Prolog
FREYA
𝔇ie Mittagssonne stand hoch über Las Vegas, das Eis in Freya Greens Strawberry Matcha Latte war schon längst dahingeschmolzen, und in der Leichenhalle unter dem Clark County Coroner's Office lag eine Leiche zu viel.
Sie wusste es ganz genau. Trotzdem, zur Sicherheit zählte sie ein weiteres Mal über die Tische.
Dort vorn bedeckte ein weißes Tuch die Siebzehnjährige, die man tot in ihrer Zelle in der Jugendstrafanstalt gefunden hatte. Toxikologischer Bericht ausstehend.
Zwei Tische weiter den zwanzigjährigen Raser, der am Wochenende auf der Interstate seine drei Beifahrer und eine vierköpfige Familie mit sich in den Tod gerissen hatte. Blutalkoholgehalt 0,21%.
Gegenüber lag ein Vampiropfer, das sie sich noch nicht hatte ansehen können. Noch vor einem Monat hatten diese die Leichenhalle so überfüllt, dass sie Tote umleiten und in anderen Städten hatten unterbringen müssen. Seit der Weißdorn-Skandal aufgedeckt worden und durch die Medien gegangen war, arbeitete man unermüdlich an Möglichkeiten, Blut auf das Gift zu testen und Betroffenen zu helfen - Oder zumindest andere vor ihnen zu schützen, und die Fälle waren endlich zurückgegangen.
Dann war da noch die einundvierzigjährige Lehrerin, die vor ihrer Klasse zusammengebrochen und einfach nie wieder aufgewacht war. Autopsie zeigte eine massive Einblutung in das Hirngewebe. Vermutlich rupturiertes Aneurysma.
Und daneben eine weitere Leiche.
Perplex stellte sie ihren Plastikbecher auf dem Schreibtisch ab. Sie war doch nicht länger als eine halbe Stunde für ihre Mittagspause weg gewesen. Außer ihr war gerade nur ein anderer Assistent hier, und er hätte ihr ganz sicher Bescheid gegeben. Doctor Everett war noch immer im Urlaub, er hatte sich freigenommen, um seine Tochter an der Ostküste zu besuchen.
Sie war nicht sicher, warum sie zögerte, doch schließlich überwand sie sich doch, das Tuch zurückzuschlagen- und verzog das Gesicht. Der Anblick ließ die Haare in ihrem Nacken aufstehen, wie es nur noch die wenigsten Dinge konnten. Männlich. Afroamerikaner, vielleicht... Mitte vierzig? Es war nicht leicht zu erkennen, denn jeder Zentimeter seines Gesichts war aufgeschwollen und blutig. Spuren massiver stumpfer Gewalteinwirkung am ganzen Körper, augenscheinlich gebrochenes Nasenbein, multiple schwere Rippenfrakturen.
Anhand des Gesichts würden sie ihn ganz sicher nicht mehr identifizieren können. Keine Tattoos, keine auffälligen Narben auf der Vorderseite des Körpers.
Gerade hatte sie ein paar Handschuhe übergestreift und einen guten Griff an Schulter und Hüfte, um ihn auf den Bauch zu drehen, als sie stockte.
Da war schon ein Zettel am großen Zeh des Leichnams befestigt. Nein, kein Zettel, eine... Eine Spielkarte?!
"Was zur...", murmelte sie in den stillen Raum.
Karo-Ass. Verwirrt drehte sie das kalte, glatte Papier. Die Leiche krachte zurück auf den Tisch, als sie auch den Griff um ihre Schulter verlor.
Phil Everett.
Doctor Phil Everett.
Doctor Phil Everett.
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