
Kapitel 14
N I A L L
„Fertig." Zufrieden klopfte Louis auf den nun verbundenen Arm, woraufhin Zayn schmerzvoll das Gesicht verzog.
„Pass doch auf!"
„Bitteschön, hab ich gerne gemacht!" Louis ging zur Einkaufstasche hinüber, wühlte ein wenig darin herum und warf seinem besten Freund dann einen Schokoriegel zu, den Zayn wohl hineingetan hatte – ich war es jedenfalls nicht gewesen. „Bring deinen Kreislauf wieder ein bisschen in Schwung, damit du uns hier nicht aus den Latschen kippst."
„Danke." Langsam befreite Zayn den Schokoriegel aus seiner Verpackung und knabberte daran, was Louis mit einem Augenverdrehen quittierte. „Ich sagte ESSEN, nicht anschlecken."
„Schon gut, Dr. Tomlinson."
„Das ist nicht witzig!" Ich rutschte von dem wackeligen Stuhl, auf dem ich es mir bequem gemacht hatte und verlagerte das Gewicht auf den nicht lädierten Fuß. „Das ist eine Schussverletzung. Und du hast vermutlich doch eine Menge Blut verloren."
Zayn zog die Augenbrauen hoch. „Glaub mir, eine Menge ist was anderes. Du hättest dich damals mal sehen sollen. Du wärst fast verblutet."
Dieser Themawechsel war so gar nicht nach meinem Geschmack. „Nett von dir, mich daran zu erinnern." Mein saurer Tonfall sprach Bände. „Aber wie du siehst, lebe ich noch."
„Genau. Und ich werde wegen diesem Kratzer auch nicht sterben." Zayn grinste, dann wanderte sein Blick zu Liam und Harry, die stumm nebeneinander an der Wand lehnten und uns mit verschränkten Armen beobachteten. „Was wir mit euch machen sollen, ist mir immer noch ein Rätsel."
„Setzt uns doch irgendwo aus. Bis wir zur Zentrale kommen, seid ihr ohnehin schon wieder ganz woanders", schlug Harry vor, der einen viel lockereren Eindruck machte als es bei Gefangenen eigentlich üblich sein sollte. Louis, der noch immer unsere Einkaufstasche in den Händen hielt, ließ den nächsten Schokoriegel zu ihm hinübersegeln. „Wir könnten auch erst den Schokoriegel und dann dich an die Enten an die Enten im Parkteich verfüttern."
„Keine Hoffnung, Tommo. Die würden mich nie und nimmer fressen."
„Pass lieber auf, dass nicht ICH dich mal fresse." Louis wackelte mit den Augenbrauen, während mir mehr oder weniger der Mund aufklappte. Täuschte ich mich, oder flirteten die beiden miteinander?! Nein, das war völlig unmöglich. Louis hasste Harry. Und umgekehrt. Ich wurde aus diesen philosophischen Gedanken gerissen, als der Schokoriegel auf seinem nächsten Flug meinen Kopf um Haaresbreite verfehlte – und durch die Scheibe der verglasten Schranktür splitterte. Zayn hatte schon Luft geholt, vermutlich um eine seiner bekannten zayn'schen Schimpftiraden vom Stapel zu lassen, doch der Benachrichtigungston seines Handys schnitt ihm das Wort ab.
Kaum hatte er es in die Hand genommen, legte sich seine Stirn in Falten. „Niall? Wieso zum Henker schreibst du mir seine SMS?"
Ich seufzte. „Ich hab dir doch schon erklärt, dass ich heute mein Handy verloren habe. Und selbst wenn nicht, würde ich wahrscheinlich eher mit dir persönlich kommunizieren, wenn ich dir schon gegenübersitze, denkst du nicht?"
Zayn tippte auf dem Display seines Smartphones herum, dann blickte er mit blankem Gesicht auf. „Haltet euch fest. Adam möchte verhandeln."
Louis ließ die Tasche fallen und war mit drei großen Schritten bei ihm. „Wie bitte?!"
„Sie müssen Nialls Handy aufgesammelt haben." Zayn stieß einen Fluch aus. „Das heißt, sie wissen nun, in welchem Stadtteil wir uns aufhalten. Verdammt!"
„Kommt schon!", rief Liam dazwischen, der sich üblicherweise immer komplett im Hintergrund hielt. „Wenn ihr euch nun das nächste Schlupfloch aussucht, könnt ihr uns doch wirklich laufen lassen. Ich habe es satt, ständig mit euch eure Probleme ausbaden zu müssen, in denen ihr bis zum Hals steckt!"
Zischend fuhr Zayn zu ihm herum. „IHR und euer scheiß Team steckt da genauso mit drin wie wir! Immerhin seid ihr einer der Gründe, wieso wir überhaupt ständig auf der Flucht sind, wieso wir uns nicht offen auf der Straße zeigen können, wieso ich nun schon wieder mit Verband rumlaufen darf, wieso ... ach vergiss es." Sein Blick war eiskalt. „Wenn du wüsstest, was es für uns bedeutet, so gejagt zu werden. Aber ihr Möchtegernpolizisten in eurer perfekten kleinen Welt könnt so etwas natürlich nicht nachvollziehen. Weißt du, wie es ist, ständig um alles kämpfen zu müssen? Sogar ..." Er stockte. „Sogar um das Leben deiner Liebe?"
Unwillkürlich zuckte ich zusammen, als sein schmerzerfüllter Blick dabei auf mich fiel. „Ihr denkt, dem schrecklichen Zayn Malik geht es nur um Macht und Geld. Aber glaubt mir, hier geht es um so viel mehr."
Das darauffolgende Schweigen war drückend – nicht einmal Louis wagte es, eine seiner spitzen Bemerkungen einzuwerfen, sondern verharrte mit starrem Blick auf das Display des Handys hinter dem Stuhl seines Anführers. Dieser holte tief Luft und legte das Handy auf den Tisch. „Er möchte sich treffen. Heute Nacht auf dem Hinterhof des Kaufhauses."
„Klingt für mich nicht nach einer besonders sicheren Location", stellte Louis fest. „Das ist der beste Ort für einen Hinterhalt."
„Deshalb sollten wir auf keinen Fall alle zusammen hingehen."
„Genau." Louis wedelte mit dem Zeigefinger vor seinem Gesicht herum. „Ich gehe."
„Allein? Vergiss es!" Wütend sprang Zayn hoch und baute sich vor Louis auf. „Außerdem verstecke ich mich nicht hinter meinen Freunden."
„Du wurdest heute angeschossen, Zayn!" Eindringlich sprach Louis auf ihn ein. „Unmöglich kannst du heute schon wieder einen Kampf riskieren."
„Dann soll ich also lieber dein Leben riskieren?"
„Wer sagt denn überhaupt, dass einer von euch gehen muss?", warf ich ein und hielt ihren fassungslosen Blicken stand, die sich daraufhin auf mich richteten. „Mit mir hat er ebenso eine Rechnung offen wie mit Zayn. Mit Sicherheit geht es ihm wieder um seine Rache und sein vermeintlich ihm zustehendes Geld. Es würde nichts dagegensprechen, wenn ich gehe. "
„Kommt nicht infrage", kam es einstimmig von Zayn und Louis, die anscheinend immer zusammenpfiffen, sobald es gegen mich ging.
„Du kannst kaum gehen", begann Zayn zu argumentieren. „Geschweige denn laufen. Du könntest zu gegebenem Falle nicht einmal fliehen. Auf keinen Fall werde ich dein Leben aufs Spiel setzen. Genauso wenig das von Louis."
Daraufhin begannen wir wieder zu streiten, bis Harry ein lautes „HEY!" durch den Raum brüllte und damit alle zum Schweigen brachte. „Denkt ihr, so kommt ihr zu einer Lösung? Ich frage mich wirklich, wie ihr mit so einer dämlichen Organisation die letzten Jahre überlebt habt. Wenn ich das aus Sicht eines Möchtegernpolizisten in seiner perfekten Welt richtig sehe, fällt Niall weg, weil er mit seinem Fuß nicht auftreten kann. Ebenso steht Zayn nicht zur Auswahl, weil er mit seinem Arm vermutlich nicht einmal eine Waffe stillhalten könnte. Und Louis soll auch nicht gehen, weil er allein keine Chance hätte." Er hob die Hände in einer beschwichtigenden Geste, als wir alle drei synchron zu Protesten ansetzten. „Wie wäre es, wenn Tomlinson geht und ich mitkomme? Dann wäre er nicht allein unterwegs. Außerdem kenne ich mich mit Schießen, Kampfsport und rasanten Autofahrten aus. Es spräche nichts dagegen."
„Du meinst, abgesehen von der Tatsache, dass du uns bei der nächstbesten Gelegenheit an irgendwelche Passanten verpfeifen oder deinen Kollegen eine Nachricht hinterlassen würdest."
Harrys Blick blieb ausdruckslos, als er erwiderte: „Es ist nicht gut, von sich auf andere zu schließen, Malik." Ein Seufzen entschlüpfte ihm. „Hör zu. Ich sehe, dass es euch sehr viel bedeutet, zu diesem Treffen zu gehen. Keine Sorge, ich würde es nicht für dich tun, sondern ausschließlich für Niall. Und dafür, dass diese Odyssee endlich ein Ende nimmt." Er blickte in die Runde, die er mit seiner kleinen Rede ziemlich aus den Socken gehauen hatte. „Also. Wie sieht's aus?"
Dem war eigentlich nichts entgegenzusetzen – so wenig es mir gefiel es zuzugeben, aber sie hatten Recht: Es hätte wirklich keinen Wert, mich hinzuschicken, da ich mit meinem blöden verstauchten Knöchel nur alle aufhalten und in Gefahr bringen würde. Es passte mir zwar überhaupt nicht, zwei meiner Freunde in die Höhle des Löwen zu schicken, aber was blieb mir denn anderes übrig? Ich wäre ihnen nur ein Klotz am Bein.
Zayn zog alle Aufmerksamkeit auf sich, indem er sich aufrichtete. „Gut. Du und Louis, ihr geht. Aber nicht ohne den Anführer dieser Gang. Das ist ein Befehl."
Harrys Mundwinkel zuckten in der Andeutung eines schelmischen Grinsens. „Ähm, genau genommen bist du nicht mein Anführer und hast mir somit gar nichts zu befehlen." Im nächsten Moment hatte er sich eine Kopfnuss von Louis eingeholt, sodass er aufstöhnte. „Alles klar, einverstanden. Ich weiß ja nicht, wie genau ihr es mit eurer Ganghierarchie nehmt, aber ..."
„Harry, halt die Klappe."
Wieder beschlich mich das Gefühl, dass sich das Verhältnis zwischen den beiden deutlich verbessert hatte – und zwar um so viel, dass Louis seinen Erzfeind sogar mit dem Vornamen ansprach. Merkwürdig. Naja, eigentlich sollte ich damit ja zufrieden sein – der jetzige Zustand war immerhin besser, als wenn sie sich gegenseitig die Köpfe einschlagen würden.
„Dann hätten wir das geklärt." Passend wie die Faust aufs Auge rempelte Zayn genau im Augenblick seines dramatischen Abgangs mit dem verletzten Arm den Schrank an und biss sichtlich die Zähne zusammen.
„Z?" Ich humpelte zu ihm hinüber und legte ihm besorgt eine Hand auf die Schulter. „Geht's?"
„Alles prima", knurrte er und wandte mir das Gesicht zu, sodass ich sein Halbgrinsen sehen konnte. „Das war wieder mal typisch."
Ich warf einen Blick über die Schulter und bemerkte, dass Louis vor Lachen in seinen Ärmel prustete. „Gut. Leg dich besser hin. Ich bring dir ne Schmerztablette vorbei."
„Danke, Niall." Ziemlich überraschend gab er mir einen Kuss, bevor er sich aus dem Raum drückte und zwei dümmlich grinsende Gangmitglieder (oder was auch immer ich war), einen verwirrten Harry und einen verbissen dreinblickenden Liam zurückließ.
Bessere Gesellschaft konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.
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Immer wenn ich für eine Prüfung lernen müsste, hab ich die größte Motivation zum Schreiben. Und wenn ich wirklich Zeit en masse hätte, hab ich auf nichts Bock, sodass ich keine Seite zusammenkriege. Ist das eine Krankheit? Mir kommt es allmählich so vor! :D
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