"Liebes Tagebuch..."
Liebes Tagebuch,
heute Schreibe ich dir einen kleinen Zwischenbericht von meiner Gefühlswelt.
Sorry, dass es schon wieder etwas her ist, das ich mich dir anvertraut habe. Aber ist das nicht vielleicht auch ein gutes Zeichen?
Ich habe meine Gedanken und Gefühle immer bei dir niedergeschrieben, weil ich niemanden belästigen wollte und weil ich mich oft geschämt habe. Aber nun ist da ja Carlos und mit ihm rede ich viel. Irgendwie fällt es mir gegenüber Carlos so viel einfacher mich zu öffnen.
Meinst du, das hat was damit zu tun das ich in ihn verliebt bin und wir beide ein Paar sind? Auch bevor wir ein Paar wurden, habe ich mich Carlos mehr anvertraut als jeder anderen Person in meinem direkten Umfeld.
Manchmal weiß ich nicht, was das bedeuten soll.
Habe ich meiner Familie, George und Alex wirklich so wenig vertraut?
Oder liegt es einfach nur daran, weil Carlos mit der ganzen Sache um das Mobben seine eigenen persönlichen Erfahrungen gemacht hat? Kann ich deswegen besser mit ihm reden?
Aber ich glaube das ist eigentlich egal, weil alle froh sind das ich mich überhaupt öffne und über das Rede, was mich beschäftigt.
Ich habe viel mit Dad geredet und es tat so gut. Ja, ich habe ihm nicht alles erzählt, aber schon viel. Mom und Dad stehen und standen die ganze Zeit hinter mir und das hat Dad mir beim Shoppen nochmal deutlich versichert. Nach den Weihnachtstagen wollen wir uns um eine Therapie bemühen. Hoffentlich funktioniert das auch zügig. Ich weiß aus dem Internet, das es oft Wartelisten gibt und das Plätze sehr knapp sind. Nur weiß ich eben auch, dass ich vielleicht einen Rückzieher machen würde, wenn das Warten auf Hilfe zu lange dauern sollte.
Dad meinte sogar das ich stolz auf mich sein kann und dass ich große Schritte gemacht habe. Im Grunde habe ich große Menschenmengen immer gemieden, weil ich einfach nicht ausgehalten habe, wenn mich andere Menschen angucken. Es ist erstaunlich das ich es durch die Schule geschafft habe, aber ich denke einfach das der Körper und Geist einen Schutzmechanismus aufgebaut haben, damit ich die Schule irgendwie überstehe.
Aber ich war wirklich direkt vor Weihnachten mit Dad in der Stadt, um für Carlos ein Geschenk zu besorgen. Und es war wirklich voll, aber mein einziger Gedanke war Carlos und dem Wunsch diesem was Kleines zu Weihnachten zu schenken. Und es hat funktioniert. Ich habe zwar auch direkt wieder Zweifel gehabt, ob es das richtige Geschenk ist, oder ob es nicht zu früh sei, aber Dad hat mich da runtergeholt und mir gut zugeredet, so dass ich im jetzigen Moment sehr gut mit dem Gedanken zurecht komme meinem Freund ein Geschenk gekauft zu haben.
Weißt du, natürlich frage ich mich, ob Carlos auch ein Geschenk für mich haben könnte. Und so wie ich meinen Freund kennengelernt habe und einschätze wird er eins haben.
Mein Herz schlägt schnell, wenn ich daran denke das dieser Mann wirklich mein Freund ist. Manchmal erwische ich mich dabei, dass ich glaube, doch zu viel Schmerz-/Schlaftabletten genommen zu haben und entweder im Koma liege oder Tod bin.
Aber dann sehe ich in diese wunderschönen anziehenden braunen Augen, sehe das warme, ehrliche Lächeln und spüre die Liebe in jeder Faser meines Körpers und weiß das ich weder im Koma noch gestorben bin.
Carlos ist Realität.
Unsere Beziehung ist Realität.
Realität ist meine Suche nach Hilfe und das ich mich endlich getraut habe einzusehen das ich diese haben darf und das ich danach Fragen darf.
Realität ist aber auch, dass ich das Gespräch mit George noch Suchen muss. Ich will wissen, wieso er so scheiße zu mir war und warum er damals auf Carlos losgegangen ist. George gehört zu meinen längsten und einzigen Freunden und ja, ich habe George und Alex mit meinem Verhalten sicherlich verletzt, trotzdem hatte George kein Recht so auf mich loszugehen.
Und wenn wir gerade dabei sind die Realität zu checken, müssen wir darüber reden, wie ich klarkommen soll, wenn Carlos zurück nach Spanien fliegt. Mir machen dieser Gedanke und dieser Tag jetzt schon eine schreckliche Angst. Aber ich muss damit lernen umgehen zu können. Ich muss mich damit Abfinden das meine erste Beziehung eine Fernbeziehung sein wird. Vielleicht habe ich nicht viel Zeit, um darüber nachzudenken, wenn es mit einem Therapieplatz funktionieren sollte. Dann versuche ich mich darauf zu fokussieren um Carlos, meine Eltern, meine Geschwister und auch Alex und George Stolz zu machen.
Ich darf die Beziehung mit Carlos nicht in den Sand setzen. Nicht nur, weil Carlos mein erster Freund ist und ich befürchte nach ihm vielleicht nie wieder einen anderen Mann an mich heranzulassen.
Ich spüre einfach, dass Carlos der eine ist.
Der eine, der gekommen ist, um zu bleiben.
Kitschig, oder?
Ich bin 17 Jahre, voll ein Teenager und schreibe davon, mit dem ersten Freund für immer zusammen zu bleiben. Schon utopisch?
Ich glaube ich sollte darüber mit Carlos reden und ihn fragen, was er von diesem Gefühl hält. Ob es nur die pure Verzweiflung widerspiegelt, weil er eben mein erster Freund ist, der erste Mensch neben meiner Familie und Freunden, der mich so akzeptiert wie ich bin und darüber hinaus?
Oder er verspürt ebenfalls das gleiche, könnte sich ein Leben bis ans Ende der Tage mit mir vorstellen.
Ich meine, das sind alles Gedanken fernab jeglicher Realität. Wie hoch ist die Chance das ich mit meinem ersten Freund die Liebe meines Lebens gefunden habe, mit der ich alt und grau werde?
Unwahrscheinlich ist es nicht, wenn man dafür im Internet surft und liest wie viele Ehen und Beziehungen schon seit dem Sandkastenalter bestehen. Aber ich möchte mir darüber einfach jetzt keine Gedanken machen.
Wichtig ist das hier und jetzt.
Carlos ist hier. Direkt in seinem Zimmer. Er wird gleich zusammen mit uns den Baum schmücken und in zwei Tagen Weihnachten mit uns feiern. Das ist alles, was ich zurzeit möchte.
Ich melde mich, wenn ich mit George geredet habe.
Xxx Lando
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