Kapitel 5| Der Teil wo es praktisch werden könnte
„Und jetzt brauchst du in zwei Wochen einen Typ, der dich für deine Familie datet oder ein guter Freund der dich so begleitet?"
Fasste Ella zusammen und biss in ihr Sandwich.
Wir saßen in der Kantine der Schule und hatten uns hier für die Pause verabredet.
„Ja!"
Bestätigte ich ihr und schwenkte den grünen Apfel hin und her. Gestern hatte ich es ihr nicht mehr erzählt. Heute saß ich hier und war einfach nur verzweifelt.
Ich hatte niemanden, denn ich fragen konnte.
Den einzigen Mann, den ich gerade länger in meinem Umfeld ertrug, war Maverick, aber der ging ja wohl kaum, weil es Kendall's Freund war.
Ashley kannte ich nur flüchtig und River war nicht dafür geeignet und nervte mich genauso sehr wie Nickolas.
Oh, allein dieser Name ließ mein Blut wieder kochen.
Der Rest der Männerwelt war nur eine schnelle Nummer und die kannte ich eigentlich nicht.
„Du solltest dir einen männlichen Freund suchen, der dir gerne hilft!"
„Ach findest du?"
Obwohl ich keinen Hunger hatte, biss ich trotzig ein Stück aus dem Apfel.
Lary kam an unseren Tisch und setzte sich neben El und mir gegenüber.
„Was machst du den für ein bitteres Gesicht?"
Ich überließ es Ella alles zu erzählen, weil ich keine Lust darauf hatte mich zu wiederholen.
„Ich könnte meinen Freund Dave fragen!"
Bot Hillary an.
„Steht der nicht auf Männer?"
„Schon aber..."
„Ich brauche schon jemand glaubwürdigen."
Seufzte ich und aß meinen Apfel weiter. Hillary zuckte nur mit ihren Schultern und unterhielt sich anschließend mit El.
Manchmal könnte man meinen das Hillary nur wegen Ella mit mir befreundet war, aber das stimmte nicht.
Sie hatte ein großes Herz und ich war einfach nur eine schwierige Person.
Ich hing entspannt meiner Gedanken nach und erblickte am anderen Ende Faye, die mit einer großen Gruppe zu Mittag aß. Plötzlich dachte ich wieder an das Angebot, das Nick mit unterbreitet hatte.
Amüsiert über meinen eigenen dummen Gedanken schüttelte ich meinen Kopf.
Das kam überhaupt nicht infrage.
**
Nach einer weiteren Woche hatte ich immer noch keinen potenziellen Partner für die Hochzeit meines Bruders gefunden. So langsam drängte die Zeit und ehrlich ich hatte eigentlich etwas Wichtigeres zu tun, zum Beispiel mein Studium zu bestreiten.
Gerade saß ich auf einer Parkbank am Rande der Eishalle und sah über die grüne Wiesenfläche, auf der sich einige Studenten tummelten.
Ich hatte meine Kopfhörer auf dem Ohr und ließ meinen Blick über die verschiedenen Arten von Menschen schweben.
Gedanklich ging ich die Männer, die dort saßen oder standen durch, ohne es richtig zu bemerken.
«Zu Alt, zu Jung, unsportlich, hat eine Freundin, Mamaboy, Gamer, untreu..."
Die Liste ging endlos weiter in meinem Kopf, bis mich jemand antippte und ich hochschreckte.
Nickolas stand hinter mir und ich blinzelte ihm entgegen.
„Was willst du?"
Maulte ich.
„Begrüßt man so einen Freund?"
Er setzte sich neben mich und ich seufzte einmal auf. Ich war des Streitens müde geworden und wollte einfach meine Ruhe haben.
„Wartest du auf jemanden?"
Ich schüttelte meinen Kopf. Nachdem ich in dem Fitnessstudio um die Ecke einen Kickboxraum besucht hatte, wollte ich mich einfach nur kurz in der Sonne setzen, bevor ich nach Hause ging.
In meiner verschwitzten Jogginghose und dem Top bestimmt nicht die beste Idee, aber mir war die Meinung anderer einfach egal.
„Ich habe das Wetter genossen."
Nick lächelte sanft, ich hatte mich schon längst wegdreht und er schloss die Augen genau wie ich.
„Wie läuft es mit Faye?"
„Schlecht, ich glaube, die denkt, ich sei ein perverser Stalker..."
Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen, bei dem Gedanken wie sie auf ihn reagiert haben könnte. Mir war bewusst das Anderson das gesehen haben musste, denn erklang leicht genervt bei der nächsten Gegenfrage.
„Wie läuft es mit der Suche nach einem Date für die Hochzeit deines Bruders?"
Ich riss sofort die Augen auf und starrte ihn an. Das war etwas, was er gar nicht wissen sollte.
„Lary hat sich verplappert..."
Ich knurrte einmal.
„...sie hat es Kandy erzählt und ich stand zufällig in der Nähe..."
„Du meinst, du hast sie belauscht..."
Er lachte kehlig auf und zuckte mit den Schultern.
„Wir könnten einander..."
„Sag nichts! Ich will das nicht..."
„Hör dir erstmal mein Angebot an, bevor du wieder ablehnst!"
Ich kreuzte meine Arme und schloss wieder meine Augen.
„Du kannst mich als Date austesten. Das erste Treffen in einer Woche, schaust du, ob wir kompatibel sind und wenn deine Familie mich liebt, wovon ich ausgehe, helfe ich dir bei allen Aktivitäten mit deiner Familie bis nach der Hochzeit. Im Gegenzug hilfst du mir bei Faye..."
„Und wie soll diese Hilfe bei Faye aussehen?"
Fragte ich skeptisch.
„Ah, du denkst darüber nach..."
Ich warf ihm einen bösen Blick zu.
„Schon gut... Ich habe gehört, dass sie auf digitale Liebesbriefe steht. Was auch immer das ist...Du kannst mir helfen welche zu verfassen, an sie zu schicken und du könntest mir auch helfen herauszufinden, was sie sonst noch so mag."
„Digitale Liebesbriefe?"
Er nickte und ich konnte mir denken, was er wirklich meinte.
„Nickolas Anderson und Liebesbriefe? Das kann ich mir nicht vorstellen..."
„Du wärst wohl das Mädchen, die Liebesbriefe zerreißen würde."
„Nein, ich wäre die Frau die Liebesbriefe vor den Augen des Schreibers verbrennen würde."
Korrigierte ich ihn und sah zu ihm herüber. Er schüttelte amüsiert seinen Kopf.
„Haben wir jetzt eine Abmachung?"
Ich schloss wieder meine Augen und drehte mein Gesicht das letzte Mal in die Sonne um die wenigen Strahlen einzusammeln.
„Denk daran das es Kendall wichtig ist, das wir uns alle verstehen. Es wäre also eine win-win-win-Situation."
„Ich überlege es mir, okay?"
Ich stand auf und sah auf ihn herunter. Das erste Mal, weil er noch auf der Bank saß und so kleiner war als ich. Doch das änderte sich schlagartig als er aufstand.
„Mensch Venus, du bist wirklich eine harte Verhandlerin!"
„Ich muss dann auch los. Ich melde mich..."
Ich machte schon drei Schritte zurück.
„Wenn du Angst hast, das du dich in mich verliebst, weil ich mit dir flirte und dir schöne Augen mache, brauchst du keine Sorge zu haben. Du bist nicht mein Typ Frau!"
Wieder eine Beleidigung, aber diesmal ließ ich sie nicht auf mir sitzen.
Ich grinste erhaben und fixierte ihn mit meinen Augen.
„Ich habe keine Angst davor mich in dich zu verlieben. Dein mieser Charakter ist abstoßend genug. Aber du solltest dir vielleicht nochmal Gedanken über deinen Typ Frau machen...Du hast nämlich absolut keine Ahnung, was eine richtige Frau ausmacht."
Ich zwinkerte ihm kess zu und ließ Nickolas einfach stehen. Er hatte nichts mehr zu sagen.
Das dachte ich zumindest, bis ich seine schnellen Schritte hinter mir hörte.
„Wie meinst du das?"
Er fragte ernsthaft, neugierig nach aber ich hatte nicht das geringste Interesse daran ihm eine Antwort zu geben. Er schien doch Menschen so gut zu kennen, dann würde er dieses Rätsel schon ganz allein lösen.
Nickolas hatte zu mir aufgeholt und lief neben mir her. Auch als ich meinen Schritt beschleunigte, konnte ich ihn nicht abschütteln.
Wie auch?
Für zwei Schritte von mir brauchte er nur einen.
Ich spürte das er mich beobachtete und schenkte ihm einen Seitenblick. Er war kurz davor das Rätsel unbewusst zu lösen, denn er starrte mir ungeniert auf meinen Busen.
Auch wenn ich absolut kein Problem mit meinem Körper hatte, musste nicht gerade Nickolas Anderson ihn begutachten.
Das mochte ich nicht.
Deswegen blieb ich einfach stehen und sah ihn genervt an.
„Na, das kann ja heiter werden. Wenn du mich jetzt schon mit deinen Augen ausziehst!"
Ertappt aber nicht beschämt, grinste er bereit.
„Was? Man darf ja wohl gucken dürfen. Außerdem kann ich ja wohl nichts dafür, das du so enge Kleidung trägst, die alles zeigt."
„Ich war beim Sport du Idiot!"
Ich schüttelte meine Locken.
„Faye hat recht, du bist ein perverser Stalker und Spanner."
„Hey, das hat sie nie gesagt!!"
„Aber ich dafür!"
Ich nahm wieder an Geschwindigkeit zu und wollte einfach von ihm weg. Doch er verfolgte mich wieder.
„Wenn du nicht aufhörst mir nachzulaufen, dann kannst du dir deinen Deal in den Arsch schieben."
„Reg dich ab Smiley...Ich wollte dich eigentlich nur fragen, ob ich dich nach Hause fahren kann."
Ich blieb wieder stehen und sah ihn misstrauisch entgegen. Dabei kreuzte ich meine Arme.
„Schau, da steht mein Motorrad, wenn du..."
„Auf keinen Fall!"
Schmetterte ich sein Angebot ab und sah auf das Höllenteil. Nicht, das ich Angst hätte damit zu fahren, nein im Gegenteil, mein Vater hatte ein altes Motorrad, das ich immer mal wieder gefahren bin nach meinem Führerschein. Aber Motorradfahren war nicht ungefährlich und du musstest der Person, die es fuhr, zu hundert Prozent vertrauen.
Und ich vertraute Nickolas beim besten Willen nicht!
„Du brauchst keine Angst haben Smiley, ich fahre ganz vorsichtig."
Er grinste breit.
„Ja, so siehst du aus!"
Ich zog meine großen Kopfhörer über meinen Kopf und schob die eine Seite bereits über mein linkes Ohr, das ihm zugewandte war.
„Ich brauche dich nicht. Es ist wunderbares Wetter, das nutze ich und laufe nach Hause."
„Das sind sechs Kilometer."
Ich zuckte nur mit meinen Achseln und sah ihn mir ungläubig entgegen blinzeln.
„Wie du willst Smiley. Ich dränge mich nicht auf."
Er schnappte sich seinen Helm und zog ich sich über den Kopf. Dabei setzte ich die andere Seite des Kopfhörers auf und ließ ihn einfach stehen.
Ich beschleunigte mein Tempo ein wenig und joggte von dem Gelände runter zur Straße, entlang des Verkehrs.
Egal, wie laut ich die Musik gedreht hätte, das laute Rumoren seines fahrbaren Untersatzes konnte ich einfach nicht überhören.
Automatisch drehte ich meinen Kopf nach Rechts zur Fahrbahn, auf der Nick langsam neben mir fuhr mit aufgeklappten Visier.
„Na, willst du es dir nicht vielleicht doch noch anders überlegen?"
Genervt hob ich meine Hand, schüttele meine Finger aus und ließ nur einen stehen.
Das sollte als Antwort wohl reichen.
Nick lachte und gab Gas. Hinter der nächsten Kurve war er verschwunden und ich drosselte meine Geschwindigkeit. Ich würde doch den Bus nehmen.
Wie sollte das mit uns beiden gut gehen, wenn die ganze Situation jetzt schon angespannt war, bis zum Gehtnichtmehr?
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