Kapitel 20| Back to School
Zurück in meiner Komfortumgebung tippte ich gerade die nächsten Zeilen des neuen Liebesbriefes an Faye.
Sie hatte kurz nachdem Wochenende bei meiner Familie geantwortet.
Ich wollte sie etwas zappeln lassen, um ihre Neugierde an ihrem geheimen Verehrer aufrecht zu halten.
Nick hatte ich seit vier Tagen nicht mehr gesehen oder gesprochen. Nachdem wir gelandet waren, sind wir so schnell es ging voreinander geflüchtet. Er hatte viel an Training nachzuholen, wollte Kandy sehen und schien auch sonst sehr beschäftigt zu sein.
Ich war darüber gar nicht enttäuscht, sondern ehrlich froh. Denn ich brauchte diesen Abstand noch mehr als er. Langweilig war mir auch nicht, ich hatte zwei Klausuren die anstanden und ein Essay, das ich abschließen musste.
Doch jetzt saß ich hier und grübelte über die nächsten Zeilen an Faye nach. Es sollte auch nach ihm klingen und nicht an mich erinnern.
Das alles tat ich jedoch, ohne ihn miteinzubeziehen und deswegen funktionierte es auch nicht richtig.
Ich musste wohl oder übel mit ihm sprechen. Ihn wenigstens fragen, ob er das wollte und ihm Gelegenheit geben, selber etwas dazu beizutragen.
Deswegen zückte ich gleich mein Handy und scrollte durch unsere Nachrichten.
Den letzten Nachrichtenverlauf hatten wir vor dem Wochenende gehabt, an dem wir uns abgesprochen hatten, wann wir uns wo treffen wollten. Danach kam nichts mehr.
Meine Fingerspitzen zuckten.
Er war sicher beim Training und hatte gar keine Zeit um sich darum zu kümmern.
Ich legte mein Handy wieder zur Seite und der Bildschirm verdunkelte sich.
Andererseits musste ich ihm irgendwann schreiben, schließlich wollte er ja bestimmt darüber Bescheid wissen, dass Faye ihm geantwortet hatte.
Er musste mir ja nicht direkt antworten. Aber so hatte er zumindest einen Stand der Sachlage.
Also nahm ich mein Handy wieder in die Hand.
Etwas überfordert schrieb ich ihm eine kurze Nachricht, nachdem ich fünf Sätze wieder gelöschte und drei neue hinzugefügt hatte.
„Hi Nickolas, ich habe eine Antwort von Faye auf deinen Liebesbrief bekommen. Möchtest du wissen, was sie schreibt? Soll ich ihr eben antworten? Das ist kein Problem für mich, meld dich kurz. Ich habe schon etwas vorformuliert.
-Venus"
Ich hatte erst ein „XO" vor meinem Namen gesetzt aber das dann doch ganz schnell wieder gelöscht. Das bekamen nur enge Freunde wie Ella oder Lary. Vielleicht auch Kandy, würde ich mehr mit ihr schreiben.
Ich hatte mich nur vertan, aus macht der Gewohnheit."
Endlich sendete ich die Nachricht ab, ohne mir weiter den Kopf darüber zu zerbrechen.
Ich versuchte wieder weiterzuarbeiten und mein Essay zu beenden.
Kurz bevor ich meine Sachen zusammen packen wollte klingelte mein Handy. Nickolas Name leuchtete auf und ich ging schnell dran, um hier niemanden zu stören. Ich hatte meine Kopfhörer im Ohr und war bereit den IT-Raum zu verlassen.
„Hi Anderson."
Gab ich mich betont kühl und achtlos.
„Heyyy Smiley. Ein Genuss deine Stimme zu hören. Wie geht es dir?"
Ein klassischer Nick. Trotzdem klang seine Stimme nicht ganz so leicht wie sonst.
„Ähhh gut danke. Hast du meine Nachricht gelesen?"
„Ja, das habe ich. Darüber wollte ich eben mit dir sprechen. Bist du noch an der Uni?"
„Ja, aber gerade auf dem Weg nach Hause."
„Perfekt. Ich bin auch noch hier. Treffen wir uns am Haupteingang."
„Ähh ja aber..."
„Dann bis gleich."
Nickolas legte auf. Das hätten wir doch auch am
Telefon klären können, so hätten wir uns nicht sehen müssen.
Ich seufzte auf, schulterte meinen Rucksack und lief zum Haupteingang der Universität.
Anderson wartete bereits auf mich, mit schnellen Schritten kam er mit entgegen und zog mich an seine Brust. Ich knallte förmlich in seine harten Muskeln und sein herbes Parfüm umzingelte mich.
Nicht gerade etwas, das mir half einen kühlen Kopf zu bewahren.
„So schön dich zu sehen süße Smileys."
Ich klopfte auf seinen Unterarm.
„Es reicht Anderson!"
Ermahnte ich ihn und er löste sich endlich von mir.
So konnte auch ich wieder aufatmen.
„Hast du Lust auf einen Kaffee?"
Ich schielte auf die Uhr an meinem Handgelenk. Sein Blick war bittend und nicht fordernd.
„Nur eine Stunde."
Versuchte er mich zu überzeuge.
Ich überlegte immer noch, denn ich war heute noch verabredet.
„Ich gebe dir den Kaffee auch aus!"
Ein Lächeln zupfte an meinen Mundwinkeln.
„In Ordnung. Aber nur eine Stunde. Ich habe heute nicht besonders viel Zeit."
Nickolas nickte ab und sein breites Grinsen ließ seine hellen blauen Augen leuchten, auch wenn sein Lächeln nicht ganz seine Augen erreichten. Ich hatte ein komisches Gefühl in der Magengegend.
Unbedarft wie immer kam er mir wieder näher und legte seinen Arm um meine Schulter, den ich zu gerne wieder abgeschüttelt hätte. Vielleicht interpretierte ich mehr in sein Verhakten als ich sollte, nur weil ich mich komisch fühlt.
Ich musste mir auch eingestehen, dass ich diese Berührung von ihm vermisst hatte und ich wollte tief im Inneren, das er mich anfasste.
Nickolas lenkte uns zu einem kleinen Café nahe dem Campus. Es war perfekt gelegen, so das nicht nur Studenten regelmäßig hier herkamen, um sich ihre tägliche Dosis Koffein zu holen, sondern auch Pendler, Mütter zum Kaffeekränzchen und natürlich die gesamte Arbeitswelt.
Deswegen war es hier entsprechend immer voll. Aber sie hatten auch einen sehr guten Kaffee und die besten Cookies und Kuchen.
„Such du uns einen Tisch. Ich hole alles.
Was magst du haben?"
Mein Blick schweifte über die Tafel über unseren Köpfen.
„Ich hätte gerne einen Amerikano."
Murmelte ich und meine Augen hefteten sich einen Moment zu lange auf den großen „Trible-Schokoladen-Cookie"
In der letzten Ecke des Cafés leider nahe der Toiletten ergatterte ich noch einen kleinen zweier Tisch.
Gerade als ich mich gesetzt hatte, sprach mich ein Mädchen an.
„Brauchst du den Stuhl?"
Ihr rabenschwarzes Haar fiel ihr leicht ins Gesicht und die kalten Augen wirkten nicht freundlich.
„Ja, ein Freund von mir kommt gleich."
Sie verdrehte die Augen und ließ den Stuhl stehen. Doch da kam schon die nächste. Eine große Brünette, die mir bekannt vorkam.
„Du brauchst den Stuhl doch nicht, oder Venus?"
„Doch! Ein Freund von mir kommt jeden Moment und bringt unseren Kaffee."
„Dein imaginärer Freund?"
Sie lächelte böse.
Wer war diese blöde Kuh und warum fiel mir ihr Name nicht ein? Erst als Nick mit unserem Kaffee und zwei riesigen Cookies an den Tisch trat, kam mir ihr Name in Erinnerung.
„Jenna."
Die bissige Freundin von Faye.
Da ich ihren Namen laut gesagt hatte, drehte sie sich nochmal zu mir um, obwohl sie dabei war zu gehen.
„Was ist? Anders überlegt?"
Doch Nick stellte gerade unsere Heißgetränke auf den Tisch und hob den Kopf. Ihre Augen trafen sich und man spürte die schlechte Spannung zwischen beiden.
Missmutig zischte sie endlich ab, ein paar Tische weiter und gesellte sich zu ihren Freundinnen. Faye war aber nicht dabei.
„Was wollte Janine von dir?"
„Jenna!"
Korrigierte ich ihn und sah dabei sein amüsiertes Lachen. Er hatte ihren Namen absichtlich falsch gesagt, obwohl er ihn von mir gehört haben musste.
„Sie wollte deinen Stuhl."
„Mhhh...den kann sie haben. Wir beide brauchen ja eh nur einen."
Beinah hätte ich mich an dem ersten Zug meines heißen Kaffes verschluckt. Damit meine Wagen nicht rot von der Erinnerung wurden, lenkte ich schnell ab.
Das war wie immer nur eine Masche von Nick, denn ich wusste es einfach besser.
„Nein, ich habe so um diesen Stuhl gekämpft. Er bleibt hier und du auf ihm sitzend!"
Ich schielte auf den saftigen Cookie, der noch auf Nickolas Tablet lag.
„Hier greif zu."
Ein echtes Lächeln breitete sich auf meinem Gesicht aus.
„Danke! Ich liebe die Cookies hier."
Genüsslich biss ich ein großes Stück ab und trank weiter von meinem Kaffee.
Zwischendurch erzählte ich Nick von Fayes Antwort. Sie war sehr gut ausgefallen.
In ihrem verschlüsselten Brief, sagte sie, das sie sich geschmeichelte fühlte, gerne wissen würde, wer er war und man sich treffen könne, um sich richtig kennenzulernen.
Nickolas kratzte sich bei meiner Erzählung immer wieder unbehaglich im Nacken.
Als ich geendet hatte, sah ich ihn argwöhnisch an und hob meine Augenbraue.
„Du willst doch jetzt keinen Rückzieher machen, oder?"
„Nein, das will ich nicht. Ich überlege nur, ob es wirklich richtig war, so mit ihr zu kommunizieren. Das ist eigentlich gar nicht mein Stil."
Er klang sehr unsicher und fixierte mich mit seinen blauen Augen. Seinen „White-Schocolade-Creme-Cookie" hatte er kaum angerührt.
Stattdessen sah er nur mich an, wirkte nervös und immer wieder in Gedanken.
Diesmal bildete ich mir nicht ein, das etwas nicht stimmte.
„Ist alles okay Nick?"
Ich hatte ihn das erste Mal bei seinem Spitznamen genannt und das fiel nicht nur mir auf.
Mir großen Augen starrte er mich an.
„Ja alles gut."
Das klang nicht überzeugend.
Trotzdem versuchte ich zurück auf das eigentliche Thema zu kommen.
„Was soll ich ihr jetzt antworten?"
„Erstmal nichts?! Wir könnten ja noch warten..."
„Das haben wir doch schon...."
Nick fuhr sich durch die verwuschelten Haare, die nach dem Duschen extra weich aussahen.
„Ähhh, ja dann schreib du einfach was. Nur nicht zu viel Süßholz-Geraspel."
Ich nickte nachdenklich ab.
„Ich könnte ja sowas schreiben, wie >Meine allerliebste Faye, ich bin so schüchtern aber gleichzeitig so verliebt. Du musst dich leider noch gedulden, damit ich den Mut aufbringen kann dich irgendwann persönlich anzusprechen.<"
Nicks entgeisterter Gesichtsausdruck brachte mich dazu hemmungslos laut loszulachen. Es war so schlimm, das mir die Tränen in die Augen schossen. Nachdem er gemerkt hatte, dass ich es nicht ernst gemeint hatte, lachte er mit.
„Fast hättest du mich gehabt Smiley!"
Ich beruhigte mich langsam und wir einigten uns darauf, ihr zu schreiben, das er erstmal im Verborgenen bleiben würde und ihr ein paar Hinweise über sich geben wollte. Zudem wollten wir ihr ein paar lockere Fragen stellen, um sie besser kennenzulernen und am Ende kurz betonen, dass sie ihm sehr gefiel.
Bei dem letzten Punkt verzog Nick so undefinierbar das Gesicht, dass ich mir noch unsicherer war, ob er das noch immer alles so wollte. Aber wer „A" sagt, musste schließlich auch „B" sagen.
„Und was machst du heute noch so?"
Nickolas versuchte recht ungeschickt das Thema zu wechseln.
„Ich muss noch lernen und dann treffe mich noch mit einem Freund..."
„Mit River?"
Das stimmte. Aber woher wusste er das schon wieder?
„Jaaaa..."
„Läuft da was zwischen euch?"
Ich lachte auf.
„Nein niemals! Aber das solltest du bereits wissen..."
„Aber es war mal was zwischen euch."
„Eine einmalige Sache..."
„Warum?"
„Warum willst du das wissen?"
„Interessiert mich einfach."
Ich machte eine kurze Pause. Auf irgendetwas wollte Nick hinaus.
„Weil River nicht gerade ein Paradebeispiel für einen guten festen Freund ist...außerdem war er damals nur..."
Ich stockte. Warum diese Fragerei? Wusste Nickolas etwas? Er verhielt sich schon die ganze Zeit so seltsam. Ich lehnte mich etwas mehr zurück, beendete meinen Satz nicht und musterte ihn mit schief gelegtem Kopf.
„Außerdem war er was?..."
Er sah schuldbewusst auf seine Finger, die er knetete. Und da traf mich die Erkenntnis. Er musste etwas wissen, er war mit River in einem Team. Irgendwann fielen die dummen Männersprüche und egal was River ihm gesagt hatte, es war etwas, was Nick an unsere gemeinsame Vergangenheit erinnert hatte.
Ich schnappte nach Luft und sprang auf.
„Danke für den Kaffee aber ich muss jetzt los?"
Schneller als er reagieren konnte, war ich vom Tisch aufgestanden und eilte zur Tür.
„Venus warte doch bitte!"
Aber ich hörte nicht auf ihn, machte so große Schritte wie es ging und verließ das Café. Anderson wusste, dass es jetzt besser war mich in Ruhe zu lassen...
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