~Thirtythree~
(⚠️TW Gewalt, Waffen, )
Nachdem ich ein paar Sachen von Sky, ihr Handy, Ladekabel und andere Wertgegenstände zusammengepackt hatte, um ihr diese notfalls zu geben, für den Fall, dass sie dort bleiben wollte, holte ich noch die präparierte Kette.
Falls Sky keine Persönlichkeitsstörung hatte, konnte es nur noch ein Zwilling oder Doppelgänger sein. Daher dachte ich, wäre ein Ortungschip ganz sinnvoll. So konnten wir nachvollziehen wo Sky war, falls irgendwer die Doppelgänger-Sky sehen würde.
Ich wollte gerade den Code an der Tür eingeben, als mich eine Stimme daran hinderte.
„Ich komm mit. Irgendwie habe ich das Gefühl, du würdest es sonst nur noch mehr verkacken."
Kirill stand in seiner vollen Arroganz vor mir. Er trug eine schwarze Jacke, die Kapuze auf dem Kopf und die Hände in den Taschen.
„Du weißt, dass sie bei deiner Mutter ist?"
„Und?"
„Ich mein nur. Nicht, dass es dich triggert oder traumatisiert", sagte ich und bekam wie üblich nur einen gleichgültigen Blick.
„Ich schaff das schon, Daddy", erwiderte er, öffnete für mich die Tür und trat heraus. Ich schaute ihm nachdenklich hinterher. Nachdem ich so viel über seine Gedankenwelt wusste, zweifelte ich, wann ich wen von beiden vor mir hatte.
„Und was ist mit Sky?", fragte ich weiter. „Ich denke, sie triggert Kilian?"
„Und ich dachte, wir wollen dahin um die Schlampe zu foltern?"
Ich stoppte abrupt von seinen Worten und bekam ein ganz übles Gefühl. „Kilian?"
„Ich mach nur Spaß", lachte er plötzlich. „Du solltest dein dummes Gesicht sehen. Also an sich ist es immer dumm, aber gerade noch viel mehr."
Mein Kopf würde irgendwann einfach explodieren!
„Mach das nie wieder", knurrte ich wütend. „Ich versuche wirklich, dass alles zu verstehen, aber verkauf mich nicht für dumm, nur weil es für dich völlig normal ist, eine gespaltene Persönlichkeit zu haben!"
„Und weil du so wenig davon verstehst, komm ich mit", meinte er und lief den Gang weiter, bis zu den Fahrstühlen.
„Und wenn du switchst? Was, wenn Kilian ihr was antun will?"
„Ich habe bereits ein wenig Übung darin, im
Hintergrund zu agieren. Und da ich so viele Jahre allein vorne war, bin ich stärker als er. Zudem können wir miteinander kommunizieren, was bis vor kurzen auch noch nicht möglich war", sagte er. Egal, wie viel Mühe er sich gab, es mir erklären zu wollen. Ich würde es einfach nicht verstehen!
„Okay", meinte ich gedehnt. „Und was, wenn nicht?"
„Knock den Körper einfach aus, wenn du merkst, dass Kilian zu weit geht. Das ist so ein wenig, wie ein Systemneustart."
Wir gingen in den Fahrstuhl. Kirill gewohnt lässig, während ich selbst nur noch wie auf Autopilot funktionierte. Meine Gedanken waren so weit weg.
„Moment. Du willst Kilian bewusst nach vorne lassen?", dämmerte es dann doch irgendwann.
„Wir wollen sie triggern, also ja. Kilian bekommt es, wenn unsere Theorie stimmt, aus ihr raus. Dieses switchen ist extrem nervenaufreibend und kräftezehrend. Ich hatte nicht das Glück, dass jemand auf mich aufgepasst und mich aufgeklärt hat."
Mir kam es beinahe so vor, als wollte Kirill, dass Sky genauso war wie er. Vielleicht sah er in ihr eine Art Verbündete.
***
Eine halbe Stunde später standen wir zwischen zwei Trailer, direkt vor uns der heruntergekommene Trailer von Skys Tante.
„Alles gut?", fragte ich Kirill, da dieser sich umsah und irgendwie so seltsam still war. Obwohl, er war nie gesprächig, oder?
Gott, es machte mich wahnsinnig! Dabei war es sein Kopf und nicht meiner, der Stimmen hörte.
„Aus mir wird schon kein Dämon. Du bekommst es nicht mal mit, wenn ich switche, zumindest nicht, wenn er es nicht drauf anlegt."
Vermutlich wartete ich nur darauf irgendwelche Anzeichen zu bekommen, dass Kirill noch verrückter war, als ich ohnehin schon wusste.
Ich betrat die Treppe, die unter meinen Füßen zu knarzen begann und wurde nervös. Vielleicht hätte ich vorher überlegen sollen, wie ich das Gespräch mit Sky überhaupt anfangen sollte. Ich wusste nicht, wie sie reagieren würde und das spannte mich von Sekunde zu Sekunde mehr an.
Nochmal warf ich einen Blick zu Kirill, der hinter mir stand und seinen Kopf in alle Richtungen neigte. Danach atmete ich ein und klopfte.
„Ich hoffe, die Hure ist nicht da." Erschrocken sah ich ihn an. „Also meine Mutter. Nicht Sky."
Als sich an der Tür nichts tat, klopfte ich nochmal. „Ich habe eher bedenken, dass Sky nicht da ist."
Kirill kam die letzte Holzstufe zu mir hinauf, lehnte sich über das Holzgeländer und fummelte an der Folie des kaputten Fensters. Dann endlich öffnete sich die Tür und eine völlig verschlafene Sky stand vor uns.
„Hey", sagte ich vorsichtig, als sie mich ansah, als wäre ich ein Geist.
„Wollt ihr jetzt alle nacheinander einmal herkommen?" Sie klang nicht begeistert, aber auch nicht so, als würde sie uns jederzeit die Tür vor der Nase zuknallen wollen.
„Kirill und ich wollten mit dir etwas besprechen. Könnten wir reinkommen?", fragte ich ebenso zurückhaltend. Sie rollte mit den Augen, öffnete die Tür jedoch weiter und forderte uns zum Eintreten auf. Mir fielen sofort die fremden Sachen an ihrem Körper auf. Sie trug eine kurze Shorts und ein Top, dass nicht mal ihre Brüste komplett verdeckte. Und das, obwohl draußen Schnee lag!
„Ich habe dir Sachen mitgebracht", teilte ich ihr mit. Ihr Blick wanderte an ihrem Körper herunter, als müsste sie nachschauen, was sie aktuell trug.
„Danke", nuschelte sie und nahm die Tasche, die ich ihr entgegenhielt.
„Da ist auch dein Handy und Ladekabel drin." Sie nickte und hielt ihren Blick stur nach unten gerichtet, was mich innerlich richtig nervte. Ich hasste es, wenn sie sich mir gegenüber verhielt, als hätte sie Angst mir in die Augen zu sehen. Zumindest, wenn ich es nicht so wollte.
Sie öffnete die Tasche. Ganz oben waren ihre rosa Plüschsocken, woraufhin ein sanftes Lächeln auf ihren Lippen entstand. Sie freute sich über ein paar Socken, als würden ihr diese das Leben retten!
Ich hatte damit gerechnet, dass mich ihr Anblick erneut wütend machen würde, aber in dem Moment empfand ich nur Mitleid. Obwohl es nicht einmal 48 Stunden her war, als sie mir alles genommen und mich sogar mit meiner eigenen Waffe angeschossen hatte, wollte ich sie einfach nur in den Arm nehmen.
„Wo ist eigentlich deine Tante?", fragte ich, als Sky die Tasche nahm und anfing sich die Socken und einen Pullover anzuziehen. Ich wusste von Stenja, dass sie letzte Nacht kurz da war. Sonst wäre er nicht gegangen, nachdem er das Schloss geknackt und Sky reingebracht hatte.
„Die war früher schon öfter tagelang weg", zuckte sie mit den Schultern. „Also keine Ahnung."
Kirill lief durch den Trailer, weshalb ich ihn missmutig dabei beobachtete, wie er zu der kleinen Küchenzeile ging. Er öffnete den Kühlschrank, danach alle anderen Schränke.
„Also, was wollt ihr mit mir besprechen?", fragte Sky und setzte sich auf die Couch, die definitiv schon bessere Zeiten hatte. Eine Decke breitete sie auf ihre nackten Beine aus.
„Demjan hat mit dir ja bereits über seine Theorie geredet", begann ich, wurde aber von Kirill unterbrochen, der fertig war den Inhalt der Schränke zu durchsuchen.
„Erstmal sollten wir darüber reden, was ihr hier zu essen habt. Das ist ja widerlich", sagte er und hielt eine Dose hoch, in der so etwas wie eine Suppe drin sein sollte.
„Ist aber günstig", erwiderte Sky und schaute dabei beschämt auf ihre Finger.
„Das ist doch jetzt auch erstmal egal", meinte ich, um Sky nicht das Gefühl zu vermitteln, sie noch weiter zu erniedrigen. „Wir wollen über Demjans Theorie–"
„Richtig, setz dich auf deinen Arsch, Daddy. Und überlasse das Reden mir", unterbrach Kirill mich harsch. In dem Moment wusste ich instinktiv, dass das vor mir nicht länger Kirill war.
Also tat ich, was er von mir verlangte, setzte mich neben Sky und legte mein Knöchel auf mein Knie. Meine Hände legte ich locker zwischen meine Beine. Irgendwas sagte mir, dass es gleich ziemlich unangenehm werden würde. Ich hätte Sky zu gerne vorgewarnt, denn sie wusste von alldem nichts. Sie wurde von Kirill einfach ins kalte Wasser geschubst.
Allerdings war das vermutlich auch sein Plan. Wie sonst hätte er sie sonst herausfordern sollen, wenn wir sie im Vorfeld schon warnten.
„Was wird das?", fragte Sky nervös, als Kirill auf sie zuging. Er schaffte sich Platz auf dem kleinen Tisch, indem er einfach alles mit der Hand runter wischte und setzte sich ihr gegenüber.
„Weißt du, wer ich bin?", fragte er sie, weshalb Sky zuerst mich völlig irritiert ansah.
„Hast du den Verstand verloren? Natürlich weiß ich, wer du bist!"
„Sag es!", knurrte er.
„Kirill", antwortete sie.
„Falsch. Neuer Versuch, wer bin ich?", fragte er weiter. Auf meinen Armen entstand eine Gänsehaut, weil mir bewusst wurde, wie sehr sich beide voneinander unterschieden. Kirill hatte keine so harte Mimik wie Kilian und auch seine Augen wirkten, als würden sie dunkler sein. Seine gesamte Körperhaltung schien sich zu verändern, zumindest wenn man es genau beobachtete.
„Ein durchgeknallter Psycho?" Ich verkrampfte automatisch, als ich ihre Worte hörte.
„Sagt die, die genauso durchgeknallt ist?", fragte er und schien Sky damit vollständig zu verwirren. Sie schaute wieder mich an, weshalb ich auch bereits meinen Mund öffnete.
„Ba-Ba-Ba-Ba-Ba, Daddy hat jetzt Sendepause", sprach Kilian und fuhr mir damit über den Mund. Am liebsten hätte ich ihm gesagt, dass es langsam reichte, aber ich biss mir auf die Zunge. Er konnte uns helfen, auch wenn seine Hilfe mehr als fragwürdig war.
„Oh mein Gott! Demjan hat gesagt, dass du–", sie stoppte sich selbst, überlegte kurz und wollte weiterreden. Doch Kilian kam ihr zuvor.
„Ja, Demjan ist nicht so dumm, wie der da neben dir aussieht." Ich sah ihn wütend an, woraufhin er mich nur breit angrinste. Selbst das Lächeln unterschied sich von dem von Kirill!
„Bedeutet, du bist ... eine andere Persönlichkeit?" Sky schien allmählich zu verstehen, was vor ihren Augen passiert.
„Ja, ich bin Kilian. Dein Cousin. Wer bist du gerade?", fragte er und gegen all meine Erwartungen fing Sky an zu lachen.
„Wenn ich es mir aussuchte könnte, wäre ich gern–" So schnell, dass ich nicht einmal mit einem Muskel zucken konnte, schoss Kilian nach vorne und umfasste ihren Hals.
„Sitzen bleiben, Daddy", knurrte er, als ich mich regte. „Findest du das witzig?"
„Kilian, ich finde nicht, dass–" Plötzlich hatte er eine Waffe in der Hand und richtete sie auf mich. „Ich habe es jetzt mehrmals freundlich gesagt! Hinsetzen und Fresse halten!"
„Yonathan", wimmerte Sky, als ihr bewusst wurde, dass Kilian absolut keine Späße machte. Ich hob meine Hände leicht an und setzte mich zurück.
„Daddy wird dir nicht helfen und weißt du warum?", fragte er leise mit einem beinahe samtigen Ton. Er hatte noch immer ihren Hals umgriffen und näherte sich ihrem Gesicht. Sie schüttelte den Kopf und versuchte, von ihm wegzukommen.
„Weil Daddy es so wollte. Er wollte, dass ich dich leiden lasse, stimmt's?" Ich sah die Enttäuschung in ihren Augen, als sie ihren Kopf leicht zu mir drehte. „Er will dich bluten sehen, so wie du ihn hast Bluten lassen. Er will dein wahres Gesicht sehen, nur liebt er dich dafür etwas zu sehr. Im Gegensatz zu mir."
„Ich habe dir nie etwas getan", sagte sie abwehrend. Ich konnte bereits die ersten Tränen in ihren Augen erkennen, die mir verrieten, dass sie noch immer die Sky war, die ich kannte.
„Sehe ich etwas anders", knurrte er. Plötzlich zog er sie am Hals nach oben, weshalb ich ebenso wieder aufsprang.
„Kirill!", mahnte ich und hoffte, er war noch irgendwo da drin und hatte es unter Kontrolle. Er schleifte Sky zur Kommode, wo einige Bilderrahmen standen. Auf den Bildern war sie. Einige als sie noch klein war und ihre Eltern noch lebten, andere wo sie größer war. Bilder von ihr mit ihrer Tante.
„Sieh es dir an!", brüllte er und drückte sie im Nacken auf das Holz der Kommode. In mir verkrampfte sich alles und ich wusste, dass ich das nicht mehr lange durchhielt. „DU hast meinen Platz eingenommen! Auf diesen Bildern hätte MEIN Gesicht sein müssen!"
Sky schrie auf, als er sie zurückzog und erneut auf die Kommode drücken wollte. Sie fing den Aufprall ab, indem sie beide Hände an die Kante legte und sich dagegen wehrte.
Plötzlich packte er ihre Haare und wollte sie an diesen durch das Wohnzimmer schleifen. Doch ich stellte mich ihm in den Weg.
„Es reicht!", sagte ich warnend. „Lass sie los! Du siehst, dass es nichts bringt!"
Wieder nahm er seine Waffe, hielt sie dieses Mal jedoch an Skys Stirn. „Wir fangen gerade erst an."
„Yonathan", wimmerte sie und erzeugte in mir das Bedürfnis sie vor diesem Monster beschützen zu wollen.
„Hör auf zu jammern!", brüllte er sie an. „Hattest du Mitleid, als Yonathan vor dir stand und gejammert hat? Hattest du Mitleid, als du ihm alles genommen hast?"
„Ich war das nicht", weinte sie, woraufhin er den Griff in ihren Haaren verstärkte.
„Kirill!"
„Wer war es denn? Sag.Es.Mir!", forderte er von ihr eine Antwort.
„Ich weiß es nicht!"
„Gut, vielleicht sagst du mir endlich die Wahrheit, wenn ich statt dich, ihn quäle", meinte er und war unmittelbar vor mir. Er drückte den Lauf der Waffe gegen die Schusswunde an meiner Schulter, wodurch ich vor Schmerzen aufkeuchte.
„Nicht! Hör auf!", schrie Sky. Ich unterdrückte den Drang mich gegen ihn zu wehren und biss meine Zähne zusammen. Lieber er tat mir weh, als Sky. Er entsicherte die Waffe und presste sie gegen meinen Kiefer.
„Ein gerade Durchschuss und ich beende damit, was du nicht geschafft hast", meinte er und sah abwartend zu Sky. Diese war völlig aufgelöst und sah aus, als würde sie jeden Moment vor Sorge durchdrehen.
„Bitte, tue ihm nichts!", weinte sie. Ihr Körper zitterte unaufhörlich und immer wieder schluchzte sie laut auf.
„Wieso? Willst du das lieber erledigen?", fragte er. Er nahm die Waffe von meinem Kiefer, wodurch ich meinen angehaltenen Atem laut ausstieß. Er drehte die geladene Waffe in seiner Hand und hielt ihr Sky entgegen, die jedoch nur mit schüttelnden Kopf auf seine Brust starrte.
„Du oder ich, such es dir aus."
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Ist schon dezent gruselig mit Kirill aka Kilian 😂
Ob er es noch schafft, es aus Sky herauszukitzeln? 🤔
Für was wird sich Sky entscheiden? 🫣
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