Kapitel 12
♠Cody♠
Gerade als ich mich von der Türe weg bewege, klopft es. Wahrscheinlich ist das jetzt Sebastian, weshalb ich sie mit Schwung und einem Grinsen auf den Lippen wieder öffne. Doch als ich sehe wer vor mir steht, fallen meine Mundwinkel wieder nach unten.
"Was noch?", frage ich Daniel genervt, der mich ansieht als wäre er durch 7 Tage Regenwetter spaziert.
"Cody, ich...."
"Aha, beim Du sind wir dann also auch schon ja? Kann mich komischerweise nicht daran erinnern es dir angeboten zu haben."
"Nein, aber..." Er legt den Kopf in den Nacken und seufzt.
"Was habe ich dir eigentlich getan, dass du bei mir immer wieder das eiskalte Arschloch raushängen lässt? Ich dachte ja erst, so bist du eben, aber ich habe gesehen wie du mit Anastasia umgehst. Ich habe auch bemerkt, wie du die Schultern hängen lässt, wenn du dich unbeobachtet fühlst, dann siehst du aus wie ein normaler Mensch der sein eigenes Päckchen zu tragen hat. Also, wieso bist du nur zu mir so? Bin ich dir zu nahe? Oder hast du Angst ich könnte dir zu nahe kommen? Sag es mir. Deine dauernden widersprüchlichen Signale, die du aussendest, machen mich langsam echt fertig."
Ich bewundere seinen Mut und seine Hartnäckigkeit aber gleichzeitig hasse ich sie auch. Wie soll ich meine Grenzen aufrecht erhalten, wenn er sie immer wieder verschwimmen lässt? Ich muss wohl deutlicher werden.
"Schh, spinnst du? Genau das ist der Grund wieso ich so bin. Damit man nicht auf die Idee kommt mich vor meiner eigenen Haustür zu outen. Doch irgendwie scheinst du es dir zur Aufgabe gemacht zu haben mir so dermaßen auf die Pelle zu rücken."
In mir lodert eine Wut geboren aus Verzweiflung doch er lässt sich davon weder einschüchtern noch vertreiben.
"Ja, okay, ich habe mir zur Aufgabe gemacht dir auf die Pelle zu rücken, aber nicht um dich in irgendeiner Weise zu outen, sondern einfach weil ich auf dich stehe okay? Und du kannst mir nicht erzählen, dass du stockhetero bist.....", ich muss sein Gerede stoppen, auch wenn er seine Stimme etwas gesenkt hat.
"DANIEL!", knurre ich ihn an, packe ihn am Hals und drücke ihn gegen die Wand. Gott, wann hat mir das letzte Mal jemand so die Stirn geboten? Und wieso muss es jetzt und hier sein, wo ich es überhaupt nicht gebrauchen kann? Kann der Kerl nicht einfach verschwinden?
"Ich sag es jetzt einmal und dann nie wieder. Du siehst echt geil aus und dein Charakter passt zu deinem Aussehen. Ich leugne nicht, dass ich mich von dir angezogen fühle, aber - und jetzt kommt das Wichtigste - ich kann und darf nicht mehr wollen. Es muss reichen, wenn wir uns ab und an mal treffen um Druck abzubauen. Darum auch keine Küsse oder privates Zeug, damit wir uns nicht zu nahe kommen. Schnallst du das endlich?"
Ich lasse seinen Hals los und trete ein paar Schritte zurück. „Entweder du hältst dich an diese Regeln, oder wir beenden was auch immer da zwischen uns ist gleich jetzt und hier. Deine Entscheidung."
Sein Blick bohrt sich in meinen und wieder stelle ich fest was für wunderschöne Augen dieser Mann hat. Als stünde ich am Strand und sehe hinaus aufs offene Meer. Die Anziehungskraft, die er auf mich ausübt, ist stark und gefährlich und ich versuche die Stimme in mir zu ignorieren, die leise wimmert weil sie sich nach seiner körperlichen Nähe sehnt.
"Ja okay", antwortet er resigniert.
"Ja okay zu was genau?" Ich kann es kaum glauben. So plötzlich gibt er auf? Und wieso stört es mich, obwohl es genau das ist, was ich will?
"Ich weiß nicht ob ich das schaffe nur mit dir Spaß zu haben. Ich steck wohl schon tiefer drin als ich dachte. Eigentlich bin ich nochmal umgedreht um dir zu sagen, dass du mit mir und Wildfang trainieren kannst, aber unter diesen Umständen lassen wir das wohl besser sein."
Mit hängendem Kopf dreht er sich um und will zur Türe hinausgehen.
Wieso fühle ich mich jetzt so, als hätte ich einen Welpen getreten? Gott hilf mir.
"Warte", rufe ich ohne zu wissen wieso.
Dann fällt mir etwas ein. "Ich will nicht, dass Anastasia darunter leiden muss. Sie mag dich sehr und sie braucht vielleicht deine Hilfe."
Er bleibt stehen um mir zuzuhören aber er dreht sich nicht zu mir um. Also rede ich schnell weiter. „Ich hab in nächster Zeit leider einige Termine bei Kunden und in der Firma. Könntest du vielleicht ab und zu mal nach ihr sehen solange sie nicht in die Schule und in den Stall gehen kann?" Ja klar, es ist meine Tochter die seine Hilfe braucht und nicht ich.
Ich kann mir selbst nicht erklären was das soll. Erst verlange ich, dass er auf Abstand geht und nachdem er mir gesagt hat, dass er es nicht schafft mir ständig über den Weg zu laufen mit dem Wissen das niemals was aus uns wird, bitte ich ihn darum nach meiner Tochter in meinem Haus zu sehen. Wow Cody, soviel zum Thema hoher IQ.
Seufzend nickt er und verlässt dann die Hütte ohne ein weiteres Wort. Ich schließe die Türe und lehne mich von innen dagegen.
Ja es ist die richtige Entscheidung. Besser ich verzichte auf Liebe und Geborgenheit, als dass ich meine Tochter und meine Firma verliere. Wenn meine Mitarbeiter oder die Gesellschaft von der ich umgeben bin erfahren würde dass ich eigentlich schwul bin, dann kann ich meine Firma dicht machen, oder mir zumindest neue Investoren suchen. Und Anastasia würde mich sicher auch hassen. Wahrscheinlich würde sie dann denken das ich an Letizias Abgang Schuld bin.
Dabei wusste die nichts von meiner sexuellen Neigung. Aber natürlich würde es so aussehen, als ob ich sie all die Jahre angelogen hätte. Man hat mich nie gefragt. Ich wüsste aber auch nicht ob ich es gesagt hätte wenn man mich gefragt hätte. Und das ich meine Frau nie so geliebt habe wie man es sollte, das wussten alle. Meine Familie, ihre und auch sie selbst. Das war nie ein Geheimnis.
Ich drücke mich von der Wand ab, gehe in die Küche und schenke mir ein Glas Whisky ein. Heya und Phedoka, haben wirklich Geschmack, oder Wissen, denn dieser Whisky ist nicht einfach irgendeiner den man auf Ex schluckt, den genießt man. Mit dem Glas in der Hand setze ich mich auf das Sofa. Ich schwenke das Glas etwas und drücke es mir an die Stirn.
Gott, wieso muss das Leben denn so anstrengend sein?
Mit geschlossenen Augen sitze ich eine Weile so da, bis es wieder an der Türe klopft. Ich nehme einen Schluck aus meinem Glas, bevor ich es auf den Couchtisch vor mir stelle und die Türe öffnen gehe.
"Gott siehst du scheiße aus. Du gefällst mir in letzter Zeit gar nicht. Um genau zu sein, seit du dich von dem Reitlehrer hast abschleppen lassen", lacht Sebastian und drückt sich an mir vorbei ins innere der Hütte.
"Man geht es noch lauter? Erst Daniel jetzt du. Wollt ihr echt das Anastasia davon weiß?", fauche ich, knalle die Tür zu und stapfe zurück zum Sofa, auf dass ich mich verärgert fallen lasse.
"Ach, er war vorhin da?" Seine Augen funkeln neugierig und ich schnaube verärgert auf.
"Ja und wir waren beim Streiten nicht wirklich leise."
Ich erzähle Sebastian, was Daniel wollte und wie ich reagiert habe. Mein bester Freund schüttelt den Kopf, während er sich auch ein Glas Whisky einschenkt.
"Cody. Bist du dir sicher das du so leben willst? Du hättest jetzt die Chance alles zu ändern. Wovor hast du eigentlich so eine Angst? Deine Frau ist weg und kann sich nicht mehr zwischen euch drängen und Anastasia hat nie ein Problem mit mir gehabt. Glaubst du wirklich sie würde dich hassen, nur weil du auf Männer stehst? Und was deine Firma angeht, Alter, die steht schon seit Jahren auf Platz 1 der erfolgreichsten Unternehmen in diesem Sektor. Niemals würde die so tief abrutschen dass du Insolvenz anmelden müsstest."
Er schüttelt den Kopf. Dann fällt ihm noch ein Punkt auf der langen Liste meiner Sorgen ein und er lacht einmal sarkastisch auf. „Achja, da war ja noch die Sache mit deinem Ruf. Also sorry ich will dir nicht zu nahe treten, aber außer zu Anastasia und mir bist du zu allen anderen ein mieses arrogantes Arschloch. Den Ruf kannst du nicht noch schlimmer machen", knallt er mir um die Ohren und in dem Moment verfluche ich, dass er so eine ehrliche und direkte Haut ist.
"Du hast Angst dass du deinen gesellschaftlichen Status verlierst? Aber wer sagt denn, dass es wirklich so kommen muss? Und selbst wenn, Cody, vielleicht ist die Liebe es Wert alles zu verlieren damit man danach alles wieder neu aufbauen kann? Gemeinsam und diesmal mit dem richtigen Partner?"
Er sieht mich eindringlich an und zuckt dann mit den Schultern.
„Es ist deine Sache, ganz klar, aber ich bin jetzt schon so lange dein Freund und habe mehr als einmal gesehen wie du dich wirklich fühlst. Du hattest nie eine echte Verbindung zu deiner Frau und die Trennung von ihr war ein Segen. Aber Erfüllung findest du so auch nicht. Dazu benötigst du den Reitlehrer, oder meinetwegen auch wen anders, aber auf jeden Fall einen Mann."
Ich leere mein Glas doch in einem Zug, auch wenn ich vorher sagte dass man den Whisky genießen muss. Doch ich brauche jetzt dieses warme kribbelnde Gefühl in meinem Bauch, welches sich zu meinem Hirn hinauf schleicht und es etwas benebelt.
"Du hast Recht, vollkommen Recht, aber es ist nicht so leicht keine Angst mehr vor den Konsequenzen zu haben und Daniel ist einfach keine sichere Komponente. Jetzt mag er auf mich stehen und sich mehr vorstellen, aber er kennt mich auch noch nicht. Was ist wenn er in zwei oder drei Monaten fest stellt, ich war doch nicht der Richtige? Dann habe ich alles umsonst den Bach runter gejagt. Ich weiß eben nicht ob es mir das wert ist Sebastian", seufze ich.
Sebastian steht auf, stellt sich hinter das Sofa und massiert mir die Schultern.
"Fakt ist, du kannst nicht wissen was passiert wenn du es erst gar nicht versuchst. Das Leben ist zu kurz um sich selbst aufzugeben und nichts getan zu haben, oder sich lange über Dinge Gedanken zu machen die man gleich erledigen könnte. Ich sehe und höre das immer wieder in der Klinik. 'Hätte ich doch eher....' oder 'Wäre ich doch schon früher....' Sowas höre ich wirklich fast täglich. Und selbst wenn Daniel nicht der Eine ist, so ändert es nichts daran, dass du weder allein noch mit einer Frau jemals glücklich sein wirst."
Ich lehne mich in seine Berührungen und seufze leise auf. Ich weiß dass er recht hat und wünschte, er könnte der Eine sein. Aber zwischen uns hat es nie gefunkt. „So...ich lass dich jetzt mal alleine und sehe nach Anastasia."
Er drückt noch einmal fest meine Schultern, bevor er dann in den kleinen Gang nach hinten läuft und an Anas Zimmertüre anklopft, in welche er gleich darauf verschwindet.
Er hat Recht, er hat sowas von Recht. Doch habe ich noch keine Ahnung wie ich das alles bewerkstelligen soll.
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