Der Neue Mitbewohner
Han Jisung wischte sich die Schweißperlen von der Stirn, als er den letzten Karton in sein neues Zimmer trug. Es war offiziell: Er hatte es endlich geschafft, aus dem chaotischen Dormleben in seine eigene kleine Wohnung zu ziehen. Die Freiheit, die er sich so sehr gewünscht hatte, lag jetzt in greifbarer Nähe. Naja, fast. Es gab da nur ein kleines Detail, das er in den letzten Wochen gerne verdrängt hatte: seinen neuen Mitbewohner.Lee Minho, besser bekannt als Lee Know, war alles andere als ein gewöhnlicher Mitbewohner. Er war präzise, ordentlich und – wenn man den Gerüchten Glauben schenkte – ein wenig distanziert. Und obwohl sie seit Jahren zusammen in Stray Kids waren, hatte Jisung das Gefühl, dass er Minho nicht wirklich kannte.
Sicher, sie verstanden sich gut, aber es war immer diese unausgesprochene Distanz zwischen ihnen. Wie würde es also sein, plötzlich mit ihm zusammenzuleben?Gerade als Jisung sich tief in Gedanken verlor, hörte er, wie die Wohnungstür aufging. Er drehte sich um und sah, wie Minho hereinkam, lässig wie immer, mit einer Einkaufstasche in der Hand und einem ruhigen Lächeln auf den Lippen.
„Hey, Jisung," sagte Minho und nickte ihm zu. „Alles klar bei dir?"
„Ja, ich glaube schon. Es ist nur... viel auf einmal." Jisung setzte die Schachtel ab und versuchte, nicht allzu nervös zu wirken. „Wie war dein Tag?"„Nicht schlecht," antwortete Minho, während er die Einkäufe auf die Küchentheke stellte. „Ich habe ein paar Sachen fürs Abendessen besorgt. Hoffe, du magst Pasta."Jisung nickte eifrig. „Klar, klingt gut!"Minho war nicht der Typ, der sich in unnötigen Smalltalk verlor, und das machte Jisung noch nervöser. Sie hatten zwar schon oft zusammen gekocht, aber heute fühlte es sich anders an. Die Tatsache, dass sie jetzt offiziell Mitbewohner waren, schuf eine seltsame Spannung in der Luft, die Jisung nicht so recht einordnen konnte.Während Minho in der Küche beschäftigt war, entschied sich Jisung, die restlichen Kartons auszupacken.
Doch als er die ersten Sachen herausnahm, bemerkte er, dass Minho ihn immer wieder aus dem Augenwinkel beobachtete. Es war nicht aufdringlich, aber auch nicht zu übersehen. Ein kurzer, flüchtiger Blick hier und da, der Jisung das Gefühl gab, dass Minho ihn einschätzte.„Willst du nicht mal eine Pause machen?" Minho sprach es beiläufig aus, während er eine Tomate schnitt, aber da war etwas in seiner Stimme, das Jisung innehalten ließ. „Du musst dich doch nicht gleich am ersten Tag völlig verausgaben."
Jisung lachte nervös und kratzte sich am Hinterkopf. „Ja, du hast recht. Ich bin nur... ein bisschen aufgeregt."„Ist ja auch verständlich," sagte Minho und drehte sich zu ihm um, mit einem leichten Grinsen auf den Lippen. „Aber mach dir keine Sorgen. Ich beiße nicht."Das war typisch Minho – eine Mischung aus ernst und spielerisch, die Jisung immer wieder aus dem Konzept brachte. „Ich weiß. Es ist nur..."„Nur was?" Minho legte das Messer beiseite und lehnte sich an die Theke, während er Jisung direkt ansah. „Es ist nur, dass wir uns nicht so gut kennen?"Jisung spürte, wie seine Wangen heiß wurden. „Ja, irgendwie schon. Wir sind seit Jahren in derselben Band, aber ich habe das Gefühl, dass ich dich nie wirklich kennengelernt habe."Minho nickte nachdenklich. „Kann ich verstehen. Aber vielleicht ändert sich das ja jetzt."„Vielleicht," stimmte Jisung zu, obwohl er nicht sicher war, was er davon halten sollte. Er versuchte, die aufkommende Nervosität zu unterdrücken und konzentrierte sich stattdessen auf die bevorstehende Aufgabe – den Versuch, in dieser neuen Umgebung zurechtzukommen, ohne sich dabei komplett zum Affen zu machen.
Der Abend verlief überraschend ruhig. Minho kochte ein beeindruckendes Abendessen, und während sie zusammen aßen, lockerte sich die Atmosphäre allmählich. Jisung fand sich dabei wieder, wie er lachte und sich unterhielt, als wären sie alte Freunde, und nicht nur Bandkollegen, die zufällig zusammenleben mussten.Doch tief in seinem Inneren konnte Jisung nicht umhin, sich zu fragen, wie lange diese Harmonie anhalten würde. Minho war charmant, ja, aber auch schwer zu durchschauen. Und Jisung war sich nicht sicher, ob er wirklich bereit war, die Geheimnisse hinter diesem ruhigen, zurückhaltenden Äußeren zu entdecken.Als sie später an diesem Abend im Wohnzimmer saßen, mit einer Netflix-Serie im Hintergrund, die sie beide nur halbherzig verfolgten, lehnte sich Minho plötzlich ein wenig näher zu Jisung.
„Weißt du," begann er, ohne ihn anzusehen, „ich glaube, das Zusammenleben mit dir könnte interessant werden."Jisung spürte, wie sein Herz schneller schlug. „Interessant? Im positiven Sinne, hoffe ich?"Minho sah ihn an, ein schelmisches Lächeln spielte um seine Lippen. „Das werden wir wohl noch herausfinden, oder?"Jisung lachte, obwohl er sich nicht sicher war, ob Minho das wirklich ernst meinte oder ob das nur eine weitere dieser Bemerkungen war, die er so mühelos einstreute, um Jisung aus der Fassung zu bringen. „Ja, das werden wir," antwortete er schließlich und versuchte, so lässig wie möglich zu klingen.Während die Nacht voranschritt und sie schließlich ins Bett gingen, konnte Jisung nicht aufhören, an Minho zu denken. Es war erst der erste Tag, aber irgendetwas an dieser neuen Dynamik ließ ihn nicht los.
Er wusste, dass es ein herausforderndes Jahr werden würde – und vielleicht auch ein sehr aufregendes.
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