IZAIAH
𝕭evor er sich von seinem markerschütternden Weckruf hatte erholen können, saß Izaiah plötzlich schon mit Vivien, Camille und einer Fremden im schwarzen Geländewagen des Teams und rieb sich benommen den Schlaf aus den Augen. Vivien und er mussten sich auf der Rückbank praktisch gegen die Türen quetschen, um die noch feuchten Blutflecken im Sitzpolster zu meiden.
Noch war er sich nicht sicher, ob es eine kluge oder eine außerordentlich dumme Entscheidung gewesen war, nicht zu ihm ins Schlafzimmer zu gehen. Wenn er sich nur vorstellte, wie er aussehen musste, um diese riesigen Flecken zu verursachen, oder sich an diesen Ausdruck auf Viviens blassem Gesicht erinnerte, hämmerte sein Herz mit einer zerstörerischen Kraft in seiner Brust, die selbst ihn einschüchterte.
Er tat sein Bestes, nicht zu lang auf das Polster zu starren. Es gab nichts, was er jetzt noch für Moth tun konnte, außer diesen Fall so schnell wie nur möglich zu lösen.
Und beten.
Auf der dunklen Rückbank des SUV, während jeder mit seinen eigenen Gedanken zu beschäftigt schien, um ihn dabei zu sehen, faltete er das erste Mal seit Jahren die Hände.
Hey. Ich bin's, Izaiah. Erkennst du mich noch? Also... Ich weiß, ich hab mich lang nicht gemeldet. Aber diese Beziehung geht in beide Richtungen, weißt du? ... Bitte, wenn du mich hörst, dann zeig es mir doch endlich. Zeig mir, dass du irgendwo da oben bist. Du kannst ihn doch nicht einfach sterben lassen. Nicht Moth. Lass ihn das einfach überstehen. Und wenn nicht für mich, dann für Sahra und Cam und die anderen. Lass ihn das überstehen und ich komm zurück zu dir. Deal?
Arbeitsunfälle waren in dieser Einheit an der Tagesordnung. Eine Zeit lang waren sie schließlich die erste und einzige Einheit in den Staaten gewesen, die sich auf übernatürliche Verbrechen spezialisierte, und auch jetzt leitete die Polizei jeden Fall aus Nevada und Umgebung zuerst an sie weiter. Tatsächlich war eine Woche ohne Vorfälle, die mehr als ein Band-Aid benötigten, schon ein Anlass zum Feiern.
Normalerweise war es aber Izaiah, der mit weitem Abstand diese Statistik anführte. Als Muskelpaket des Teams, wie ihn alle liebevoll bezeichneten, hatte er in vier Jahren schon mehr Türen eingetreten und Schlägertypen unschädlich gemacht, als er zählen konnte, und noch mehr angeknackste Rippen, Gehirnerschütterungen und Kugeln weggesteckt. Bei einem Einsatz in Carson City vor ein paar Monaten hatte ein Geist für ganze 35 Stunden Besitz von ihm ergriffen. Junis wollte immer noch nicht locker lassen, ihn ständig daran zu erinnern. ("Wenn ich sage, wir fassen das alte und wahrscheinlich verfluchte Buch besser nicht an, was machen wir dann? Genau, wir fassen das verdammte Buch nicht an. Nicht wahr, Izaiah?")
Aber so weit war es noch nie gekommen. Noch nie.
Das Blut war noch da, eine dunkle Pfütze auf dem nassen Asphalt, doch mittlerweile schon geronnen und gummiartig, wie er feststellen musste, als er ausversehen hineintrat.
Er sammelte alle seine Willenskraft, nicht zu würgen, und warf stattdessen einen verstohlenen Blick zu Cam und Vivien, die einen großen Bogen um diese Stelle zu machen schienen.
Das war wohl auch eine bessere Idee, dachte er, und stellte lieber mit ihnen zusammen den Weg nach, den sie gegangen waren. Um in diesem Fall voranzukommen, mussten sie alle jetzt einen klaren Kopf bewahren und jeden möglichen Beweis so gründlich und neutral wie möglich protokollieren und bewerten. Dabei würde es ganz sicher nicht helfen, darüber nachzudenken, dass Moth in diesem Blut gelegen hatte, oder daran, dass er genau hier gestorben war, wirklich gestorben-
Na toll, das hatte ja wirklich wunderbar geklappt.
Izaiah biss die Zähne fest aufeinander, bis sein Kiefer schmerzte. Das hier war nur ein Tatort von vielen, von fast einhundert, um genauer zu sein. Eine Hand ließ er über seinem Revolver ruhen, während er sich auf der dunklen Straße umsah, obwohl er schon immer lieber auf seine Fäuste vertraut hatte.
Verlassen und verwahrlost, ganz wie Cam und Vivien berichtet hatten. Das Licht seiner Taschenlampe glitt über ausgeblichenes Grafitti an bröckelnden Wänden und bedrohlich schiefe Türme von Müll vor den Hauseingängen. Dreckige Jalousien verhängten die wenigen noch intakten Fenster.
"Hier," sagte Vivien. Sie stand am Eingang eines Hauses, das sich wohl ganz knapp den fragwürdigen Titel 'am wenigsten zerstört' verdiente. "Hier habe ich sie noch gesehen. Bestimmt hat sie uns kommen gehört und uns aufgelauert."
"Die Anruferin hatte sie eigentlich zwei Straßen weiter gemeldet," ergänzte Camille. "Sie soll hier herumgeschlichen sein."
Gerade ging Izaiah zögerlich auf den toten Vampir zu, als ein Paar Scheinwerfer ihn plötzlich in sein kaltes Licht tauchte. Ein dunkler Leichenwagen kam kurz vor der Gasse lautlos zum Stehen.
"Endlich. Die Gerichtsmediziner," erklärte Camille, und ging langsam auf das Auto zu, als die Fahrer keine Anstalten machten, auszusteigen.
Eine junge Frau mit flammend roten Locken, die sogar Izaiah neidisch machten, rollte schließlich das Fenster herunter. Der Beifahrer, ein älterer schwarzer Mann, lehnte sich über sie hinweg aus dem Fenster, sah sich auf der Straße um. "Ist es sicher?", fragte er skeptisch.
Camille hob die Jacke und offenbarte ihren Gürtel mit dem nachgeladenen Revolver, dem Pflock und zahlreichen anderen kleinen Utensilien, über die Izaiah schon längst den Überblick verloren hatte. Es war wohl einfacher, zu fragen, welche Waffe gegen übernatürliche Wesen sie nicht bei sich führte. "Wir wissen, was wir tun."
Offenbar beruhigt stieg der Arzt doch aus und schüttelte ihre Hand. "Doctor Everett. Das ist meine Praktikantin Freya." Die Angesprochene winkte ihnen mit einem schlecht unterdrückten aufgeregten Grinsen zu. Sie erinnerte ihn an Moth, als er vor fast drei Jahren in der Einheit angefangen hatte, voller Eifer und Tatendrang. Und daran, wie er sich anfänglich wirklich bemüht hatte, so zu tun, als würde er diesen Spitznamen hassen, den Izaiah ihm gegeben hatte.
"Ich hoffe, Sie haben Verständnis für unsere Vorsicht," sagte Everett und riss ihn aus seinen Erinnerungen.
"Mehr, als sie denken... Agents Camille Ruiz und Vivien Park, das ist unsere Einheit für übernatürliche Verbrechen."
Still beobachteten sie die beiden Mediziner bei ihrer Arbeit, die von einer routinierten Mühelosigkeit geprägt schien, als wären sie schon viele Jahre ein Team. Erst, als sie schon dabei waren, den Reißverschluss des schwarzen Leichensacks zuzuziehen, hielt Izaiah sie mit einer Geste auf.
"Sekunde- Was denkt ihr, warum sieht sie so aus? Warum sehen sie alle so aus? Als würden sie schon..."
"Verwesen?", fragte Doctor Everett. "Ich denke, das tun sie, so viel zeigt sich zumindest bisher in den Obduktionen, wenn wir mal zu solchen kommen. ...Die ganze Existenz eines Vampirs besteht doch im Grunde darin, durch das Blutsaugen dem Tod davonzulaufen. Jetzt holt er sie doch ein. Niemand steht über dem Lauf der Natur, schätze ich." Er zuckte mit den Schultern und hievte mit der Praktikantin zusammen den Sack in den Wagen. "An sich keine schlimme Sache, wenn Sie mich fragen. Nur unglaublich ärgerlich, wie viele Unschuldige zu Kollateralschäden werden."
Moth war also ein Kollateralschaden? Ein Blick zu den Anderen verriet Izaiah, dass diese ähnlich wenig begeistert von dieser Antwort waren. Am wenigsten wohl die Vampirin - Parker? Pierson? Er war wirklich schrecklich mit Namen - die sich die ganze Zeit schon etwas abseits in der Dunkelheit hielt und den Mann düster anstarrte.
Unbeirrt knallte der Mediziner die großen Hintertüren des Wagens zu. "Also, frohes Schaffen. Ich hoffe wirklich, Sie können dieser Sache ein Ende bereiten, Agent Ruiz."
"...Denkt ihr, er hat recht?", fragte Vivien nachdenklich, während sie zusahen, wie die Scheinwerfer sich wieder entfernten, bis die Dunkelheit sie schließlich ganz verschluckte.
"Womit? Mit seiner endlosen Weisheit über den Lauf der Natur?", fragte die Vampirin - Preston! - spöttisch und trat aus den Schatten hervor. Ein Ausdruck zuckte über ihr Gesicht, der ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Mit den Fingern am kalten Stahl seines Revolvers konnte er nicht anders, als zum ersten Mal seit langer Zeit eine von Camilles Entscheidungen zu hinterfragen. Sicher, sie hatte nicht wirklich eine Wahl gehabt, wenn alles andere bedeutete, Moth sterben zu lassen, aber wie produktiv würden sie denn wirklich an diesem Fall arbeiten, wenn sie ständig auf der Hut sein mussten, dass ihr Partner ihnen nicht für einen falschen Satz an die Kehle sprang?
Izaiah hatte nichts gegen Vampire, wirklich nicht. Immerhin war ihre und die Existenz anderer übernatürlicher Geschöpfe der einzige Grund, warum er nicht den Rest seines Lebens in Gelegenheitsjobs versauern würde. Und sie konnten schließlich in den wenigsten Fällen irgendetwas dafür, was sie waren. Etwas spezielle Ernährungspreferenzen gaben ganz sicher niemandem das Recht, ihnen plötzlich ihren Status als Mitglieder der Gesellschaft abzuerkennen. Deshalb jedoch die Gefahr, die von ihnen ausgehen konnte, völlig zu ignorieren, erschien ihm genauso idiotisch. Er hatte ja schließlich auch nichts gegen Löwen, deswegen sprang er aber noch lang nicht in ihren Käfig im Zoo, um mit ihnen zu kuscheln.
Am liebsten waren ihm Vampire immer noch, wenn er nichts mit ihnen zu tun haben musste und sie sich gegenseitig einfach in Ruhe ließen.
Trotzdem musste er Preston wohl recht geben. Er war zwar nie der Beste in der Schule gewesen, um es vorsichtig auszudrücken, doch auch er war sich sicher, dass daran nichts Natürliches war, wenn ein Vampir sich aus dem Nichts in ein blutrünstiges, tollwütiges Raubtier ohne jeden Verstand verwandelte, der noch Tage zuvor wie zahlreiche seiner Artgenossen ein friedliches, zivilisiertes Leben in der Mitte der Gesellschaft geführt hatte.
"Ich meinte das mit dem Verwe-", fing Vivien an, bevor sie wie versteinert innehielt und zu einem Fenster hochstarrte.
"Was?", fragte Cam. "Viv, was ist?"
"Da ist jemand. Die Jalousie hat sich gerade bewegt, jemand hat uns beobachtet."
Izaiah war sich nicht sicher, ob er es sich nicht doch nur einbildete, doch wenn er genau hinsah, glaubte er fast, durch die Spalte ein mattes, warmes Licht zu sehen.
Noch nie hatte er erlebt, dass Cam Viviens Beobachtungen anzweifelte, und auch heute marschierte sie ohne zu zögern zum Hauseingang, um alle Klingeln durchzudrücken. "Agent Camille Ruiz, öffnen Sie die Tür!", bellte sie in die Gegensprechanlage. "Wir wissen, dass Sie da sind."
Nichts.
Seufzend trat Cam zur Seite und warf ihm einen vielsagenden Blick zu. Izaiah kreiste schon mit den Schultern, musterte die Tür, suchte nach Schwachstellen, als ein lautes Summen des Türöffners sie plötzlich doch eintreten ließ. Er wollte den ersten Schritt ins Haus machen, aber Cam hielt ihn mit einer Hand auf seinem Arm zurück.
"Ich zuerst," sagte sie, sah sich noch einmal um, bevor sie mit gezogenem Revolver ihnen voran in das dunkle Treppenhaus trat.
Die Stufen knarrten und quietschten mit jedem Schritt, und der Geruch von Moder und Schimmel und... er wusste es gar nicht so genau, legte sich sofort schwer auf Izaiahs Zunge. Er versuchte, nicht zu viel darüber nachzudenken, sonst fürchtete er, er würde die nächsten Tage unter der Dusche verbringen müssen, um alle Partikel, die in der Luft rumfliegen mochten, von sich zu schrubben.
Im dritten Stock flackerte ein gedimmtes, orangenes Licht durch den Spalt einer Tür, und eine alte Dame musterte sie skeptisch hinter der Türkette. "Agent? FBI?"
"Wir arbeiten mit ihnen. Aber mehr mit der lokalen Polizei," erwiderte Camille und schob den Revolver in ihr Holster. Izaiah hielt seinen fest, senkte ihn jedoch etwas aus der Sichtweite der Frau. Genau wie Vivien, deren Augen besonders aufmerksam immer wieder den Korridor abscannten. "Wir wollen Sie nicht verhaften, keine Angst. Dürfen wir Ihnen ein paar Fragen stellen?"
"...¿Es vampira?" Sie nickte zu Preston, und Izaiah stellte stolz fest, dass er nach Jahren des Büffelns doch etwas Spanisch verstand, zumindest, bis Camille antwortete. Was auch immer sie sagte - in etwa der zehnfachen Geschwindigkeit eines Normalsterblichen - es musste überzeugend sein, denn nach einem Moment des Zögerns trat die Dame von der Tür zurück, schob die Kette zur Seite und ließ sie eintreten.
"Señora," meldete Preston sich in einem überraschend höflichen Ton zu Wort. Als er sich umdrehte, merkte er, dass sie immer noch auf der Türmatte stand. "Por favor."
Cam sagte wieder etwas zu der Frau, erklärte ihr wahrscheinlich, dass Vampire Erlaubnis brauchten, um ein Heim zu betreten, denn sie winkte Preston mit einem Seufzen hinein.
Daran würden sie sich wohl alle noch gewöhnen müssen. Vor allem Moth. Moth, ein Vampir. Das wollte nicht so richtig in seinen Kopf gehen. Trotzdem, alles war besser, als ihn beerdigen zu müssen.
Zwei Paar schüchterne Kinderaugen beobachteten sie aus einer dunklen Küche. Er grinste die beiden kleinen Jungen an, Vivien winkte ihnen zu und sogar Preston lächelte freundlich, bedacht darauf, die Zähne hinter den Lippen verborgen zu lassen. Nur Camille machte sich alle Mühe, sie nicht einmal anzusehen. Das war die Seite von Camille Ruiz, die er überhaupt nicht verstand. Wie konnte man nur keine Kinder mögen?
Die alte Dame führte sie durch einen engen Flur in ein muffiges kleines Wohnzimmer, an dessen Wänden unzählige kunstvoll verzierte Keramikteller hingen, eine edle Holzkommode voller kleiner Sammlerstücke - hübsch anzusehen, doch offensichtlich nicht allzu viel wert - stand gegenüber dem geblümten Sofa.
Da er nicht wusste, wo er sich anlehnen sollte, ohne mit jeder kleinen Bewegung die halbe Sammlung der Dame zu Boden zu fegen, blieb er etwas verloren irgendwo in der Mitte des Raums stehen und verschränkte die Arme vor der Brust, bemühte sich aber um einen möglichst freundlichen Gesichtsausdruck. Einer der Jungen hatte sich in den Flur getraut, um sie von dort aus skeptisch zu beobachten.
Moth hätte jetzt wahrscheinlich gegrinst wie ein Honigkuchenpferd und sich stundenlang zu den beiden setzen und mit ihnen unterhalten können- und warum dachte er über ihn nach, als wäre er schon tot? Er würde das überstehen, er musste einfach, es gab gar keine andere Option.
Sein Blick blieb an der Wand gegenüber hängen. Sicher zwanzig Kruzifixe, Porträts von Jesus aus jedem erdenklichen Winkel, ein schmales Wandregal voller Gebetskerzen, kunstvoller Rosenkränze und kleiner Opfergaben. Das kam sogar an das Haus seiner Eltern heran. Preston tat es ihm gleich und hielt den größtmöglichen Abstand zu alldem.
Es kostete ihn seltsam viel Überwindung, doch er hob den Blick und sah dem Sohn Gottes auf seinem größten Porträt direkt in die sanften braunen Augen. Bitte, dachte er mit jeder Faser seines Körpers. Bitte.
Ächzend und in einem langen, mühsamen Prozess ließ die Dame sich auf das Sofa sinken. "Der große Junge. Tot?"
Cam schüttelte den Kopf und setzte sich vorsichtig auf einen Sessel. "Er wird es überstehen."
Die Dame nickte. "Gut. ...Ruby. Sie war liebes Mädchen."
"Sie haben die Polizei verständigt, nicht wahr?"
"Neunzehn Jahre. Sie wohnt in Haus gegenüber. Jeder hier wusste, dass sie war ein Vampir. Aber sie war immer freundlich und tat niemand etwas. Jeden Mittwoch, sie hilft mir Einkauf tragen. Aber..."
"Gestern nicht?"
"Letzter Mittwoch, vor einer Woche, sie sagte, sie war krank. Sie war...", sie sah zu Cam. "¿Como se dice? Muy pálida."
"Blass?", schlug Izaiah stolz vor und sah Vivien aus dem Augenwinkel ein kleines Schmunzeln unterdrücken.
Die Dame nickte. "Sie war müde. Zitterte. Ich dachte, Fieber, Influenza. Dann, ich sah sie erst an Wochenende wieder. Ay, dios mio - Ganz schlimm. Ich sagte, geh in hospital, aber sie hörte nicht. Sie war böse, machte Tür zu vor meine Nase."
"Böse?" Preston legte den Kopf schief. "Wie?"
"Wütend?", erwiderte die Dame mit einem ratlosen Schulterzucken. "Ich weiß nicht. Dienstag, ich besuchte sie nochmal. Zuerst, sie wollte gar nicht die Tür öffnen. Ich wollte fühlen an ihrer Stirn-", sie lehnte sich zu Cam und demonstrierte die Geste an ihr, "-und sie fast beißt!"
"Sie hätte Sie gebissen?", wiederholte Vivien überrascht. "Aber sie kannte Sie."
Die alte Dame schüttelte den Kopf, senkte den Blick auf die gefalteten Hände. "Nicht dann. An diesem Tag es war, als kannte sie mich nie."
—
"Ich dachte nur, vielleicht hatte dieser Doctor Everett recht," fing Vivien wieder an, als sie knapp eine Stunde nach Sonnenaufgang an der Küchenzeile stand und eine große Pfanne Rührei über dem Herd schwenkte. "Nicht mit dem Lauf der Natur und den Unschuldigen und Allem," hängte sie schnell an, als Preston von ihrer schattigen Ecke auf dem Sofa aus finster aus ihrem Halbschlaf aufsah. "Aber mit dem Verwesen."
"So sehen diese Vampire auf jeden Fall aus," stimmte Junis zu und setzte die Brille ab, um sich die Augen zu reiben. Dey hatte schon die letzten beiden Nächte durchgemacht und war die ganze letzte bei Moth geblieben, und hatte dementsprechend immer härter gegen den Schlaf zu kämpfen.
Izaiah wusste, dass man eine Wand einfacher zum Schlafen überzeugen konnte als Junis, also beließ er es zunächst dabei, demm aufmunternd über den Rücken zu reiben.
"Wenn wir mal darüber nachdenken, was bedeutet es denn, ein Vampir zu sein?", setzte Vivien fort, während sie gewissenhaft eine Armvoll von Gewürzen zusammensammelte und zum Herd brachte. "Vampire sind untote Kreaturen, nicht mehr wirklich lebendig, aber auch nicht tot."
"Mhm." So wie Camille in ihr Glas herabstarrte, hatte Izaiah den leisen Verdacht, sie hätte lieber etwas anderes als Wasser darin.
"Vampire trinken Blut, weil es ihnen Lebensenergie spendet, weil es ihnen ermöglicht, weiterzuleben. Oder eben Leben zu imitieren, vor dem Tod davonzulaufen, wie Dr. Everett es ausgedrückt hat. Aber was, wenn es das nicht mehr macht?"
"Wie abgelaufene Energydrinks," murmelte Junis, und drehte eine leere Dose davon gedankenlos auf ihrer Kante hin und her. "Das Koffein verliert seine Wirkung, und man braucht immer mehr davon."
"Und was passiert mit einem Vampir, der zu wenig Blut bekommt?"
"Er beginnt, zu sterben," antwortete Preston und rieb sich die Schläfen. "Er wird kraftlos, ruhelos, und immer verzweifelter."
"Sie hatte Angst," sagte eine matte Stimme.
"Hey!" Izaiah sprang überrascht von seinem Stuhl an der Bar auf.
Moth klammerte sich an den Türrahmen des Schlafzimmers, leichenblass und schwankend, ein dünner Schimmer von Schweiß zog sich über sein Gesicht. Hades presste sich gegen sein Bein und hielt ihn aufrecht.
"Sie hatte Schmerzen und wahnsinnige Angst. Das konnte ich spüren."
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