kapitel 24 : ganze verdammte welt
Die Stille, die folgte, war erdrückend. Klaus' Grinsen erstarb, seine Augen verengten sich zu Schlitzen, als er seine Schwester anstarrte. Doch in der Tiefe seines Blicks schimmerte für den Bruchteil einer Sekunde etwas anderes – Bedauern, Schmerz, vielleicht sogar Einsicht. Doch dann war es verschwunden, und an seiner Stelle kehrte die Maske des kalten, berechnenden Hybriden zurück. „Ihr Dramatisiert, wie immer. Aber ich nehme eure Worte zur Kenntnis, Schwester. Und du, Rosalie?"
Rosalie, die während des gesamten Austauschs stumm geblieben war, hob nun ihren Blick. Ihre Augen funkelten, ein Hauch von Verletzlichkeit blitzte in ihnen auf, bevor sie die Kälte übernahm, die sie von Klaus gelernt hatte. „Ich habe nichts mehr zu sagen, Niklaus. Alles, was ich hätte sagen können, hast du längst zerstört."
Dann drehte sie sich um und verließ den Raum, ihre Schritte hallten wie ein trauriges Echo. Rebekah sah ihr nach, bevor sie mit einem enttäuschten Kopfschütteln Klaus den Rücken zuwandte. „Manchmal, Bruder", murmelte sie, „glaube ich, du verdienst es wirklich, allein zu sein."
Irgendwo tief in ihrem Inneren wusste Rosalie, dass Rebekah recht hatte, und ihr zustimmendes Nicken war so zaghaft, dass es kaum wahrnehmbar war. Doch es genügte, um Klaus aus der Fassung zu bringen. Mit einem lauten Knall schlug er die Hand auf den Tisch, sodass die Teller klirrten, und richtete seinen Finger wie eine Waffe auf seine jüngere Schwester.
„Dummes Geschwätz!" donnerte er, und seine Stimme hallte von den Wänden wider. „Ich würde dich niemals beißen, Rebekah! Und du, Rosalie – du weißt genau, dass ich dir nie etwas antun würde. Nicht im Traum! Ihr beide tut ja geradezu so, als wäre ich ein Monster, aber es ist Elijah, der mich zu diesem Punkt getrieben hat. Er hat abscheuliche Lügen über meine Absichten bezüglich meines Kindes verbreitet! Er verdient es, ein oder zwei Tage lang seine Qualen zu ertragen. Und übrigens, Rebekah, meine Lieblingsbestrafung war und bleibt der Dolch – also halte dich zurück, bevor du dir selbst ein Urteil anmaßt!"
Sein harscher Ton hallte nach, doch Rosalie konnte es nicht mehr ertragen. Ihr Blick flackerte, und dann sprang sie auf, der Stuhl hinter ihr kippte mit einem ohrenbetäubenden Knall zu Boden. Ihre sonst sanfte Stimme erhob sich, erfüllt von aufgestautem Zorn und jahrelangem Schmerz.
„Du verstehst es einfach nicht, Klaus!" schrie sie, ihre Worte zitterten vor Emotionen. „Wenn du sie bestrafst, bestrafst du immer auch mich! Jedes Mal. Du drohst mir, den Mann zu töten, den ich liebe, obwohl du genau weißt, was das mit mir macht. Du hast mich öfter bestraft als irgendjemand sonst, und warum? Weil ich dich liebe? Weil ich bei dir bleibe, egal was du tust? Du denkst, ich tue immer, was du willst, weil ich zu schwach bin, mich dir entgegenzustellen. Aber sieh nur, wie gut das funktioniert! Schau dir an, wie glücklich ich bin, Klaus! Weißt du, warum? Weil du niemals zulassen wirst, dass ich es bin!"
Ihre Worte trafen ihn wie ein Schlag, doch Klaus ließ sich nichts anmerken. Er saß reglos, sein Blick verengt, und sein Kiefer mahlte vor unterdrückter Wut. Doch bevor er etwas erwidern konnte, stand Rebekah ebenfalls auf. Mit einer überraschend ruhigen Bewegung stellte sie ihren Stuhl zurück, beugte sich jedoch über den Tisch zu ihm, und ihre eisblauen Augen funkelten vor Verachtung.
„Rosalie hat recht", sagte sie mit gefährlicher Ruhe. „Mit dir stimmt etwas nicht, Bruder – und zwar von Grund auf. Du zerstörst alles, was gut und schön ist, nur weil du glaubst, es nicht wert zu sein. Aber weißt du was? Du bist nicht das Opfer, Niklaus. Du bist derjenige, der uns zu Opfern macht." Dann richtete sie sich auf, warf ihm einen letzten, kalten Blick zu und verließ den Raum, ohne ein weiteres Wort. Die Stille, die folgte, war fast greifbar.
Rosalie wollte ihrer Schwester folgen, doch bevor sie auch nur einen Schritt machen konnte, spürte sie Klaus' Hand, die sich wie eine eiserne Klammer um ihr Handgelenk legte. Sie drehte sich um und sah ihn an, doch diesmal war sein Blick nicht von Wut erfüllt. Es lag etwas anderes darin – etwas, das fast verletzlich wirkte, auch wenn es in seinen Augen kaum zu erkennen war.
Rosalie hielt inne, als Klaus ihre Hand umklammerte, sein Griff fest, aber nicht schmerzhaft. Seine blauen Augen, in denen sonst unendliche Härte lag, schimmerten für einen kurzen Moment verwirrt, fast verletzt. „Was lässt dich annehmen, dass ich dich zum Teufel jagen würde, Rosalie?" Seine Stimme war leiser, die Wut darin gedämpft, doch sie spürte das brodelnde Feuer unter der Oberfläche.
Sie schloss für einen Moment die Augen, kämpfte gegen die Flut von Emotionen, die in ihr hochstieg. Als sie ihn wieder ansah, war ihr Blick eine Mischung aus Enttäuschung, Schmerz und einer tiefen Traurigkeit. „Weil du es immer tust, Niklaus. Immer. Jeder, der dir zu nahe kommt, jeder, der es wagt, dich zu lieben, wird früher oder später verstoßen. Du stößt mich weg, wann immer es dir passt, und dann tust du so, als wäre es meine Schuld."
Klaus' Kiefer spannte sich an, und seine Augen verengten sich zu Schlitzen. Doch er ließ sie nicht los. „Das ist nicht wahr", murmelte er, beinahe trotzig. „Doch, das ist es!" Rosalie schrie die Worte, ihre Stimme zitterte vor unterdrückten Tränen. „Du kannst es nicht ertragen, dass ich dich liebe, weil du glaubst, es nicht wert zu sein. Du vergiftest jeden Moment des Glücks, den wir jemals hatten, und erwartest, dass ich einfach bleibe. Aber ich bin müde, Klaus. Müde davon, für dich zu kämpfen, während du mich gleichzeitig in den Abgrund stößt."
Klaus öffnete den Mund, um etwas zu erwidern, aber sie hob die Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. „Nein, lass mich ausreden. Du denkst, du schützt mich, indem du mich fernhältst, aber du tust mir mehr weh, als es jeder Feind jemals könnte. Und weißt du, was das Schlimmste daran ist? Ich würde trotzdem bleiben. Immer. Weil ich dich liebe, so verdorben und kaputt du auch bist. Aber du wirst mich immer wieder wegstoßen, bis nichts mehr von mir übrig ist."
Seine Hand an ihrem Handgelenk lockerte sich, und Rosalie zog sich zurück. Sie warf ihm einen letzten Blick zu, und in ihren Augen lag keine Wut mehr, sondern eine schmerzliche Resignation. „Ich wollte dir nicht wehtun, Niklaus. Alles, was ich jemals wollte, war, dir zu zeigen, dass du nicht allein bist. Aber vielleicht... vielleicht willst du genau das. Vielleicht ist das der einzige Weg, wie du leben kannst."
Mit diesen Worten wandte sie sich ab, und diesmal ließ er sie gehen. Klaus stand reglos da, sein Blick starr auf die Tür gerichtet, durch die sie verschwunden war. Seine Hand, die eben noch ihr Handgelenk gehalten hatte, fiel schlaff an seine Seite. Im Raum herrschte eine Stille, die lauter war als jedes Wort. Schließlich setzte Klaus sich langsam hin, sein Gesicht eine Maske aus eisiger Selbstbeherrschung. Doch in der Tiefe seiner Augen lag ein Schmerz, der niemandem außer ihm selbst zugänglich war. Er flüsterte, kaum hörbar: „Ich wollte dich nie verlieren, Rosalie." Aber die Worte verhallten im Nichts, wie so vieles, das er nie laut auszusprechen wagte.
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Die Straßen von New Orleans lagen in einem sanften Dämmerlicht, die Sonnenstrahlen brachen sich auf den feuchten Kopfsteinpflastern, während das lebendige Murmeln der Stadt in der Luft hing. Rebekah Mikaelson schritt mit ihrer typischen Eleganz durch die Gassen, ihre blonden Locken bewegten sich leicht im Wind. Neben ihr ging Rosalie, ihr flammend rotes Haar hob sich leuchtend gegen die Farben des Tages.
„Weißt du, es ist fast amüsant, wie vorhersehbar sie alle sind," sagte Rebekah, während sie auf die Menschenmassen blickte, die sich in den Straßen tummelten. „Marcel wird nicht müde, seine kleine Revolte gegen meinen Bruder zu inszenieren. Und jetzt hat er auch noch Tyler auf seiner Seite. Das wird ja ein Abend."
Rosalie lächelte leicht, ein Schatten von Spott spielte um ihre Lippen. „Ich wette, Tyler ist da drin und erzählt seine dramatische Geschichte, wie Klaus ihm und der Welt Unrecht getan hat. Er war nie ein Mann für subtilen Widerstand." Sie blieb stehen, lauschte kurz und nickte dann in Richtung des Compounds. „Hörst du das? Es geht los."
Die beiden Frauen schritten durch die breiten Tore des Compounds und näherten sich leise dem Barraum, wo die Versammlung stattfand. Die Stimmen, die von innen drangen, wurden deutlicher, als sie näher kamen. Sie blieben im Schatten stehen, ihre Präsenz vorerst unbemerkt, und hörten aufmerksam zu.
„Okay, Leute," begann Marcel, seine Stimme fest und autoritär. „Ich mache es einfach. Dieser Kerl hier," er zeigte offenbar auf Tyler, „ist ein alter Feind von eurem Lieblingsmenschen Klaus. Und er hat einiges zu erzählen über das, was dieser verräterische Mistkerl hinter meinem Rücken treibt. Für die Zartbesaiteten unter euch – da ist die Tür. Wer bleibt, unterschreibt für den Kampf."
Rosalie hob eine Augenbraue und warf ihrer Schwester einen bedeutungsvollen Blick zu. „Dramatisch wie immer," murmelte sie. Keiner verließ den Raum, und Marcel nickte zufrieden, bevor er Tyler das Wort überließ. „Ihr alle wisst, Klaus war nicht immer der Hybrid," begann Tyler. „Als er den Fluch brach, der seine Werwolfseite in Schach hielt, wurden einige Teile seines Wesens mächtiger als seine Vampirseite. Wie zum Beispiel die Fähigkeit, das Werwolf-Gen weiterzugeben. Und genau da kommt dieses Werwolf-Mädchen ins Spiel, das er vor euch allen versteckt hält."
Tyler machte eine Pause, seine Stimme wurde schärfer. „Sie kam durch meine Stadt, hat vorgegeben, meine Freundin zu sein, und am Ende hat sie mit ihm angebandelt. Jetzt ist sie schwanger. Mit seinem Kind." Ein überraschter Aufschrei ging durch die Menge. „Was zum Teufel soll das?" rief Diego ungläubig.
„Hört ihm einfach zu," unterbrach Marcel und hob beschwichtigend die Hand. „Als Klaus der Hybrid wurde," fuhr Tyler fort, „hat er herausgefunden, wie er reinblütige Werwölfe in Kreaturen wie ihn verwandeln konnte." Er hob eine Hand und deutete auf sich selbst. „Ihr seht hier einen davon. Der Vorteil? Wir hatten alle Vorteile von Vampiren – stärker, schneller – und unser Biss konnte immer noch Vampire töten. Der Nachteil? Wir waren ihm treu, übernatürlich loyal."
„Und deshalb bist du hier, um all seine Geheimnisse auszuplaudern?" fragte Diego spöttisch. „Genau," mischte sich Marcel ein, bevor Tyler antworten konnte. „Er hat einen Weg gefunden, sich von ihm zu lösen." „Und ich habe den anderen geholfen, das auch zu tun," ergänzte Tyler. „Dann hat Klaus sie wegen ihres Verrats getötet."
Die Geräuschkulisse des Raums im Compound war erfüllt von gedämpftem Gemurmel, Stühle wurden gerückt, und das leise Klirren von Gläsern vermischte sich mit der Spannung, die die Luft durchdrang. Marcel stand vorne, eine Aura von Autorität und Selbstbewusstsein umgab ihn, während er den Raum mit scharfem Blick musterte. Tyler war an seiner Seite, eine Mischung aus Entschlossenheit und Wut spiegelte sich in seinen Zügen wider.
Die Tür öffnete sich plötzlich mit einem leisen Knarren, und ein kühler Windzug durchströmte den Raum. Alle Köpfe drehten sich synchron zur Quelle der Störung. Im Türrahmen standen zwei Frauen, die unterschiedlicher nicht sein könnten, und doch strahlten beide eine übernatürliche Präsenz aus, die den Raum fast zum Stillstand brachte.
Rebekah Mikaelson, die blonde Urvampirin, deren kühler Blick und makellose Erscheinung die Aufmerksamkeit aller fesselten, trat elegant in den Raum. An ihrer Seite eine junge Frau mit flammend rotem Haar, das in sanften Wellen über ihre Schultern fiel. Ihre Augen waren von einem scharfen, goldenen Grün, das an Herbstlaub erinnerte, ihre Haut hell wie Marmor, mit einem Hauch von Rosa auf den Wangen. Rosalie war eine Hybridin, und diese Tatsache war nicht nur an ihrer Aura zu spüren, sondern auch an der subtilen Wildheit, die sie ausstrahlte. Sie trug eine schwarze Lederjacke, die sie an den Schultern leicht nach hinten geschoben hatte, ein eng anliegendes, dunkelrotes Kleid, das ihre schlanke Figur betonte, und schwarze Stiefeletten, deren Absätze leicht auf dem Boden klackten, als sie den Raum betrat.
"Typisch Klaus," murmelte Rebekah, ihre Stimme eine Mischung aus Verachtung und Belustigung. Ihre Absätze klackten mit kühler Präzision auf dem Holzboden, während sie langsam auf die Gruppe zuging. Rosalie folgte ihr, ihre Arme vor der Brust verschränkt, ein feines Lächeln auf ihren Lippen, das sowohl Neugier als auch Amüsement verriet.
"Bitte, fahrt fort," sagte sie mit einer weichen, aber durchdringenden Stimme. "Ignoriert uns einfach. Wir sind nur fasziniert von eurer kleinen Geschichte." Die Vampire im Raum warfen sich gegenseitig verwirrte Blicke zu, bevor sie wieder zu Marcel und Tyler schauten. Doch Tyler, der offenbar nicht in der Lage war, die Situation zu ignorieren, trat vor. "Rebekah," begrüßte er sie, sein Tonfall respektvoll, aber mit einem Hauch von Vorsicht. "Schon lange nicht mehr gesehen."
Rebekah hob eine perfekt geformte Augenbraue und lächelte kühl. "Oh, Tyler. Immer noch voller Bitterkeit, sehe ich. Wie... erfrischend." Tylers Blick wanderte zu Rosalie, und für einen Moment schien er von ihr fasziniert zu sein. "Und wer ist die bezaubernde Dame an deiner Seite?"
Rosalie hielt inne, ihre goldenen Augen trafen Tylers mit einer Intensität, die ihn kurz die Fassung verlieren ließ. Sie musterte ihn, als würde sie ihn durchschauen, bevor sie schließlich antwortete. "Rosalie," sagte sie schlicht, ihre Stimme ruhig, aber mit einer unterschwelligen Schärfe, die ihre Worte durchdrang. "Aber du kannst mich Rosie nennen, wenn dir das lieber ist. Du bist also der berüchtigte Tyler Lockwood? Von dir hört man ja die interessantesten Dinge."
Ein Murmeln ging durch die Menge, und Marcel trat vor, um die Aufmerksamkeit wieder auf die eigentliche Diskussion zu lenken. Doch Rebekah, die sich nicht davon abhalten ließ, weiterhin für Unruhe zu sorgen, lehnte sich leicht an die Wand und zog mit einem ironischen Lächeln die Schultern hoch. Rosalie tat es ihr gleich, verschränkte die Arme und sah Tyler mit einem durchdringenden Blick an, als wollte sie jede seiner Bewegungen analysieren.
In ihrem Inneren tobten jedoch Gedanken und Gefühle, die sie sich nicht anmerken ließ. Sie dachte an Klaus, an die Kette von Entscheidungen, die sie zu diesem Moment geführt hatten, und an die unausweichlichen Konflikte, die bevorstanden. Ein Funke Nervosität mischte sich in ihre ansonsten kontrollierte Haltung, doch sie verbarg ihn hinter einer Fassade aus Überlegenheit und Gelassenheit.
Während Marcel und Tyler wieder die Führung übernahmen, tauschten Rosalie und Rebekah einen bedeutungsvollen Blick. Es war klar, dass dieser Abend noch viele unerwartete Wendungen bereithalten würde.
Die Spannung im Raum war förmlich greifbar, während die Versammlung der Vampire und der eine Hybrid sich gegenseitig misstrauische Blicke zuwarfen. Inmitten der hitzigen Atmosphäre stand Rebekah, makellos und selbstsicher wie immer, während sie das Wort ergriff. Ihre Stimme war ruhig, fast sanft, und dennoch voller Schärfe, die niemand überhören konnte.
„Was Tyler dir sagen will," begann sie, während sie sich langsam im Raum umsah, um sicherzustellen, dass jeder ihrer Worte folgte, „ist, dass Klaus in der Lage ist, mit dem Blut seines Babys neue Hybriden zu erschaffen. Eine Armee von Kreaturen, gegen die Vampire keine Chance hätten." Ihre blauen Augen verengten sich und blieben an Tyler hängen, als sie hinzufügte: „Tyler, ich nehme an, du hast diese Leute um dich versammelt, um zu verhindern, dass dieses Kind geboren wird."
Tyler, der bisher angespannt dasaß, stand plötzlich auf. Sein Blick war entschlossen, seine Stimme fest, aber mit einer Spur von Trotz, als er antwortete: „Ja. Wenn es dir nicht gefällt, geh zu deinem Bruder. Aber du weißt, dass ich Recht habe."
Bevor Rebekah antworten konnte, mischte sich Marcel ein. Er trat einen Schritt nach vorn, seine Präsenz ebenso dominant wie die der Urvampirin. Sein Blick wanderte zu Rosalie, die mit verschränkten Armen an der Wand lehnte, ein beinahe belustigtes Lächeln auf ihren Lippen. „Ich glaube, du verstehst die Damen nicht ganz richtig, Tyler," sagte Marcel mit einem Hauch von Ironie in der Stimme. „Die Frage ist doch: Worum geht es hier wirklich?"
Einer der Vampire in der Menge, ein jüngerer Mann mit finsterem Blick, wagte es, die Stille zu brechen. „Okay, worum geht es hier überhaupt?" fragte er laut, sichtlich genervt von den Andeutungen und dem unklaren Ziel des Treffens.
Rosalie richtete sich von der Wand auf, ihr rotes Haar fiel ihr wie eine Flamme über die Schultern, als sie vortrat. Ihr Lächeln wurde breiter, ihre grünen Augen funkelten mit einer Mischung aus Spott und Ernsthaftigkeit. „Tyler, du hast absolut Recht," sagte sie schließlich, ihre Stimme samtweich und doch durchdringend. „Mein Bruder ist ohnehin schon ein mehr als verdorbenes Individuum. Die Vorstellung, dass er eine überlegene Spezies erschaffen würde... nun ja, es würde mich nicht überraschen." Sie verschränkte die Arme wieder und fixierte Tyler mit einem herausfordernden Blick. „Na los, erzähl ihnen alles, was du weißt."
Marcel nickte leicht, sein Lächeln kehrte zurück, und er erklärte der Gruppe: „Sie sind nicht gegen uns. Sie wollen uns helfen." Seine Worte hatten die beabsichtigte Wirkung: Die Anspannung im Raum ließ ein wenig nach, das Murmeln wurde leiser, als die Vampire darauf warteten, was als Nächstes geschehen würde.
Doch bevor jemand anderes das Wort ergreifen konnte, bewegte sich Rebekah schneller, als das menschliche Auge folgen konnte. Mit einem einzigen, flüssigen Ruck brach sie Tyler das Genick, sein Körper sackte reglos zu Boden. Die Menge starrte sie mit einer Mischung aus Schock und Respekt an, während sie sich mit einem Seufzen auf einen Stuhl sinken ließ und ihre Beine übereinanderschlug. „Puh," sagte sie in einem fast gelangweilten Ton, „genug von diesem Gerede darüber, dem Baby Schaden zuzufügen."
Rosalie, die den Vorfall mit kühler Gelassenheit beobachtet hatte, trat zu ihrer Schwester und ließ sich neben ihr nieder. Ihr Blick wanderte durch den Raum, als sie schließlich sprach: „Wir müssen Klaus Einhalt gebieten." Ihre Worte waren klar, eindringlich und erfüllt von einer Entschlossenheit, die keine Widerrede zuließ.
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Die Atmosphäre war schwer und still, als Marcel und Rebekah Tylers reglosen Körper durch die dunklen Gänge des Compounds schleppten. Die schwache Beleuchtung der Flure warf lange Schatten, während die beiden mit einer Mischung aus Entschlossenheit und Gereiztheit vorgingen. Rosalie folgte ihnen, ihre Arme vor der Brust verschränkt, ihre grünen Augen wachsam, während sie jeden Schritt aufmerksam beobachtete.
„Wo sollen wir ihn hinbringen?" fragte Marcel, als sie den Zugang zur „Garten"-Kammer erreichten – dem berüchtigten Gefängnis für Vampire. Seine Stimme klang ruhig, doch ein Hauch von Abneigung lag darin. Rebekah, die das Gewicht von Tylers Körper mühelos trug, zuckte nur gleichgültig mit den Schultern. „Am besten an einen Ort, an dem er nicht entkommen kann, bis wir uns um Klaus gekümmert haben," erwiderte sie in ihrem gewohnt pragmatischen Ton, während sie Tyler auf den Boden gleiten ließ.
Rosalie betrachtete den bewusstlosen Tyler mit einem scharfen, abwägenden Blick. „Es wäre besser, wenn er keine Gelegenheit bekommt, uns dazwischenzufunken. Klaus wird schon schwierig genug," bemerkte sie nachdenklich und strich sich eine feuerrote Haarsträhne aus dem Gesicht.
Marcel nickte, trat an die Wand und zog einen versteckten Hebel, der eine schwere Tür öffnete. Dahinter lag ein düsterer, mit Eisenketten und magischen Barrieren durchzogener Raum. „Vielleicht wäre ganz hinten ein geeigneter Ort," schlug er vor. „Dort wird er die nächsten zweiundfünfzig Jahre verbringen und sich nur mit sich selbst unterhalten können." Rebekah schnaubte leise und hob eine Augenbraue. „Zweiundfünfzig Jahre?" fragte sie trocken und sah Marcel mit einem Hauch von Skepsis an.
„So lange, wie du im 19. Jahrhundert gefangen warst," erklärte Marcel mit einem leichten, fast neckischen Lächeln. Rosalie konnte nicht anders, als bei dieser Bemerkung zu grinsen. Sie trat einen Schritt näher an Marcel heran, ihre Stimme wurde leiser und weicher: „Und ich werde mich Tag für Tag bei dir entschuldigen," flüsterte sie, wobei ihre Augen kurz den seinen suchten.
Rebekah verdrehte die Augen. „Könnt ihr zwei das später klären? Wir haben Wichtigeres zu tun." Marcel richtete sich auf und wandte sich wieder an Rosalie. „Solange Klaus hier in New Orleans ist, habe ich keine großen Erwartungen. Ich will nur ein kleines bisschen Frieden, ohne dass er mir alles zerstört," sagte er mit ernster Stimme. Sein Blick verfinsterte sich, als er hinzufügte: „Und ich will nicht, dass meine Nichte zu einer hybriden Zuchtmaschine wird."
Rosalie schloss kurz die Augen und atmete tief durch. Ihre Stimme war nun klar und entschlossen: „Wir müssen ihn isolieren. Klaus ist ein Meister des Redens. Er würde sich aus jeder Situation herauswinden." Rebekah stimmte zu, ihre Stimme klang jedoch nachdenklich. „Es wird schwierig sein, ihn hier festzuhalten. Mit deiner kleinen Hexe hätten wir bessere Chancen."
Marcel schüttelte den Kopf. „Zu riskant," sagte er mit einer Spur von Bedauern. „Davina kann ihre Kräfte kaum noch kontrollieren. Ich kann sie nicht einmal von diesem Dachboden herunterholen. Im Kampf gegen Klaus wäre sie eine unberechenbare Variable."
Rosalie trat näher an Marcel heran. „Dann brauchen wir deine besten Kämpfer," schlug sie vor, wobei ihre Stimme kühl und berechnend klang. Sie hob den Kopf und ließ ihren Blick fest auf Marcel ruhen, doch sie wich aus, als seine dunklen Augen sie durchbohrten.
„Klaus ist stark und klug," fuhr sie fort, „und Verrat macht ihn besonders grausam. Wir müssen vorbereitet sein." Ihre Worte waren sachlich, doch ein Hauch von innerer Unsicherheit schwang in ihrem Ton mit. Marcel trat langsam näher, bis er direkt vor ihr stand. Seine Hände legten sich sanft um ihr Gesicht, und seine Stimme wurde leise, fast vertraulich: „Bekommst du jetzt etwa Zweifel?" fragte er, sein Blick intensiv und fesselnd.
Rosalie schüttelte kaum merklich den Kopf, seufzte jedoch tief. „Nein," antwortete sie, ihre Stimme kaum mehr als ein Flüstern. „Es sind keine Zweifel. Es ist Bedauern." Ihre Augen suchten die seinen, während sie hinzufügte: „Ich hätte es schon viel früher tun sollen." Sie lehnte ihre Stirn an die seine, die Nähe zwischen ihnen ließ den Rest der Welt verschwinden. „Dann wären wir längst zusammen," flüsterte sie und schloss die Augen.
Marcel ließ den Moment nicht verstreichen. Er legte seine Lippen sanft auf ihre Stirn, bevor er sie zärtlich auf die ihren senkte. Der Kuss war tief, voller Emotionen, die sie beide zu lange unterdrückt hatten. Rosalie erwiderte ihn ohne Zögern, und für einen Augenblick schien alles andere – Klaus, Tyler, die Bedrohung, die vor ihnen lag – in den Hintergrund zu treten.
Rosalie stand eine Weile schweigend da, ihre Gedanken wirbelten, während sie den Raum betrachtete. Die ganze Situation, die sich zwischen ihr, Klaus und den anderen abspielte, nagte an ihr. Ihre Hand wanderte nervös zu ihrem Hals, als sie tief durchatmete, um sich zu sammeln. Es war klar, dass sie sich entscheiden musste, und die Wahl fiel ihr schwerer, als sie zugeben wollte.
„Ich... ich muss nach Elijah sehen," sagte sie schließlich, ihre Stimme war leise, aber bestimmt. Ihre grünen Augen suchten den Blick von Marcel, der sie besorgt beobachtete. „Ich kann nicht hier bleiben und zusehen, was ihr mit Klaus macht." Marcel trat einen Schritt näher und seine Miene wurde ernster, als er ihren inneren Kampf in ihren Augen sah. „Rosalie..." begann er, doch sie hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen.
„Es ist nicht das, was du denkst," sagte sie, ihre Stimme brüchig. „Ich will nicht wieder in die Lage kommen, mich für ihn zu entscheiden. Nicht wieder in dieses Chaos gezogen werden." Ihre Worte klangen wie ein leises Bekenntnis, als ob sie sich selbst zum ersten Mal wirklich eingestand, wie sehr sie von Klaus beeinflusst worden war.
Rebekah, die still in der Nähe stand, warf einen Blick auf ihre Schwester, dann auf Marcel. Sie konnte die Entscheidung nachvollziehen, auch wenn sie es vielleicht nicht verstand. „Es ist verständlich," murmelte sie, aber sie sagte nichts weiter. Es war eine Entscheidung, die Rosalie für sich selbst treffen musste.
„Ich werde dort bleiben, bei Elijah," fuhr Rosalie fort, ihre Augen suchten nun Marcellos Blick. „Ich kann nicht riskieren, wieder in diese Situation zu geraten. Wenn ich hier bleibe, könnte ich wieder... wieder alles für Klaus riskieren. Ich weiß, dass er mich manipulieren könnte, wie er es immer getan hat."
Marcel nickte nachdenklich, als er ihre Worte verarbeitete. „Du bist stark genug, um dich zu kontrollieren, Rosalie. Aber wenn du es für dich selbst tun musst..." Er ließ die Worte unvollständig, ein Anflug von Enttäuschung und Verständnis in seiner Stimme.
„Ich kann nicht mehr riskieren, dass ich wieder in die alten Muster verfalle," flüsterte sie, fast mehr zu sich selbst als zu ihm. „Ich muss ihn aus meinem Leben lassen, und wenn ich bleibe, könnte ich ihm wieder verzeihen. Es ist besser, wenn ich jetzt gehe." Sie drehte sich um, ihren Blick fest und entschlossen, als sie sich zum Gehen wandte. Doch bevor sie die Tür erreichte, hielt Marcel sie mit einer letzten Frage zurück.
„Rosalie... glaubst du wirklich, dass du Klaus für immer loslassen kannst?" Sie blieb stehen, ohne sich umzudrehen, und nach einem langen Moment des Schweigens antwortete sie, ihre Stimme kaum mehr als ein flüsternder Hauch: „Ich muss es versuchen. Für mich. Für Elijah. Für uns alle, für die ganze verdammte Welt." Und ohne ein weiteres Wort verließ sie den Raum, ihre Schritte hallten durch die leeren Gänge des Compounds, während sie sich auf den Weg zu Elijah machte. Die Last der Entscheidung drückte schwer auf ihr Herz, doch sie wusste, dass es das war, was sie tun musste.
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