kapitel 6 : es immer war
„Klaus!" Der Schrei durchzog das Anwesen wie ein Donnerschlag, Wut und Verzweiflung in jeder Silbe. Rebekahs Stimme bebte vor Anspannung, und ihre Augen funkelten wie eiskalte Dolche, die bereit waren, zuzustechen. „Komm her und sag uns, was du unserem Bruder angetan hast, du narzisstisches, hinterhältiges Arschloch!" Das Anwesen selbst schien einen Moment innezuhalten. Die Stille war drückend, beinahe greifbar, bevor Schritte erklangen, die von einem langsamen, provokanten Takt diktiert wurden. Klaus betrat den Raum, mit einem Ausdruck, der einer Mischung aus Belustigung und Gleichgültigkeit glich. Hayley stand neben ihm, eine Spur Anspannung in ihren Schultern, und die Schärfe von Rebekahs Ausbruch hing noch immer in der Luft.
„Kleine Schwester, ich hätte es wissen müssen. Bist du stolz auf die sechs toten Vampire, die du hinterlassen hast?" Seine Worte waren wie kalter Stahl, jedes Wort präzise und schneidend. Ein hämisches Grinsen spielte um seine Lippen, eine düstere Genugtuung in seinen Augen. „Welche Vampire?", riefen Rosalie und Hayley beinahe gleichzeitig, ihre Verwirrung unverkennbar. Rosalie warf ihrer Schwester einen irritierten Blick zu, während sich Rebekahs Lippen zu einem sardonischen Lächeln verzogen.
„Ach, sie waren unhöflich", erklärte Rebekah seufzend, mit einer übertriebenen Gleichgültigkeit, „und hatten nichts Besseres zu tun, als ein wehrloses Mädchen zu belästigen, das einfach nur ins French Quarter zurückkehren wollte. Bedauerlich, oder? Waren das etwa deine Freunde?" Ihre Augen glitzerten vor kalter Provokation. „Ach, ich vergaß. Du hast ja keine Freunde." Ein kehliges, spöttisches Lachen entkam Klaus, während Hayley sich vor Rebekah stellte, ihr Blick hart und trotzig. „Erstaunlich, wie wenig du dich um all das scherst. Aber ich habe Freunde, Rebekah. Ich habe Marcel. Erinnerst du dich noch an ihn?" Klaus grinste selbstgefällig und trat noch einen Schritt näher. „Oh, natürlich erinnert sie sich", stichelte er, seine Stimme schneidend wie eine Klinge. „Marcel, der sich jetzt König des Viertels nennt. Ach, und seine Regeln... die Regeln, die das Töten von Vampiren regeln. Ich frage mich, Schwesterherz, welche Strafe er für dich vorgesehen hat."
„Ich pfeife auf Marcel und seine lächerlichen Regeln", zischte Rebekah ungerührt, ihre Stimme vor Verachtung triefend. Rosalie, die bis dahin beobachtend an ihrer Seite gestanden hatte, seufzte leise. Sie kannte die Geschichte zwischen Rebekah und Marcel, diese komplizierte, zermürbende Verbindung, die nicht nur Liebe, sondern auch Bitterkeit und Wut war. Rebekah schien ihre Fassung zurückzuerlangen, und dennoch war da eine Verletzlichkeit, ein Funkeln in ihren Augen, das zeigte, wie tief diese Wunde saß. Rosalie sah Klaus direkt an, ihr Blick fest und unverwandt. Sie konnte die Spannung im Raum beinahe körperlich spüren, als wäre sie ein Netz aus vergangenen Fehden und unausgesprochenem Schmerz. „Elijah bricht niemals sein Wort", sagte sie schließlich, ihre Stimme leise, aber entschlossen. „Was hast du mit ihm gemacht, Klaus?"
Er zuckte nur mit den Schultern, als wäre die Frage kaum einer Antwort würdig. „Vielleicht ist er im Urlaub. Oder..." Er ließ das Wort im Raum hängen, seine Augen funkelten herausfordernd, „er macht oben ein Nickerchen. Fühlt euch frei, das Haus zu durchsuchen." Ohne ein weiteres Wort marschierte Rebekah an Klaus vorbei, dicht gefolgt von Rosalie, die sich einen letzten, eisigen Blick für ihren Bruder aufhob. Klaus sah ihnen amüsiert nach, mit diesem selbstgefälligen Ausdruck, den Rosalie so gut kannte und verabscheute. Die Schritte ihrer Schwester hallten vor ihnen her, ein stummer Vorbote der Konfrontation, die in der Villa auf sie wartete.
„Erinnerst du dich an das Haus, Bekka?", fragte Klaus hinter ihnen, sein Tonfall triefte vor gespielter Harmlosigkeit. „Natürlich erinnern wir uns", antwortete Rebekah, ohne sich umzudrehen. Ihre Stimme zitterte kaum merklich, als eine alte Erinnerung in ihr aufflammte. Ein gedämpftes Schweigen breitete sich aus, als die beiden Schwestern die Korridore der Villa durchquerten. Rosalie spürte die vertraute Schwere der Mauern, das leise Knarren des alten Holzes unter ihren Schritten. Die Erinnerungen drängten sich, wie Geister, die in den Schatten lauerten.
„Dieses Haus...", murmelte Rebekah leise, ihre Stimme ein Hauch von Sehnsucht, durchwoben von Bitterkeit. „Ich erinnere mich an den betrunkenen Gouverneur, der für uns tanzte, wie ein Narren-König, der glaubte, wir wären seine Gäste, und nicht das genaue Gegenteil." Rosalie schloss die Augen, als sich ein Hauch Melancholie über sie legte. „Ja... oder seine prunkvollen Feste, mit denen er versuchte, uns zu beeindrucken." Ihre Stimme klang wie ein zarter Schleier, getragen von den Erinnerungen an eine Zeit, in der alles in dieser Villa voller Leben und verschwenderischer Vergnügungen gewesen war. Ein schwaches Lächeln spielte auf Rebekahs Lippen, als sie hinzufügte: „Weißt du noch... Emil, der Sohn des Gouverneurs? Wie er jeden unserer Schritte wie gebannt verfolgte, in seiner ungeschickten Art, uns beeindrucken zu wollen."
Rosalie nickte, und eine sanfte, fast wehmütige Melancholie mischte sich in ihre Stimme, als sie weitersprach. „Elijah mochte ihn. Er sagte, Emil hätte ein gutes Herz und eine aufrichtige Seele, und für einen kurzen Augenblick in dieser Zeit war selbst er... erfüllt." Der Raum um sie schien einen Moment in diese Zeit zurückzukehren – die prunkvollen Feste, die Kerzen, die in hohen Kandelabern flackerten, und die Klänge längst vergessener Musik, die in diesen Wänden widerhallten. Doch es war nur eine Erinnerung, ein flüchtiger Schatten. Rosalie öffnete die Augen, sah Rebekah an, und die Realität senkte sich schwer auf sie herab. Elijah war verschwunden, Klaus war der Mann, der dahintersteckte, und die Geschichte dieses Hauses, so prächtig und düster sie auch sein mochte, war nur ein Teil dessen, was sie an diesen Ort fesselte.
„Die Villa hält uns gefangen, wie es immer war", murmelte Rosalie, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. Aber diesmal, diesmal würde sie dafür sorgen, dass diese Ketten nicht ewig währten.
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Die sanfte Beleuchtung der Kerzen reflektierte die kostbaren Stoffe, aus denen Rosalies Kleid gefertigt war. Der tiefblaue, beinahe samtige Stoff schmiegte sich an ihre Figur, fiel in eleganten Falten zu Boden und schimmerte bei jeder ihrer Bewegungen. Die langen, eng anliegenden Ärmel endeten an feinen Spitzenborten, die bis über ihre zarten Hände reichten, und der tief ausgeschnittene Ausschnitt des Kleides betonte das silberne Medaillon, das sie um ihren Hals trug – ein altes, kostbares Familienerbstück, das kühl auf ihrer Haut lag und ihr als einziger Schmuck diente. Ihr dunkles Haar war kunstvoll hochgesteckt, nur wenige weiche Locken fielen ihr lose über die Schultern und umrahmten ihr fein geschnittenes Gesicht. Die lebhafte Farbe ihrer Lippen und das sanfte, aber spöttische Funkeln in ihren Augen verliehen ihr eine Aura, die sowohl anziehend als auch gefährlich wirkte. Rosalie war ein Porträt aus Adel und Stärke, eine Verkörperung der Mikaelson-Geschwister.
Als sie durch den großen Ballsaal schritt, zog sie die Kinder des Hauses spielerisch hinter sich her, drehte sich lachend und ließ sie wie eine lebendige Kaskade um sich herumwirbeln. Das Lachen der Kleinen erfüllte den Raum, und ihre Unschuld brachte für einen flüchtigen Moment eine Ruhe in Rosalies Herz, die sie selten verspürte. Hier, inmitten dieses prunkvollen Ambientes, in der Wärme, die nur eine Heimat schenken konnte, fand Rosalie für kurze Zeit Frieden.
Doch ihre Gedanken wanderten, und als sie Klaus und Elijah entdeckte, wie sie im Schatten des Saals standen – Klaus mit einem halb amüsierten, halb gelangweilten Ausdruck und Elijah mit diesem für ihn typischen, ruhigen Lächeln – schlich sich ein Anflug von Wehmut in Rosalies Herz. Sie sah Klaus, dessen Lippen noch Spuren von Blut trugen, und wusste genau, wie süchtig er nach der Dunkelheit war, die ihn umhüllte. Elijah hingegen war die Ruhe selbst, und sein Lächeln verriet einen Hauch von Nostalgie, während er das Treiben beobachtete. Diese Welt aus Blut und Geheimnissen, aus Liebe und Hass, sie war das Geflecht ihrer Existenz, das Netz, in dem Rosalie und ihre Geschwister gefangen waren und das ihnen zugleich Sicherheit gab.
Plötzlich trat Rebekah zu ihnen, ihre Gestalt umgeben von einem Hauch verspielter Eleganz, und führte den jungen Emil an der Hand. Ihre Augen leuchteten, und ihre Lippen formten ein süßes Lächeln, das für einen Moment die Ernsthaftigkeit ihrer Bitte verbergen wollte. „Stören wir?", fragte sie mit einem Hauch von Ironie, und ihre Augen wanderten prüfend zwischen ihren Brüdern hin und her. Klaus verzog den Mund zu einem ungeduldigen, fast abfälligen Grinsen, löste sich von der jungen Frau, deren Blut er noch eben genüsslich gekostet hatte, und musterte Rebekah spöttisch. Elijah hingegen schenkte ihr ein sanftes Lächeln und sagte mit seiner ruhigen, überlegten Art: „Nein, Schwester. Ihr seid willkommen." Rebekah zuckte lässig mit den Schultern und erwiderte: „Vielleicht..."
Rosalie beobachtete die Szene in stiller Wachsamkeit, während sich etwas in Rebekahs Haltung veränderte. Ihre Schwester wandte sich an Elijah, und die leichte Verspieltheit in ihrem Blick wich einer tiefen Entschlossenheit. „Emil und ich lieben uns, Elijah", flüsterte Rebekah, ihre Stimme ein flammender Ausdruck von Verlangen und Hoffnung. „Bitte, lass mich ihn verwandeln." Klaus brach in ein kurzes, kaltes Lachen aus, das wie ein Splitter in der Stille des Raums klang. Elijah, der seine Stirn in tiefen Falten legte, erwiderte ruhig: „Rebekah, der Gouverneur ist uns treu ergeben. Er schützt unsere Geheimnisse, deckt all unsere Vergehen. Aber wenn wir seinen Sohn verwandeln..." Seine Stimme war eine Mischung aus Bedauern und Unnachgiebigkeit. „Es wird den Frieden gefährden, den wir mit ihm geschlossen haben."
Rosalie sah, wie sich Schmerz und Verständnis zugleich in Rebekahs Gesicht spiegelten. Sie wusste, wie sehr ihre Schwester Emil liebte, und es brach ihr das Herz, diese Leidenschaft, die ihre Schwester so sehr erfüllte, im Keim erstickt zu sehen. Rebekah war die einzige, die immer und immer wieder an das Gute im Menschen und in der Liebe glauben wollte – ein Glaube, den Rosalie längst verloren hatte. „Bitte, tu es für mich", flehte Rebekah noch einmal, ihre Augen auf Elijah gerichtet, als könne sie mit ihrem Blick eine Antwort erzwingen, die ihr Recht geben würde. Klaus, dessen Spott nun einer kühlen Ernsthaftigkeit gewichen war, schüttelte den Kopf und erklärte mit düsterem Nachdruck: „Das wird nicht geschehen, Rebekah. Wenn wir jeden verwandeln, der dir an die Wäsche will, wird die Menschheit aussterben und uns unser Blut versiegen." Diese Worte ließen Emil förmlich aufkochen, und Rosalie bemerkte, wie sein Körper sich anspannte, sein Blick auf Klaus voller Wut und Stolz. Die Hand an seinem Schwert, knurrte Emil: „Vielleicht sollte ich euch daran erinnern, wer ich bin..."
Doch bevor er seine Drohung vollenden konnte, war Klaus bereits bei ihm, und mit einer blitzschnellen Bewegung packte er ihn, als wäre er nichts weiter als ein Spielzeug. Elijah trat besorgt vor, hob abwehrend die Hand, als wolle er die Lage beruhigen. Doch Klaus ließ sich nicht beirren. Mit einem finsteren Lächeln schleuderte er Emil die Treppe hinunter, dessen Schmerzensschrei die Luft durchschnitt. „Niklaus!", rief Rebekah verzweifelt und lief ihm nach, ihre Stimme eine einzige Melodie aus Wut und Angst. Rosalie, die der Szene bis dahin stumm gefolgt war, eilte nun Rebekah hinterher. Sie fand ihre Schwester neben Emil, der schwer verletzt am Fuße der Treppe lag, sein Gesicht eine Mischung aus Schmerz und verblassender Wut.
Rosalie kniete sich zu Rebekah, ihre Hände lagen sanft, doch fest auf den bebenden Schultern ihrer Schwester, die wie ein Blatt im Sturm wirkte. „Rebekah", flüsterte sie mit einer eindringlichen Wärme in der Stimme, während sie ihr sanft eine Strähne aus dem Gesicht strich. „Lass ihn los. Lass ihn gehen. Er wird niemals das Leben führen können, das du ihm wünschst." Rebekahs Körper zitterte, und ihre Tränen tropften auf das blasse Gesicht des Mannes, den sie so sehr liebte. „Ich wollte nur... dass er bei mir bleibt, Rose", flüsterte sie, ihre Stimme kaum mehr als ein gebrochener Hauch. Rosalie zog ihre Schwester sanft in die Arme und wiegte sie, während sie spürte, wie der Schmerz von Rebekah auch in ihr selbst widerhallte. Es war ein Schmerz, der sich aus der Vergangenheit nährte, aus den unzähligen Träumen, die sie alle hatten aufgeben müssen. Und während sie ihre Schwester hielt, verstand Rosalie wieder einmal, wie zerbrechlich das Band zwischen ihnen war, wie sehr Liebe und Hass, Hoffnung und Verzweiflung, immer Hand in Hand gehen mussten in der Familie Mikaelson.
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„Er war einfach nicht würdig deiner Liebe," murmelte Klaus, seine Stimme erfüllt von einem Hauch Arroganz und doch einer Spur von Rechtfertigung. Rosalie schnaubte leise und verdrehte die Augen, der Ausdruck einer stillen Empörung, die sie nicht mehr zu verbergen suchte. Innerlich verspürte sie den Frust eines Musters, das sich schon seit Jahrhunderten wiederholte. Klaus hatte sie immer wieder alle davon abgehalten, Bindungen außerhalb der Familie einzugehen, und Rebekah war des öpfteren das Opfer dieses zerstörerischen Kreises geworden. Rebekah, ihre Schwester, die ewig auf der Suche nach Liebe war und von einer Bitterkeit gezeichnet, die tief in ihre Seele drang, erwiderte trocken: „Niemand war jemals gut genug für uns, Nik. Das hast du doch selbst immer sichergestellt, nicht wahr?" Die Worte, so kalt und mit jahrhundertelanger Enttäuschung durchtränkt, schwebten schwer im Raum und bohrten sich in Rosalies Herz wie kalte Nadeln. Sie sah, wie ein Hauch von Schmerz Klaus' Gesicht durchzog, nur kurz und dann schon wieder verborgen hinter seiner Maske der Gleichgültigkeit. Doch der Schatten blieb.
Rosalie stand auf, langsam und elegant, während ihr Blick zwischen ihren beiden Geschwistern hin und her wanderte. Sie konnte die Kluft spüren, die unüberwindbare Distanz, die zwischen ihnen gewachsen war – ein Ozean aus verletzten Gefühlen, aus zerbrochenen Träumen und unausgesprochenen Sehnsüchten. Sie seufzte tief und wollte etwas sagen, vielleicht etwas, das die Lage entspannen würde, doch noch bevor sie Worte finden konnte, vibrierte Klaus' Handy in seiner Tasche. Ohne den Schwestern einen weiteren Blick zu schenken, richtete er sich auf, seine Aufmerksamkeit bereits auf die Welt außerhalb dieses Zimmers gerichtet. „Wo ist Elijah?" fragte Rebekah plötzlich, ihre Stimme leise, fast zerbrechlich. Der Name ihres Bruders hallte durch den Raum und brachte eine seltsame Wärme mit sich, eine Sehnsucht, die Rosalie nur zu gut kannte. Sie spürte den Drang, Klaus zu konfrontieren, ihm Antworten zu entlocken. Sie trat ihm direkt in den Weg, ihre Augen fixierten seine, durchdringend, fordernd. „Wohin gehst du?" fragte sie und suchte nach der Wahrheit in seinem Blick.
Klaus ließ eine spöttische Antwort folgen, als wäre das alles ein Spiel, doch Rosalie erkannte, dass die Last, die auf seinen Schultern lag, tiefer ging, als er jemals zugeben würde. „Es scheint, die Nacht ist noch lange nicht vorbei," antwortete er mit einem leicht herausfordernden Lächeln. „Ich treffe mich mit Marcel auf einen Drink." In Rosalies Brust zog sich etwas zusammen, und sie ließ ihn für einen Moment aus den Augen. Dieser Bruder, der sich selbst für unantastbar hielt und dennoch eine Spur von Einsamkeit hinterließ, wohin er auch ging. Rebekah beobachtete das Ganze schweigend, bis sie mit einem scharfen, schmerzvollen Blick das Schweigen brach. „Elijah hat mir erzählt, dass du Marcels Imperium gezielt schwächst. New Orleans bis auf den letzten Tropfen auszusaugen, war jedoch nie Teil unseres Plans, Klaus."
Klaus blieb für einen Moment still, seine Augen wanderten zu Rosalie, als suche er in ihr Verständnis oder eine Stütze für seine Taten. Doch Rosalie hielt seinem Blick stand, und in diesem Augenblick wusste er, dass sie ihm nicht blind folgen würde. Mit einem Hauch von Verärgerung erwiderte er schließlich: „Ich weiß, dass du nicht viele Freunde hast, Rebekah. Aber wenn Freunde sich treffen, trinken sie oft zusammen und tauschen Geheimnisse aus. Marcel hat es irgendwie geschafft, alle Hexen des Viertels unter seine Kontrolle zu bringen. Wenn ich herausfinde, wie er das gemacht hat, werde ich es gegen ihn wenden." Die Worte klangen wie eine Verschwörung, wie ein Versprechen der Zerstörung, und Rosalie fühlte ein kaltes Schaudern über ihren Rücken laufen. Diese Stadt, ihr Erbe, ihre Heimkehr – nichts war sicher unter Klaus' unersättlicher Gier nach Macht. „Elijah steht nicht auf meiner To-Do-Liste," fügte er leise hinzu, bevor er zur Tür ging und einen letzten, kurzen Blick zurückwarf. „Oh, und willkommen zu Hause, kleine Schwester," flüsterte er beinahe spöttisch.
Als Klaus ging, ließ er eine Schwere zurück, die der Raum nur mühsam aushalten konnte. Rebekah und Rosalie standen noch immer da, als ob seine Worte ihnen den Boden unter den Füßen geraubt hätten. In der Stille drehte sich Rosalie langsam um und sah eine Gestalt auf der Treppe sitzen. Hayley. Ihre Präsenz, so zurückhaltend und doch voller Entschlossenheit, weckte eine neue Dringlichkeit in Rosalie. Hier und jetzt gab es Fragen, die keine weitere Stille mehr duldeten.
"Du, Wölfin," erhob Rebekah plötzlich ihre Stimme, und der durchdringende Klang ließ Rosalie erstarren. In Rebekahs Augen brannte ein Feuer, das keine Widersprüche zuließ, ein eisiges, entschlossenes Glühen, das den Raum förmlich erleuchtete. "Wir werden dieses Haus von Grund auf durchsuchen," erklärte sie mit einer Ruhe, die keine Zweifel duldete, "bis wir herausgefunden haben, was mein mieser Bruder meinem guten Bruder angetan hat. Und ihr beide werdet mir dabei helfen." Die Worte hallten in Rosalie nach, als ob Rebekahs Entschlossenheit in ihr Herz einzog und jede Faser ihres Wesens berührte.
Rosalies Blick glitt zu Hayley, die neben ihr stand, und ihre Gedanken wirbelten. Sie spürte ein seltsames Ziehen in der Brust – war es Furcht? Neugier? Oder die längst überfällige Verbundenheit zu dieser alten Familie, deren Geschichte in Blut und Schmerz geschrieben war? Ihre Lippen formten ein kleines Nicken, fast mechanisch, doch ihr Herz pochte wie ein Kriegstrommel, die sich auf einen Sturm vorbereitete. In jenem Moment wusste sie, dass sie für mehr als nur Unterstützung hier war. Sie war eine Schwester, eine Verbündete im ungleichen Kampf um Wahrheit und Freiheit. Mit einem stummen, tiefen Atemzug, den sie in der kühlen Dunkelheit des Anwesens entließ, legte sie ihre Hand auf den Türknauf des Raumes, den sie als erstes durchsuchen wollten.
Als sie das alte Gemäuer durchstreiften, fühlte Rosalie die Schwere der Vergangenheit, die sie umgab. Jedes knarrende Holzbrett, jedes gespenstische Flüstern im Schatten, jeder kalte Luftzug erinnerte sie an längst vergangene Tage und Geheimnisse, die in diesem Haus verborgen lagen. Ein unheimliches Kribbeln durchzog ihren Rücken, eine Mischung aus Furcht und Faszination. Es war, als ob das Haus selbst sie ansah, als ob es atmete und darauf wartete, dass sie das Schweigen brachen und die Wahrheit ans Licht zerrten. Sie spürte, wie ein unbekannter Funke der Neugier in ihr erwachte – eine Kraft, die stärker war als die Dunkelheit, die um sie herum lauerte. Im Keller angekommen, öffnete sich eine düstere, von Spinnweben durchzogene Kammer. Der muffige Geruch uralter Geheimnisse schlug ihnen entgegen, und Hayley hielt inne, als ihr Blick auf die Särge fiel, die sich in der Dunkelheit verbargen. "Er... er hat seine Geschwister...?" begann Hayley, ihre Stimme zitterte leicht, doch das Entsetzen war unüberhörbar und Rebekah antwortete mit kalter, beinahe resignierter Stimme: "Man kann uns nicht umbringen, Dummerchen. Doch das hindert Klaus nicht daran, uns zu quälen. In seinem Besitz ist eine Sammlung von Silberdolchen, die durch Magie belegt sind. Ein einziger Stich in unser Herz, und wir versinken in einen Schlaf, der wie der Tod scheint, nur dass wir ihn wahrnehmen können. Klaus... nun, er findet es amüsant, uns in Särgen gefangen zu halten, bis er uns vielleicht irgendwann, in seiner Laune, wieder erweckt." Rosalies Herz zog sich zusammen bei diesen Worten, bei der Kälte und dem Schmerz, den sie durchdrangen. Sie wusste, was es hieß, in der Dunkelheit zu leiden und nichts tun zu können.
Als Rebekah weitersprach, spürte Rosalie einen alten Zorn in sich, der sich mit neuem Mut mischte. "Ich fürchte," fügte Rebekah mit bebender Stimme hinzu, "er hat das jetzt auch mit Elijah gemacht." Die Worte hingen wie ein dunkler Schleier im Raum, und Rosalie sah den Schmerz in Rebekahs Gesicht, wie ein Echo ihres eigenen Kummers. Sie selbst hatte oft das Gefühl gehabt, in der Dunkelheit verloren zu sein, doch niemals hatte jemand sie je so sehr verletzt wie Klaus seine eigene Familie. Dann sprach Rosalie, ihre Stimme fest, aber leise, wie ein Sturm, der sich seinen Weg durch die kalte Gruft bahnte: "Nur bei mir funktioniert es nicht. Deshalb bestraft er mich, indem er mir meine Geschwister nimmt oder mich neunzig Jahre in einem fensterlosen Raum einsperrt, weil ich etwas getan habe, das ihm nicht gefällt." Die Bitternis in ihrer Stimme war unverkennbar, und ein Schauer lief Hayley über den Rücken, als sie den Schmerz in Rosalies Worten hörte. Die Erinnerung an Jahre der Einsamkeit, des Verrats, schien sich wie ein dunkler Schleier über die Gruft zu legen, doch im Blick der Urhybridin lag ein Funke von Hoffnung, ein letztes Aufbäumen gegen das, was Klaus aus ihr gemacht hatte.
Mit einer leisen, fast zerbrechlichen Geste deutete Rebekah auf einen Sarg. "Das ist meiner," flüsterte sie, die Worte schwer von Trauer und dem Wissen, dass sie hier eines Tages vielleicht für immer liegen könnte, eingesperrt von ihrem eigenen Fleisch und Blut. Die Ungläubigkeit stand Hayley ins Gesicht geschrieben, und ihre Stimme war kaum mehr als ein gehauchtes Entsetzen. "Er hat deinen Sarg vorbereitet?" Rebekah nickte und erklärte kühl: "Er will vorbereitet sein, falls ein Familienmitglied ihn erneut im Stich lässt." "Elijah ist nicht hier," fuhr sie fort, "er hat ihn irgendwo anders versteckt." Ein bitterer Nachgeschmack des Verrats erfüllte Hayleys Mund, doch sie konnte kaum begreifen, dass dies die Art war, wie Klaus seine Familie behandelte. Rosalie, die Sanfte, legte eine Hand auf Hayleys Schulter und sagte mit einem schwachen Lächeln: "Willkommen in der Familie, Liebes." Ein sanftes, melancholisches Lächeln spielte auf ihren Lippen, doch in ihren Augen blitzte eine Stärke auf, die selbst in der Dunkelheit des Kellers leuchtete. "Du hättest weglaufen sollen, nachdem Elijah verschwunden war."
Doch Hayleys Blick sprach Bände, und Rosalie konnte die Not in ihren Augen lesen. "Die Hexen haben mich mit einem Fluch belegt," gestand Hayley leise. "Solange ich sein Baby in mir trage, kann ich nicht gehen. Sonst bringen sie mich um." Rosalie seufzte tief, als wäre sie selbst die Last, die Hayley trug, und ihre Stimme war voller Mitgefühl, das nur eine Mutter zu kennen schien. "Ich bin sicher," murmelte sie, "Klaus wird einen Sarg für dich bereithalten, sobald du das Baby zur Welt gebracht hast." Bekah nickte, ein stummer Zeuge ihres eigenen Gefangenseins und des unstillbaren Hungers nach Freiheit, der tief in ihnen allen glühte. "Sobald ich Elijah gefunden habe, verschwinde ich von hier. Jahrzehntelang in einer Kiste zu verrotten – glaub mir, es ist das Beste, den Fluch zu brechen und abzuhauen." Ihre Worte, ein leiser, trauriger Refrain, verhallten in der kalten, schattenhaften Gruft, während sie entschlossen den Raum verließ und in der Dunkelheit verschwand, als sei sie selbst ein Geist, der niemals Ruhe finden würde.
Rosalie zuckte mit den Schultern und sah Hayley mit einem kleinen, fast amüsierten Lächeln an. "Okay," sagte sie, ihre Stimme leicht, als ob sie nur scherzen würde, doch in ihrem Blick lag eine klare Warnung. "Ich geh in mein Zimmer. Mach keine Dummheiten, Marshall." Sie ließ ihre Worte einen Moment in der Stille hängen, und Hayley konnte nicht anders, als sich ein wenig ertappt zu fühlen. Rosalies Augen, die fast müde schienen, schienen doch alles zu durchdringen, als hätte sie längst die leisesten Geheimnisse und unausgesprochenen Ängste in Hayleys Innerem erkannt. Mit einem eleganten Schwung drehte Rosalie sich um und ging die knarrende Treppe hinauf. Ihre Schritte waren leise, fast lautlos, doch ihre Präsenz schien noch immer den Raum zu füllen, als würde ein Teil von ihr bei Hayley bleiben, wachsam, schützend, und zugleich in einem stummen Einverständnis über das Unausgesprochene zwischen ihnen.
Oben angekommen, verharrte Rosalie kurz am Geländer, spähte durch das Halbdunkel des Flurs und seufzte leise. Die Dunkelheit umhüllte das Anwesen wie ein schwerer Mantel, und selbst in den gedämpften Schatten lag ein Gefühl von Unruhe, ein ewiges Flüstern, das nicht nur aus den Mauern zu kommen schien, sondern aus ihrem eigenen Inneren. Als sie ihr Zimmer erreichte, drückte sie die schwere, knarrende Tür auf und ließ sich schließlich auf den altmodischen Sessel neben dem Fenster sinken. Sie zog die Knie an die Brust und schaute in die kalte Nacht hinaus, deren sanftes, silbernes Mondlicht wie ein trauriger Schleier über den Garten fiel. Hier oben fühlte sie sich sicherer, als ob die Dunkelheit, die das Haus unten durchdrang, sie nicht erreichen konnte. Sie seufzte und lief weiter in Richtung ihres Zimmers.
Rosalie saß in ihrem Sessel, sie schlief und das Mondlicht fiel sanft auf ihr Gesicht, und die Erinnerungen an vergangene Zeiten strömten unaufhaltsam auf sie ein. Sie dachte an Hayley unten im Keller, allein in der Dunkelheit, und das Bild von Marcel tauchte in ihrem Geist auf – damals noch ein kleiner Junge, voller Mut und Zorn, den Klaus in einen Sohn, in einen Krieger verwandelt hatte. Rosalie konnte die Szene fast vor sich sehen: New Orleans im Jahr 1820, eine Beerdigungsprozession in Schwarz, die in düsterem Schweigen einem Pferdewagen folgte, als sie Emil, den einzigen Sohn des Gouverneurs – zumindest den einzigen offiziell anerkannten – zu Grabe trugen. Rosalie erinnerte sich an die Menschen, die sich im Schutz ihrer Trauerkleidung versammelt hatten, und doch war es nicht Emil, den ihr Gedächtnis in den Vordergrund hob, sondern das andere Kind – den verborgenen Sohn des Gouverneurs, geboren aus einer Sklavin, der sein Recht auf ein Leben und einen Namen verwehrt geblieben war.
Es war der Junge, der ihr jetzt lebhaft vor Augen trat. Der Moment, in dem er zitternd vor Schmerzen auf die Knie sank, während die Hiebe des Reitpeitschenhalters auf seinen Rücken niederprasselten, die Stille durchdrangen. Der Junge, kaum älter als acht oder neun, hatte dennoch den Mut, die Faust zu ballen, und in seinem kleinen Gesicht funkelte ein Zorn, wie sie ihn selten zuvor gesehen hatte. Als die Szene weiter vor ihr ablief, konnte sie Klaus fast spüren, wie er aus der Menge trat. Er, der stets einen Sinn für das Unerwartete hatte, der etwas in diesem Jungen erkannte, was andere verabscheuten oder übersahen. Rosalie erinnerte sich daran, wie Klaus ein Objekt vom Boden hob und es mit einem präzisen Wurf gegen den Angreifer schleuderte. Der Mann fiel vom Pferd, und das Knirschen seines Körpers hallte in der Stille nach. Dieser eine Augenblick veränderte alles. Klaus trat vor den Jungen, der noch immer auf dem Boden kniete und mit trotzigem Blick zu ihm aufsah.
„Wie ist dein Name?" hatte Klaus gefragt, eine unerwartete Sanftheit in seiner Stimme. Rosalie erinnerte sich, wie ihre eigene Kehle eng geworden war, als der Junge mit gesenktem Kopf und erschöpfter Stimme antwortete, „Ich habe keinen Namen. Mama wollte mir keinen geben, bevor ich zehn wurde – falls das Fieber mich holt. Dann hat es sie geholt." Klaus hatte sich auf die Knie zu ihm herabgelassen, sodass ihre Augen auf einer Höhe waren. „Du bist ein Überlebender. Und Überlebende brauchen Namen. Wie wäre es mit Marcellus?" Die Antwort kam ruhig, doch in Klaus' Stimme lag ein Stolz, ein Funkeln, als hätte er in diesem Kind eine verlorene Seele gefunden, die er retten könnte. „Marcellus?", hatte der Junge zaghaft wiederholt, fast überrascht, dass ihm jemand ein Wort für seine eigene Identität gab.
„Es stammt vom Kriegsgott Mars. Es bedeutet ‚kleiner Krieger'." Klaus hatte seine Hand ausgestreckt, und für einen Moment herrschte Stille. Der Junge hatte gezögert, doch dann ergriff er die Hand des Mannes, den er eines Tages Vater nennen würde. Er stand auf, und in seinem Lächeln lag mehr als Dankbarkeit – es war ein Versprechen, eine stille Übereinkunft, die nur sie beide verstanden. Elijah und Rebekah hatten beobachtet, und selbst Elijah hatte für einen Moment gedacht, dass Klaus in der Tiefe seines Herzens doch noch eine Güte trug, die all die Dunkelheit überwinden konnte. Rosalie atmete tief durch und strich sich eine lose Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie wusste, dass diese Erinnerungen nicht nur für sie bedeutend waren, sondern auch für Hayley, die unten noch immer von Klaus' Schatten umgeben war. Sie hatte Marcel geliebt und ihn gleichzeitig gehasst, wie man nur jemanden hassen konnte, den man für immer mit der eigenen Geschichte verbunden wusste.
Sie sah sich selbst, wie sie durch die Trauergemeinde eilte, ihr Kleid hob, um schneller voranzukommen, während ihr Herz schneller schlug. Der Duft von Eisen und Erde lag in der Luft, und ihre Schritte hallten auf dem Boden wider. Sie war jung gewesen, doch ihr Beschützerinstinkt war genauso stark wie heute, und sie hatte gespürt, dass in diesem Moment etwas Bedeutendes geschehen würde. Als sie durch die Menge trat und endlich bei Klaus und dem verletzten Jungen ankam, hielt sie für einen Moment den Atem an. Der kleine Junge kniete noch immer auf dem Boden, sein Gesicht schmutzig und tränenverschmiert, doch in seinen Augen lag ein Funken, der sie fesselte – dieser ungebrochene Stolz, den ihm die Peitsche nicht nehmen konnte. Er sah auf, und für einen Moment trafen sich ihre Blicke. Der Junge hielt den Atem an und starrte sie an, als hätte er in der Dunkelheit einen Engel erblickt.
„Wer ist dieser Engel?" fragte der Junge, seine Stimme leise und voller Staunen, als würde er sich kaum trauen, die Worte laut auszusprechen. Rosalie spürte, wie eine warme Röte ihr in die Wangen stieg, und für einen Moment konnte sie nichts sagen, konnte sich nur auf die Reinheit und die Kraft in den Augen dieses Jungen konzentrieren. Die Welt schien still zu stehen, als hätte jede Träne und jeder Tropfen Blut ihn zu einer Seele geformt, die stärker war als das Schicksal, das ihm widerfahren war. Klaus, der immer einen leichten Spott in sich trug, lächelte und sah zwischen dem Jungen und Rosalie hin und her. „Das, kleiner Krieger, ist Rosalie. Und glaub mir, ihre Anmut und Stärke sind wahrhaftig die eines Engels." Die Wärme in seinen Worten überraschte sie, und sie fühlte einen Anflug von Rührung in sich aufsteigen.
Rosalie kniete sich langsam zu dem Jungen hinunter, und mit einer Zärtlichkeit, die ihr wie ein alter Instinkt kam, legte sie ihre Hand auf seine schmutzige Wange. „Und du bist Marcellus, nicht wahr?" fragte sie sanft, ein Lächeln in ihren Augen, das mehr Verständnis und Mitgefühl ausdrückte, als Worte es je gekonnt hätten. „Kleiner Krieger, du bist stärker, als du weißt." Der Junge sah sie an, als ob diese Worte ihn in seiner Tiefe berührten, und sein Mund formte ein Lächeln – eines, das ungeachtet des Schmerzes durchbrach und ihn in einen neuen Menschen verwandelte. Es war ein Lächeln, das die tiefsten Wunden überdecken konnte, ein Lächeln, das ihr Herz in seinen Bann zog.
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