Prolog - 2. Dezember 2006
Ein leichter Nebel zog über die Spitzen der Tannen, die in helles Mondlicht getaucht waren. Lange, blonde Haare wehten ihr durch den kühlen Nachtwind ins Gesicht.
Ihr Blick aus eisblauen Augen senkte sich den Stein hinab, in den Abgrund. Durch die dicke Nebelschicht konnte man eben noch den wilden Fluss, der dort unten strömte, erahnen. Das Mädchen streckte die Arme aus. Tief atmete sie die kühle Nachtluft ein.
„Freiheit", dachte sie.
Wie oft hatte sie schon an dieser Klippe gestanden und sich dieses Wort durch den Kopf gehen lassen? Der reine Gedanke daran, dieses Gefühl nur ansatzweise zu spüren, war unglaublich. Ein Schritt nur trennte sie von ihrem Schicksal.
Da erhob das Mädchen den Kopf und sah in den Sternenhimmel. Trotz des Nebels konnte man die kleinen Sonnen erkennen. Sie strahlten hell, aber nicht hell genug, um sie von ihrem Vorhaben abzuhalten. Sie würde den letzten Schritt gehen. Um ihre Freiheit zu bekommen. Es war nur ein Schritt nötig. Was würde schon dabei sein?
Nur einen Moment lang zögerte sie. Dieser Schritt war nicht nur der Gang in die Freiheit, sondern auch der Gang in den Tod. Sie ließ sich zu Boden sinken. Langsam setzte sie sich an die steile Klippe. Sie baumelte mit ihren Beinen die Schlucht herab.
Vierzehn lange Jahre hatte sie gelebt. Vierzehn Jahre, in denen so viel passiert war. Die zerklüfteten Hochebenen, die steinigen Pfade und die Tatsache, dass man immer wieder etwas Neues entdecken konnte, hatte sie schon geliebt, seit sie denken konnte. Der rauschende Fluss, der kühle Wind und der Schnee, der in feinen Flocken ihr Gesicht umrahmte. All das nahm sie wahr. Sie war wie in Trance.
War all das, was sie erlebt hatte, es wirklich wert, diesen Sprung zu tätigen?
Doch nun gab es kein Zurück mehr. Gedanklich war sie bereits tot. Morgen würde Ava sieben CDs vor ihrer Haustür finden, die all dies erklären würden. Es war zu spät.
Sie würde es tun. Noch heute Nacht.
Dies war ein Versprechen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro