Kapitel 19
♠Cody♠
Diese kleine süße Ratte. Das hat sie ganz sicher geplant. Okay, das Unwetter kann sie nicht geplant haben denn laut Wetterbericht sollte der Tag heute schön sein, eigentlich. Doch auch solche Berichte sind letztlich nur eine Vorhersage und plötzliche Umschwünge passieren. Aber mich damit zu Ködern, dass wir mal wieder was gemeinsam machen und sie dann nicht Emilys Mutter fragen müssen, das war geplant. Ich weiß nur noch nicht wieso. Was hat sie vor? Wenn ich darüber nachdenke fällt mir nur ein Grund ein, aber will sie mich ernsthaft mit Daniel verkuppeln?
"Cody, schnell", ruft Daniel. Ich sehe auf und kann gleich erkennen was er von mir will.
Ich packe das kleine Pony und halte es fest, solange Daniel ihm den Weidezaun vom Körper schneidet. So wie es aussieht hat er immer brauchbares Werkzeug in der Tasche.
Wie kann man sich denn bitte nur so fest einwickeln. Dieses Pony, wirklich, es macht nur Ärger.
"Was wäre gewesen wenn wir jetzt nicht hier vorbeigekommen wären, hmm? Du wärst verhungert. Mach sowas nie wieder ja? Halte dich doch einfach mal in dem für dich geeigneten Gelände auf und vor allem nicht so weit ab von allem und jedem", flüstere ich Checker ins Ohr welches dabei sanft zuckt und - als wenn er es verstanden hätte - wiehert er leise.
Plötzlich blitzt es und kurz darauf folgt das tiefe grollen des Donners. Checker wiehert panisch und beginnt sich zu winden. Ich packe ihn fester und drücke meine Nase an seine Wange.
"Hey, hey. Ganz ruhig. Wir schaffen das, okay? Sieh mal, Dorian und Wildfang stehen dir bei. Wir bekommen dich da schon raus", spreche ich beruhigend auf ihn ein.
Normalerweise kann man panische Pferde nicht so einfach mit Worten beruhigen, doch an Checker ist nichts normal. Er beginnt sich unter meinem Griff und den zusätzlichen Streicheleinheiten zu entspannen. Natürlich hilft es auch, dass ich gelassen bleibe.
"Hab ihn frei", ruft Daniel gegen den Wind der nun viel stärker pfeift als noch vor zwei Minuten. Langsam werden Dorian und Wildfang auch nervös. Ich bin so froh, dass sie noch da und nicht abgehauen sind. Doch beide Rassen haben eher ein Gemüt welches nicht so leicht aus der Fassung zu bringen ist. Und Dorian wurde als Kutschpferd vermutlich gut genug geschult. Lärm, Straßen, Autos und Wetter dürfte ihm kaum etwas ausmachen.
Ich lasse Checker los, doch anstatt dass er losrennt und abhaut bleibt er bei uns. Es hat immer was erhebendes und Herz erfüllendes, wenn einem ein Pferd sein Vertrauen schenkt, selbst bei einem so kleinen Pony wie Checker.
Es fängt an zu regnen und ich schaue mich suchend um.
"Sieh mal da", zeige ich in die Ferne wo ich die Spitze eines Scheunendachs erkennen kann. Daniel nickt und steigt auf Dorian auf, während ich dasselbe bei Wildfang mache. Im Galopp eilen wir gegen den Regen auf die Scheune zu.
Zu unserem Glück ist sie nicht verschlossen. Ich schiebe das Tor ein Stück auf, nachdem ich abgestiegen bin und gehe vorsichtig mit Wildfang hinein. Hinter mir leuchtet ein Lichtkegel an mir vorbei und beim Umdrehen kann ich erkennen, dass Daniel eine Taschenlampe dabei hat. Der Mann hat Pfadfindergene oder? Auf alles vorbereitet. Ich lächle verstohlen.
"Die Scheune scheint ein Überwinterungsstall für Pferde zu sein", stelle ich fest, denn hier lagert frisches Heu und Stroh und ich kann einen Futtermittelbehälter erkennen, wohl Hafer.
"Du musst es ja wissen", lacht Daniel und ich sehe ihn prüfend an. War das nun ironisch oder sein ernst? Ich frage ihn erst gar nicht und lasse den Satz so stehen.
Stattdessen wende ich mich Wildfang zu, um ihm erst die Satteltaschen abzunehmen und ihn dann abzusatteln. Den Sattel lege ich auf den Boden bevor ich ihm auch die Trense abziehe. Mit der Hand an seinem Kopf führe ich ihn in eine der Boxen, nehme Stroh und reibe seinen Körper etwas trocken. Daniel tut es mir mit Dorian gleich. Als ich fertig bin und die Box verlasse stolpere ich fast über das kleine Pony.
"He, ich dachte du bist nach Hause gerannt", lache ich und benutze das restliche Stroh in meiner Hand um den Kleinen ebenfalls trocken zu reiben.
Nachdem Daniel auch fertig ist, schnappe ich mir Heu und verteile es in die beiden Boxen damit die Pferde was zum Fressen haben.
Daniel schließt das Scheunentor, denn draußen beginnt jetzt erstmal der Weltuntergang.
"Na wenigstens haben wir genug zu essen und trinken da", sagt Daniel als er die Satteltaschen durchsucht. Aus einer zieht er zwei Decken raus und legt sie auf die Strohballen.
"Bist du arg nass geworden?", fragt er mich und ich sehe an mir herab und schüttel den Kopf. "Nein, nur meine Jeans ein wenig an den Schenkeln und die Schultern, aber das ist okay. Bin schon durch schlimmeres Wetter gekommen", sage ich und merke sofort wie überheblich das schon wieder klang. Ich wollte damit doch aufhören, doch im Moment weiß ich nicht so recht wie ich mich Daniel gegenüber verhalten soll.
"Irgendwie ist das doch schon eine Nummer oder? Den ganzen Ritt hierher, habe ich mir überlegt was Anastasia damit bezweckt hat dich zu fragen ob du mitkommst. Doch jetzt habe ich wirklich das Gefühl dass der ganze Ausritt geplant war um uns in irgendeiner Weise näher zu bringen", teilt er seine Gedanken mit mir und ich nicke.
"Der Meinung bin ich auch."
Ich setze mich auf eine der Decken und spiele an einem der Strohhalme der hindurch sticht. Checker futtert entspannt das Heu was auf dem Boden liegt und lässt sich von uns nicht stören.
"Cody, es tut mir leid", entschuldigt sich Daniel, doch ich weiß im Moment nicht wirklich für was genau und sehe ihn fragend an.
"Es tut mir leid, dass ich so schnell aufgegeben habe. Deine 'nimm-was-ich-dir-Gebe-oder-nichts'-Rede hat mich verletzt und einfach nur mit dir ins Bett zu gehen hätte ich auf Dauer nicht ertragen. Ich mag dich, auch wenn wir uns kaum kennen, ich habe mir so sehr gewünscht dich richtig kennenzulernen."
Seine Worte bringen mein Innerstes in Aufruhr. Dass er so schnell bereit war mich zu vergessen hat weh getan, doch jetzt zu hören, dass ich ihn mehr oder weniger dazu getrieben habe mit meinem stumpfen Festhalten an meinen Regeln schmerzt noch mehr.
„Ich habe das 'Nichts' gewählt und bin weitergegangen aus Angst, mich noch mehr zu verlieren. Hätte ich damals gewusst was ich heute weiß, hätte ich länger gewartet", fährt er fort und ich stutze verwirrt.
"Was meinst du damit? Hättest du es gewusst..... was gewusst? Oh, warte mal....du hast mit Sebastian gesprochen, oder? Wieso? Wieso ziehst du ihn mit rein?", fauche ich und kann nicht glauben dass er meinen besten Freund gegen mich benutzt hat.
Abwehrend hebt er die Hände.
"Ich habe ihn nichts gefragt, wirklich, bitte glaube mir. Ich habe ihn zufällig im Club im Resort getroffen und wir kamen ins Gespräch, da hat er es von alleine erzählt."
Das wäre allerdings typisch für Sebastian, na warte, wenn ich den erwische. Schimpft sich bester Freund und dann verrät er mich gleich bei der erstbesten Gelegenheit. Ich könnte sogar fast wetten, er steckt mit Ana unter einer Decke, deswegen hat er Daniel alles erzählt. Zumindest hat er vermutlich das selbe Ziel verfolgt wie sie.
"Was hat er dir denn erzählt?", will ich jetzt wissen, vermutlich hat er mich einen Idioten genannt.
"Dass du auf mich stehst, aber dir selbst im Weg bist. Oder warst, denn er erzählte auch dass du dich geoutet hast. Zumindest Anastasia gegenüber und deinem Assistenten."
"Ja, aber das hab ich nicht dir zu verdanken", gifte ich ihn an, doch werde gleich wieder ruhig, denn eigentlich lag es ja schon an ihm, dass ich mich outen wollte.
„Das tut mir ebenfalls Leid", seufzt er gequält. „Ich habe genau getan, was du mir vorgeworfen hast und das ist unverzeihlich. Ana hätte die Wahrheit von dir hören müssen, und nicht von einem belauschten Gespräch zu dem ich dich gezwungen habe, an deiner Haustür."
„Ach Daniel", seufze ich, denn letztlich habe ich ihm das bereits verziehen. Wenn ich meine Einstellung wirklich geändert habe und tatsächlich mein Leben in eine neue Richtung lenken will, dann sollte ich endlich damit anfangen.
„Okay hör zu. Mein Leben war durchgeplant bis zu dem Zeitpunkt als ich dich kennengelernt habe. Das plötzliche Verschwinden meiner Ex zwang mich zwar ebenfalls dazu, mich neu zu orientieren, aber letztlich war dadurch weder meine Firma noch meine Lebensweise in Gefahr. Den Umzug ins Resort haben wir nur gemacht damit Anastasia nicht mitten im Jahr die Schule wechseln muss und weiterhin in den Reitstall kann. Aber ich wollte sie immer in meinem Leben haben und wenn es jetzt auch etwas überraschend kam, so war es doch immer mein Wunsch."
Ich dachte immer, meine Tochter wäre das größte Hindernis für mich, um so zu leben, wie ich es tief in mir will. Doch Anastasia hat gerade bewiesen, dass sie nicht nur kein Problem damit hat sondern es sogar befürwortet, wenn ich mit einem Mann zusammenkomme. Und Daniel? Seine Blicke, die zwischendurch auf die Pferde gerichtet waren, landen erneut mit so offenem Verständnis auf mir, dass ich nicht fragen muss um zu wissen, was er denkt. Ihn gibt es nur mit seinen Pferden und mich nur mit Anastasia. Ich seufze und stähle mich innerlich für meine nächsten Worte.
„Doch dieser eine Sex mit dir, Daniel, er hat gereicht um mich total durcheinander zu bringen. Du warst so unkompliziert, hast keine Fragen gestellt und hattest etwas an dir was mich einfach angezogen hat. Du hast alle meine Mauern untergraben. Erst brach ich meine eigene Regel und dann wurde mein Wunsch mich zu outen und endlich zu mir zu stehen immer größer, für Dich."
„Wieso hast du es dennoch getan, obwohl ich die Dinge beendet habe und weiter gegangen bin?" Daniels Frage habe ich mir auch schon gestellt und ich kenne die Antwort dafür. Ich mag stur sein und knallhart, wenn es darum geht einen Plan zu verfolgen den ich gemacht habe, komme was da wolle. Aber ich bin kein Feigling und bereit mich neuen Erkenntnissen zu stellen, wenn sie mich ereilen. Und was meine Sexualität angeht wurden mir diese ja von allen Seiten um die Ohren gehauen. Bei dem Gedanken daran verziehe ich das Gesicht.
„Letztendlich habe ich erkannt, dass ich es für mich tun muss und für niemanden sonst."
Ich sehe auf und ihm dann tief in die Augen. „Ja, ich hab dich vor die Alternative gestellt, dich mit Sex zu begnügen oder es zu lassen, doch mir war erst als du gegangen bist klar, wie sehr ich mir erhofft hatte, du würdest weiter mit mir ins Bett gehen und dann an meiner Seite stehen wenn ich bereit bin mich zu outen. Ich brauchte nur etwas mehr Zeit, aber dann erwische ich dich mit dem Möchtegern-Arzt und...."
Den Rest schlucke ich runter, denn er weiß was ich gedacht habe, ich habe es ihm noch an Ort und Stelle an den Kopf geworfen.
"Cody. Es tut mir wirklich, wirklich leid. Bitte, können wir nicht einfach nochmal von vorne Anfangen? Bitte?", fleht er mich mit seinen blauen Augen regelrecht an.
Seufzend lege ich mich auf der Decke zurück und starre nachdenklich an die Scheunendecke.
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