Kapitel 3| Angewandte Philosophie
Neuer Tag, neues Glück!
Anderson hatte mir gestern sowas von den Abend versaut, seine ständigen Neckereien, die dummen Sprüche, seinen lächerlichen Spitznamen für mich und dieser absolut unverschämter Vorschlag ihm bei Faye behilflich zu sein.
Ich ballte alleine bei dem Gedanken eine Faust in meiner Jackentasche.
Es war bereits herbstlich und somit morgens schon zu kalt. Durch meine Adern floss das griechisch heiße Blut und das spürte ich besonders in den Wintermonaten, wenn ich mich nach Wärme sehnte.
Ich zog meine Jacke enger um meinen kleinen Oberkörper und gab meinen Füßen den Befehl schneller zu laufen.
Im Hörsaal angekommen taute ich langsam auf und freute mich das ich einen der vorderen Fensterplatz ergattern konnte und neben mir noch ein Platz frei war.
In diesem Kurs kannte ich bis vor kurzen keinen. Angewandte Philosophie war speziell und lag nicht jedem. Jetzt jedoch suchte ich die Reihen nach Faye ab.
Ich sah sie schräg hinter mir in der Mitte zwischen vielen Studenten. Sie unterhielt sich angeregt und schien einige Freunde in diesem Kurs zu haben.
Ich genoss es gerade, das ich hier keinen kannte und die Zeit für mich und meinen klaren Kopf hatte.
So konnte mich niemand ablenken.
Bis der Professor kam, tippte ich wild auf meinem Handy herum, meine Hornbrille machte einen leichten Abgang und ich musste sie wieder auf meinen Nasenrücken zurückschieben.
„Ist hier noch frei?"
Ich traute meinen Ohren nicht und noch viel weniger meinen Augen als ich nach oben sah und Nick Anderson erblickte, der sich entspannt neben mich gleiten ließ, ohne eine Antwort abzuwarten.
Desinteressiert sah ich zurück auf mein Telefon.
Es war ein freies Land und jeder konnte sitzen, wo er wollte, darüber hatte ich keine Macht. Wobei ich mich schon fragte, warum er gerade den freien Platz neben mir nahm, anstatt einen von den anderen freien Sitzplätzen.
Was er überhaupt in diesem Kurs verloren hatte, war mir ein viel größeres Rätsel.
Aber einen Blick auf seinen Hinterkopf, mit der Erkenntnis wo er hinsah, reichte um mir schnell zu verstehen, was er vorhatte.
Einen bissigen Kommentar dazu in Verbindung mit einem warmen Lächeln konnte ich mir einfach nicht verkneifen.
„Wow, ganz schön viel Aufwand um ein einziges Mädchen flachzulegen."
Erst wollte ich das nur denken. Aber mein Mundwerk war einfach offen und schneller als mein Gehirn.
Anderson sah mich abschätzig an und fuhr mit seinem Blick über die Konturen meines Gesichts.
„Was ist, wenn ich es mit ihr ernst meine!"
Mein rechter Mundwinkel hob sich leicht und ich begleitete die Geste mit einem verächtlichen Schnauben.
Danach drehte ich mich weg und versuchte den Ausführungen des Professors zu lauschen.
Ich bekam mit, wie sich Faye ab und zu meldete, wenn er eine Frage stellte und Nickolas sich immer nach ihr umdrehte.
Er lächelte ihr entgegen aber sie ignorierte ihn.
Die Stunde zog sich ewig und ich rutschte unbehaglich hin und her auf meinem Stuhl.
Ich fühlte mich nicht wohl neben Nickolas zu sitzen.
Pünktlich zum Ende der Stunde, nachdem uns der Professor entlassen hatte, sprang ich auf und versuchte mich schleunigst aus dem Staub zu machen.
Ich schulterte meinen Rucksack, drückte mich an Anderson vorbei, lief an der Reihe von Faye und ihren Freunden vorbei und hätte es fast geschafft, als mich Faye an der Türschwelle ansprach.
„Hey warte bitte..."
Ich blieb stehen und zog meine Schultern an. Innerlich fluchte ich wie ein Seemann. Heraus kam nur ein „Gamṓ", was so viel bedeutete wie „Scheiße".
„Hi, wir haben uns doch gestern in dieser Bar kennengelernt. Ich bin Faye, erinnerst du dich?"
Ich setzte ein schmales Lächeln auf meine Lippen und schob meine Brille wieder zurück auf die Nase.
„Ich habe dich gerade nicht gesehen und dachte schon, wir wären nicht mehr im gleichen Kurs."
Ich wollte gerade antworten, da legte sich ein schwerer Arm um meine Schultern und ich musste nicht raten, wer das war.
„Die saß neben mir, ich habe sie verdeckt. Tut mir leid."
Faye's blaue Augen heften sich auf Nick und sahen ihn desinteressiert an.
„Seit ihr Freunde?"
Ich kam gar nicht dazu, zu verneinen, da testete Nickolas wieder für mich.
„Ja, richtig Gute! Nicht wahr Smiley?"
Ich biss feste auf meine Backenzähne und pitchte ihn in seinen Oberschenkel. Doch er rührte sich nicht.
Faye sah seltsam zwischen uns hin und her.
„Was kann ich für dich tun?"
„Ich wollte dich eigentlich nur nach einem Termin fragen, für einen Kaffee, weil ich ein paar Fragen zu diesem Kurs habe. Der Prof. meinte, du seiest die Beste!"
„Klar können wir machen, ich kann am Dienstagnachmittag."
„Ich auch..."
Völlig entsetzt sah ich zu Nick auf, der zum Glück seinen Arm endlich von meiner Schulter genommen hatte.
„Was schaust du denn so Smiley? Ich brauche auch Nachhilfe."
„Dienstag passt. Ich schreibe dir einfach wo wir uns treffen können!"
Meinte Faye und bemerkte die dicke Luft. Sie sah genauso irritiert aus wie ich wütend war.
Was bildete sich Anderson ein?
Sie ging zurück zu ihren Freunden und Nick sah ihr verträumt nach.
Er war abgelenkt, somit konnte ich aus diesem seltsamen Schauspiel endlich entfliehen und nahm meine Beine in die Hand.
Ich war vielleicht klein, aber dafür ganz schön schnell.
**
Nickolas hatte nicht versucht mich nach allen Erwartungen zu verfolgen. Nein, stattdessen schrieb er mir einfach eine Nachricht.
Es war eine unbekannte Nummer aber aus dem Kontext und der Art wie er schrieb, konnte es nur er sein.
Nachrichten waren noch einfacher zu ignorieren, deswegen ging ich gar nicht darauf ein.
Nachdem Unterricht, schrieb ich El das ich uns etwas vom Griechen bei uns in die Ecke besorgen wollte. Nach einem anstrengen Tag, der mich emotional packte, brauchte ich immer mein Lieblingsessen.
Der Restaurantbesitzer kannte mich schon und weil ich halb Griechin war, bekam ich das Essen immer mit ein bisschen Rabatt oder etwas extra. Sein Sohn war drei Jahre jünger als ich und besuchte noch die Highschool.
Er war immer lieb und höflich und mir entging nicht, wie er mich ansah.
Aber Lino war nun wirklich nicht mein Typ und nicht nur, weil er jünger war und für mich wie ein kleiner Bruder war.
„Ahhh Arketá, schön dich zu sehen."
Yannis war eine der liebsten Menschen, die ich kannte. Er war nicht aufdringlich, sondern hielt sich immer zurück, was ich von meiner Familie nicht behaupten konnte.
Und auch wenn ich mich oft für meine Kultur und Herkunft schämte, so liebte ich das Essen und war hier gerne.
„Wie immer Arketá?"
Ich nickte ihm lächelnd zu und setzte mich auf einen der Hochstühle. Das Restaurant war winzig und fiel den meisten erst nicht auf. Aber wenn man einmal hier war, wollte man immer wieder kommen.
Yannis rief seinem Sohn, der oft nachmittags aushalf, meine Bestellung zu.
Während dessen unterhielten wir uns ein bisschen auf griechische und ich vertraute Yannis meinen seltsamen Vormittag an.
Er hörte immer geduldig zu und bewertete mich nicht.
Als das Essen fertig war überreichte er es mir in einer dünnen Plastiktüte.
„Hier Arketà, lass es dir schmecken. Ich habe dir und El extra noch ein paar Baklava eingepackt."
Ich nickte ihm dankend zu.
„Mein Saganski ist auch dabei?"
„Natürlich!"
„Danke Yannis!"
Er ging extra um die Theke und drückte mich kurz. Anschließend machte ich mich auf dem Weg zu meiner Wohnung.
El wollte schon zu Hause sein.
Das Wetter war beständig und warm genug. Vielleicht konnten wir ja auf dem Dach essen.
Ich schloss unsere Wohnungstür auf und brüllte einmal kurz, dass ich da war.
„El, ich bin zu Hause, mit dem Essen."
Unser Küchenfenster war weit geöffnet und ein gelber Zettel hing an Kühlschrank.
„Ich bin oben!"
Lächelnd kletterte ich auf unsere Küchenablage und sah aus unserem Fenster in dem Himmel.
„Ella?"
Rief ich laut genug.
„Ja!"
Sie streckte den Kopf über die Feuerleiter und sah mich lächelnd an.
Ich kletterte aus dem Fenster, hielt das Essen gut fest. Fast oben angekommen, reckte ich es ihr entgegen.
„Kannst du das mal annehmen?"
Mir wurde das Essen abgenommen und ich kletterte die letzten Stufen der Feuerleiter rauf.
Mit einem strahlenden Lächeln betrat ich das Dach, bis ich den Kopf hob.
Sofort fiel mein strahlender Gesichtsausdruck in sich zusammen.
„Was macht der hier?"
„Wie kann es sein das du jeden anlächelst, außer mich Smiley, das verletzt mich, weißt du..."
Nickolas grinste mich dreist an.
„Ich lasse euch mal reden..."
Meinte Ella, kramte nach ihrem Essen und machte sich auf mich hier alleine mit Nick stehenzulassen.
Er sah sich um und ich griff wütend nach meinem Essen, einer Gabel und setzte mich auf die Couch. Dabei stocherte ich schon aggressiv in meinem Salat und in den Saganaki. Ich hatte Hunger und war sauer. Eigentlich wollte ich mich entspannten.
„Das sieht sehr gut aus, was du da hast."
Auch wenn ich Nick nicht leiden konnte, zwang mich mein Kulturerbe dazu, ihm etwas anzubieten.
Ich sah in die große Tüte und entdeckte einen großes extra Paket. Yannis hatte mir noch etwas vom Musakka mitgegeben, bestimmt, war das eigentlich für morgen gedacht. Aber auf der Schachtel stand. „Falls du Besuch hast."
Erstaunt öffnete ich meine Augen weit. Konnte
Yannis hellsehen?
„Hier für dich, wenn du magst."
Ich öffnete die Schachtel, vermied es ihn auszusehen und legte eine Gabel dazu.
„Ich dachte schon das sei alles für dich."
Winselte er und ich sah ihm düster an.
„Schon gut....Danke."
Er nahm das Musakka und ich griff mich nach meinen Kolokithokeftedes, vegetarisch Bällchen mit Zucchini, Ei und Feta.
Er hatte sich mit Abstand neben mich gesetzt. Sicher war ihm klar, das es jetzt nicht der richtige Zeitpunkt war, mich weiter zu provozieren.
„Wow, das ist ja richtig gut!"
Ein wenig stolz ließ ich meinen Mundwinkel zucken, als ich sah, wie sehr ihm das Essen schmeckte. Aber dann erinnerte ich mich daran, das er mich ja gestört hatte. Er sollte auch gar nicht hier oben sein. Das war mein Rückzugsort und deswegen müsste ich nochmal ein dringendes Wort an Ella richten.
„Was willst du hier Nickolas?"
Er hatte schon fast die Hälfte seines Essens verdrückt.
„Das mich einer Nickolas genannt hat, ist ewig her."
Ungeduld tippte ich mit meinem Fuß auf und ab und hob kritisch eine Augenbraue.
Er räusperte sich und sah mir in die Augen.
Ich verstand einmal mehr, warum ihm so viele Frauen verfielen, einschließlich mir vor zwei Jahren. Seine hellblauen Augen bildeten einen starken Kontrast zu seinem dunkeln Haar. Dadurch leuchteten sie dir förmlich entgegen.
Dazu kamen seine hohen Wagenknochen und auch der Rest seines Gesichtes wahr abartig attraktiv. Lediglich seine Nase war leicht schief. Sicher war die schon einmal gebrochen gewesen.
Ich versuchte mich darauf zu konzentrieren... keiner war perfekt!
„Du hast meine Nachrichten nicht beantwortet."
„Nickolas..."
Drohte ich warnend.
Natürlich wusste ich was er wollte, aber er musste es aussprechen, damit ich es endlich nochmal offiziell ablehnen konnte....
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