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"Wann ungefähr wird es fertig sein?"

"Ich denke, spätestens am Freitag. Nicht später."

"Gut, das will ich hoffen. Freitag ist schon sehr spät."

"Es tut mir leid, ich ..."

"Schon gut, schauen Sie einfach, dass es bis Freitag fertig ist, dann passt das schon. Wiederhören."

Er legte auf, bevor Carsten etwas erwidern konnte. Die Fertigstellung seines neuen Romans hatte Carsten jetzt schon einige Monate heraus geschoben. Deshalb hatte sich der Verleger nun schon zum dritten Mal bei ihm gemeldet. Den Freitag hatte Carsten nur zufällig genannt. Heute war Montag. Es fühlte sich noch wie eine ganze Weile an, die Carsten Zeit haben würde, aber de facto waren es - außer heute, denn es war doch schon Nachmittag - nur noch drei volle Tage. Von den zweihundertfünfzig bis dreihundert geplanten Seiten hatte Carsten erst hundertzwanzig. Er würde sich ranhalten müssen. Seine veröffentlichten Romane bisher hatten alle jeweils um die dreihundert Seiten und wenn dieser hier nur halb so lang werden würde, dann würden sich doch wahrscheinlich seine Leser fragen, was da los war. Schlimmstenfalls würden sie denken, dass ihm nichts weiter eingefallen sei, womit er die Seiten füllen könnte.

Wenn er heute noch fünfzig Seiten schreiben würde, dann hätte er immerhin etwas mehr als die Hälfte. Dann müsste er an den anderen Tagen auch noch jeweils fünfzig Seiten schreiben und dann hätte er den Roman fertig. Aber das Manuskript lag nun schon einige Wochen unberührt in der Schreibtischschublade. Carsten hatte einfach nicht mehr gewusst, wie die Geschichte weitergehen sollte. So viel stand fest: in der Mitte des Romans sollte ein Plot Twist kommen. Der Protagonist, Henry, sollte an dieser Stelle erkennen, dass er von seinen Kollegen John und David ausgehorcht und hintergangen worden war. Seine Kollegen, die er aus der Arbeit in der Werkstatt kannte, mit denen er am Freitagabend das Feierabend-Bier in der Kneipe trank, seine Kollegen, die er zu kennen geglaubt hatte.

Aber was kam dann? Was sollte Henry daraufhin tun? Es gab zigtausend Optionen und Carsten würde eine davon auswählen müssen. Da Henry ein völlig anderer Charakter war als Carsten selbst, fiel es ihm zusehends schwer, sich in ihn hinein zu versetzen. Zwar hatte Carsten Henry überhaupt erst ins Leben gerufen, aber immer wieder hatte er ratlos mit dem Stift in der Hand vor dem Manuskript gesessen und hatte nicht gewusst, wie Henry weiter handeln sollte. Es war, als hätte die Fantasie seinen Kopf verlassen, auf Nimmerwiedersehen.

Dabei führte er das Problem auch auf eine andere Tatsache zurück. Carsten und Henry waren grundverschieden, weshalb er sich oft von Henry - von seiner eigenen Figur - distanzierte. Das Problem an Henry: er war eitel und hatte oft eine schlechte Meinung über andere Menschen. Er war ein Macher, der oft nicht merkte, dass er mit seinem blinden Eifer kombiniert mit seiner Rücksichtslosigkeit andere Leute vor den Kopf stieß. Immer im Alleingang agieren, immer auf  impulsiv-aggressive Art reagieren, so war Henry. Leute wandten sich von ihm ab, aber an Henry schien alles vorbei zu gehen. Weil es ihn nie, nie, niemals interessierte, wie andere Leute fühlten oder dachten.

Carsten hatte Henry erfunden, er war eine Ausgeburt seiner Fantasie, aber Henry hatte sich immer öfter selbstständig gemacht. Nach und nach hatte Carsten in der letzten Zeit das Gefühl beschlichen, als würde Henry ein Eigenleben führen. Als würde nicht mehr Carsten - der Autor - entscheiden, was Henry tat, sondern Henry selbst. Es hätte eine Erleichterung für Carsten sein können, wo er doch selber so oft nicht mehr wusste, wie der Roman weiter gehen sollte, aber das war es nicht. Es war ein unheimliches Gefühl.

Das war auch der Grund, warum Carsten das Manuskript in die Schublade verbannt hatte. Er hatte Henry eine Weile aus seinen Gedanken streichen wollen. Henry konnte ein unangenehmer Typ sein. Aber nun musste Carsten das Manuskript wieder herausholen. Der Freitag rückte näher und er wusste, dass er etwas abgeben musste. Es musste gut werden. Er wollte Leistung bringen. Er wusste, was von ihm erwartet wurde und er wollte die Erwartungen nicht enttäuschen. Vor allem nicht die seiner Leser.

Schon vor einer Weile hatte Carsten Rat bei seiner Freundin gesucht. Lisa hatte sich des unvollendeten Manuskripts angenommen. Beim Lesen der ersten Seiten hatte sie noch skeptisch die Stirn gerunzelt. Carsten hatte das noch genau vor Augen. Sie hatte am Küchentisch gesessen und nebenher ein Croissant gegessen. Dann hatte sie das Manuskript mit in den weichen Sessel genommen, hatte es sich bequem gemacht und die hundert Seiten, die es bis zu dem Zeitpunkt gewesen waren, in einem Rutsch gelesen. Carsten hatte in seinem Büro gesessen, als sie mit dem Stapel beschriebenem Papier in der Hand im Türrahmen erschienen war. Sie hatte ihm damit zugewinkt und gegrinst.

"Dein Henry ist aber ein ziemlich cooler Typ", hatte sie gesagt und Carsten zugezwinkert.

"Cool? Du meinst wohl selbstverliebt", hatte Carsten entgegnet.

Lisa hatte lachend mit den Schultern gezuckt und das Manuskript mit einem Schwung auf Carstens Schreibtisch geworfen. Dann hatte sie sich auf seinen Schoß gesetzt.

"Nicht so cool wie du natürlich", hatte sie gesagt und ihre kleine Nase hatte seine berührt. Ihr Atem hatte nach Kaffee gerochen. Sie hatte Carsten einen Kuss auf die Wange gegeben. Er hatte abwesend durch sie hindurch geschaut und sie hatte die Stirn gerunzelt, die halb verdeckt von einem schrägen Pony war. Ihr blondes Haar hatte ihn im Gesicht gekitzelt. Es hatte die Farbe von Stroh.

"Alles in Ordnung?", hatte sie gefragt.

"Ja ... alles gut", hatte Carsten gemurmelt.

Dann war Lisa aufgestanden und hatte Carsten auf den Mund geküsst.

"Na dann, ich gehe schnell was einkaufen. Hast du Lust auf Gemüselasagne heute Abend?", hatte sie ganz arglos gefragt.

"Ja, gerne."

Oh ja, gerne! Gemüselasagne mochte Carsten mindestens genauso gerne wie Fußpilz. Dass Lisa das bisher verborgen geblieben war, führte Carsten auf sein schauspielerisches Talent zurück. Lisa liebte es, zu kochen und Carsten hatte sie nicht beleidigen wollen. Und so war es gekommen, dass Lisa seit drei Jahren immer wieder dasjenige Gericht auf den Tisch brachte, dem Carsten ungefähr zweihundert andere Gerichte vorzog. Mindestens einmal im Monat konnte Carsten damit rechnen, die heiß geliebte Gemüselasagne vorgesetzt zu bekommen. Wunderbar. Henry hätte sie sicherlich nicht gegessen.

Auf jeden Fall hatte Carsten die Frage nicht mehr losgelassen, was Lisa an Henry denn cool fand. Er war ein rigoroser Macher, ja, aber er war auch arrogant, eitel, selbstverliebt. Henry war doch nicht die Art von Mann, mit dem eine Frau zusammen sein wollte, ganz besonders nicht über längere Zeit. Henry war ein faszinierender Charakter, das stimmte, aber kein Mann neben dem man jeden Morgen aufwachen wollen würde. Eher ein Mann, den man vor dem Schlafengehen zwischen den beiden Buchdeckeln verschwinden lasse wollte.

Henry hätte Lisa klipp und klar seine Meinung zur Gemüselasagne gesagt. Er hätte kein Blatt vor den Mund genommen und hätte ihr direkt ins Gesicht gesagt, dass sie ihm mit dem zu stark gewürzten Zeug und den verkochten Nudelblättern wegbleiben solle. Und den fand Lisa also cool ...?

Am Abend hatte Carsten Lisa beim Verzehr der Gemüselasagne dann gefragt, wie die Geschichte um Henry weitergehen könnte. Und es war nicht das erste Mal gewesen, dass er ihre Meinung dazu eingeholt hatte. In jedem Fall hatte die Unterhaltung über sein Manuskript zwei Vorteile: zum einen bekam er durch Lisa eine Idee, was er weiter schreiben könnte und zum anderen fiel es nicht so sehr auf, dass er die Lasagne kaum angerührt hatte.

Er hatte Lisas Ausführungen über eine mögliche Fortsetzung der Geschichte gebannt zugehört, war dann abrupt vom Tisch aufgestanden und hatte beim Verlassen der Küche gesagt: "Vielen Dank, jetzt weiß ich, was ich schreiben werde! Aber ich muss es jetzt gleich zu Papier bringen, bevor ich es vergesse!"

Lisa hatte skeptisch auf seinen Teller geschaut, auf dem die fast unberührte Lasagne gelegen hatte.

"Willst du nicht vorher noch aufessen? Schmeckt's dir etwa nicht?"

"Doch, aber du hast mich gerade auf eine wunderbare Idee gebracht", hatte Carsten mit packendem Enthusiasmus aus dem Flur gerufen. Das hatte den Schalter umgelegt. Du hast mich auf eine wunderbare Idee gebracht. Sie hatte gestrahlt.

"Na dann. Ich stelle sie in den Kühlschrank, dann kannst du sie dir später aufwärmen", hatte Lisa zurückhaltend gesagt.

"Ja, danke." Und weg war Carsten gewesen.

Auch am nächsten Tag hatte die Lasagne im Kühlschrank gelegen und auch drei Tage später hatte sie immer noch dort vor sich hin gegammelt. Wenn Henry ein Gutes hatte, dann das, dass er Carsten vor der Lasagne bewahrt hatte.

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