37 ༄
Angespannt versuchte ich das unruhige Zittern meiner Muskeln zu kontrollieren.
Ich hatte keine Angst, jedoch schien sich die Aufregung, die im gleichen Moment durch meinen Kreislauf zirkulierte, in genau denselben Symptomen zu äußern.
Das Blut rauschte in meinen Ohren und fast schon unwillkürlich zog ich mir die Decke noch weiter über den Kopf, so dass es ausgeschlossen war, dass diese Bewegung unbemerkt bleiben würde.
Das Laminat knirschte unter den schleifenden Schritten und schwieg dann plötzlich, als diese im Zimmer ankamen und ein unruhiger Blick über das Bett fuhr. Er fühlte sich anders an als sonst aber dennoch war seine Präsenz unwiderlegt.
Begleitet von der Musik, die ausgehend aus einem anderen Raum durch die Wohnung getragen wurde, bewegte er sich durch das Zimmer und summte leise bei jedem einzelnen Schritt. Tief kam der Ton aus seinem Hals und löste in mir ein Gefühl aus, das in keinster Weise in die Situation gepasst hätte.
Ich überlegte schon mich langsam aus meiner Deckung zu wagen, als der Ältere plötzlich leise summend ans Bett heran trat und sich auf dessen Kante niederließ. Die Matratze sank auf unserer Seite etwas ein und ich spürte wie mein Puls nur noch schneller wurde, als er vorsichtig die Decke ein wenig zurück zog und seine Augen über mein Seitenprofil tanzten. In unregelmäßigen Abständen kniff ich immer wieder meine eigenen zusammen und seufzte dann schlussendlich leise, als mir klar wurde, dass ich unter seinen Blicken niemals hätte etwas vortäuschen können. Ich drehte mich langsam auf den Rücken und öffnete schlagartig meine Lider, als ein Geräusch von ihm ausging, auf das ich erst nach mehreren Sekunden schließen konnte. Mehrere Eiswürfel klimperten leise in einem Glas und machten einem Schmunzeln platz, als er bemerkte, dass meine Aufmerksamkeit für eine kurze Weile bei diesen war.
"Wird das jetzt jeden Tag so sein?", murmelte ich leise und strich mir mit beiden Händen die Haare zurück. "Du weckst mich musikalisch und bist immer vor mir wach?"
Der Ältere rutschte etwas näher, wobei die Eiswürfel erneut gegen sein Glas schlugen und ihn wohl dazu animierten, einen Schluck aus diesem zu nehmen, ehe er erneut anfing zu summen. "Wie viel Uhr haben wir überhaupt? Ich bin sicher es ist noch nicht einmal hell draußen", murrte ich und setzte mich nach diesen Worten langsam auf. "Du weißt die Uhrzeit nicht?"
Seine plötzlich, fast schon erschrockene Stimme ließ mich etwas zusammenfahren und unschlüssig den Kopf neigen, als er noch etwas näher an mich heran rutschte und sich dann um seine eigene Achse drehte. "Schau doch einfach auf die Uhr. Sieh da vorn..." Er wie's wohl in irgendeine Richtung und ich brauchte einen Moment um überhaupt auf seine Aussage etwas erwidern zu können. "Ist das jetzt dein Ernst..?"
Irritiert runzelte ich die Stirn und hob, umso weiter er sprach, nur noch höher meine eigenen Augenbrauen. "Wie könnte es nicht? Die Uhr wird es dir verraten.. schau doch, wie schön sie aussieht. Sie leuchtet sogar in der Dunkelheit und-"
"Taehyung!", unterbrach ich ihn harsch und legte eine Hand auf seinen Oberschenkel, "Was wird das? Geht es dir nicht gut?" Der Ältere verfolgte meine Bewegungen und lachte dann leise auf, was mich vor lauter Verwirrung für einen kurzen Augenblick einfach nur sprachlos machte und genauso musste ich höchstwahrscheinlich auch ausgesehen haben, als er sich plötzlich zurück aufs Bett fallen ließ. Sein Rücken lag nun genau auf meinen ausgestreckten Beinen unter der Decke und wohl zum ersten Mal war ich mir nicht sicher, ob es sich gerade wirklich um den Mann handelte, mit dem ich vor wenigen Stunden noch eine Pizza gegessen hatte.
"Oh mir geht es wunderbar.. Dongsaeng", säuselte er unentwegt weiter und mir blieb fast der Mund offen stehen, aufgrund dieses abstrakten Verhaltens, durch das ich ihn fast nicht wiedererkannte. "Was ist?", fragte er dann überrascht und richtete sich wieder etwas aus seiner liegenden Position auf, was sein Gesicht näher an das meine bringen musste. "Gefällt es dir, wenn ich dich so nenne? Mh?" Sofort spürte ich wie die Hitze in meine Wangen schoss und saß dann tatsächlich mit leicht geöffnetem Mund über ihm, als er die Anrede erneut schmunzelnd und Silbe für Silbe für mich aussprach und sein warmer Atem gegen meine Stirn traf.
Beinahe sofort wich ich jedoch zurück, sammelte mich und drückte ihn danach an der Brust wieder auf meine Beine zurück, sodass er erschrocken aufkeuchte und die Eiswürfel im Glas erneut leise zu singen anfingen. Mit zusammengekniffenen Augen beugte ich mich diesmal zu ihm hinab und blieb abgeschätzt wenige Zentimeter über seinem Gesicht verweilen. Ich spürte seinen starken Herzschlag unter meinen Händen und konnte mir nur zu gut den überraschten Gesichtsausdruck vorstellen, was mich fast etwas triumphierte, hätte ich keine Mission gehabt.
Geduldig wartete ich, bis er endlich den Atem aus seinen Lungen entweichen ließ und presste beinahe sofort die Lippen zusammen, als der beißend scharfe Geruch meine Nase erreichte und mich dazu aufforderte, wieder zurück zu weichen und ihn damit loszulassen. Mit einem tiefen Seufzen fasste ich mir an die Stirn und funkelte streng in die Richtung des Älteren, als dieser sich schwerfällig aufrichtete und meinen Beinen wieder frisches Blut zustand.
"Du hast wieder Alkohol getrunken", stellte ich kühl fest und verschränkte die Arme vor meinem Brustkorb, da mir nun klar war, dass er dies öfter tun musste, auch, wenn dies nun kein Vergleich zum letzten Mal war. "Damals warst du zumindest noch klar bei Verstand.. wie viel hast du denn getrunken?!" Wieder verzog ich mein Gesicht und fragte mich im selben Augenblick, wie mir dieser Gestank vorher nur so lange entgehen konnte. Er umgab den Rothaarigen fast schon wie ein lang anhaltendes Parfüm und während er schweigend erneut an seinem Glas nippte, traf mich selbst der Geistesblitz und plötzlich war ich wacher denn je. Wie als hätte jemand einen Schalter in meinem Gehirn umgelegt überkam mich diese unerwartete Erkenntnis und ließ mich nun sogar tatsächlich etwas wütend werden.
"Gib mir sofort dieses Glas", zischte ich leise und wollte ihn gerade erneut festhalten, als jener jedoch blitzschnell vom Bett aufsprang und meiner Hand damit entfloh. Sein leises Schmunzeln verärgerte mich daraufhin verständlicher Weise nur noch mehr und als er dann auch noch leise murmelte: "Dann komm und hol es dir doch", biss ich aufgebracht die Zähne zusammen und schlug die Decke beiseite. Tief einatmend stieg ich ebenfalls aus dem Bett und kam ihm wütend entgegen, wodurch seine Schritte sich nun auch wieder in Gang setzten und sich von mir entfernten. Warnend murmelte ich leise seinen Namen und folgte ihm in die Mitte des Raumes bis ich schlussendlich genug hatte und stehen blieb. Auch mein Gegenüber hielt inne und schwänkte das Glas provozierend in seiner Hand, wodurch das Eis erneut helle Töne von sich gab und meine Nerven spannte. "Was ist? Willst du es doch nicht mehr?"
Ein tiefes Einatmen meinerseits schenkte mir wieder so viel innere Ruhe, so dass ich es schaffte meine folgenden Worte noch weitestgehend ruhig zustande zu bringen, was definitiv an hohe Kunst grenzte, wenn ich darüber nachdachte, wie wütend er mich mit diesem Verhalten machte.
"Taehyung. Entweder wirst du mir jetzt dieses verfluchte Glas geben..."
"Oder was?", unterbrach er mich langgezogen und hatte dabei solch ein Grinsen in der Stimme, dass ich mich wirklich zusammenreißen musste, nicht sofort auf ihn loszugehen. "Oder ich werde jetzt sofort diese Wohnung verlassen und auf der Straße nach einem Anhalter fragen, der mich zurück nach Busan bringt."
Dies ließ ihn schweigen; mich wiederum erwartungsvoll die Arme verschränken und auf eine Antwort warten. Als er jedoch nach mehreren Sekunden immer noch nichts sagte, setzte ich mich mit langsamen Schritten wieder in Bewegung und trat näher an ihn heran. Taehyung bewegte sich kein Stück und als ich schließlich vor ihm stehen blieb, hielt ich seinen Arm fest und entriss ihm das Glas, dessen Eis bei dem Ruck lautstark gegen das empfindliche Material klirrte. Danach drehte ich mich ohne weitere Worte wieder um und schätzte die Entfernung zum Schrank ab. Von dort aus ging ich dann geradewegs zum Eingang des Raumes und tastete mich an der Wand entlang den Flur hinunter, so dass ich schlussendlich das Badezimmer erreichte und die Tür aufdrückte. Gerade als ich den Klodeckel anhob und den Inhalt des Glases hinabspülte, kam mir der beißende Geruch der Flüssigkeit entgegen und ließ mich wirklich hinterfragen, wie er sich so etwas in den Rachen kippen konnte. Dieses Zeug rief praktisch danach, dass man lieber auf Abstand bleiben sollte und dementsprechend roch es auch.
Angewidert verzog ich das Gesicht und betätigte dann die Spülung, ehe ich wieder aus dem Bad hinaus trat und den Weg zurück über den Flur ging. Gerade als ich jedoch wieder abbiegen wollte, fiel mir etwas auf, was ich zuvor nicht bemerkt hatte. Die leise Musik, die die Atmosphäre schon die ganze Zeit begleitete, kam nicht aus dem Bad und auch nicht aus der Küche. Auch kam sie nicht aus dem eigentlichen Wohnbereich, was mich innehalten ließ und langsam dazu bewegte mich erneut umzudrehen und der Tür blind entgegen zu sehen, die vor wenigen Stunden noch verschlossen war. Zögernd ging ich einen Schritt auf die Töne zu und stoppte ruckartig, als ich spürte, wie mich jemand an dem Saum meines Shirts festhielt und davon abhielt einen weiteren Schritt zu tätigen.
Langsam, als würde ich immer noch meine Wut unterdrücken, drehte ich mich zu dem Älteren um und zog fragend die Augenbrauen in die Höhe, als ich einstig nur seinen Blick auf meiner Haut spürte. Er schluckte hörbar und schweifte kurz mit den Augen ab, ehe er sich erneut auf mich fokussierte und unsicher fragte: "Gefällt dir die Musik?" Ich legte etwas den Kopf schief und atmete tief ein, bevor ich meine Gedanken sammelte. "Meines Erachtens ist sie viel zu schön, um sie mit solch einer unschönen Erinnerung zu beschmutzen", teilte ich ihm meine Meinung zu dieser Nacht mit und wollte gerade an ihm vorbei gehen, um zurück ins Zimmer zu gelangen, als er mich wieder davon abhielt und mich am Arm zurück zog.
Erschrocken japste ich auf und wurde umso hektischer, als ich von jetzt auf gleich spürte, wie er seine Hände auf meinen unteren Rücken legte und mich so näher an seinen Körper heran zog. Völlig desorientiert stemmte ich meine eigenen Hände gegen seine Brust und versuchte dadurch etwas Abstand zwischen uns zu bringen. "Was soll das Taehyung..? Hör auf damit. Wir gehen jetzt ins Bett", versuchte ich weitestgehend meine Fassung zurück zu gewinnen und wollte mich gerade erneut von ihm lösen, als er mich nur noch mehr an sich heranzog und seinen Kopf hinab beugte, um diesen auf meiner Schulter ablegen zu können. Verwirrt und nun auch wieder etwas genervt seufzte ich angespannt und wäre fast gestolpert, als er sich langsam anfing mit mir zu bewegen und leise meinte: "Tanzt du vorerst mit mir.. Dongsaeng?"
Schon wieder diese Anrede, dachte ich stillschweigend und grummelte nur leise: "Du redest wirres Zeug, wenn du betrunken bist." Erneute Anstalten mich von ihm zu lösen tat ich jedoch nicht und legte seufzend meine Arme über seine Schultern, was dem Älteren ein zufriedenes Brummen entlockte und mir eine Gänsehaut bescherte, als sein warmer Atem über die Haut an meinem Nacken fuhr. Seufzend lehnte ich meine Stirn gegen seine Brust und passte mich seinen Bewegungen an, was nicht besonders schwer schien, da wir uns eigentlich nur langsam schwankend im Kreis bewegten. Der beißend süßliche Geruch des Alkohols benebelte kurzweilig meine Sinne und verklebte die reine Luft des Raumes, als wir uns wie in Zeitlupe zu den sanften Tönen bewegten.
"Darf ich dir etwas über Schwäne erzählen?", erhob er dann plötzlich wieder seine Stimme und murmelte in meine Schulter hinein, was mir einen erneuten Schauer am ganzen Leibe bescherte. Ich schluckte leise und seufzte daraufhin, da mich meine Verwirrung mehr müde machte, als dass diese mich irgendwie voran bringen würde. "Ich glaube, ich weiß nicht einmal wie Schwäne aussehen, Tae."
"Oh, es ist ein wundersames Geschöpf", seufzte er verträumt und ich schloss für einen Moment meine Augen, während ich seinen schnellen Herzschlag deutlich unter meiner Stirn spüren konnte. "Weiß wie der Schnee oder Schwarz wie die Nacht wird sein Federkleid von Wind und Wellen gestreift. Jede seiner Bewegungen..."
Seine Stimme wurde immer leiser und erlosch irgendwann völlig, womit unsere Regung auch stockte und die ganze Situation sich mit einem Mal aus ihrer Ruhe entfernte. Die Anspannung entwich unvorhergesehen aus seinem Körper, wodurch seine Beine langsam nachgaben und er sich Stück für Stück in meinen Armen hängen ließ. "Oh nein nein nein, Taehyung! Hey!", versuchte ich ihn verzweifelt zu halten doch war er viel schwerer als ich, was schlussendlich dazu führte, dass wir beide wie Klappstühle zusammenbrachen und dem Boden des Flures Gesellschaft leisteten.
Sofort war ich wieder hellwach und schob seinen Körper mühselig von mir, was er nur murrend quittierte und meine Nerven wieder zum zerreißen brachte.
Gereizt stand ich vom Boden auf und stemmte die Arme mit einem missmutigen "Okay, jetzt reichts mir" in die Seiten. Sofort schreckte er auf und schien sich offensichtlich aufzurichten, als ich um ihn herum lief. "Geh bitte nicht! Bleib bitte in der Wohnung", flehte er leise und ich verdrehte nur seufzend die Augen, ehe ich meine Arme unter den seinen anlegte, um seinen Oberkörper zu umschließen.
Mühselig versuchte ich mich rückwärts zu bewegen und schleifte den Größeren hinter mir her, was mich wirklich alle Kraft kostete, die ich in jenem Moment aufbringen konnte. "Wenn das meine Mutter sehen würde..", murmelte ich eher kopfschüttelnd zu mir selbst und biss die Zähne zusammen, als ich den Trunkenen das letzte Stück ins Zimmer zog und schlussendlich schwer atmend los ließ, als ich mit meiner Kehrseite gegen den Bettpfosten stieß. "Steh auf und leg dich jetzt ins Bett. Ich habe nicht die Kraft, um dich hochzuheben."
Meine Stimme duldete keinerlei Widerspruch und zeigte Wirkung, denn er schien sich ganz offensichtlich tatsächlich langsam und schwerfällig aufzuzwingen und schleifte zum Bett, als hätte ich ihn aus einem tausendjährigen Schlaf geweckt.
Das leise Knarzen der Matratze erfüllte für einen Moment den Raum und ich setzte mich wenig später ebenfalls in Bewegung, ehe ich mich auf dem Möbelstück niederließ. Erleichtert, dass wir uns nun endlich wieder im Bett befanden, versuchte ich es zumindest positiv zu sehen, dass wir uns schon vor den Pizzen etwas weitaus Gemütlicheres angezogen hatten und ich ihm nicht jetzt auch noch dabei helfen musste.
Er saß immer noch aufrecht neben mir. Dies versuchte ich aber einfach zu ignorieren und zog die Decke langsam über unsere Unterkörper, was seinen starren Blick kurz von meinem Seitenprofil entfernte. Erst dann wandte ich mich wieder zu ihm und verschränkte leicht die Arme vor dem Oberkörper, als seine Augen wieder meine Haut in Fokus nahmen und an mir hinab glitten.
Eigentlich wollte ich einfach nur noch schlafen, jedoch lag mir auch noch etwas auf dem Herzen und ich wusste, dass jetzt die beste Gelegenheit dafür war. "Nun bin ich an der Reihe", sagte ich entschlossen und nickte in seine Richtung, als er kurzweilig seinen Blick von mir nahm, jedoch zu neugierig war, um diesen allzu lange von mir entfernen zu können.
Dadurch, dass ich mich noch ausgezeichnet an unsere damalige Unterhaltung erinnern konnte, schwebten seid geraumer Zeit immer noch seine Worte in meinem Kopf umher, die er an mich gerichtet hatte, als ich das erste Mal den Alkohol an ihm wahrnahm. Ich gab zu, es war schon etwas dreist ihn auf diese Art und Weise zu fragen und dennoch sah ich nun die beste Gelegenheit.
Meine Arme rutschten ein klein wenig aus ihrer verschränkten Haltung und ich atmete nochmals tief ein, ehe ich die Worte über meine Lippen brachte, die mir schon seit einer geraumen Zeit auf diesen brannten.
"Wie alt bist du, Tae?"
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