Teil 1:
„Xenia, bist du sicher, dass er schon 49 ist?", fragte Tammy, meine beste Freundin, als Lennox kurz auf der Toilette verschwunden war, „Er sieht keinen Tag älter als 27 aus". Ich konnte Tammy einfach nur anstarren, dann aber brach ich in Gelächter aus. Lennox? Noch 27? Das war einfach zu Absurd. Wir kannten uns doch schon seit so vielen Jahren und ...
„Er hat nur verdammt gute Gene", versuchte ich zwischen mehreren Glucksern herauszubringen. Offensichtlich hatte Tammy mich aber verstanden, denn sie schnitt das Thema nicht noch einmal an.
Ich wünschte fast, ich könnte jetzt noch genau so unbeschwert loslachen, wenn ich über diese Frage nachdachte.
Doch das ging nicht mehr. Nicht, nachdem das, was ich gesehen hatte mir die rosarote Brille gewaltsam von der Nase gerissen hatte.
Eine Brille, die ich unbewusst seit 20 Jahren getragen hatte.
Unruhig ging ich in meinem Hotelzimmer hin und her. Ich hatte Lennox telefonisch mitgeteilt, dass Tammy und ich ein spontanes Mädels Wochenende in Frankfurt verbrachten. Ich hatte ihn angelogen, doch ich konnte nicht anders, nicht nachdem...
Ich hörte Knochen brechen, ich sah einen sich deformierenden Körper und dann sah ich einen Wolf, der hinein in den Wald rannte. Ich konnte mir gerade noch selbst die Hand vor den Mund halten, um nicht laut loszuschreien.
Wahrscheinlich hätte ich es gar nicht mitbekommen sollen, doch es war passiert. Ich war auch schon aus dem Haus und auf der halben Strecke zur Arbeit gewesen, doch dann war mir eingefallen, dass ich meine Aktenmappe hatte liegen lassen. Also fuhr ich zurück.
Etwas von dem ich mir einerseits wünschte es nicht getan zu haben, andererseits aber bereute es nicht schon früher bemerkt zu haben.
Seufzend ließ ich mich aufs Bett fallen und starrte an die vergilbte Zimmerdecke. Dabei war alles so perfekt gewesen.
Es war Frühling gewesen und ich war gerade in diese Kleinstadt gezogen. Frisch von der Uni war ich entschlossen aus meinen Leben etwas zu machen und hatte hier kurzerhand einen Job als Tierärztin in einer kleinen Praxis angenommen.
Ja und dann kam er mit einem verletzten Wildvogel in meine Sprechstunde. Ein Augenblick den ich nie mehr vergessen würde.
Die Tür öffnete sich und ich blickte auf. Augenblicklich nahmen seine Augen mich gefangen. Sie waren Tiefschwarz mit hellen, silbernen Punkten rund um die Pupille. Er sagte wohl irgendetwas, doch irgendwie war ich zu beschäftigt ihn anzustarren. Erst als sein Gesicht plötzlich ganz nah bei meinem war, hatte ich mich wieder gefangen. Naja fast, denn ich sagte das Erstbeste, was mit in den Sinn kam. „Hallo, mein Name ist Xenia..."
Damals hätte ich schon erkennen müssen, dass mit ihm etwas nicht stimmt, alleine seine Augen waren zu schön, um wahr zu sein, aber ab diesem Tage an sahen wir uns fast täglich. Ich verlor mein Herz schneller als ich es je für möglich gehalten hätte.
Wir gingen gerade Hand in Hand am See entlang, als er plötzlich stehen blieb und mir fest in die Augen sah. „Xenia, willst du meine feste Freundin sein?". Im ersten Moment war ich wie versteinert, dann aber sprang ich ihn in die Arme und sagte, „Ja!". Daraufhin zog er etwas aus seiner Tasche und drehte mich um. Dann fühlte ich etwas kühles in meiner Halsbeuge und ich schaute hinab. Ohne dass ich es mitbekommen hatte, hatte Lennox mir eine Kette umgelegt. Eine Kette mit einem Sichelmondförmigen Anhänger.
Ich hatte die Kette seitdem erst einmal abgelegt und zwar nur, weil dar Verschluss gerissen war und er repariert werden musste.
Ich griff nach der Kette und holte sie hervor. Sogar dieser einfache Anhänger war ein Symbol von etwas, dass ich bis jetzt nie wahrgenommen hatte. Ein Sichelmond, ein Objekt, das von Wölfen angeheult wird.
Hastig riss ich am dünnen Kettchen. Diese Welt der Wölfe war nicht normal. Ich wollte damit nichts zutun haben!
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