8. Kapitel
[Lincolns und Roses Mutter Ylenia]
Ich ließ meine Beine baumeln und lehnte mich nach hinten. Mit dem Rücken lag ich auf dem kargen Gestein und ich tat meine Arme hinter den Kopf. Mein Blick war nach oben, gen Himmel, gerichtet. Die Sonne war warm und wohltuend und spendete mir wenigstens ein bisschen Trost.
»Na, da bist du, kleines Vögelchen«, vernahm ich Mayks Stimme, die diesmal keinen Spott enthielt.
Ich antwortete nicht, sondern schloss die Augen und lauschte dem Rauschen des Wasserfalls.
»Nimm Lexa nicht so ernst. Sie wird sich schon ... beruhigen.«
Ich spürte, wie er sich neben mich hinsetzte und schlug die Augen auf. »Du kennst Lexa nicht so gut wie ich.«
»Anscheinend kenne ich sie dann gar nicht und du nur einen Funken, denn du schienst echt überrascht über ihre Antwort«, meinte Mayk.
»Hast du uns belauscht?«, fragte ich und spürte dabei die Wut in mir aufkommen.
»Mehr oder weniger …«
Ich erhob mich und wollte über die Steine des Flusses springen, genau an der Stelle, wo der Wasserfall begann.
»Hey, warte!«
Ich drehte mich um und blickte in Mayks dunkle Augen, die mich magisch anzuziehen schienen.
»Wenn du jemanden zum Reden brauchst, bin ich da«, sagte er und lächelte zaghaft.
Ich nickte und konnte mich auf einmal nicht mehr zurückhalten. Wie von selbst stürmte ich nach vorne. Meine Hände legte ich in seinen Nacken und ich zog ihn zu mir hinunter. Hastig drückte ich meine Lippen auf die seinen und er erwiderte.
Plötzlich zuckte ich nach hinten und riss mich von ihm los. Schnell atmend starrte ich ihn an und schließlich hielt ich mir die Hände vor meinen Mund.
»E-Es tut m-mir so l-leid«, brachte ich verwirrt hervor.
»Ist ... in Ordnung.«
»Erzähl bitte nichts Lincoln«, war der letzte Satz, den ich sagte, bevor ich davon stürmte.
Langsam kehrte ich in unser Dorf zurück. Ich bin vorher noch im Wald spazieren gewesen und nun war es etwas später. Es musste Nachmittag sein, denn die Sonne stand nicht mehr im Zenit. Zielsicher lief ich auf mein Zelt zu, als sich plötzlich mein Bruder mir in den Weg stellte.
»Du hast ihn geküsst?«, rief er aufgebracht.
»Wen meinst du?«, gab ich unschuldig zurück, obwohl ich mir sicher war, wen er meinte.
»Mayk, diesen dreckigen Bastard!« Urplötzlich zückte er sein Schwert und bevor er mich in die Enge treiben konnte, hatte ich auch meines gezogen. Unsere Klingen kreuzten sich, so dass es klirrte.
»Drohst du mir etwa?«, fragte ich sauer.
»Halte dich von solch einem Abschaum fern!«, brüllte Lincoln und drückte kräftiger zu, wodurch ich Mühe hatte, seinem Schwert standzuhalten.
»Keine Sorge, ich kann mich gut um mich alleine kümmern!«, gab ich verbissen zurück.
»Lincoln! Was tust du da?«
Abrupt wandte ich mich bei dieser Stimme um, war ablenkt und fiel somit nach hinten. Unsanft landete ich auf dem staubigen Boden und stöhnte durch den Schmerz in meiner Hüfte auf - gebrochen hatte ich mir jedoch nichts.
»Mum!«, rief ich glücklich, ohne weiter auf den Sturz einzugehen. Lachend sprang ich auf und rannte meiner Mutter entgegen. »Ihr seid zurück!« Ich umarmte sie und dann meinen Vater, der neben ihr stand.
Auch Lincoln kam herbei, um unsere Eltern zu grüßen.
»Was habt ihr da gemacht?«, fragte meine Mutter ein weiteres Mal.
»Kämpfen ... geübt«, log ich und beäugte meinen Bruder aus den Augenwinkeln.
»Lincoln, das nächste Mal nicht so grob. Sie ist immer noch ein kleines Mädchen!«
»Mum!«, rief ich empört und fuhr mich nervös durch die Haare. »Wie war die Jagd so?«
»Anstrengend, Liebes, aber entschuldigt uns. Wir müssen zu Anya«, erklärte mein Vater und verließ uns mit meiner Mutter.
Verwundert sah ich den beiden hinterher und verschränkte die Arme vor der Brust. »Ich glaube, sie verheimlicht uns etwas, Linc«, sagte ich und mein Bruder nickte zustimmend.
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