Kapitel 13
♠Rodney♠
Er hat keinen Freund, Simon ist nicht sein Freund. Ich glaube das war das Einzige was ich mir gemerkt habe auf der Fahrt vom Krankenhaus zum Resort.
Alles andere habe ich irgendwie ausgeblendet. Gott was bin ich für ein Mensch? Dass ich an solche Dinge denke, wo er gerade doch eher einen Freund braucht, statt einen der ihm nachstellt weil er sich von ihm angezogen fühlt, oder?
Oh man, wie verletzt er geschaut hat, als ich ihn als 'Fall' betitelte, dabei sollte das doch gar nicht so rüber kommen. Manchmal sollte ich wohl einfach erst mein Hirn einschalten, bevor ich rede. Aber das fällt mir schwer, wenn er neben mir ist.
Ich will ihn jedes Mal in meine Arme ziehen, oder seine Hand halten, seinen Oberschenkel beim Fahren streicheln
Immer wenn ich ihn sehe, schlägt mein Herz wie ein Presslufthammer gegen meine Brust.
Als ich mit Sebastian im Darkroom war, hoffte ich, dass sich nach einem harten Fick und einem Blow meine sexuelle Anspannung und Frustration legen würde, doch kaum dass ich wieder neben Haydn saß, war davon nichts mehr zu spüren. Es ist als wäre ich nicht befriedigt, als würde mir dazu etwas fehlen. Ich habe mich zwar körperlich ausgelassen aber in meinem Kopf spielt mein Geist noch immer den Hampelmann.
"Rodney?"
Erschrocken drehe ich mich zu Haydn und stelle fest, dass wir schon in seinem Zimmer angekommen sind. Das ging aber wirklich schnell. Die Zeit rast an mir vorbei wie ein Schnellzug.
"Ja, ja entschuldige. Soll ich deinen Koffer einfach dort hinstellen?"
"Das wäre lieb." Haydn geht direkt aufs Bett zu, streift sich dabei die Schuhe ab und legt sich hin.
"Ohh Gott...ist das weich...ich könnte....gleich....ei....."
Lächelnd sehe ich auf ihn herab, denn er ist tatsächlich während dem Reden eingeschlafen.
In Embryohaltung liegt er dort und schnarcht ganz leise vor sich hin. Ich nehme die Decke die am Fußende liegt und decke ihn damit zu, dann ziehe ich mein Handy aus der Gesäßtasche meiner Hose und setze mich auf den Sessel in der Ecke des Zimmers.
Ich wähle Simons Nummer und warte bis er ran geht.
"Ja? Hallo?", höre ich eine mir fremde Stimme und mein Herz klopft mir bis zum Hals. Fremder Mann? Sofort springen meine Polizistensinne an.
"Wer ist da?", frage ich und höre ein genervtes Schnauben von der anderen Seite.
"Erstmal will ich wissen wer sie sind."
"Ich denke mein Name steht sicher auf dem Display. Also sagen sie mir mit wem ich es zu tun habe? Denn offensichtlich sind sie nicht Simon."
"Daddy wer ist da am Handy?"
Simon! Aber, wenn er das wirklich ist, wieso redet er wie ein Kind?
"Was zum Teufel", entfährt mir. "Daddy?"
Oh Gott. Die Zahnräder in meinem Hirn fangen an zu rattern und ich geh alle meine Schubladen durch um das zu sortieren was ich gehört habe. Jetzt ist es von Vorteil einen erfahrenen Dom als Bruder zu haben. Gemeinsam haben wir genügend Clubs besucht, um Daddys und ihren Littles zu begegnen und so mehr darüber zu erfahren.
"Mein Kleiner, ein Mann ist dran. Ich erkläre es dir gleich, ja?"
"Okay Daddy", höre ich ihn lachen und mein Herz geht auf.
"Da ich nicht ihren Namen weiß, nenn ich sie einfach Mister Daddy. Ich erkläre ihnen jetzt um was es geht, und wenn sie ein guter Daddy sind, dann erzählen sie Simon in diesem Zustand nicht, was ich ihnen zu berichten habe. Denn wenn ich richtig liege ist er gerade im Littlespace und ihn da rauszureißen wäre unverantwortlich. Sicher wissen sie, wie gefährlich ein Littledrop sein kann, der unweigerlich folgen würde."
"Okay", antwortet er mir jetzt deutlich weniger defensiv und ich höre es rascheln.
"Baby, vielleicht gehst du noch ein wenig in deinem Zimmer spielen, solange ich telefoniere, ich verspreche dir ich komme gleich zu dir und dann malen wir, ja?"
"Ja Daddy, das wäre schön", sagt Simon und man kann die Verehrung für seinen Daddy richtig heraushören.
Ich war selbst nie an so einem Lebensstil interessiert, aber dennoch finde ich es immerwieder schön und faszinierend, wie sich Menschen in diesen Zustand 'Kind sein' fallen lassen und die Außenwelt aus ihrem Kopf halten können. Manche nennen es krank aber ich habe Tage in meinem Job, da empfinde ich es als eine Gabe.
"So und jetzt zu ihnen. Wieso rufen sie Simon an? Hat er was angestellt, dass er die Nummer eines Detektivs gespeichert hat?"
"Mister....?"
"Catchpear, Norris Catchpear und ich bin Simons Chef."
Ich verschlucke mich an meiner eigenen Spucke und muss heftig Husten. Mein Blick huscht zu Haydn, doch ich habe ihn Gott sei Dank nicht aufgeweckt.
"Simons Chef. Oh man. Und Daddy. Kennen sie Haydn Dunn?"
"Seinen besten Freund? Nur vom Erzählen. Simon meinte Haydn bräuchte Zeit um zu heilen."
"Ja indirekt stimmt das ja auch. Wissen sie was passiert ist?"
"Nein, was ist denn passiert? Ich kann ihnen nur sagen, dass Simon ein Tag nach seinem Urlaub in die Firma kam und ganz anders war als ich ihn bis dahin kannte. Entweder total verschlossen, dann wieder aufmüpfig und trotzig wie ein Kind. Er vergaß, Arbeiten zu erledigen, oder machte sie falsch. Ich wusste aus seinem Vorstellungsgespräch, dass er mal Alkoholiker war und es ihm lange Zeit nicht gut ging. Doch in der Firma machte er eher den Eindruck als fehle ihm eine Hand die ihn führt. Nachdem wir die letzte Woche gemeinsam verbrachten, stellten wir beide fest was ihm fehlte. Beziehungsweise er stellte es fest, denn ich bin schon seit Jahren ein Daddy und habe gespürt was er braucht, doch musste ich ihn vorsichtig heranführen. Seitdem geht es ihm besser. Er ist ausgeglichener, nicht mehr so vergesslich und seinen Trotz lässt er auch nicht mehr bei der Arbeit raus. Dafür gibt es die Littlezeiten, die er aber jeden Tag nach der Arbeit braucht."
Ich lausche seiner Erklärung aufmerksam und bin froh zu hören, dass er Erfahrungen als Daddy hat. Dennoch bin ich verärgert, dass er scheinbar den Kontakt zu seinem Freund unterbindet.
"Haben sie einmal daran gedacht, dass er mal mit seinem Freund sprechen sollte? Ich meine, die beiden wohnen zusammen seit dem College, plötzlich von Haydn getrennt zu sein, tut ihm sicher auch nicht gut. Haydn hat mehrfach versucht ihn zu erreichen und denkt schon Simon hat die Nase voll von ihm, dabei war es Haydn der immer an seiner Seite war und ihm geholfen hat. Für ihn bricht momentan eine Welt zusammen, weil er seinen besten Freund und Bruder dringend braucht, was Simon scheinbar nicht kümmert."
Ich rede mich regelrecht in Rage und atme tief durch, um meinem Gesprächspartner eine Chance zu geben auf meine Vorwürfe zu reagieren.
"Ich verstehe nicht ganz was sie mir sagen wollen, denn Simon ging es wirklich schlecht und er meinte nur dass Haydn ihn bei seiner Genesung nicht dabei haben möchte."
Oh man. Simon. So hatte Haydn das niemals gewollt, da bin ich mir sicher.
"Norris, ich darf sie doch Norris nennen? Im Urlaub, wurde Haydn entführt und brutal...vergewaltigt...und dann wie ein Stück Fleisch einfach in einer Gasse liegen gelassen. Man musste ihn operieren, ihn wieder herstellen. Er schickte Simon nach Hause, weil er nicht wollte dass Simon mitleiden muss und damit er seinen neuen Job nicht wieder verliert. In seinen schlimmsten Momenten, dachte Haydn fast nur an Simons Wohl. Doch Haydn ist nicht so stark wie er wohl dachte und wollte wenigstens jeden Tag mit seinem Freund und Bruder telefonieren."
Schon wieder verhalte ich mich total unprofessionell und erzähle diesem Mann weit mehr als ich darf. Ich kann aber nicht anders, denn wenn er Simons Daddy ist muss er wissen was diesen belastet und Haydn ist Simon wichtig.
"Oh mein Gott, nein, das wusste ich wirklich nicht. Das ist ja schrecklich. Natürlich braucht er da seinen Freund. Ich werde mit Simon sprechen sobald er aus dem Littlespace raus ist. Dann wird er sich bei Haydn melden. Ich wollte ihn nie von Haydn fernhalten. Ich dachte nur es ist besser wenn er nicht an sein Handy geht wenn er Kind ist. Weil er sich dann ganz darauf konzentrieren soll."
Seine Erklärung leuchtet mir definitiv ein, aber trotzdem hoffe ich dass sich die Situation nun ändert. Und ich glaube Haydn würde niemals seinen Freund verurteilen. Er wird wissen dass Simon diese Auszeit gebraucht hat und wird sogar noch überglücklich für ihn sein, dass der endlich gefunden hat was er suchte. Ja, ich könnte sogar wetten, dass Haydn sogar erleichtert sein wird, wenn er Simon gut versorgt weiß, sich nicht mehr um dessen Belange kümmern muss und sich ganz auf sich selbst konzentrieren kann.
"Danke für ihren Anruf Detective. Haben sie das Schwein denn schon?" Sein Mitgefühl ist ehrlich gemeint und beruhigt mich wieder.
"Nein leider nicht. Wir gehen jedem Hinweis nach, doch alle verlaufen irgendwie im Sand. Wir brauchen nur diesen einen Tip und ich hoffe den bekommen wir bald."
"Ok, das ist nicht so gut. Ich drücke die Daumen und bitte informieren sie uns ab und zu mal über den Stand der Ermittlungen."
"Ich denke das wird Haydn dann erledigen wenn er mit Simon spricht. Und danke für ihr Verständnis."
"Aber das ist doch selbstverständlich. War nett sie kennenzulernen. Ich sollte mich jetzt um Simon kümmern, wie sie gehört haben wollen wir noch malen."
"Natürlich....."
"Ach und bevor ich es vergesse, es wäre nett wenn sie Haydn nichts von Simons Bedürfnis erzählen, das soll Simon selbst erledigen."
Das ist zwar selbstverständlich für mich, aber ich verstehe, warum er es mir trotzdem sagt. Es gibt viele Menschen die mit den Bedürfnissen anderer hausieren gehen und Norris kennt mich nicht.
Ich stimme seinem Wunsch zu, es Simon selbst erzählen zu lassen und lege dann auf, nachdem wir uns verabschiedet haben.
Das war ja mal ein Gespräch. Sehr informativ. Doch das erklärt so einiges an Simons Verhalten. Und ich denke hätte Sebastian Simon öfter gesehen, wäre ihm das sofort aufgefallen. Ob Haydn so stark geworden ist, weil sein Freund ihn brauchte? Oder ist es ein angeborener Charakterzug der es Simon erlaubte, schwach zu sein oder mit seiner Schwäche zu überleben?
Ich lege mein Handy auf die Seite, schließe die Augen und lasse das Gespräch nochmal Revue passieren.
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