Schuld
Sonnenstrahlen, die durch das Fenster scheinen und dich blenden.
Blumen, die ihre Köpfe Richtung Himmel recken.
Und ein Ausblick in den wolkenlosen Himmel.
Frühling.
Und du bekommst die Diagnose.
Hart und schmerzvoll trifft sie dich.
Uns.
Und ich weine.
Habe furchtbare Angst.
Doch du sagst zu mir
"Wir schaffen das. Gemeinsam."
Und ich nicke nur und bleibe stumm.
Weil ich dir schon damals keinen Glauben geschenkt habe.
-
Drückende Hitze und schwüle Temperaturen.
Gewitter und tausende Freibad-Besucher.
Sommer.
Und du liegst im Krankenhaus.
Weiße Wände,
so kahl wie dein Kopf.
Verschwunden ist deine Haarpracht.
Es sieht befremdlich aus,
wie du da völlig verkabelt am Bettrand sitzt und aus dem Fenster schaust.
Du fährst dir mit der Hand über deine Glatze und meinst zu mir
"Es hat auch Vorteile keine Haare mehr zu haben.
Zum Beispiel schwitze ich jetzt im Sommer nicht so."
Du hast stets alles positiv gesehen.
"Aber im Winter wirst du frieren."
Und ich negativ.
Auf deine Aussage, dass du ja eine Mütze tragen könntest, habe ich nichts erwidert.
Ich habe schon damals die Hoffnung verloren.
-
Fallendes Laub und bunte Wälder.
Die verblühende Schönheit der Natur.
Herbst.
Und ich komme dich nicht mehr besuchen.
Zu schmerzhaft und grauenvoll empfinde ich deinen Anblick.
Es wird mir einfach zu viel,
wächst mir über den Kopf,
zieht mich runter.
Sie machen mich fertig,
diese tiefschwarzen Gedanken.
An dich.
Und meine Besuche werden immer seltener.
Bis sie schließlich ausbleiben.
Weil ich schon damals Angst vor der bitteren Wahrheit hatte.
-
Ein weißer Mantel, der die Erde bedeckt.
Frostige Minusgrade und eisiger Wind.
Tiere, die ums Überleben kämpfen.
Winter.
Und du bist gegangen.
Ich weiß nicht, ob dir dein Wille bis zum Schluss geblieben ist.
Ich weiß nicht, ob du bis zu Letzt noch Hoffnung hattest.
Ich weiß nicht, wie es dir ging.
Ich weiß es einfach nicht.
Weil ich nicht da war.
Ich habe dich kaum noch besucht.
Habe es immer weiter hinausgezögert.
"Morgen ist ja schließlich auch noch ein Tag."
Und für dich war das Erwachen frühmorgens eines der schönsten Gefühle der Welt.
Weil du eine weitere qualvolle Nacht überstanden hast.
Weil du lebst.
Doch für mich war es einfach nur der blanke Horror.
Manchmal habe ich mich gefragt,
wer von uns beiden mehr leiden musste.
Du als Krebspatient.
Oder ich als Angehörige.
Aber auch das weiß ich nicht.
Es war nie sicher,
ob du den nächsten Tag erleben würdest.
Es stand nie fest,
ob du überhaupt eine Chance hattest.
Im Kampf um Leben und Tod.
Im Frühling habe ich schon geahnt, dass du es nicht schaffen wirst.
Im Sommer habe ich nicht mehr an dich geglaubt.
Im Herbst habe ich an deiner Kraft gezweifelt.
Und im Winter habe ich dich verloren.
Aber egal was war, du hast stets nach vorne geblickt.
Hast der Realität knallhart ins Gesicht gesehen.
Und dein Schicksal tapfer akzeptiert.
Und dafür bewundere ich dich.
Während ich vor deinem Grab hocke,
um dich weine,
an dich denke,
meine Fehler bereue,
und die Schuld mich auffrisst.
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