Kapitel 19
Eine lange Zeit - oder zumindest kommt sie mir lang vor - ignoriert mein Verstand die offene Tür. Was soll ich auch mit einer offenen Tür? Mein Schicksal ist allein so oder so besiegelt.
Ich habe es auch nicht besser verdient. Chrissys Tod ist meine Schuld. Ich habe es zu verantworten, dass ihr Leben geendet hat.
Mit einer solchen Schuld kann und sollte kein Mensch leben. Aber ich habe mein Schicksal akzeptiert. Was auch immer die Konsequenzen sein werden, ich werde sie auf mich nehmen. Das bin ich Chrissy schuldig, und das hat sie auch verdient.
Dass die Türen offen sind dringt erst dann richtig zu mir durch, als in einem der angrenzenden Räume plötzlich das Licht ausgeht.
Es ist der Raum, aus dem ich gekommen bin.
Von jetzt auf gleich herrscht in diesem schräg vor mir liegenden RaumDunkelheit, welche sich zum Teil auch auf meinen Raum ausbreitet.
Verwirrt schüttele ich meine Erstarrtheit ab und schaue genauer hin. Wieso ist es dunkel? Das kann nicht sein und darf nicht sein!
Doch dann fällt mir noch etwas auf: die Tür gegenüber - sie ist verschlossen! Chrissys Tür. Sie hätte aufgehen müssen, ich hätte sie sehen müssen - ist das der endgültige Beweis für ihren Tod?
Kann ich die Hoffnung, die ich eh schon längst aufgegeben habe, jetzt und für immer fahren lassen?
Und während mein Verstand noch versucht, diese Informationen zu verarbeiten und Antworten auf die Fragen zu finden, fällt meinen Augen schon das nächste Detail auf: Der Raum ist nicht gänzlich dunkel, zwei gleichförmige, gleichgroße Lichtflecken fallen in den Raum. Der eine stammt von meiner Tür - der andere von der Wand links neben meiner. Dort ist eine Tür offen!
Es ist jemand in der Nähe. Jemand, dem ich noch heute, in nur ein paar Minuten, gegenüberstehen könnte. Doch wer ist es? Sollte ich die Konfrontation suchen oder lieber versuchen zu fliehen?
Würde ich die Begegnung bereuen, oder würde ich es bereuen sie verpasst zu haben?
Vorsichtig rutsche ich näher zu Tür, um mir eine bessere Sicht zu ermöglichen.
Auf all diese Fragen werde ich keine Antwort finden, ohne mich für eine Möglichkeit zu entscheiden.
Ich weiß ich muss mich schnell entscheiden, doch plötzlich ist mein Kopf wie leergefegt. Ich weiß nicht was ich tun, wie ich reagieren soll.
Wenn ich mich beeile kann ich vielleicht sogar durch zwei Türen, ehe die Person im anderen Raum reagieren kann. Auf diese Art würde ich den Abstand zwischen uns vergrößern und einen Vorsprung gewinnen, der mir das Leben retten könnte.
Oder ich fliehe völlig sinnlos vor jemandem, mit dessen Zusammenarbeit ich hier herauskommen könnte.
Was jetzt? Meine Gedanken springen hin und her, vor und zurück. Was soll ich jetzt machen? Oder bleibe ich einfach hier sitzen, am Rand der Tür?
Meine Entscheidung wird mir bei diesen Gedanken zumindest teilweise abgenommen, denn ein Schatten schiebt sich in den Lichtfleck aus dem anderen Raum.
Ich muss reagieren, und zwar jetzt, und so mache ich das erstbeste, was mir einfällt, und frage einmal laut "Hallo?", doch heraus kommt kaum mehr als ein Krächzen. Also räuspere ich mich einmal schnell und versuche es nochmal.
Sofort verschwindet der Schatten und ich verfluche mich innerlich. War ja klar dass der Schatten verschwindet! Hätte mich jemand angesprochen, ich wäre auch abgehauen.
"Warte, komm zurück!" rufe ich dem Schatten hinterher, in der Hoffnung, dass er zurück kommt, denn ich habe meine Entscheidung getroffen. Ich muss wissen wer das ist, riskieren, dass dieser jemand gefährlich ist, denn er oder sie könnte mir helfen. Ich habe nicht vor, Chrissy zu ersetzen, doch ich brauche wieder einen Verbündeten. Chrissys Tod hat nichts daran geändert, dass ich hier raus will.
Kurz entschlossen schnappe ich mir den ganzen Kram im Raum, stolpere vor lauter Hast mehrfach, und stürze in den Raum, aus dem ich gestern kam. Kaum angekommen geht auch das Licht wieder an.
Vorsichtig nähere ich mich der Tür, in dessen Nähe die andere Person ist. "Hallo?" frage ich vorsichtig. "Ich komme in friedlicher Absicht. Ich werde dich nicht angreifen." Meine Stimme zittert.
In einer schnellen Bewegung kommt die Person in mein Blickfeld, und ich kann kaum glauben wen ich vor mir stehen hab.
"Du?!"
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro