Hättest du mich getötet?
Lange sah er einfach nur auf ihre schlaffe Gestalt in seinen Armen hinab. Ein seltsames Gefühl breitete sich in seiner Brust aus. Seine Fingerspitzen wollten ihre Wange berühren. Der Drang danach war groß, doch er ließ die Hand sinken. Vielleicht hätte er ihr weniger zusetzen sollen. Doch hätte sie ansonsten verstanden?
Hättest du mich getötet?
Ein Schlamassel. Das Schlimmste, er war selbst Schuld daran. Ihm wurde ganz anders. Während er weiter darüber nachdachte, wischte er sich das Blut von der Nase. Allmählich erhob er sich mit ihr in seinen Armen. Ihr Gewicht merkte er kaum, als er sich in Bewegung setzte. Allya war leicht wie eine Feder. Ihre letzten Worte beschäftigten ihn noch immer, während er sie behutsam auf seinem Schlafplatz niederlegte. Beinah automatisch griff er nach der Bettdecke, welche fein säuberlich am Bettende lag, um Allya damit zu bedecken. Wieder sah er auf sie hinab, wobei erneut dieses seltsame Gefühl ihn durchzuckte, wie viele kleine Stromschläge. Es war jenes, welches er auch bei ihrer ersten Berührung verspürt hatte. Er hatte es abschütteln wollen, doch es gelang ihm einfach nicht. Es klebte an ihm wie seine Reue.
So tief in seinen wirren Gedanken versunken bemerkte er nicht, dass ihre Lider begannen zu flattern. Langsam fing sie an gegen die übermächtige Benommenheit anzukämpfen, welche sie noch umfangenhielt. In ihrer Verwirrung huschte ihr Blick unruhig hin und her, versuchte verzweifelt ihre Umgebung zu erkennen, bis sie ihn fokussierte. Alle Eindrücke der letzten Stunden stürzten nun nur so über ihr zusammen, dabei versuchte sie zittrig Luft zu holen. Plötzlich fuhr ein stechender Schmerz durch ihre Rippen und ließ sie nach der dringend benötigten Luft schnappen.
Sein Blick glitt zu ihr, was Allya zurückweichen ließ, bis sie die kühle Wand an ihrem Rücken spürte. Einen Augenblick betrachtete er sie nur stumm, bevor er langsam auf sie zu kam. Ihr Herz hämmerte laut gegen ihren Brustkorb. War es Angst? Reflexartig riss sie ihre Arme abwehrend in die Höhe. Diese Geste veranlasste ihn innezuhalten. Ein langer nie enden wollender Blickkontakt entstand, wonach seine Mundwinkel sich zaghaft hoben.
,,Keine Sorge, ich werde dir nichts tun. Ich möchte dir nur helfen."
Was sagte er da? Sie konnte es nicht glauben, sie musste sich verhört haben. Kurz weiteten sich ihre Augen, bevor sie doch wütend zurück schnappte: ,,Helfen! Dank dir bin ich in dieser Verfassung. Bleib mir bloß fern."
Beinah gleichgültig zuckte er mit den Schultern, um sich auch schon in der nächsten Sekunde abzuwenden. Mit dem sofortigen Rückzug hätte sie nicht gerechnet. Eigentlich wollte sie nicht, dass er ging. Sie wollte Antworten. Frustriert ballten sich ihre Hände zu Fäusten, als sie über ihren Schatten sprang und leise sagte: ,,Warte."
Abrupt wurden seine Schritte langsamer. ,,Hast du etwas gesagt?", fragte er, wobei er sich ihr nicht zuwandte.
Innerlich seufzte Allya, denn sie wusste mit Sicherheit, dass er sie genau verstanden hatte. Er spielte Spielchen mit ihr. ,,Warte", wiederholte sie dennoch etwas lauter.
,,Ah", erwiderte er, als er sich doch noch dazu herab ließ sich zu ihr umzuwenden.
Wieder entstand dieser tiefe Augenkontakt, so als würden sie dem anderen bis in die Tiefen der Seele blicken können. Hastig suchte Allya einen Punkt in dem Raum, den sie fixieren konnte, um seinem forschenden Blick zu entkommen. Ihre Wangen brannten wie Feuer, was Jacen sicher nicht verborgen geblieben war. Allmählich begann sich Allya zu Fragen, warum es sie überhaupt kümmerte, was er dachte oder was er über sie dachte.
,,Wenn du nichts zu sagen hast, kann ich ja jetzt gehen", hallte seine Stimme unangenehm in dem kleinen Raum. Sie sollte etwas sagen, um ihm vom Gehen abzuhalten. Ihr fiel nichts ein. Fast war er schon an der Tür.
,,Warum hast du mir geholfen? Du hättest mich dort zurücklassen können."
Ruckartig wandte er sich ihr wieder zu. Eine Emotion huschte über seine Gesichtszüge, so schnell, dass Allya sie nicht benennen konnte. Seine Brauen zogen sich zusammen, während er augenscheinlich über ihre Worte nachdachte. Eine ganze Weile blieb es Still in dem kleinen Raum. Viel zu Still.
,,Vielleicht war es mein bereuen", sagte er schließlich.
Überrascht huschte ihr Blick zu ihm zurück. ,,Du bereust es gegen mich gekämpft zu haben?" Seine Worte wollten keinen Sinn für sie ergeben.
,,Nicht den Kampf, sondern, dass ich dir wehtun musste."
Vorsichtig berührten ihre Füße den Holzboden, dabei hielt sie kurz inne, um auf ein auftretendes Schwindelgefühl vorbereitet zu sein. Doch es kam keines. Ermutigt davon erhob sie sich mit zitternden Beinen. Seine Worte brachten sie auf unerklärliche Weise dazu auf ihn zu gehen zu wollen. Schritt für Schritt. Vielleicht war es ein Fehler, doch der Drang, der ihre Füße bewegte war stärker. Es war eine Anziehungskraft, ein Gefühl, dass sie die Geschichte seines Lebens mit ihrem verschmelzen wollte. Den emotionalen Drang, ihm wichtig zu sein. Jacen versuchte nicht ihr zu helfen die kurze Distanz zwischen ihnen zu überwinden. Er blieb an Ort und Stelle. Sah sie einfach nur unverwandt an. Den letzten Meter stolperte sie. Erschrocken kniff sie die Augen zusammen, um auf den harten Aufprall auf den Boden zu warten. Doch verwundert stellte sie fest, dass ihr Gesicht gegen etwas hartes, doch zugleich angenehm weiches lehnte. Abrupt öffnete sie die Augen, um festzustellen, dass es seine Brust war.
,,Du hattest eine Wahl. Du hättest es nicht tun müssen", sprach sie rasch, um von ihrer Verlegenheit abzulenken.
Während sein Blick ruhig auf ihr ruhte, passierte etwas in seinem Innersten. Er stand sich selbst im Weg. Zweifelte an den eigenen Fähigkeiten, Ängste, die das Erreichen seines Ziels scheinbar unmöglich machten. Den inneren Kampf, den er führte, um sein Ziel gegen alle inneren und äußeren Widerstände zu erreichen. All das konnte Allya erkennen.
,,Du weißt nicht, zu was ich fähig bin. Ich könnte dich in nicht mal einem Wimpernschlag töten..."
,,Warum tust du es nicht", fuhr sie ihm dazwischen.
Unwillkürlich wanderte sein Blick zu dem versteckten Lichtschwert. Es wäre so einfach ... so schnell vorbei, doch ein Gefühl hielt ihn zurück. Hatte es mit ihr zu tun? Oder stand er sich nur wieder selbst im Weg? Er schluckte. In seinen Augen lag ein Ausdruck von Verlorenheit.
,,Es ist nicht wichtig, warum ich tue, was ich tue. Ich bin hier, um mit und von Dir zu lernen."
Nun kam ihr diese Vision in den Sinn. ,,Weil du auf der Suche nach dem Auserwählten bist. Warum?"
Etwas blitzte in seinem Blick auf, während er sie ansah. Doch kein Wort verließ seine Lippen. Langsam schritt sie an ihm vorüber, wobei er regungslos stehen blieb. Einen Moment hielt sie noch inne, um zu flüstern: ,,Ich befürchte dein Schicksal ist mit meinem verknüpft."
Ihre Schritte waren bereits am verklingen, als er tief ausatmete und murmelte: ,,Das befürchte ich auch."
Jeden Tag darauf hatten sie meditiert und trainiert, aber nie mehr wirklich über dieses Gefühl, welches sie nach wie vor umgab gesprochen. Lediglich ihre Blicke hatten still miteinander kommuniziert. Allya entwickelte ein Gespür dafür in welcher Stimmung sich Jacen gerade befand. Je länger er auf Dathomir verweilte, desto mehr schlug die Dunkelheit in ihm Wurzeln. Allya fühlte sich machtlos dagegen. Er veränderte sich mehr und mehr.
,,Ich denke, du kannst mir nicht mehr helfen stärker zu werden", sagte er eines Tages zu ihr. Es war der Tag, an dem er das Training mit ihr abbrach.
Eine Weile danach hatte Jacen den Entschluss gefasst Dathomir zu verlassen und Allya beschloss zu bleiben, obwohl er ihr die Hand gereicht hatte. Er hatte gewollt, dass sie mit ihm kam, doch in diesem Augenblick hatte irgendetwas in ihr gesagt nicht mitzugehen. War es ein Gefühl gewesen? Oder doch die sagenumwobene Macht. Allya hatte es nie herausfinden können. Noch immer konnte sie die Enttäuschung in seinen Augen vor sich sehen.
Und nun, nach so vielen Jahren, standen sie sich wieder gegenüber. In den Tiefen seiner Seele versuchte sie ein Fünkchen von dem Jacen, welchen sie gekannt hatte, zu entdecken, doch ohne Erfolg. Die Dunkelheit in ihm war noch mächtiger und grausamer geworden. Er war kalt und abweisend. Sein Herz vergiftet. Es war der Blick mit dem er sie ansah, der ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ. Eine Frage kam ihr plötzlich wieder in den Sinn. Der Drang sie laut auszusprechen, war überwältigend.
,,Hättest du mich getötet?"
Erstaunen blitzte kurz in seinen Augen auf, während er sie intensiv musterte. Er erinnerte sich, dass konnte sie an seinen Augen ablesen. Kurz schluckte er. Eine greifbare Spannung baute sich auf, als Allya auf seine Antwort wartete. Es war wie die Ruhe vor dem Sturm. Sekunden, Minuten verstrichen. ,,Vielleicht hätte ich es tun sollen", antwortete er, ohne einen Anflug von Emotionen. ,,Hör endlich auf in der Vergangenheit zu verweilen und beginn damit deine Zukunft zu gestalten." Noch einmal sah er sie mit diesem ihm eigenen Blick an, bevor er sich abwandte, um davonzugehen.
Wieder einmal werden die Sith die Herrscher über die Galaxis sein. Und dann werden wir ihn nie haben, den Frieden.
Ihr Blick glitt zu dem, was sie noch immer fest umklammert hielt. Entweder war es eine Chance oder ihr Untergang. Womöglich beides.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro