8. Kapitel
Legenden! Das einzige was die Menschen noch über die Meerjungfrauen wussten, hielten sie für Legenden! Wütend stampfte Aereva durch ihr Zimmer. Eigentlich hatte sie erwartet, dass die Verschmutzung der Meere ein perfider Plan war, um ihr Volk auszulöschen. Das sie sie aber einfach vergessen hatten machte es noch schlimmer.
,,Vergessen! Pah", grummelte sie. Ihr Blick viel wieder auf den Garten nur wenige Meter unter ihr. Sie konnten also auch anders. Die Meere verschmutzt, Lebensräume zertört, ihr Volk getötet und alles nur weil die Menschen so dumm waren!
In ihrer Wut stieß sie ein seltsames Gerät um und fragte sich, wie die Menschen es wohl finden würden, wenn sie einfach alles zerstören würde, so wie sie ihre Heimat zerstörten. Dann jedoch kam schon ein aufgeregter Krankenpfleger - den Sinn von diesem Job blieb Aereva immer noch verschlossen - ins Zimmer und sah sich erschrocken um. Als er Aereva über dem umgestürzten Gerät sah, beruhigte sich sein Blick ein wenig.
,,Sie sollten nicht so viel rumlaufen, oder wenigstens Ihre Krücken nehmen", sagte er und wollte Aereva helfen auf ihr Bett zurück zu kommen. Was dachte er bitte?! Das sie ausversehen dieses Ding umgeschubst hatte?!
,,Nun bleiben Sie aber bitte liegen, in ein paar Minuten kommen ein paar Polizisten, die Sie gern befragen würden."
Polizisten, das Wort hatte Aereva vor einer halben Ewigkeit schonmal in einem Buch gelesen. Wenn sie sich recht erinnerte, waren das Beamte - was auch immer das wieder waren - die für die Sicherheit einer Stadt zuständig waren. Auch das Meervolk hatte ein Sicherheitsteam und deren Chefin war gerade in irgendeiner anderen menschlichen Stadt.
Jedoch machte das Auftauchen dieser Polizisten Aereva ein wenig Sorgen. Soweit sie wussten, hatte jeder Mensch eine Kartei, die die Polizei hatte, wenn sie jetzt also bei diesen Kartein gucken würden, und niemanden fänden, der ihr ähnlich sah...?
Sie hatte zwar ihre grünliche Haut und die Schuppen verloren und hatte diese ekelhaft ungesund aussehende rosa Haut bekommen, aber da, wo früher ihre Kiemen waren, prankten jetzt riesige Narben, ihr Haar war immer noch weiß-blond, was mehrer Leute schon veranlasst hatte zu fragen, ob sie gefärbt seien. Was auch immer das heißen sollte.
Kurz bevor die Polizisten zu ihr kamen, entschloss die Meerjungfrau zu fliehen. Es hatte keinen Sinn weiterhin auf Amnesie zu tun, wenn sie demnächst mit ihrem König in Verbindung treten wollte, dann musste sie versteckt bleiben. Vor diesen Beamten und vor jedweder Kartei. Sie musste jetzt unter dem Radar fliegen.
So schlich sie sich aus ihrem Zimmer in den langen Flur, betrat eine Tür auf der in großen Lettern 'Privat' stand und nahm sich eine der seltsamen Uniformen, in denen diese Krankenpfleger den ganzen Tag rumliefen. Kurz fragte sie sich, ob alle Menschen so rumlaufen, dann fiel ihr ein, dass Dr. Nekenhoff irgendeinen weißen Umhang über...anderen Sachen getragen hatte.
Mit selbstbewusstem Gang lief sie kurz darauf in dieser seltsamen blaue Kleidung an Dr. Nekenhoff vorbei, die sich gerade mit zwei weiteren Menschen unterhielt. Auch sie hatten blaue Uniformen, aber auf denen stand Polizei.
Es war das erste Mal, dass Aereva das Haus verließ, seit sie hier war und sobald sich die große Tür vor ihr öffnete - sie hatte sich schon daran gewöhnt, dass das automatisch passierte - und sie endlich wieder die ungeschützte Sonne auf ihrer Haut spürte, spürte sie, dass sie ein Stück näher an ihrem Zuhause war.
Niemand beachtete sie während sie über den ebenen Weg aus seltsam geformten Stein aus dem Gelände herausfolgte.
Kein Buch hätte Aereva auf das vorbereiten können, was sie in der Menschenwelt erwartete. Davon mal abgesehen waren die Bücher, die das Meervolk über sie hatten veraltet, wie Aereva bald zugeben musste.
Die Welt hatte sich in den letzten Jahrhunderten sehr stark verändert und obwohl die Stadt nah am Meer war, hatte das Meervolk immer noch das altertümliche Bild von festen Straßen, die sich in riesigen hässlichen Schlangen über jedes bisschen Natur legten. Die Wahrheit war aber, dass die Menschen schon einige Schritte weiter waren. Die Stadt lag nicht mehr wie damals auf festem Boden auf - dieser Boden wurde sogar in einer teuren Aktion komplett entfernt - und ließ somit einen freien Blick auf das Wasser Meilenweit unter Aereva. In langen Linien schlängelten sich die Straßen wie von einer unsichtbaren Kraft gehalten durch die Lüfte, bildete Knoten und löste sie wieder. Die Massen an Autos darauf, sahen für die Meerjungfrau immer noch aus, wie hässliche Kisten, aber in Wahrheit wurden sie immer weiter an aus der Natur bekannten aerodynamischen Formen angepasst und legten innerhalb weniger Sekunden mehrer Kilometer zurück. Staus, die vor wenigen Jahren noch die Straßen beherrscht hatten, gab es nicht mehr.
Viele Häuser waren mit riesigen Wasserfällen geschmückt, die einem einfach nur den Atem raubten. Wenn man hinunter auf das Wasser im sogenannten Becken sah, sah man auch meherer hundert Regenbögen, die der Stadt mehr Farbe gaben, als Aereva es eigentlich für möglich gehalten hatte.
Nicht wenige der großen Tower, in denen die Menschen arbeiteten, gaben auf ihren Dächern großartige Lichtershows, die jemand so weltenfremdes wie Aereva nie als Werbung hätte identifizieren konnte. Leise rauschte ein Zug rechts von ihr vorbei, während sie mit offenem Mund da stand.
Das Einzige, was hier fehlte war Natur.
Aereva war gleichzeitig fasziniert und verstört von dem Bild, was sich ihr bot. Sie genoss die Frabenpracht - vor allem das Rot, dass es kaum Unterwasser gab - aber rümpfte auch gleichzeitig die Nase, ob der Abgase. Sie spürte die warme Sonne auf ihrem Gesicht und bemerkte gleichzeitig, wie die meisten Menschen mit riesigen Händen voll Essen ihren Körper zerstörten. Sie genoss das Lachen der Kinder, dass durch die nur leisen Geräusche der anderen Dinge zu hören war, sah aber gleichzeitig die riesigen Bürogebäude zu denen ab und zu ein kleines Kind auf sah, in der Hoffnung Mama oder Papa durch das Fenster zu sehen. Und da wurde ihr eines klar: Die Menschen zerstörten nicht nur andere Völker sondern auch sich selbst.
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