Gerüchte und der Siegelring
17.
Gerüchte und der Siegelring
Claire P.o.V.
Es dauerte nur einen Tag, bis sich in der ganzen Schule das Gerücht verbreitet hatte, ich hätte mit Sirius in einer Besenkammer rumgemacht.
Bereits während des Frühstücks am Montagmorgen erschien mir einiges eigenartig.
Von dem Moment an, als ich die Große Halle betrat, hafteten ein Dutzend Blicke an mir.
Spätestens, als vereinzelte Leute zu flüstern begannen, ahnte ich, dass etwas nicht stimmte, und diese Vermutung wurde auch sogleich bestätigt, als ich einen kleinen Teil des Gesprächs zweier Fünftklässlerinnen aufschnappte.
„Bist du sicher?", hörte ich die eine wispern.
„Sie ist so gar nicht Blacks Typ."
Ich stockte und musste dem starken Drang widerstehen, herumzuwirbeln.
In meinem Kopf drehte es sich, doch dieses Mal war es nicht dem Alkohol zu verschulden.
Ich gab mein Bestes, mir nichts anmerken zu lassen und eilte weiter ans Ende des Gryffindortisches, wo Brenda mich erwartete.
Wer konnte nur etwas verraten haben?
Ich ertappte mich, wie ich selbst Brenda misstrauisch beäugte, die mir soeben neben sich Platz gemacht hatte und mich sogleich in ein Gespräch verwickelte.
Eigentlich war es auch egal, dachte ich dann.
Jetzt müsste ich eben mit dem Gerücht umgehen.
Und das - so fand ich- tat ich am besten durch Schweigen.
Es war nicht, dass ich nicht mit Sirius in Verbindung gebracht werden wollte, mein Problem mit den Gerüchten war einzig und allein, dass sie nicht wahr waren.
Gerade hatte ich begonnen, mein Frühstück zu verspeisen, als mit viel Geflatter die Post hereingeflogen kam.
Bisher hatte ich noch nie Post bekommen, sodass Brenda mich erst anstupsen musste, damit ich den Waldkauz bemerkte, der mir erwartungsvoll sein Bein entgegenstreckte.
Ich löste die kleine Schachtel, die an seinem Bein hing, und belohnte die Eule mit einem Stück Toast, woraufhin sie freudig mit dem Schnabel klackerte und schließlich davonflug.
„Von wem ist es?", fragte Brenda interessiert, während sie ihren Pfannkuchen aufspießte.
„Keine Ahnung", antwortete ich überrascht und suchte nach einem Absender.
Es war keiner zu finden.
Ich wollte gerade das Packpapier abreißen, als Lily aus dem Nichts hinter uns auftauchte und uns unterbrach.
„Morgen! Ich dachte, ich hole euch auf dem Weg zu Verwandlung ab“, begrüßte sie uns und tippte auf eine imaginäre Uhr.
Bis jetzt war mir noch gar nicht aufgefallen, wie spät es geworden war.
Ich stopfte das Päckchen eilig in meine Tasche und stand auf.
Brenda ließ es sich jedoch nicht nehmen, sich ihr restliches Frühstück in den Mund zu schaufeln, sodass wir am Ende doch rennen müssten, um in das Klassenzimmer zu huschen, bevor die Tür zu fiel.
Ich bemühte mich angestrengt, nicht in Sirius' Richtung zu blicken, während ich meinen Platz einnahm, obwohl ein lautes Husten verdächtig danach klang, als würde jemand meine Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollen.
Remus murmelte ein leises „Hey", als ich mich neben ihn fallen ließ, doch sein Lächeln wirkte seltsam aufgesetzt.
Ich war gleichermaßen beschämt und beunruhigt von dem Gedanken, er könnte etwas verraten haben.
Remus war einer der freundlichsten Menschen, die ich je getroffen hatte. Seine eigenartige Laune konnte unzählige Gründe haben.
Wann war ich nur so misstrauisch geworden?
Die Stunde schien nicht enden zu wollen.
Immer wieder wanderte mein Blick zu meiner Tasche, in der das Päckchen steckte.
Ich hatte nicht den blassesten Schimmer, wer es geschickt haben könnte oder was es enthalten könnte.
Insgeheim hoffte ich, dass es von meinem Vater kam, da er mir noch nicht geschrieben hatte, seitdem ich in Hogwarts angekommen war.
Als der Minutenzeiger endlich auf die zwölf rückte, war ich die Erste auf den Beinen.
In meiner Hast, das Klassenzimmer zu verlassen, stieß ich beinahe in Sirius, der hinter meinem Pult aufgetaucht war.
„Oh, hey", sagte ich und versuchte, meine Stimme ruhig klingen zu lassen.
„Hey", antwortete Sirius.
„Kann ich mit dir reden?"
Ich rieb mir nervös die Arme, als ich bemerkte, dass ein Mädchen mir von der anderen Seite des Raumes aus böse Blicke zuwarf.
„Ähm, ja", brachte ich heraus und zwang mich, zu lächeln.
„Also... wollen wir nach nebenan gehen?", fragte Sirius und deutete auf das unbenutzte Klassenzimmer, in dem ich mich einst mit Annie gestritten hatte.
„Nein!", sagte ich etwas zu schnell.
„Lass uns einfach hier reden."
Ich konnte nun wirklich nicht gebrauchen, dass man mich mit Sirius in einem leeren Klassenzimmer verschwinden sah.
Sirius schien etwas verwirrt.
„Ähm, okay - wie du willst", stimmte er schulterzuckend zu und lehnte sich an das Pult hinter ihm.
„Eigentlich wollte ich mich nur entschuldigen."
„Was?", fragte ich perplex.
„Mich entschuldigen", wiederholte er. „Für, naja, alles. Die Gerüchte und so. Du weißt schon."
„Du kannst ja nichts dafür", erwiderte ich.
„Oh, ähm ja. Trotzdem wollte ich dir sagen, dass sich deshalb nichts zwischen uns ändern muss", sagte er und fuhr sich durch die Haare.
„Natürlich nicht", antwortete ich und hoffte, dass ich nicht so nervös wirkte, wie ich mich gerade fühlte.
Wollte ich denn nicht, dass sich etwas zwischen uns veränderte?
„Gut- Das ist... gut", antwortete er und eine unangenehme Stille entstand zwischen uns.
Ich blickte auf den Boden und begann, meine Haare zu zwirbeln.
„Willst du am Wochenende mit mir nach Hogsmeade gehen?", fragte Sirius ganz plötzlich und war augenscheinlich selbst davon überrascht.
„Ich- Was ist Hogsmeade?"
Ich hätte mich ohrfeigen können.
„Stimmt, das weißt du natürlich nicht", sagte Sirius mehr zu sich selbst als zu mir und lachte auf.
„Hogsmeade ist ein Zaubererdorf in der Nähe. Die Schüler dürfen ab und zu hin. Nächstes Wochenende zu Beispiel."
Ich brauchte einen Moment, um mich zu sammeln.
„Wenn du lieber mit Lily und den anderen gehen willst, verstehe ich das natürlich", fügte Sirius schnell hinzu und zuckte mit den Schultern.
Offensichtlich hatte er mein Schweigen falsch gedeutet.
„Nein, ich würde gerne mit dir gehen!", korrigierte ich meinen Fehler eilig.
„Dann ist es ein Date?", fragte Sirius mit seinem unverkennbaren Rumtreiber-Grinsen.
Ich grinste ebenfalls.
„Wenn du das sagst."
Für den Rest des Tages konnte ich nicht klar denken.
Ich war sogar so beflügelt, dass ich das Päckchen in meiner Tasche vergaß, bis ich an diesem Abend auf meinem Bett saß.
Ich hatte niemandem von meinem Date mit Sirius erzählt und hatte es auch ersteinmal nicht vor.
Die Gerüchte über mich mussten nicht zusätzlich angefeuert werden und um ehrlich zu sein, hatte ich auch Angst vor der Reaktion meiner Freunde.
Zwar wurde Sirius von allen gemocht, doch er war nicht gerade für seinen ernsthaften Umgang mit Beziehungen bekannt.
Nicht dass eine Beziehung zwischen uns bestand. Es war schließlich nur ein Date.
Jedenfalls war ich mir recht sicher, dass er ebenso wenig darüber verraten würde wie ich.
Als ich sicher war, dass niemand mehr wach war, zog ich das Päckchen aus der Tasche.
Es war sehr leicht, fast so, als enthielte es nichts als Luft.
Möglichst leise begann ich, das braune Packpapier abzuwickeln und enthüllte eine rubinrote Schatulle.
Langsam bezweifelte ich, dass mein Vater sie geschickt hatte.
Ich ließ die Schatulle aufschnappen und sog lautstark die Luft ein.
In ihr steckte ein Ring.
Die Einfassung war makellos golden und in der Mitte funkelte ein Rubin in der gleichen Farbe der Schatulle.
Doch das war nicht, was mich erschreckte.
Es war das Zeichen, das in den Rubin eingraviert war.
Ein verschnörkeltes „W“ und darunter drei kleine Sterne.
Wer schickte mir einen Siegelring mit unserem Familienwappen?
Es war nicht der Ring an sich, der mich überraschte. Schon zuvor hatte ich Siegelringe mit diesem Wappen gesehen, jedoch wurden sie nur von den wichtigsten Familienmitgliedern getragen.
Als Kind hatte ich sie immer an den Fingern meines Großvaters, meines Onkels und meiner eigenen Mutter bewundert.
Was dieser Ring nun jedoch in meinem Besitz zu suchen hatte, war mir ein Rätsel.
Beinahe ehrfürchtig entnahm ich den Ring der Schatulle und drehte ihn im Licht meiner Nachttischlampe.
Auf der Innenseite des Rings fand ich eine weitere Gravur.
„Familia super omnia“
Familie über alles.
Unser Familienmotto.
Ich zögerte einen Moment, doch dann streifte ich mir behutsam den Ring über den Finger.
Nichts passierte.
Das einzige, was ich fühlte war, wie kalt und überraschend leicht der Ring war.
Ich wusste nicht recht, was ich erwartet hatte, doch ich war beinahe enttäuscht.
Mit dem Ring am Finger öffnete ich die Schatulle erneut und suchte nach einer Nachricht.
Meines Wissens nach besaß mein Vater keinen der Siegelringe und den meiner Mutter hatte ich nach dem Feuer nie wieder gesehen. Wer mir also einen dieser Ringe geschickt haben könnte und womit ich ihn verdient hatte, wusste ich nicht.
Gerade als ich aufgeben wollte, fiel mein Blick auf einen kleinen Zettel, der hinter dem Samtpolster steckte und von dem ich hätte schwören können, dass er vor einer Sekunde noch nicht dort gewesen war.
Langsam entfaltete ich ihn.
„Bedenke deine Verantwortung.
Trage ihn mit Stolz.“
___________________________________________
Überraschung, ich lebe noch!
Hier habt ihr ein kurzes Kapitel, von dem ich vergessen habe, dass ich es geschrieben hatte.
Alles Liebe, El.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro