Kapitel 6
Edmund's Sicht
Die Sonne stand schon hoch am Himmel, als ich von alleine wach wurde. Vollkommen ausgeruht, zog ich meine frischen Sachen an und schlenderte los, um Althea zu suchen. Wir sollten uns vertragen und besprechen, wann wir abreisen sollten - weiter gen Edoras. Ich lief das ganze Dorf ab, fand sie aber nicht. Ein ungutes Gefühl beschlich mich. Der Blick in den leeren Stall von Butterblume bestätigte meine düstere Ahnung. In mir herrschte die reinste Unruhe, um nicht zu sagen Panik. Eine Frau druckste merkwürdig herum während sie auf mich zukam.
„Mein König ... sie ist heute morgen sehr früh abgereist." Ich erstarrte einen Moment. „Ihr wisst wer ich bin?" fragte ich ungläubig. „Alle Bewohner wissen, dass ihr unser neuer König seit. Verzeiht wenn ich das so sage ... doch gehe ich richtig in der Annahmen, dass eure Heilerin nicht weiß, wer ihr seit?"
Ich nickte kurz. „Macht mir Euer schnellstes Pferd fertig! Packt meine Sachen und Proviant!" schrie ich den Befehl über den Platz und eilte in meine Hütte. „Du – mitkommen!" blaffte ich einen Knaben an. Sofort setzten sich alle in Bewegung, um meine Wünsche auszuführen. Der Junge half mir beim Anlegen meiner Rüstung. Fertig, in voller Montur, öffnete die Frau die mir von Altheas Aufbruch berichtete die Tür und deutete auf das bepackte Pferd. „Herr sie ritt in diese Richtung! Ihr werdet vermutlich wenn die Sonne untergeht an einer Gabelung kommen ... nicht die Erste in eurem Leben ...." Sie schloss die Augen und atmete durch. War sie eine Seherin?
„Was meint Ihr damit?" fragte ich ungeduldig. Lächelnd sah sie mich an, während ich auf den Hengst aufsaß. „Ihr könnt Euer Schicksal selbst bestimmen Herr ... wählt den linken Weg, wenn ihr Althea folgen wollt. Wählt den Rechten, wenn ihr nach Edoras und zu Eurer Verlobten wollt."
Die Information reichte mir. Ich trieb mein Pferd an und ritt ohne Rast. Althea's Pferd hinterließ spuren in der Erde, woran ich erkennen konnte, dass ich ihr auf der Fährte war.
Meine Kräfte waren am Ende und die Sonne ging unter. Entgegen aller Vernunft ritt ich weiter. Auch mein Pferd schnaubte verdächtig. Mit den letzten Sonnenstrahlen erreichte ich die Gabelung. Von nun an ging ich zu Fuß weiter, da ich den Weg vom Pferd aus nicht erkennen konnte und das zu gefährlich war.
Ich musste so weit laufen, bis ich ein Feuer entdecken würde. Althea brauchte die Wärme, doch genau das würde sie verraten.
Es dauerte gefühlt eine Ewigkeit, bis ich in der Ferne ein Licht ausmachen konnte. Ich blieb einen Moment stehen und trank Wasser. Mein Pferd suchte sofort nach saftigen Gras als es die Gelegenheit hatte. „Komm schon Großer. Wir sind gleich da."
Schnaufend, Schritt um Schritt, lief ich nur von einem getrieben dem Ziel entgegen - Althea.
Lautes stöhnen war zu vernehmen. Es war eindeutig die geplagte Stimme der Heilerin. So schnell mich meine Füße trugen, rannte ich zu ihr. Mein Pferd ließ ich einfach stehen – es würde schon irgendwann zu der Stute trotten.
„Althea!" rief ich in die kleine Halbhöhle hinein. Zusammengekauert lag sie am Boden, stöhnend vor Schmerzen. Erstaunt sah sie mich an. „Edmund ...." fragte sie ungläubig.
Ich kniete mich zu ihr auf dem Boden. „Ist es das Kind?" fragte ich sorgenvoll. Traurig sah sie mich an. „Es wird eine Fehlgeburt." klärte sie mich auf. Ich fühlte einen Stich in meinem Herzen. Sie sollte nicht leiden und vor allem nicht solch einen Verlust erleiden. Ich nahm sie in den Arm, was sie sich ohne weiteres gefallen ließ. „Es tut mir so leid. Wie kann ich dir helfen?"
„Hilf mir die Fehlgeburt durchzustehen." bat sie mich schwach. „Ich tue alles." versicherte ich ihr.
Ich gab ihr Wasser zu trinken, was sie dankbar annahm. „Das ist nicht die Erste." fing ich an zu begreifen. Althea hielt sich den Bauch und versuchte sich aufzurappeln. Ich hob sie quasi hoch und sah sie erwartungsvoll an. „Sag was ich tun soll!"
„Das war in der Tat nicht meine erste Fehlgeburt. Am schnellsten geht es, wenn ich stehe ... ich fühl mich so schwach Edmund." Sie hielt sich an meinem Oberarm fest und ich stützte sie. Sie begann sich das Kleid auszuziehen, was vollkommen von ihrem Schweiß durchtränkt war. Zwischen ihren Beinen klebte unglaublich viel Blut. Ich erschrak und mein Atem stockte. Es sah schlimmer aus, als auf einem Schlachtfeld. Ich sah sie schon mal nackt, doch ihr Körper sah in diesem Zustand bedauernswert aus.
Althea lehnte ihren Kopf an die Felswand. Sie wirkte, als würde sie gleich zusammenbrechen. Ich stellte mich hinter ihr und hielt sie fest. Meine Rüstung schaffte eine gewisse Distanz, doch sie brauchte meine Nähe. Ich bemühte mich, schnell meinen Harnisch abzulegen, blieb aber immer hinter der leidenden Frau, falls sie schwächer werden würde, um sie zu halten. Gerad zog ich mein Hemd aus, als ein besonders lautes Stöhnen ihr entwich. Ihre Kraft schwand. Schnell packte ich sie mir und hielt sie fest. Nach der Welle der Schmerzen kehrte ein Moment Ruhe ein. Sanft strich ich ihre langen Haare aus dem Gesicht und band sie hinten zu einem Pferdeschwanz zusammen.
Ihre Hände lagen auf ihrem Bauch. Ohne genau zu wissen, was ich tat, legte ich ebenfalls eine Hand darauf - sie ließ mich gewähren.
„Es tut mir so leid." sprach sie zu ihrem Kind und presste laut schreiend so fest sie konnte. Ich schrie mit ihr mit und hielt sie fester in meinen Armen denn je. Ihr Schmerz war auch mein Schmerz - sie war nicht allein damit und sollte die Last nicht alleine Schultern.
Ein gewaltiger Schwall an Blut und anderen Bestandteilen klatschte zu Boden. Sie legte ihren Kopf nach hinten auf meine Schulter. Ihr bleiches Gesicht schaute nach oben. Ihre Lippen bebten und ihr Körper zitterte. Althea holte tief Luft, wie ein kräftiger Atemzug eines Neugeborenen.
„Ist es überstanden?" fragte ich sie sanft. Erschöpft nickte sie leicht. Ich gab ihr einen Kuss auf die Wange. „Es tut mir so leid, dass du es verloren hast! Du wärst eine wundervolle Mutter."
Tränen liefen ihr über die Wange.
„Er hat mich vergewaltigt ... so ist die Schwangerschaft entstanden." hauchte sie sehr leise.
In mir brodelte es gewaltig, den Verdacht hatte ich schon länger aber das ausgesprochen zu hören ... . Sie bedeutete mir so viel... mehr als ich mir eingestehen vermochte.
„Sollte er noch leben, bringe ich ihn um!" schwor ich ihr.
Althea lächelte schwach und sah mir mit vielen Tränen in die Augen. „Ich kann nicht mehr zurück ... diese Ehe bedeutet mein Untergang." stellte sie fest. „Das werde ich nicht zulassen!" Mein Herz schlug wie wild. Geleitet von meinen Gefühlen küsste ich ihre Lippen. Das war merkwürdig ... sie stand oder lag fast, nackt, nach einer Fehlgeburt in meinen Armen, verletzt und voll mit Kummer mit ihrem Blut zwischen den Beinen und ich küsste sie einfach. Sofort nach dem es geschah entschuldigte ich mich ausgiebig.
„Es tut mir leid – das hätte ich nicht tun sollen."
„Nein ... das wollte ich schon lange." gab sie ehrlich zu . Ich grinste und konnte nicht widerstehen, ihr noch einen kurzen, sanften Kuss zu geben. Zugegeben brachte ich mich selbst damit in einer schwierigen Lage. Doch diesen Gedanken schob ich zunächst weit beiseite. Ich nahm sie auf meinen Arm und trug sie nah ans Feuer. Vorsichtig legte ich sie ab. Althea befand sich zwischen wach und bewusstlos, sie musste dringend schlafen.
„Edmund..." ich brachte sie zum Schweigen und deckte sie zu. In der nähe gab es einen Bach. Es war riskant im dunkeln danach zu suchen, doch ich musste es tun, um ihr zu helfen. So kehrte ich mit frischem Wasser zurück und begann sie zu waschen. Liebevoll tupfte ich ihr Gesicht sauber – ihre Tränen weg und streichelte ihre Wange. Tief im Innersten wusste ich, was mit mir los war, doch ich durfte das nicht zulassen. Zuhause erwartete mich eine Verlobte ... . Ich wusch auch den Rest von Altheas wunderschönen, geschundenen Körper. Sie sollte nicht aufwachen und gleich an die Strapazen der letzten Nach erinnert werden – das angetrocknete Blut auf ihren Oberschenkel ließ sich schwer entfernen, doch mit etwas Geduld schaffte ich es. Narben zierte ihren linken Oberarm und auf ihrer linken Gesäßhälfte – wo hatte sie die nur her?
Die Überreste ihrer Schwangerschaft entfernte ich und verbrannte sie. Erschöpft und müde von den Ereignissen der Nacht wusch ich noch mich und das Kleid von Althea. Ich positionierte mich hinter der schlafenden Heilerin und legte einen Arm um sie. Ließ sie meine Nähe zu weil sie jetzt am verwundbarsten war? Zurecht war sie Männern gegenüber sehr zurückhaltend und scheu. Ihr eigener Mann hatte sich ihrer bedient – gewaltsam, gegen ihren Willen. Der Gedanke daran machte mich wahnsinnig wütend. Insgeheim hoffte ich, dass er noch lebte, damit ich ihn zur Rechenschaft ziehen konnte.
Der Schlaf holte mich und es war schön neben der Frau wieder aufzuwachen. Sie lag mir zugewandt, mit ihrem Kopf auf meiner Brust geschmiegt. Ein innerer Kampf tobte in mir ... genau jetzt stand ich sinnbildlich an der Gabelung. Es gab zwei Wege, einer riskanter als der nächste . Lange lag ich noch so da, doch eigentlich kannte ich meinen Weg.
Vorsichtig und mit großem Bedauern, legte ich sie auf die Decke und erhob mich. So leise wie möglich zog ich mich an und machte mich auf dem Weg. Mit klopfenden Herzen warf ich noch einmal einen Blick zurück.
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