Kapitel 2
"Tessa!" höre ich ein eindringliches Flüstern neben mir. Verschlafen reibe ich mir die Augen. Ich muss wohl eingeschlafen sein. "Tessa!" In der Stimme liegt leichte Panik. Das ist nicht normal. Plötzlich erinnere ich mich wo ich bin und bin wieder hellwach. "Chrissy? Was ist los?" frage ich.
"Merkst du es nicht?"
"Was?"
"Es ist still. Keine Schreie..." flüstert sie.
Jetzt fällt es auch mir auf. Es ist wieder absolut still. Ist das ein schlechtes Zeichen?
"Du bist länger hier als ich, hast du so etwas schon einmal erlebt?"
"Nur einmal... etwa zwei Tage nachdem die Schreie begonnen haben. Und eine Woche später kamst du in den gleichen Raum wie ich."
Das kommt mir bekannt vor. Die Situation, die sie beschreibt, ist meine. Bedeutet das...?
"Glaubst du es ist jemand neues gekommen?" spricht Chrissy meinen Gedanken aus.
"Ich weiß es nicht" antworte ich ehrlich.
So viel wie jetzt habe ich Chrissy bisher noch nie reden hören. Vielleicht ist das die Chance etwas mehr aus ihr herauszubekommen?
"Du, Chrissy... kann ich dich mal was fragen?"
"Okay..." antwortet sie etwas skeptisch.
"Wie lange bist du schon hier? Was hast du schon gesehen und gehört? Ist dir irgendetwas aufgefallen? Etwas das uns helfen könnte?"
Chrissys Blick geht ins Leere. Es sieht aus als wäre sie an einem völlig anderen Ort. Ich hoffe bloß dass es ein besserer ist als dieser hier. Scheinbar ist Chrissy doch noch nicht so weit sich wieder mit Menschen zu unterhalten. Sie sollte nur wieder zu sich kommen, bevor sich bald die Türen öffnen.
"Es sind jetzt 16 Tage, glaube ich. Ich bin mir nicht sicher", antwortet Chrissy leise, als ich schon fast nicht mehr damit rechne.
Leise erzählt sie nach einer kurzen Pause weiter: "Ich bin in einem dieser Räume hier aufgewacht und hatte diese merkwürdige Uniform an. Erstmal war ich einfach nur verwirrt, weil das alles einfach keinen Sinn gemacht hat, verstehst du? Und dann bin ich total in Panik geraten, als ich bemerkt habe, dass die Türen alle abgeschlossen sind. Ich hab geschrien und an den Türen gerüttelt und hab sogar versucht eine einzutreten, aber davon tat mir nur der Fuß weh. Als ich irgendwann heiser war, da hab ich einfach nur geheult. Die Lebensmittel, die vermutlich in der Ecke gestanden haben, habe ich überhaupt nicht bemerkt. Ich glaube ich bin irgendwann sogar eingeschlafen, jedenfalls hab ich mich zu Tode erschreckt, als plötzlich diese Türen aufgingen. Da dachte ich, es wäre endlich vorbei, irgendjemand wäre gekommen und hätte mich befreit. Ich bin einfach ohne nachzudenken durch irgendeine Tür gerannt. Und als die Türen dann alle wieder zu gingen, bin ich schon wieder in Panik geraten. Ich war mir so sicher, das jetzt alles vorbei wäre, verstehst du?"
Ich traue mich kaum, auch nur ein Wort zu sagen, aus Angst, sie würde wieder aufhören zu reden.
"Aber diesmal hab ich mich nicht so gehen lassen. Irgendwann hab ich es geschafft, mich etwas zu beruhigen, und dann hab ich mich etwas genauer umgesehen. Hab die Lebensmittel und den Eimer in der Ecke gefunden. Die Türen genauer untersucht und sämtliche Ecken und Kanten im Raum. Aber das half alles nichts. Ich habe Stunden damit zugebracht, die Räume, in die ich gekommen bin, so genau wie möglich zu untersuchen.
Doch das hat alles nichts gebracht. Jeden, wirklich jeden Tag, bin ich in einen neuen Raum und hab wieder alles durchsucht. Aber es hat sich nie etwas geändert, bis auf die Tatsache, dass neue Lebensmittel in der Ecke standen, und ein neuer Eimer. Jeden Tag, jeden Raum, bis auf einen." Plötzlich beginnt Chrissy stark zu zittern. Sie versucht, noch irgendetwas zu sagen, doch sie bringt keinen Ton mehr heraus. Beruhigend rede ich auf sie ein und nehme sie vorsichtig in den Arm. Ein paar Minuten später hat das Zittern wieder aufgehört, und ich frage sie, was mit diesem Raum war.
"Blut. Der ganze Raum war voller Blut. Wände, Boden, Decke... einfach alles."
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