Kapitel 9 - Miriam
Immer wenn ich dachte, es kann nicht mehr schlimmer kommen, wurde es doch tatsächlich noch schlimmer. Ich war so froh zu hören, das es Zoey gut ging. Das sie obwohl sie verbrannt war, doch irgendwie am Leben war. Mein Hirn wollte das zwar nicht verstehen, aber das wieso war mir auch eigentlich recht egal. Doch dann erzählte mir Carter von dem Fluch und wie dieser gebrochen werden konnte.
Und natürlich hatten Zoey und ich das große Los gezogen, die Retter der Hexer und dieses Waldes zu sein. Zoey hatte ihren Teil bereits erfüllt. Sie ist bereits einmal gestorben. Nun – lag es an mir. Nun musste ich sterben, mit dem klitzekleinen Nachteil, dass ich danach nicht wieder munter durch die Gegend hüpfen würde. Ich wäre tot. Für immer.
Mit all diesen Gedanken saß ich auf der Couch. Auf einer Couch, in einem kleinen Häuschen in einem verfluchten Wald und starrte gegen die Wand. Carter stand neben wir und wusste nicht recht wie er mit mir umgehen sollte. Scheinbar hatte er Mitleid mit mir, doch auf der anderen Seite, war ich das letzte Puzzleteil, damit er und seine Leute endlich Freiheit hatten und sich ihre Rechte zurückkämpfen konnte.
Das Mitgefühl schien allerdings bei Carter die Oberhand zu ziehen und so setzte er sich neben mich und legte seine Hand auf meine Schulter. „Das alles tut mir echt leid...", murmelte leise. Ich starrte ihm in seinen grünen Augen und wusste nicht was ich sagen sollte. Was sollte ich auch sagen? ‚Alles klar - gar kein Thema? Ich hänge überhaupt nicht an meinem Leben und sterbe gerne?' Nein, das sollte ich natürlich nicht sagen, also zuckte ich mit den Schultern und rutschte etwas von ihm weg. Es war mir etwas befremdlich, dass derjenige der mich tot sehen wollte – auch wenn es keine andere Wahl für ihn gab – mich trösten wollte.
Carter blickte mich traurig an, dann wandte er seinen Blick stumm zu Boden. Auch er schien etwas überfordert zu sein. Doch zu seinem Glück musste er auch nichts mehr sagen, denn die Tür öffnete sich und ich sah die blonden Haare von Zoey.
„ZOEY!", rief ich, sprang auf und stürmte auf sie zu. „Miriam...", brachte Zoey kaum raus, dann waren wir uns schon in die Arme gefallen. „Ich bin so froh, dass du lebst.", schniefte ich und brach dann in den Tränen aus. Zoey erging es nicht anders. Sie drückte mich fest an sich und schluchzte an meiner Schulter. „Ich bin auch froh"
Langsam löste sie sich von mir und sah mich traurig an. Ihre blauen Augen wirkten unendlich traurig. „Weißt du schon alles?", fragte sie vorsichtig und schien sich im inneren Geiste schon zu überlegen, wie sie es mir beibringen müsste. Doch das konnte ich ihr abnehmen. „Ja, Zoey. Ich muss sterben."
***
Zac und Carter, die Brüder waren, wie Zoey und ich erfahren hatten, tippelten unruhig von einer Stelle zur anderen und blickten sich immer wieder nervös an. „Was ist los?", fragte ich jetzt, ich konnte es nicht mehr ertragen sie so zu sehen. Zac ergriff als erstes das Wort. „Wir wollten wissen...ob du dich entschieden hast?" „Ich habe also die Wahl?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue. Das war mir ja ganz was Neues.
„Naja. Eigentlich schon. Wir sind böse. Wir würden dich nie zwingen. Für Zoey war es das Beste, weil sie so ihre menschliche Hülle los ist, aber für dich...", meinte Carter nun. „Für mich ist es endgültig da Ende.", beendete ich den Satz für ihn. Carter nickte und kratzte sich Verlegen am Hinterkopf.
Kurzes betretendes Schweigen machte sich breit, dann sammelte ich mich, um meinen Entschluss mitzuteilen. „Ich werde es tun."
„Wirklich?", fragten Carter, Zac und Zoey gleichzeitig, was mich kurz zum Lachen brachte. Als ich mich wieder im Griff hatte, nickte ich. „Ja. Nach Hause kann ich nämlich nicht. Da würde ich wegen Hochverrats gehängt werden und... ich finde es ein Unrecht, das ihr alle hier eingesperrt seid. Wenn ich schon sterben muss, dann immerhin für einen guten Zweck.", erklärte ich meine Entscheidung. „Danke.", brachte Carter nun baff hervor. Denn er schien nicht wirklich mit dieser Entscheidung gerechnet zu haben, dann umarmte er mich plötzlich, gefolgt von Zac.
Von diesem Gefühlsausbruch etwas zu stark konfrontiert, tätschelte ich ihnen die Schulter. „Aber es gibt eine Bedingung."
Sofort lösten sich beide. Zoey beobachtete mich nur stumm. „Welche?", wollte Carter wissen. „Ich will nicht brennen. Das ist doch wohl logisch! Ich will nicht auf dem Scheiterhaufen stehen und von allen angestarrt werden, weil sie sehen wollen, wie ich verbrenne. Ich kann mir eindeutig einen anderen Tod vorstellen."
***
Gesagt – getan. Die Brüder hatten nichts dagegen, dass ich so sterben kann, wie ich es wollte. Auch hatten sie sich zurückgezogen, sodass nur noch Zoey und ich da waren.
Da waren wir nun. An einem Punkt, von dem wir vor ein paar Wochen, noch nie gedacht hätten, dass es soweit käme. Doch nun kann man es nicht mehr ändern.
„Zoey?" „Ja Miriam?" „Du musst mir etwas versprechen." „Alles, süße. Alles.", sagte sie sofort und ich konnte ungeweinte Tränen in ihren Augen sehen. Ich wusste, dass sie versuchte, sie zurückzuhalten. Sie wollte stark für mich sein. So wie sie es immer für mich sein wollte.
„Ich kann verstehen das du und die Hexer Rache haben wollt, wenn ihr hier rauskommt. Man hat euch verflucht und deine Freund und deine Familie hat dich sogar verraten.", fing ich an und sah wie die Wut in ihren blauen Augen loderte. Schnell griff ich ihre Hand. „Ich kann es wirklich verstehen. Doch... ich wünsche mir, dass wenn ihr eure Gerechtigkeit gefunden habt, dass ihr Frieden mit den Menschen schließt. Nicht jeder Mensch ist bösartig."
Jetzt schniefte Zoey doch. „Du hast so ein großes Herz. Aber ja, das verspreche ich dir." Mit einem Lächeln umarmte ich sie. „Und werde glücklich. Lebe das Leben, was du schon immer haben wolltest, mit den Personen, die dich glücklich machen.", flüsterte ich ihr ins Ohr. Zoey drückte mich ans ich, als wollte sie mich nicht loslassen und nickte schluchzend.
Vorsichtig löste ich mich von ihr und wischte ihr die Tränen vom Gesicht. Dann nahm ich den Dolch, den man mir auf den Tisch gelegt hatte und hielt ihn mir vor die Brust. „Ich hab dich lieb, Zoey.", waren meine letzten Worte, dann versetze ich mir den Todesstoß in mein Herz.
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