmerksam zu und schob mir dabei kleine Häppchen in den Mund. Ich sah aus dem Augenwinkel wie der Berater nickte.
"Ausgezeichnet Mäjestät, so müssen sich die Armen keine Sorgen um ihre Sicherheit machen."
Er legte mir eine Hand auf den Arm und zwinkerte meinem Vater zu. Ich wandte mich ihm zu und entzog ihm so meinen Arm.
"Sind wir etwa auch hier im Palast in Gefahr?", fragte ich mit besorgter Stimme und beobachtete ihn unter gesenkten Wimpern scharf.
Sein Blick huschte kurz zu meinem Vater und er zuckte zusammen bevor er sein Lächeln wieder auf sein Gesicht setzte. Kurz warf ich auch einen Blick zu meinem Vater. Seine Miene war grimmig.
"Aber nein", versicherte mir der Berater, "der Palast ist der beste Ort an dem ihr euch aufhalten könntet, um sicher zu sein."
Ich seufzte als wäre ich erleichtert.
"Ich kann mir gar nicht vorstellen, dass es in unserem wunderschönen Land Aufstände geben könnte. Schließlich geht es uns doch allen gut."
Ich runzelte die Stirn als wäre ich verwirrt. Mein Sitznachbar ging darauf ein.
"Angeblich rebellieren sie im Namen des Volkes, fordern Steuersenkungen und ähnliches. Dabei hat der König die Steuern schon weniger erhöht als er eigentlich müsste nach dem Krieg mit unserem nördlichen Nachbarland."
"Amir, hört auf meine Tochter mit Dingen zu beschäftigen, die sie nicht versteht", fuhr mein Vater den Berater an.
Dieser zuckte zusammen. Ich verkniff mir eine Reaktion und lächelte den armen Mann nur beruhigend an.
"Wohl wahr, mir schwirrt schon der Kopf. Es ist beruhigend zu wissen, dass ihr alles im Griff habt und ich mir keine Sorgen machen brauche."
Danach verschwieg ich mir jeden weiteren Kommentar, denn die Miene meines Vaters hatte sich nicht aufgehellt. Das Thema machte ihn wütend. Und das sagte mir, dass die Situation ernster war als er und sein Berater mir weiß machen wollten. Ich hätte gerne mehr gewusst. Aber ich hütete mich den Zorn meines Vaters auf mich zu ziehen. Ich hatte seinen Gewaltausbruch vor einigen Jahren nicht vergessen, auch wenn bisher nichts mehr passiert war.
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