Chapter 31
Schon am nächsten Morgen waren meine Knie so gut wie verheilt und ich konnte wieder laufen. Das nutze ich natürlich aus und half an Board etwas mit. Das Meiste war Segel setzten und das Deck klar machen. Vielleicht nicht die beste Arbeit, aber ich war froh wieder etwas tun zu können.
Als die Crew mal nichts zutun hatte, begab ich mich zu Barbossa, der das Schiff steuerte. Ich wollte unbedingt wissen, wie es weitergeht. Der Schock von der ersten Insel war schon verarbeitet und ich war neugierig auf die Nächste.
" Erreichen wir bald Spanien, Captain?".
" Aye. Mutter Natur ist mit uns. Morgen werden wir Spanien am Horizont erkennen ".
" Und die Insel?".
" Sie ist nicht weit entfernt vom Festland. Aber warum so übermütig, Kleine?".
" Ach, ich bin schon gespannt, was uns dort erwartet. Und dieses Mal werde ich mich nicht umdrehen ".
Barbossa lachte auf, konzentrierte sich danach wieder aufs Segeln. Mit einem übertriebenen Grinsen ließ ich den Captain allein und kletterte die Takelage hinauf ins Krähennest. Ich versuchte es mir gemütlich zu machen und überblickte das Meer. Barbossa hatte recht. Wir kamen schnell voran. Ob die Black Pearl uns dicht auf den Fersen war?
Mist, wieso denke ich schon wieder daran?
Jacks Worte spielten sich immer wieder in meinem Kopf ab wie ein Tonband.
" Wir werden uns wiedersehen. Ich verspreche es ".
Eigentlich hatte ich keinen Grund mehr, ihm zu vertrauen. Ich strich mir über meine Wange, auf der Jacks Hand gelegen hat. Wenn ich nur daran dachte, kam das Prickeln zurück. Dieser Pirat ließ mich nicht los, obwohl er mich so verletzt hat. Aber eine innere Stimme sagte mir, dass er seine Entschuldigung ernst meint. Ich schüttelte meinen Kopf, vertrieb diese lausigen Gedanken und diese Stimme. Jack entschuldigt sich niemals - nur wenn er es für nötig hält.
" Was machst du hier oben?".
Das plötzliche Auftauchen Pintels ließ mich zusammenzucken. Mit ihm habe ich am Allerwenigsten gerechnet. Ich rutschte etwas zur Seite, damit er sich neben mich setzten konnte.
" Hab nur das Meer beobachtet ".
" Ich sehe doch, dass du irgendwas auf dem Herzen hast ".
Ich drehte mich zu dem Piraten, der mich mit besorgte Miene musterte. Zwar hatte ich mit ihm weniger zutun gehabt als mit Ragetti, aber etwas sagte mir, dass ich ihm vertrauen kann. Immerhin waren Pintel und Ragetti die Einzigen, mit denen ich überhaupt redete. Und inzwischen waren sie für mich wie Brüder, die ich nie hatte.
" Bitte halte mich jetzt nicht für bescheuert oder so. Aber ich muss die ganze Zeit an ... Jack denken ".
" Du meinst den filzköpfigen, verrückten und überaus eingebildeten Jack? Wie Jack Sparrow?".
" .. Genau ".
Pintel schwieg. Ich vergrub mein Gesicht in den Händen. Jetzt muss er denken, dass ich etwas für den Feind seines Captain empfinde. Beim Klabautermann, ich werde sowas von ausgesetzt.
" Das habe ich mir eigentlich schon gedacht ".
" Wie bitte?".
" Euer Verhalten verrät euch sowieso. Außerdem muss ich mir immer was von meinen Nichtsnutz von Neffen anhören. Weißt du eigentlich, wie anstrengend und nerv tötend das ist? Am Liebsten würde ich mich mit Donnerbräu volllaufen lassen ".
" Du meinst Ragetti?".
" Wen denn sonst. Habe ich noch einen anderen Neffen? Nein, danke. Einer genügt mir schon ".
Mein Blick fiel nach unten. Ich wusste ja, dass Ragetti etwas für mich empfand. Und das ihm Jacks Verhalten mir gegenüber nicht passte. Aber ich hätte nicht gedacht, dass die Eifersucht so mit ihm durchgeht.
" Und .. dir macht es nichts aus? Also das mit Jack?".
" Eigentlich schon. Aber du bist mir ans Herz gewachsen, Mädchen. Erzähl das aber nicht dem Captain. Das Gespräch hier bleibt unter uns ".
" Meine Lippen sind versiegelt ".
Pintel nickte und gab mir einen Klaps auf die Schulter, bevor er das Krähennest verließ. Ich müsste mit Ragetti sprechen, aber jetzt noch nicht. Am Besten, wenn das ganze Abenteuer vorbei ist. Barbossa sagte ja, es ist nicht mehr weit bis Spanien. Hoffentlich kommen wir zuerst an. Ich will den Kelch unbedingt finden.
Am nächsten Tag
Wie Barbossa gesagt hat - Spanien war am Horizont zu erkennen. Und davor lag die Insel. Kein Schiff war in der Nähe. Wir hatten noch genügend Vorräte, also brauchten wir nicht am Festland anlegen. Ich machte mir bereits meinen Waffengürtel um, stand schon in den Startlöchern. Dabei war die Insel noch weit entfernt.
Hinter mir hörte ich Schritte, als ich mich an der Rehling abstützte und auf das Meer hinabsah.
" Kannst es wohl gar nicht mehr abwarten, aye?".
" W-Was?".
Verwirrt drehte ich mich zu Barbossa um, der nur wenige Meter vor mir stand und seine Hände in die Hüften gestemmt hatte. Als ich seinen Blick auf meinen Waffengürtel bemerkte, wusste ich was er meinte.
" Achso. Stimmt, Captain. Hoffentlich dauert es nicht mehr allzu lange ".
" Hast dich wohl schon an das Leben eines Piraten gewöhnt ".
" Pardon?".
" Ich hätte eigentlich gedacht, dass du dich nicht so schnell erholen wirst ".
" Das Abenteuer geht weiter. Womöglich war das noch harmlos. Ihr habt sicherlich schon schlimmere Dinge erlebt ".
" Aye, Kleine. Ich habe Dinge gesehen und erlebt, von denen kannst du nur träumen. Aber mach dir keine Sorgen. Eines Tages wirst auch du abgehärtet sein ".
Ich musterte Barbossa aus dem Augenwinkel, als er sich neben mich stellte und auf das Meer hinausblickte. Zu gerne würde ich von seinen Abenteuern wissen, vor allen die mit Jack. Ob er schon immer so gewesen ist?
" War Jack eigentlich schon immer so ... verrückt?".
Kann mir mal jemand eine Kopfnuss geben? Ich bräuchte jetzt Pintel.
Barbossa schaute mich an. Ich biss mir auf die Unterlippe und klammerte mich mit beiden Händen an die Rehling. Diese Frage ist mir nur so rausgerutscht. Eigentlich wollte ich sie nur denken, aber das ist gründlich schiefgelaufen. Was soll Barbossa jetzt nur von mir denken? Das ich immer noch hinter Jack her war?
" So einen Piraten wie Jack gibt es nur einmal im Leben. Als ich damals in seine Crew kam wusste ich sofort, dass er anders ist. Jack mag vielleicht verrückt sein und seine Pläne gehen nicht immer auf. Aber am Ende bekommt er das, was er will. Und das ist etwas, was mich immer wieder an ihm fasziniert ".
" Also kann Jack auch ... ernst werden?".
" Aye, wenn es hart auf hart kommt. Die Meisten schätzen ihn falsch ein, und bekommen dafür ihre Strafe. Jack ist jemand, der nicht so einfach Leute tötet. Er denkt sich schon seinen Teil. Und selbst, wenn seine Pläne spontan rüberkommen. Hinter seiner Fassade schmiedet er weiter bis zum Ende ".
Nickend seufzte ich. Barbossa kannte Jack viel länger als ich. Ich sollte schon darauf hören, was er mir erzählt. Das Jack anders sein konnte, habe ich schließlich schon einmal miterlebt. Erinnerungen kamen hoch - vom großen Sturm. Jack hatte mir geholfen und mit mir so lange in einer Ecke gehockt, bis der Sturm vorbei war. Bei dem Gedanken spürte ich immer noch seine starken Arme, die um mich geschlungen waren.
Ich merkte, dass ich beobachtet wurde und verdrängte die Bilder sofort. Schließlich wollte ich nicht wie ein Mädchen rüberkommen, dass ihrem Schwarm hinterherträumt. Wie schaut das denn aus? Außerdem hasse ich Jack eigentlich .. oder?
" Captain! Wir erreichen die Insel Amor".
" Aye ".
Barbossa entfernte sich von mir, was mir etwas Freiraum gab und mich ausatmen ließ vor Erleichterung. Natürlich hatte ich seinen verwirrten Blick von der Seite bemerkt. Hoffentlich vergisst er es wieder. Ich hatte keine Lust auf irgendwelche Anspielungen.
" Captain, da liegt ein Schiff nahe der Insel!".
Barbossa schnappte sich sein Fernrohr und lief zum Bug des Schiffes. Ich folgte ihm und versuchte mit meinen Adleraugen etwas zu erkennen. Leider hatte ich da nicht viel Glück im Gegensatz zu Barbossa.
" Die Black Pearl ".
" Aber vorhin war doch noch kein Schiff in Sicht gewesen ".
" Sie müssen von der anderen Seite gekommen sein. Wir müssen uns beeilen!".
Er trommelte die Crew zusammen, während ich eher hilflos umherlief. Plötzlich kam Jack, der Affe, aus dem Nichts und kreischte mich an. Ich konnte einen Aufschrei gerade noch zurückhalten. Den Affen habe ich schon Tage nicht mehr gesehen. Er war wahrscheinlich die ganze Zeit über in Barbossas Kajüte gewesen. Als die Crew sich um den Captain versammelt hat, kam ich wieder zur Besinnung und stellte mich zwischen Ragetti und Pintel.
" Die Black Pearl hat uns eingeholt und befindet sich womöglich bereits auf der Insel Amor, die direkt vor uns liegt. Während ich mit meiner Gruppe die Insel absuche, wird das Schiff sofort zur Abfahrt bereit gemacht, damit wir später keine Zeit verlieren. Also seit immer auf der Hut und wehe einer von euch ist unaufmerksam!".
" Aye, Aye Captain ".
Barbossas Blick fiel auf uns drei, während die anderen das Schiff soweit klar machten. Ich nickte und machte mit Pintel und Ragetti das Beiboot bereit, damit wir sofort losrudern konnten. Pintel und Ragetti wurden von dem Captain gescheucht, sie sollen schneller rudern. Schweißperlen bildeten sich bereits auf ihrer Stirn, dass sie mir bereits leid taten.
Als wir die Insel erreichten, betraten wir den weißen Strand. Die Insel war das komplette Gegenteil von der Illusion-Insel. Es war alles hell erleuchtet, kein Unkraut, kein dichtes Unterholz - alles schien perfekt. Ich verspürte keine Angst und auch nicht den Drang, meine Waffe zu ziehen. Barbossa führte uns an und wir verschwanden zwischen den Bäumen. Das Sonnenlicht drang hindurch und erleuchtete uns den Weg. Es gab Lichtungen, Vögel zwitscherten und ich bekam sogar ein Reh mit ihrem Kitz zu sehen. Aber Moment mal ...
Ist das normal, dass es auf einer Insel Waldbewohner gibt? Klar, die Insel ist groß, dass man sie schon gar nicht mehr als Insel bezeichnen könnte. Aber Rehe und Singvögel? Ich sollte mich nicht täuschen lassen. Bestimmt wurde man hier auch auf einer gewissen Weise verzaubert. Wir blieben dicht beisammen, liefen relativ normal den Weg entlang. Es kam mir vor wie ein Spaziergang. Doch dann raschelte es zwischen den großen Büschen. Sofort zückten wir unsere Waffen und richteten sie auf die Pflanzen. Dann hörten wir Stimmen.
" Captain. Sind Sie sich sicher, dass wir richtig sind?".
" Hundertprozentig, Gibbs ".
" Jack, da vorne ist schon wieder die Lichtung, an der wir bereits zwei Mal vorbeigekommen sind. Du hast überhaupt keine Ahnung, wo wir sind ".
" Wie kannst du dir sicher sein, dass es die Gleiche ist, Liebes?".
" Ich pass wenigstens auf, wo wir langgehen ".
Ich hörte nur ein Schnauben, bevor die Äste zur Seite geschoben und die Personen enttarnt wurden. Gleichzeitig ließen wir unsere Waffen sinken - mit einem überraschenden Gesichtsausdruck. Unser Gegenüber verhielt sich nicht anders.
Jack, Gibbs und Elizabeth.
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