Kapitel 99
Am nächsten Tag wache ich gegen Nachmittag auf und bleibe ausgelaugt auf der unbenutzten Couch liegen. Ich schaue an die Decke über mir und fühle mich deutlich besser, nachdem ich geschlafen habe. Wie erwartet hat Areum in dem Kinderbett im Babyzimmer geschlafen und steht nun in der Küche, um uns beiden einen Kaffee zu machen. Ich presse meine Handballen auf meine Augen und stöhne frustriert.
Wieso ist mein Leben nur so anstrengend und scheiße?
Areum tappt leise aus der Küche und ich kann den strengen Kaffeegeruch schon riechen, da sie in meine Richtung läuft. Ich rümpfe die Nase und richte mich auf. Die Dunkelhaarige reicht mir eine giftgrüne Kaffeetasse und setzt sich dann zwischen meine Schienbeine auf die Couch, sodass ihre Beine in der Luft baumeln und sie sich zurücklehnen kann. Verschlafen schlürft sie an ihrer Tasse und seufzt wohlig auf, bevor sie mich beäugt. Ich trinke ebenfalls von dem warmen Getränk, jedoch verziehe ich angeekelt das Gesicht und stelle die Tasse direkt auf den Kaffeetisch neben mir, auf dem auch Stellas Handy liegt.
"Willst du Zucker?", fragt sie mich belustigt.
"Nein, danke. Ich mag schwarzen Kaffee generell nicht", erwidere ich angeekelt.
"Ups, ich habe keine Milch da. Naja, dann trinke ich deinen halt auch... Immerhin siehst du jetzt viel besser aus, nachdem du geschlafen hast. Deine Augenringe sind zwar noch angeschwollen, aber du hast wenigstens wieder etwas Farbe im Gesicht", meint sie und spitzt dann die Lippen, um von dem ekelhaften Gesöff zu trinken.
"Mir geht es auch viel besser. Ich habe den Schlaf echt gebraucht", murmle ich und reibe mir die Augen, bevor ich mir Stellas Handy schnappe.
In der Nacht hat es nicht mehr aufgehört zu klingeln, sodass ich es einfach ausgeschaltet habe. Younghyun scheint sich wohl riesige Sorgen um sie zu machen. Es dauert einige Sekunden, bis das Handy eingeschaltet ist und ich den Pin eingeben kann. Sofort erscheinen etliche Benachrichtigungen auf dem Handy, die wohl von Younghyun und ein paar Freundinnen stammen.
"Wow, mir hätte niemand geschrieben", gibt Areum erstaunt von sich.
"Mir auch nicht", entgegne ich und lache humorlos.
"Was für eine Nachricht wolltest du gestern denn verschicken?", fragt sie mich neugierig und legt die Kaffeetasse weg.
Sie setzt sich dann im Schneidersitz vor mich hin und zieht ihr viel zu großes Oberteil über ihre Beine, damit ich ihre Unterhose nicht sehe. Es ist ja nicht so, dass ich sie schon komplett nackt gesehen habe. Ich schüttle ruckartig den Kopf und reiche ihr das Handy.
"Ich wollte eigentlich eine Nachricht verfassen, in der sie ihm sagt, dass sie jemand anderes kennengelernt hat und mit ihm durchgebrannt ist. Aber wenn wir schon mal hier sind, können wir auch einfach ein Bild schießen. Auf diesem sitzt du einfach auf meinem Schoß und ich schlinge meine Arme um dich. Ihr habt eine ähnliche Haarfarbe und du siehst auch schon so aus, als hätte Stella das Oberteil von ihrem neuen Kerl an und ich habe halt nur eine Boxershorts an", erkläre ich ihr müde.
"Was hast du eigentlich vor? Ich meine, worauf läuft das alles hinaus? Wir haben Stella nun entführt. Du versteckst dich bei mir vor deiner Familie und deinem Ex-Freund. Wo oder was ist dein Ziel?", kommt es ruhig aus ihr und sie schaut mich beinahe liebevoll an.
"Kannst du mal aufhören? Ich bekomme gleich Mommy Issues, wenn du mich so bemutterst", gebe ich irritiert von mir und runzle die Stirn, weil dieses komische Gefühl in meinem Bauch so unerwartet kam.
Areum stöhnt entgeistert auf und legt ihren Kopf in den Nacken, bevor sie mir gegen die Brust boxt und mich anmeckert, dass ich meine Hormone in den Griff bekommen soll. Ich halte mir eine Hand über die schmerzende Stelle und lächle breit los. Sie fordert mich in einem strengeren Ton auf, ihre Frage zu beantworten und bringt mich mit ihrem Verhalten echt zum Lachen.
"Du machst es wirklich nicht besser, wenn du die strenge Mami spielst. Okay, okay! Ich hör auf damit! Schlag mich nicht! Du kannst es dir eigentlich schon denken. Ich wurde schon so oft von den Menschen, die ich geliebt habe, enttäuscht und verletzt, dass ich ihnen endlich mal zeigen möchte, wie sehr mir ihre Taten weh getan haben", witzle ich erst herum, aber muss ihre Hand festhalten, bevor sie mich schlägt.
Während ich ihr meinen Grund erkläre, spiele ich mit ihrer Hand und streichle mit meinem Daumen über ihren Handrücken. Dabei kann ich ihr nicht in die Augen schauen.
"Jungkook, du hast mir immer noch nicht erzählt, was du genau vorhast", flüstert sie leise und hebt mit ihrem Zeigefinger mein Kinn an, damit sie mir ins Gesicht sehen kann.
"Ich verkaufe Stellas Organe im Dark Web und möchte sie davor noch seelisch zerstören, indem ich ihr ein Video zeige, auf dem Younghyun Sex mit... jemand anderen hat", antworte ich ihr und schaue ihr direkt in die Augen.
Schlagartig weiten sich ihre Augen und sie lässt so schnell von mir ab, als hätte sie sich die Finger verbrannt. Ein kleines Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht, bis ich laut loslache und mir den Bauch halte. So zu tun, als würde ich irgendwas bereuen, macht wirklich Spaß.
"Wieso bist du so nett zu mir, wenn du anderen Menschen sowas antun kannst? Willst du tatsächlich so ein Monster wie deine Eltern sein?", fragt sie mich aufgebracht und sieht verzweifelt aus.
Warum denkt jeder, dass ich das Opfer in dieser Geschichte bin? Von allen Seiten werde ich bemitleidet, aber man sollte meine Familie und meine Mitmenschen bemitleiden.
"Vielleicht hast du das noch nicht gecheckt... Aber ich BIN dieses Monster, meine Liebe. Ich habe es nur unterdrückt. Du fragst doch, wieso ich dich mag? Jeder hat doch seine Lieblingsmenschen und du bist eine der Wenigen, bei denen ich diesen Schmerz in ihren Augen erkennen kann. Verlust eines Kindes. Etliche Vergewaltigungen und Misshandlungen. Ich kann dir ein Lied darüber singen, was in dir vorgeht. Deswegen mag ich Taehyung so sehr. Seinen Schmerz und seine Verzweiflung konnte ich auch in seinem Gesicht ablesen, auch wenn er sie versucht hat zu verdrängen.
Ich bin Besessen von diesem Jungen, der mich in dieser einen Nacht tränenüberströmt, voller Wut, Trauer und Schmerz angestarrt hatte. Ich wollte alles über ihn wissen und war überglücklich, dass mein Vater mir die Aufgabe erteilt hatte, ihn zu beschatten. Auf einmal hatte ich mich nicht mehr so allein gefühlt. Es gab jemanden, der so wie ich war.
Sieben Jahre habe ich ihn gestalkt und zu einem Zeitpunkt hielt es einfach nicht mehr aus, ein Fremder für ihn zu sein. Darum plante ich, dass sie meinen Bruder und mich in ihrem Haus erwischen. Danach verlief alles wie am Schnürchen. Ich habe mich wie ein Parasit in seinen Kopf und in sein Herz geschlichen, indem ich seinen langweiligen Alltag aufmischte und ihn mit meiner wundervollen Art um den Finger gewickelt habe, sodass er mich nach einem Tag schon vermisste.
Leider kam mein Vater dazwischen und brachte meinen Plan komplett durcheinander, sodass alles aus dem Ruder lief und länger dauerte, als es eigentlich sollte. Ich lag für drei Wochen flach und Taehyung dachte sich wahrscheinlich, dass ich einfach verschwunden bin. Ich hatte Glück, dass ich genug Zeit hatte, um eine wichtige Person in seinem Alltag zu werden, ohne die er sich nicht komplett fühlte. Mein Ziel, mit diesem verbitterten Jungen eine Beziehung zu führen, wurde doch noch erreicht. Aber dann kam diese Hure, die ich Mutter schimpfe. Sie hat alles zerstört, was ich erreicht habe und dafür wird sie bezahlen. Darum bin ich so wütend auf meine Eltern, weil sie mir ständig im Weg stehen", erzähle ich ihr die komplette Wahrheit, die ich all die Monate verheimlicht habe, um mein wahres Ich nicht an die Oberfläche kommen zu lassen.
Areum schaut mich schockiert an und rutscht ans andere Ende der Couch, um mehr Abstand zu mir zu gewinnen. Meine Lippen formen sich zu einem breiten Lächeln und lässt meine Wangen schmerzen, weil ich lange nicht mehr so breit gelächelt habe. Ich habe alles von Anfang geplant. Diese ganze Geschichte kam ins Laufen, weil ich die Zügel in der Hand hatte, und werde diese auch wieder zurückbekommen, nachdem so viele Leute sie mir einfach aus den Händen gerissen haben.
"Dich kann man nicht mal mehr als Psychopathen bezeichnen. Du bist komplett krank im Kopf!", ruft Areum verängstigt und fängt gleich an zu heulen.
Ruckartig lasse ich das Grinsen aus meinem Gesicht verschwinden und sehe sie gefühlslos an. Perplex blinzelt sie mehrmals und atmet tief ein und aus, während ich mich zurücklehne und meine verbundene Hand betrachte. Das war wohl zu viel des Guten. Mit zittrigen Händen zieht sie ihre Beine an ihren Oberkörper und versteckt ihr Gesicht zwischen ihren Knien, bevor sie leise vor sich hin schluchzt.
"Vielen Dank für das Kompliment. Das weiß ich sehr zu schätzen. Warum weinst du eigentlich? Müsstest du nicht schlimmeres erlebt haben?", bedanke ich mich bei ihr und hebe skeptisch eine Augenbraue an.
"Du machst mir verdammt nochmal Angst! Kannst du dir überhaupt vorstellen, was für einen gestörten Ausdruck du eben draufhattest? ES IST AUCH NICHT NORMAL, DASS DU PLÖTZLICH MIT EINEM NEUTRALEN GESICHTSAUSDRUCK DA SITZT, NACHDEM DU GEPLANT HAST, DASS SICH JEMAND IN DICH VERLIEBT! BIST DU BIPOLAR, ODER SO? ", mault sie mich erst an und schreit zum Ende hin.
"Krieg dich wieder ein. Du tust beinahe so, als hätte ich deine Mutter umgebracht und deinen Hund geküsst", verdrehe ich die Augen und lege meinen Kopf etwas schief.
"Nach der Aktion gerade könnte ich dir das sogar zutrauen! Meine Fresse, dich sollte man nicht allein durch die Gegend laufen lassen!", erwidert sie schnippisch.
"Joa, sollte man wirklich nicht. Jimin, mein Bruder, hat mir auch ständig am Arsch geklebt, damit ich ja nichts Dummes anstelle. Hat nicht funktioniert. Ich habe trotzdem das getan, was ich wollte. Deswegen hasst er mich auch", stimme ich ihr zu.
"Wow, ich habe echt keine Worte mehr für dich. Du bist einfach bösartig. Ich dachte gestern, dass es nur am Schlafmangel liegen würde, aber du hast wirklich nicht mehr alle Tassen im Schrank", schüttelt sie erschüttert den Kopf.
"Was soll ich dazu noch sagen? Du hast vollkommen recht. Machen wir jetzt das Bild für Younghyun oder willst du nicht mehr mitmachen?", wechsle ich einfach das Thema, da mich dieses Gespräch langweilt.
Sprachlos schaut sie mich an und ihr Mund klappt etwas auf, bevor sie auf einmal mit ihren Fingernägeln in meine Wade kneift. Ich lache los und klatsche die Hand auf meinen Mund. Augenblicklich ziehe ich mein Bein weg und schaue sie dann sauer an.
"Kannst du mir mal eine Pause gönnen? Ich muss gerade darauf klarkommen, dass ich mich mit einem größeren Psychopathen als mein Ex-Freund angefreundet habe. Mein Gott, warum bin ich so schockiert? Du hast ihn vor meinen Augen zu Tode verprügelt. Du bist sogar auf ihn gesprungen, als wäre er irgendein Trampolin. Du warst die letzten Stunden so lieb zu mir, dass ich vergessen habe, dass du mich genauso wie Stella quälen wolltest!", verfällt sie in eine Identitätskrise und lässt mich genervt die Augen verdrehen.
Sie presst die Hände auf ihr Gesicht und macht komische Atemübungen, um wieder runterzukommen. Was soll der Scheiß jetzt? Kriegt sie eine Panikattacke? Ich wende meinen Blick ab und ziehe die Bettdecke unter ihren Füßen weg, um mich mit dieser einzudecken.
"Sag mir Bescheid, wenn du dich beruhigt hast. Ich penn noch ein wenig", teile ich ihr mit und lege mich auf meinen Rücken.
Keine Sekunde später spüre ich, wie sie sich mit ihrem Fliegengewicht auf mich stürzt und in meinen Bauch boxt. Ich greife mit beiden Händen ihre Hüfte und hebe sie mit Leichtigkeit von mir runter, um sie dann neben mich auf den Boden zu schmeißen. Sie jauchzt auf und fällt mit einem dumpfen Knall auf den harten Parkettboden.
"Du bist so ignorant und frech. Wie wurdest du bitte erzogen?", beschwert sie sich lautstark und rappelt sich vom Boden auf.
Danach stemmt sie die Hände in ihre Hüften und bestraft mich mit ihrem wütenden Blick.
"Gar nicht", antworte ich desinteressiert und drehe ich mit dem Rücken zu ihr, um noch etwas zu schlafen.
Plötzlich klettert sie über mich und zwängt sich in die Lücke zwischen mir und der Rücklehne und schiebt ihren Arm unter meinen Kopf, um mit meinen Haaren zu spielen. Ich verziehe das Gesicht und beäuge sie misstrauisch, doch realisiere im nächsten Moment, dass sie das Foto für Younghyun schießen möchte. Ohne Worte schlinge ich meine Arme um ihren Körper und verstecke mein Gesicht in ihrer Schulter. Nach wenigen Sekunden schießt sie schon das Foto und wir lassen uns gleichzeitig los, damit sie wieder aufstehen kann.
"Ich gehe auch wieder schlafen. Wenn was ist, weck mich einfach", teilt sie mir mit, jedoch bekommt sie keine Antwort von mir, wodurch sie dann im Babyzimmer verschwindet.
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Ganz plötzliche Wendung. Schockierend... Nicht. Also für mich nicht AHAHHAHA
For real, nach sieben Jahren des perfekten Stalkings erwischt Taehyung Jungkook in seinem Haus? Macht sowas von keinen Sinn xD
Sagt mir mal eure Meinung zu dieser ganzen Situation. Das interessiert mich jetzt
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