Kapitel 8
Nachdem wir uns über einen kleinen Teil unserer neuen Vorräte hergemacht haben, legen Chrissy und ich uns beide noch eine Runde hin. Die Uhren tragen wir mittlerweile um den Arm, und die des misteriösen "N" haben wir zurück in die Schachtel gelegt, die wir ab sofort abwechselnd bewachen werden. Man kann nie wissen, was als nächstes passieren wird, und wir wollen auf Nummer sicher gehen. Zumal auch das Rätsel der Zahlen auf der Rückseite noch nicht geklärt ist.
Eigentlich hätte ich ein wenig Schlaf dringend notwendig, doch irgendwie will mein Körper nicht so ganz, dass ich schlafe. Obwohl, eigentlich hindern mich eher meine Gedanken daran, denn sie kreisen um die ganzen offenen Fragen, auf die wir hier keine Antwort finden, und lassen sich einfach nicht abschalten.
Auch wenn diese Armbanduhren mir ein Gefühl der Sicherheit geben, da wir einiges damit anfangen können, zu wissen, wie spät es ist, machen sie mir Angst. Denn die Tatsache, dass es drei Uhren sind, versehen mit unseren Initialen - Chrissy hat zwar noch Zweifel, doch ich bin mir zu einhundert Prozent sicher, dass es unsere Initialen sind - kann nur eines bedeuten: Jemand weiß genau, was hier drinnen abläuft. Er - oder sie, doch in meinen Gedanken ist es ein er - weiß genau, dass Caleb nicht mehr unter uns weilt, er weiß dass Chrissy und ich unsere Zeit gemeinsam verbringen, er weiß genau, dass es hier noch eine dritte Person gibt. Und das Wichtigste: Er weiß ganz genau, dass diese dritte Person uns eher früher als später finden wird.
Wieder habe ich das Bedürfnis, aufzuspringen und den kompletten Raum nach versteckten Kameras abzusuchen. Noch haben wir diesen Raum nicht kontrolliert, und das macht mich ein wenig nervös. Doch der Raumwechsel war so anstrengend wie noch nie. Wir haben nicht viele Möglichkeiten uns zu bewegen, dafür ist zu wenig Platz. Das schwächt den Körper, was an und für sich kein Problem darstellt, schließlich müssen wir uns ja auch nicht viel bewegen. Die Anstrengung war auch weniger eine körperliche als mehr eine mentale. Diese Schachtel hat uns beide fertig gemacht.
Seit Tagen sehen wir immer das gleiche. Wände, Türen, Wasser, Brot, einen Toiletteneimer. Und mittlerweile auch Chrissy, beziehungsweise sie mich. Keine Abwechslung, keine Alternativen. Und dann diese Schachtel. Dass ein so harmloser Gegenstand so viel Stress auslösen könnte, hätte ich nie im Leben gedacht. Und dennoch hat er es getan.
Die Schachtel stellt mich noch immer vor eine Vielzahl an Rätseln. Wer hat sie dort platziert? Wieso gerade jetzt? Wieso nicht schon früher? Woher weiß er dass Chrissy und ich zusammen sind und nicht in unterschiedlichen Räumen? Woher kennt er unsere Namen? Und woher weiß er, dass die dritte Person uns ebenfalls finden wird?
All das und noch vieles mehr sind die Fragen, die mich wach halten. Wie bereits erwähnt, man kann sich glücklich schätzen, wenn man schlafen kann, ohne dass man vor Erschöpfung umgefallen ist. Was mir scheinbar nicht gegönnt ist.
Ich drehe mich auf den Rücken und starre an die Decke. Noch gefühlte Stunden liege ich so da und hänge meinen Gedanken nach, versuche Antworten auf all meine Fragen zu finden, doch unsere Situation entbehrt jeglicher Logik. Keinerlei Hinweise, keine Anhaltspunkte, es erscheint alles schlichtweg aussichtslos.
Ich seufze laut auf. Genau in dem Moment wälzt sich Chrissy unruhig hin und her, und ich halte den Atem an, aus Angst, die aufgeweckt zu haben. Sie murmelt irgendetwas vor sich hin, doch ich kann leider - oder zum Glück? - nicht verstehen was.
Plötzlich fährt Chrissy mit einem Ruck hoch und starrt mich an. "Augen", wispert sie geschockt. "Überall Augen."
Langsam krieche ich zu ihr rüber. "Alles ist okay, alles ist gut. Du kannst weiterschlafen" flüstere ich ihr zu und nehme sie in den Arm. Wie ein kleines Kind kauert sie sich ganz eng zusammen und schmiegt sich an mich. "Nicht weggehen, okay?" fragt Chrissy und sieht mich mit großen Augen an. "Nein, ich gehe nicht weg, ich bleibe bei dir" verspreche ich und drücke sie fest an mich. Beruhigt, und ziemlich müde, vergräbt Chrissy ihren Kopf an meiner Seite und kurze Zeit später haben sich ihre Atemzüge wieder beruhigt. Sie ist eingeschlafen.
Ihr Albtraum hat mir gezeigt, dass ich mit meinen Befürchtungen nicht allein bin. Scheinbar fühlt sie sich auch beobachtet, ansonsten würden diese ominösen Augen wenig Sinn ergeben. Es beruhigt mich, dass Chrissy ähnliche Befürchtungen hat. Es nimmt mir meine Angst, allmählich paranoid zu werden.
Ich merke gar nicht, wie auch meine Augen langsam schwer werden, und schon bald bin auch ich, mit Chrissy an meiner Seite und der Schachtel im Arm, tief und fest eingeschlafen.
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