16
Zwanzig Minuten später kamen Niall und Harry aus der Umkleide heraus geschlichen und liefen auf Louis zu, der ungeduldig auf Harry wartete. Als er seinen Freund jedoch ansah gefror ihm das Blut in den Adern. Er hatte einen derart bösen Blick aufgesetzt, dass Louis beinahe erschauderte. "Alles okay?" fragte er sofort besorgt und Harry verdrehte die Augen. "Ja, ja. Ich komm später zu dir ok? Der Trainer will mit mir reden."
Mit diesen Worten drehte sich Harry um.
Louis blickte ihm fassungslos nach, ehe er zu Niall sah, welcher ihn musterte und weg schaute, sobald sich ihre Blicke begegneten.
"Was hat er, Niall?" fragte Louis den blonden Iren. Dieser wand sich sichtlich und schüttelte dann den Kopf. "Er...was soll schon sein? Er hat nichts..." murmelte er und sah kurz zu Harry ehe sein Blick zu Boden glitt. "Komm schon. Ich bin sein Freund ich..hab ein Recht es zu erfahren."
"Ich sage es dir nicht. Er wird schon selbst mit der Sprache raus rücken." konterte Niall wieder und Louis schnaubte. Jenna stand nun auf und funkelte Niall böse an. "Du sagst jetzt was los ist! Sonst siehst du mich nie wieder, Niall James Horan!" drohte sie ihm und schien damit eine große Wirkung zu erzielen, denn der Ire riss die Augen auf und sah sie überrascht an. "Was..?" "Du hast mich schon verstanden Niall!" schnauzte sie ihn nochmals an und Niall verzog das Gesicht.
"Er ist mein bester Freund ich verrate ihn doch nicht."
"Entschuldige mal, Mr Superfootballer! Hier neben mir sitzt sein fester Freund! Also mach deinen Mund auf!" rief Jenna nun etwas ungehaltener und Louis zog sie sanft am Arm auf ihren Sitz. "Nicht so laut, Jen." mahnte er sie.
Niall sah die beiden unschlüssig an und stöhnte dann auf. "Na gut! Aber wehe du erzählst ein einziges Wort, Tomlinson!"
Louis nickte und der Ire vor ihm lehnte sich gegen die Stullehne hinter ihm und sah beide an. "Harry wird gemobbt. Wegen der ganzen Sache mit dir, Louis. Als Footballer hast du es eigentlich leicht, wenn du gut bist. Aber schwul zu sein...ist in unserem Sport ein Problem."
Der Blauäugige sah Niall einen Moment lang bestürzt an und vergrub dann das Gesicht in seinen Händen. "Alles nur wegen mir." murmelte er.
"Harry liebt dich aber. Also hält er es aus." setzte Niall nach. "Er hält es aus? Was soll das heißen, er hält es aus?" Jenna funkte dazwischen und legte dabei einen Arm um Louis.
"Sie wollen ihn aus der Mannschaft haben. Er ist aber Captain also geht das nicht. Und Harry sitzt es aus. Er will Profi werden, also muss er es aushalten." erklärte Niall den beiden die Situation und Louis blieb still. Er war schockiert. Schockiert darüber, dass das Team so intolerant war. Schockiert darüber, dass Harry sich ihm nicht anvertraute.
Er hatte ihn so oft gefragt doch nie eine Antwort bekommen. Er fragte sich, wovor Harry sich fürchtete. Schuldgefühle überkamen den Doncaster, er hatte ihn gedrängt sich zu outen. Wegen ihm hasste die Mannschaft Harry jetzt. War er schuld daran, wenn Harry am Ende keinen Job bekommen würde? Hatte er es dann ihm zu verdanken, wenn er seinen Traum nicht leben konnte?
"Harry Styles wird gemobbt? Der Harry Styles den wir kennen?" fragte Jenna ungläubig und Louis reichte es. Er stützte sich an dem Sitz ab und stand auf, sah die beiden kurz an und lief dann von ihnen weg. Jenna rief ihm nicht hinterher. Sie wusste er musste allein sein und das wusste Louis wiederum sehr zu schätzen.
Er machte sich Vorwürfe und so wollte er Harry nicht unter die Augen treten. Betrübt steckte er die Hände in die Jackentaschen und lief mit gesenktem Kopf weg vom Footballfeld und weg vom Campus. Er wusste nicht wohin er lief, doch er musste weg. Er wusste genau, was es bedeutete, von jemandem erniedrigt zu werden. Er wusste es nur zu gut. Und er wollte nicht, dass es seinem Harry genauso erging.
***
Harry kam einige Minuten später zu den anderen beiden zurück und schaute sich suchend nach seinem Freund um. "Wo ist Lou?" fragte er Jenna sofort, doch sie zuckte mit den Schultern. "Er hat mir nicht gesagt wo er hin ist."
In Harry stieg Besorgnis auf. "Haben die Jungs..." fing er an doch Niall unterbrach ihn sofort. "Bei uns war niemand von den anderen." sagte er und Harry nickte. Sofort zückte er sein Handy und rief den Doncaster an doch die Mailbox sprang an. Frustriert steckte er es also wieder ein und sah die beiden prüfend an. Niall wirkte niedergeschlagen und Jenna nervös. Sie zappelte mit den Beinen und spielte mit einer Strähne ihrer Löwenmähne und Harry wusste genau, dass etwas nicht stimmte. "Was ist passiert?" fragte er direkt und Niall lief beinahe zeitgleich rot an. Harry stand mit gerunzelter Stirn vor ihm und wartete ab. Doch es kam nichts. "Hallo? Was ist passiert?" wiederholte er noch einmal seine eben gestellte Frage doch niemand der beiden antwortete.
Seufzend nahm er seine Tasche und setzte sich in Bewegung, als Jenna ihn doch aufhielt. Sie legte eine Hand an seinen Arm und sah ihn ernst an. "Wir wissen Bescheid, Harry." sagte sie nur.
Doch das reichte schon. Der Lockenkopf ließ die Tasche fallen und sah sie ungläubig an, ehe er sich zu Niall drehte und man hätte in diesem Moment meinen können, aus seinen Augen schossen Blitze. "Wie konntest du nur!?" rief er aufgebracht und schubste Niall, sodass dieser zurück taumelte. Sofort hob der Ire abwehrend die Hände und sah ihn entschuldigend an. "Es ging nicht anders, Harry! Es tut mir leid!" sagte er und Harry schnaubte.
"Und ihr habt ihn gehen lassen!?"
"Was hätten wir sonst tun sollen? Vielleicht braucht er kurz seine Ruhe er wird schon gleich wieder auftauchen, Harry. Bleib erstmal ruhig." sagte Jenna beruhigend und lächelte ihn vorsichtig an. Doch Harry konnte nicht ruhig bleiben. In ihm tobte die Angst, dass sein Leben den Bach herunterging. Nur Louis war für ihn eine Konstante, sein Rückzugsort bei dem er all die Probleme im Team vergessen konnte. Nur bei ihm konnte er ruhigen Gewissens abschalten. Es tat ihm sofort leid dass er seinen Freund so angegangen war vorhin. Das hätte er nicht tun sollen. Nochmals versuchte er ihn anzurufen doch es ging auch wieder nur die Mailbox ran. Frustriert sah er die beiden an. "Wo könnte er sein?"
"Auf dem Campus schon mal nicht. Das weiß ich genau. Er wird irgendwo hin gegangen sein. Harry warte am besten in seinem Zimmer auf ihn oder so. Er braucht jetzt erstmal seine Zeit." antwortete Jenna mit ruhiger Stimme und Harry nickte einfach nur. Die Antwort war überhaupt nicht befriedigend für ihn doch er wusste auch, dass er nicht viel mehr tun konnte.
Ohne ein Wort zu sagen nahm der Lockenkopf seine Tasche und lief zu Louis' Zimmer. Auf dem Weg machte er sich nur noch mehr Sorgen, doch Jenna hatte wirklich Recht. Er musste jetzt abwarten.
Angekommen bei Louis' Zimmer drückte er die Klinke nach unten doch wie erwartet war natürlich abgesperrt. Und Harry hatte keinen Schlüssel, wieso auch. Sie waren ja immer überall gemeinsam. Wie ein eingeschworenes Team machten sie alles gemeinsam und die wenigen Stunden die sie getrennt waren verbrachten sie in den Vorlesungen oder beim Training. Bei dem Gedanken daran musste Harry leicht lächeln. Dennoch überwog wieder das schlechte Gefühl.
Unwissend was er jetzt tun sollte setzte er sich einfach vor die Zimmertür seines Freundes und beschloss zu warten. Nervös tippelte er auf seinem Handy herum.
20 Minuten.
Von Louis war keine Spur.
1 Stunde.
Die Minuten krochen wie eine zähe Masse langsam vor sich und Harry wurde zunehmend nervöser. So lange konnte er doch nicht weg sein? Wo war er?
2 Stunden.
Ein Hauch von Verzweiflung machte sich in Harry breit. Noch immer keine Spur von Louis. Noch immer saß er hier und starrte sein Handy an, das bald den Geist aufgeben würde. Noch immer klopfte sein Herz vor Nervosität unendlich schnell.
Und dann endlich. Da kam er um die Ecke gebogen, den Blick gesenkt auf seine Schuhe, die Schultern ließ er hängen. Harry sprang viel zu schnell auf und ihm wurde etwas schwindelig, sodass er sich an der Tür festhielt. Louis wurde aufmerksam durch das Geräusch und sah nach oben, geradewegs in die Augen seines Freundes. Das Blau in seinen Augen strahlte nicht so schön wie sonst wenn sie sich sahen. Harry sah ihn einfach nur an, während Louis ganz langsam auf ihn zuging.
"Wo warst du?"
"Ich hab nachgedacht." entgegnete Louis nur mit monotoner Stimme und sah wieder auf den Boden. "Über was denn?" fragte Harry nervös.
"Lass uns morgen reden, Harry. Ich bin müde." antwortete Louis nur und trat neben ihn. Mit leisem Klimpern holte er den Schlüssel aus seiner Tasche und steckte ihn in das Türschloss, um es wenige Sekunden später mit einem Knacken zu entriegeln und die Tür zu öffnen.
Harry beobachtete seinen Freund und in ihm wuchs so langsam aber sicher die Verzweiflung. Louis war so abweisend zu ihm, dass es für Harry fast nicht zu ertragen war. Er hasste es, so behandelt zu werden. Es tat ihm weh, besonders wenn Louis derjenige war von dem es ausging.
"Lou..." sagte er leise und Louis hielt inne und drehte seinen Kopf zu ihm, sah ihn aber nicht an. "Bitte Harry. Nur dieses eine Mal lass uns das Gespräch vertagen." bat er den Lockenkopf mit leiser Stimme und Harry seufzte, nickte aber ergeben.
"Kann ich...kann ich bei dir bleiben?" fragte er kleinlaut.
Louis schüttelte den Kopf, trat in sein Zimmer und schloss die Tür.
Und da stand Harry nun. Wie ein begossener Pudel starrte er die Zimmertür an und bewegte sich keinen Millimeter. Er war wie erstarrt. Sein Freund hatte ihm die Tür vor der Nase zugeschlagen. Alle Probleme mit dem Team traten in den Hintergrund. Da war nur noch Louis, der ihn nicht bei sich haben wollte. Seine Augen begannen gefährlich zu brennen und schnell wischte er mit dem Handrücken darüber. Er wollte nicht weinen. Er musste nur abwarten, morgen würde Louis mit ihm reden wie er es gesagt hatte.
Bedrückt nahm er seine Tasche und lief los zu seinem Zimmer. Eine Nacht ohne Louis würde sicher schwer werden im Anbetracht der Umstände. Außerdem war er es schon gar nicht mehr gewohnt. Den Tränen nahe lief er durch die dunklen Gänge bis er bei sich ankam, die Tür öffnete und sie hinter sich wieder schloss. Einen Moment sah er sich um. Er kam sich verloren vor in dem viel zu leeren Zimmer.
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