6 - Jede Menge Besuch im Abteil
Die Zeit verging wie im Flug während Harry seine erste Schokofroschkarte erhielt (Albus Dumbledore, gegenwärtiger Schulleiter von Hogwarts. Gilt weiterhin als der größte Zauberer der jüngeren Geschichte. Professor Dumbledores Ruhm beruht vor allem auf seinem Sieg über den schwarzen Magier Grindelwald im Jahre 1945, auf der Entdeckung der zwölf Anwendungen für Drachenblut und auf seinem Werk über Alchemie, verfasst zusammen mit seinem Partner Nicolas Flamel. In seiner Freizeit hört Professor Dumbledore mit Vorliebe Kammermusik und spielt Bowling.), Ron sich darüber wunderte, dass Muggelbilder sich angeblich rein gar nicht bewegten, die beiden sich durch Bertie Botts Bohnen jeder Geschmacksrichtung probierten und Neville Longbottom auf der Suche nach seiner Kröte vorbeischaute.
Gerade wollte Ron Harry zeigen, wie er Krätze gelb färbte, als die Tür erneut aufging. Neville war zurück, dieses Mal in Begleitung eines Mädchens im Hogwarts-Umhang.
"Hat jemand eine Kröte gesehen? Neville hat seine verloren", verlangte sie zu wissen.
"Wir haben ihm schon gesagt, dass wir sie nicht gesehen haben", antwortete Ron.
"Aha, du bist gerade am Zaubern?", stellte das Mädchen mit einem Blick auf seinen erhobenen Zauberstab fest, "Dann lass mal sehen."
Sie setzte sich, und das zusätzliche Publikum trug nicht gerade zu Rons Gelassenheit bei. Beim letzten Versuch hatte der Zauber keine Wirkung gezeigt... Naja, jetzt war es wohl zu spät für einen Rückzieher, oder?
"Eidotter, Gänsekraut und Sonnenschein, Gelb soll diese fette Ratte sein", sagte er und schwang dabei seinen Zauberstab, doch nichts passierte.
"Bist du sicher, dass das ein richtiger Zauberspruch ist?", hakte das Mädchen hochnäsig nach, "Jedenfalls ist er nicht besonderes gut. Ich hab selbst ein paar einfache Sprüche ausprobiert, nur zum Üben, und bei mir hat's immer geklappt. Keiner in meiner Familie ist magisch, es war ja so eine Überraschung, als ich meinen Brief bekommen hab, aber ich hab mich unglaublich darüber gefreut, es ist nun einmal die beste Schule für Zauberei, die es gibt, wie ich gehört hab - ich hab natürlich alle unsere Schulbücher auswendig gelernt, ich hoffe nur, das reicht. Übrigens, ich bin Hermine Granger, und wer seid ihr?"
Ron versuchte mühevoll, nicht allzu belämmert nach dieser Ansprache auszusehen. Dieses Mädchen, das vor diesem Sommer noch nicht einmal von der magischen Welt gewusst hatte, konnte offenbar bereits besser zaubern als er selbst. Sofort waren sämtliche verdrängten Sorgen zurück.
"Ich bin Ron Weasley", murmelte er dann.
"Harry Potter", sagte Harry.
"Ach tatsächlich?", sagte Hermine, die bei Harrys Namen aufhorchte, "Natürlich weiß ich alles über dich, ich hab noch ein paar andere Bücher, als Hintergrundlektüre, und du stehst in der Geschichte der modernen Magie, im Aufstieg und Niedergang der dunklen Künste und in der Großen Chronik der Zauberei des zwanzigsten Jahrhunderts."
"Nicht zu fassen", meinte Harry.
"Meine Güte, hast du das nicht gewusst, ich jedenfalls hätte alles über mich rausgefunden, wenn ich du gewesen wäre", teilte Hermine ihm mit.
Ron kam nicht umhin, dieses Mädchen nervig zu finden. Und unhöflich noch dazu! Sie hätte ihm ja nicht extra unter die Nase reiben müssen, dass ihre Zauber alle geklappt hatten und seiner nicht. George hatte sich sicher wieder einen Scherz mit ihm erlaubt und ihm absichtlich einen falschen Spruch verraten, und er war voll drauf reingefallen. Und sie hätte Harry nicht mitteilen müssen, dass sie mehr über ihn wusste als er selbst.
Als sie dann auch noch davon zu schwafeln anfing, dass sie gerne nach Gryffindor kommen würde, wünschte Ron sich nichts lieber, als dass sie endlich gehen würde. Er selbst hoffte ja nach Gryffindor zu kommen, denn dort war seine ganze Familie gewesen. Aber wollte er wirklich mit dieser Nervensäge in einem Haus landen? Naja, Hauptsache, sie steckten ihn nicht nach Slytherin... Ron war erleichtert, als Hermine und Neville wieder weg waren.
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Nachdem er über Charlie und Bill und in Folge dessen sogar über einen Einbruch in Gringotts berichtet hatte, beschloss Ron, dass es Zeit für ein anderes Thema als Familie und Hogwarts wurde.
"Für welche Quidditch-Mannschaft bist du eigentlich?", fragte er.
"Ähm - ich kenne gar keine", sagte Harry, und schien sich bei dem Eingeständnis unwohl zu fühlen.
"Was?", meinte Ron, das konnte er kaum glauben - andererseits wusste Harry ja noch nicht so lange von der magischen Welt - umso besser, dann konnte Ron ihm alles erklären, was er über Quidditch wusste (was eine ganze Menge war). Schon berichtete er über die Bälle, die Positionen, über berühmte Spiele, und sogar über den Besen, den er in der Winkelgasse gesehen hatte.
Zu Rons Ärger ging die Abteiltür erneut auf, als er gerade dabei war, die besten Spielzüge näher auszuführen. Und die drei Jungen, die eintraten, sahen echt nicht gerade freundlich aus.
"Stimmt es?", wollte ein blonder Junge wissen, "Im ganzen Zug sagen sie, dass Harry Potter in diesem Abteil ist. Also du bist es."
"Ja", bestätigte Harry und schien die ganze Aufmerksamkeit gar nicht so toll zu finden. Ron fand sie auch nicht toll, er fühlte sich genau genommen ziemlich unsichtbar, da alle nur Augen für Harry hatten. Erst diese Hermine und jetzt der Blonde...
"Oh, das ist Crabbe und das ist Goyle", stellte der Blonde seine Freunde und sich vor, "Und mein Name ist Malfoy. Draco Malfoy."
Ron hatte schon viel von den Malfoys gehört - und nichts Gutes. Sein Vater hatte recht gehabt, die Malfoys waren geradezu lächerlich hochnäsig. Er konnte ein belustigtes Kichern gerade noch unterdrücken.
"Meinst wohl, mein Name ist komisch, was? Wer du bist, muss man ja nicht erst fragen. Mein Vater hat mir gesagt, alle Weasleys haben rotes Haar, Sommersprossen und mehr Kinder, als sie sich leisten können", sagte Draco herablassend.
"Du wirst bald feststellen, dass einige Zaubererfamilien viel besser sind als andere, Potter", sagte Draco an Harry gewandt, noch bevor Ron etwas erwidern konnte, "Und du wirst dich doch nicht etwa mit der falschen Sorte abgeben. Ich könnte dir behilflich sein."
Draco streckte Harry seine Hand entgegen und Rons Eingeweide krampften sich zusammen. Das war es jetzt wohl mit seinem bisher einzigen Freund. Harry würde die Hand annehmen, natürlich würde er das, denn die Malfoys hatten Macht und Geld und in Crabbe und Goyle offenbar sogar so etwas wie Leibwächter und alles, was Ron zu bieten hatte, waren zahlreiche Brüder und eine alte Ratte, die er nicht einmal gelb färben konnte.
"Ich denke, ich kann sehr gut selber entscheiden, wer zur falschen Sorte gehört", hörte Ron Harry jedoch zu seiner Überraschung sagen.
"Ich an deiner Stelle würde mich vorsehen, Potter", zischte Draco, "Wenn du nicht ein wenig höflicher bist, wird es dir genauso ergehen wie deinen Eltern. Die wussten auch nicht, was gut für sie war. Wenn du dich mit Gesindel wie den Weasleys und diesem Hagrid abgibst, wird das auf dich abfärben."
Ron sprang auf. Er bekam nur vage mit, dass Harry neben ihm dasselbe tat. Er wusste nicht einmal, welcher Teil der Aussage ihn wütender machte, aber eines wusste er: Er war wütend. Auf Draco. Sehr.
"Sag das noch mal", sagte Ron drohend.
"Oh, ihr wollt euch mit uns schlagen?", fragte Draco höhnisch (und nein, das wollte Ron ganz und gar nicht, das kam ihm wie ein ziemlich dumme Idee vor, wenn man Crabbes und Goyles Größe mit einbezog).
"Außer ihr verschwindet sofort", sagte Harry, was Ron ganz schön mutig von ihm fand.
"Aber uns ist überhaupt nicht nach Gehen zumute, oder, Jungs?", stichelte Draco, "Wir haben alles aufgefuttert, was wir hatten, und bei euch gibt's offenbar noch was."
Dann ging alles ganz schnell. Goyle griff nach einem Schokofrosch, Ron wollte sich auf ihn stürzen, doch bevor es dazu kommen konnte, biss Krätze Goyle in die Hand. Die drei ergriffen die Flucht, an ihrer Stelle betrat Hermine erneut das Abteil.
"Ich schlage vor, ihr beeilt euch ein wenig und zieht eure Umhänge an. Ich war gerade vorn beim Lokführer und er sagt, wir sind gleich da. Ihr habt euch nicht geschlagen, oder? Ihr kriegt Schwierigkeiten, bevor wir überhaupt da sind!", warf sie ihnen vor.
"Krätze hat gekämpft, nicht wir", widersprach Ron, der nicht gerade erfreut über Hermines Anwesenheit war und seine Ratte außerdem plötzlich in einem ganz neuen Licht sah, "Würdest du bitte gehen, damit wir uns umziehen können?"
"Schon gut. Ich bin nur reingekommen, weil sich die Leute draußen einfach kindisch aufführen und ständig die Gänge auf und ab rennen", behauptete Hermine, und mit ihrer hochnäsigen Art erinnerte sie Ron ein bisschen an Draco - ein Vergleich, der Malfoy sicher nicht gefallen hätte, "Und übrigens, du hast Dreck an der Nase, weißt du das?"
Wütend starrte Ron ihr nach, als sie das Abteil verließ. Als der Zug wenig später zum Stillstand kam, hatten Harry und Ron ihre Umhänge angezogen.
~~~~~
Am Bahnsteig erwartete die Erstklässler ein riesiger Mann mit wildem Bart, der die Erstklässler zu sich rief und Harry zu kennen schien - das musste wohl Hagrid sein.
"Nu mal los, mir nach - noch mehr Erstklässler da? Passt auf, wo ihr hintretet! Erstklässler mir nach!", rief er und führte die Erstklässler einen unwegsamen Pfad entlang.
"Augenblick noch und ihr seht zum ersten Mal in eurem Leben Hogwarts", informierte Hagrid sie, "nur noch um diese Biegung hier."
Beim Anblick des Schlosses, das auf der anderen Seite eines großen schwarzen Sees lag, vergaß Ron sogar, dass er immer noch genervt von Hermine und Draco war.
"Nicht mehr als vier in einem Boot!", ordnete Hagrid an und schon fand sich Ron mit Harry, Hermine und Neville in einem der Boote wieder.
"Alle drin?", fragte Hagrid, "Nun denn - VORWÄRTS!"
Plötzlich setzten sich die Boote in Bewegung und fuhren auf das Schloss zu.
"Köpfe runter!", rief Hagrid, als sie auf ein paar Felsen zufuhren und die Boote durch einen Vorhang aus Efeu fuhren.
In dem unterirdischen Hafen tauchte auch Nevilles Kröte Trevor wieder auf, Ron fragte sich, wie sie hierher gekommen war.
"Alle da?", versicherte sich Hagrid, "Du da, hast noch deine Kröte?"
Dann klopfte er dreimal gegen das Schlosstor und Ron spürte die Aufregung in seinem Bauch, denn in nur wenigen Sekunden würde er Hogwarts zum ersten Mal betreten und damit in die Fußstapfen seiner Brüder treten.
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