Irgendwie hatte ich das gebraucht. Frische Luft war etwas, was mich immer glücklich machen konnte, fast wie Schokolade. Ich warf noch einen Blick nach hinten um zu überprüfen, ob mir auch niemand gefolgt war. Alles perfekt. Ich war allein. Ich ging noch ein paar schritte wischte mir ein paar fast getrocknete tränen aus dem Gesicht und stimmte dann das Lied an, welches meine Mutter mich gelehrt hatte.

,,You should go and leave your world behind"

Schon bei der ersten Zeile wurden meine Augen wieder nass, doch ich ließ mich nicht abhalten.

,,Whether angels go, take your time"

,,No words to get done, It's just the way you love my heart"

Ich holte tief Luft um die Tränen zurückzuhalten und sang leise weiter.

,,Here I am, just me, Just the way you knew me"

,,Ein schönes Lied, wie heißt es?" Ich drehte mich nicht um, um meine neuen Tränen zu verstecken, die bereits wieder über meine Wangen kullerten.

,,Es hat keinen Namen. Ich ... ich meine, meine Mutter und ich, wir... haben es uns ausgedacht",erklärte ich und sah zu Boden. Warum war ich so weinerlich? Ich führte mich auf wie ein kleines Kind.

,,Ich weiß, Claire hat es gesungen. Den ganzen Tag. Furchtbar nervig!"

Ich wirbelte herum. Das konnte nicht wahr sein.

,,Was tust du hier?"

Wills Sicht

Unruhig saß ich auf der Couch und knetete meine Hände. Alles in mir zog sich nach draußen zu Snow, aber ich konnte verstehen warum sie allein sein wollte. Sie hatte vieles durchgemacht und ich respektierte es, wenn sie selbst erst einmal ihre zeit brauchte um es zu verarbeiten. Trotzdem hatte ich ein ungutes Gefühl dabei sie allein zu lassen.

,,Wir haben noch ein Gespräch zu führen!",meinte Vic in diesem Moment, durchbohrte mich mit seinem Blick und bedeutete mir ihm in einen Nebenraum zu folgen. Brav folgte ich ihm, denn jede Weise des Widersetzens wäre der Tod gewesen und nicht gerade nützlich war dazu noch, das er bei der Polizei arbeitete und alle möglichen Foltermethoden kannte, garnicht mal anzufangen von seiner Gabe anderen Leuten seinen aufzuzwingen.

,,Was willst du?", fragte ich und tat dabei möglichst unwissend.

,,Ist das dein ernst, Will? Ich dachte wir hätten eindeutig darüber gesprochen!" Er ignorierte meine Aussage glimpflich.

,,Nein, Vic. DU hast gesprochen! Ich habe keinerlei Einstimmung gegeben!", konterte ich und beobachtete seine Reaktion. Und die sagte mir, ich bewegte mich auf glattem Eis.

,,Sie ist sechzehn, Will, minderjährig und du bist 10 Jahre älter"

,,Und sie ist mein Seelenspiegel",beendete ich seinen Satz, den er eigentlich schon zu beenden gewusst hatte.

,,Will, darüber haben wir doch schon diskutiert! Sie kann NIE und NIMMER dein Seelenspiegel sein, das ist einfach nicht möglich. Theoretisch und praktisch. Das haben Studien bewiesen"

,,Mir ist egal, was deine Studien sagen! Ich vertraue nur auf das, was ich fühle und mein Gefühl sagt mir VERDAMMT NOCH MAL DAS SIE MEIN SEELENSPIEGEL IST!"

Er setzte erneut an doch ich unterbrach ihn. ,,Und mir ist egal was du jetzt sagen willst. Ich werde jetzt nach draußen gehen, zu meinem SEELENSPIEGEL!"

Ich ging zur Tür und wollte sie öffnen um sie gleich danach laut ins Schloss fallen zu lassen, doch dann hielt ich inne. Langsam ging ich auf Vic zu bis ich ganz nah an ihm stand. ,,Weißt du Vic? Ich glaube du bist nur eifersüchtig, weil ich meinen schon gefunden habe und du nicht"

Wortlos verließ ich den Raum.

Draußen war alles still und ich fragte mich, wie weit Snow wohl gegangen war. Das vom Regen durchnässte Gras zeigt deutlich ihre Fußspuren und ich folgte ihnen, während ich überlegte, was ich zu ihr sagen könnte wenn ich sie gleich wiedersehen würde, doch dazu kam es nicht mehr...