11 ༄
Hätte meine Mutter nicht um 10:00 Uhr die Tür geöffnet und mich zum Frühstück gerufen, wäre ich wahrscheinlich noch ewig im Land der Träume verblieben.
Langsam setzte ich mich auf und fuhr mir durchs wilde Haar, bis ich mich schließlich an den gestrigen Abend erinnerte und mit den Händen die Kopfhörer ertastete. Am liebsten hätte ich mich wieder in der Decke verkrochen und auf Play gedrückt, um Katniss weiter auf ihrem Abenteuer begleiten zu können. Schlimm war nur, dass meine Mutter mich zu gut kannte und ein: "Jeongguk. Soll ich nochmal hochkommen..?", ihrerseits reichte, um mich vollständig aus dem Bett zu kriegen.
Als ich mich wenig später schmollend und gähnend an den Tisch setzte, stieg mir bereits der Geruch von duftendem Kakao und warmen Croissants in die Nase.
Vielleicht war aufstehen ja doch keine so schlechte Idee gewesen.
"Warst du noch lange auf?", fragte die eben Genannte zwischen zwei Kaffeeschlücken und traf damit wohl voll ins Schwarze. Mein Vater lachte leise. Ich hörte wie er seine Tasse abstellte und die Zeitung umblätterte. "Das fragst du noch? Der Junge hat gestern ein neues Hörbuch bekommen. Da wäre es glatt ein Wunder, wenn er jetzt ausgeschlafen hier sitzen würde."
Der liebevoll, neckende Ton in seiner Stimme war kaum zu überhören und entlockte mir ein leichtes Grinsen. Das erste in jener Woche.
Ich hatte zwar keine Ahnung wie meine Mutter ihn wohl gerade ansehen musste, konnte es mir aber denken, was mich nur noch mehr zum Schmunzeln brachte.
Der Rest des Frühstücks verlief relativ ruhig. Das einzige Geräusch, was ab und an zu hören war, war das dünne Zeitungspapier, welches mein Vater umblätterte.
Ich hatte wirklich keine Ahnung wieso er in solchen Dingen noch so altmodisch war. Statt sich jedes Mal eine neue Zeitung zu besorgen, könnte er auch einfach all die Nachrichten und noch viele weitere auf seinem Smartphone nachlesen. Das wäre zum einen viel praktischer und sicher auch um einiges gemütlicher.
Ich dachte eine Weile darüber nach, ehe meine Mutter anfing mich anzusprechen.
Bis ich bemerkte, dass sie mit mir redete, waren ebenfalls wieder einige Sekunden vergangen, in denen ich wohl nur stumm, in Gedanken versunken, durch die Gegend gestarrt haben musste.
"Wegen meiner Beförderung vor zwei Wochen, sind dein Vater und ich heute Abend auf ein Geschäftsessen eingeladen worden." Sie stoppte kurz und wartete wohl, damit ich ihr meine vollste Aufmerksamkeit schenkte. "Wäre es daher in Ordnung, wenn du heute Abend für eine gewisse Zeit alleine wärst?"
Ich legte den Kopf etwas schief, ehe ich ihr antwortete. "Mum ich werde nicht verhungern, nicht verdursten und Windeln trage ich schon lang nicht mehr. Also ja. Ich denke, ich werde das schon verkraften." Meine Stimme triefte nur so vor Ironie, doch entweder schien sie dies gar nicht wahrzunehmen oder sie ignorierte es gekonnt.
Ich wusste es nicht. Aber in jenem Moment war es mir auch egal.
Das Einzige an was ich dachte war das Meer, welches ich heute wieder besuchen gehen konnte, ohne dass ich Angst haben musste, dass meine Eltern in mein Zimmer kommen würden, wenn ich weg war.
Ja, das Meer, die Wellen und-
Ich stoppte plötzlich im nächsten Gedankengang und hörte nur noch den klirrenden Klang des Messers, welches aus meiner Hand rutschte und auf den Teller schlug. Wie aus dem Nichts war der vergessene Gedanke von gestern wieder in meinem Kopf. Er durchflutete mich, wie die Brandung in stürmischen Nächten und machte mich gleichermaßen nervös.
Ich hatte es tatsächlich vergessen.
Tragisch stöhnte ich auf und vergrub meine Finger in meinen ohnehin schon zerzausten Haaren. Ich war so ein Idiot! Wie konnte ich ein Treffen vergessen, welches ich eigenständig angezettelt hatte?!
Ich biss mir auf die Unterlippe und schüttelte auf die besorgten Fragen meiner Eltern nur den Kopf. Das Letzte was ich jetzt gebrauchen konnte, war durchlöchert zu werden. Ich trank meine Tasse leer und verließ dann ohne ein weiteres Wort, so schnell wie möglich die Küche.
Mein äußeres Schweigen verriet nichts über das gewaltige Unwetter, welches in mir zu brodeln begann.
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