Filmauftrag mit Folgen
"Greta, Tamina, kommt ihr bitte zu uns in die Küche? Es gibt Essen und wir müssen mit euch reden!" rief Anna Tarner aus dem Erdgeschoss.
Greta antwortete: "Ja Mama, komme schon!" Sie seufzte und ließ das Foto, das sie gerade einrahmen wollte, auf ihrem Schreibtisch liegen.
Als die Vierzehnjährige das Zimmer verließ, tauchte gerade der rote Haarschopf ihrer drei Jahre jüngeren Schwester Tamina in der Badezimmertür auf.
Die beiden hatten die langen, roten und glatten Haare von ihrer Mutter geerbt.
Gemeinsam liefen die Schwestern die Treppe hinunter und betraten die Küche.
Am Tisch saßen bereits die Mutter der beiden und ihr Vater, Christoph Tarner.
Greta und Tamina setzten sich und ihre Mutter häufte ihnen Spaghetti auf die Teller.
"Greta, Tamina, wir müssen mit euch reden. Papa und ich haben gerade einen Auftrag erhalten.
Wir sollen für ein Jahr nach Finnland, um eine Dokumentation über die heimischen Tiere zu drehen.
Wir haben mit Tante Margaret gesprochen, aber sie möchte in der Zeit nur ungern auf euch aufpassen.
Deshalb..." fingt Anna an, wurde jedoch von Tamina unterbrochen.
"Dürfen wir mit und in Finnland zur Schule gehen?" fragte die Elfjährige aufgeregt.
Doch ihre Hoffnungen wurden zerstört.
"Nein. Das geht nicht. Wir haben beschlossen, dass ihr so lange auf ein Internat gehen werdet.
Aber stopp, bevor ihr mich jetzt unterbrecht, hört mir bitte zu.
Ich weiß, dass euch das nicht gefällt, aber es muss sein.
Ihr dürft wieder in eure normale Schule gehen, wenn wir wieder da sind.
Papa und ich haben uns gedacht, da ihr jetzt beide schon sehr lange reitet, dürft ihr auf ein Reitinternat gehen.
Dort wird auch das Fach Reiten unterrichtet.
Ihr bekommt beide ein eigenes Pferd.
Es ist schon alles geregelt, nach diesen Ferien, also den Pfingstferien, bringen wir euch hin. Das heißt, ihr habt ab morgen noch fünf Tage Zeit.
Jetzt esst erst mal, morgen können wir noch darüber sprechen und anfangen, eure Sachen zu packen."
Als Greta später im Bett lag, konnte sie nicht schlafen.
Sie hatte erwartet, dass sie in fünf Tagen ganz normal in die Schule gehen, ihre Freundinnen sehen und mit ihnen über Lehrer lästern würde.
Stattdessen würde sie in fünf Tagen ein neues Zuhause für ein Jahr haben und ohne Freunde in eine neue Schule gehen.
Aber es war ein Reitinternat und sie würde ein Pferd bekommen. Das war wenigstens etwas.
Mit diesem Gedanken schlief Greta schließlich ein.
Als sie am nächsten Tag aufwachte, rief sie als Erstes ihre beste Freundin Cleo an.
"Cleo, ich muss dir was erzählen!" begann sie, "Mama und Papa müssen für ein Jahr nach Finnland, und Tami und ich sollen solange auf ein Reitinternat gehen!"
Kurzes Schweigen. Dann rief Cleo entsetzt: "Was? Dann gehst du ja gar nicht mehr mit uns in die Schule! Wo ist das Internat überhaupt? Weit weg? Ach, ich wünschte ich könnte mit dir hingehen, das war schon immer mein größter Wunsch!"
"Ich... weiß nicht so genau wo das ist... aber fändest du das auch so cool, wenn du keine Chance hättest wieder heimzugehen, wenn es dir nicht gefällt? Wenn deine Eltern tausende Kilometer weg wären, immer in anderen Hotels? Wenn du nie wüsstest, wo du die Briefe hinschicken sollst? Fändest du das dann auch so toll?" fragte Greta.
Doch dann erinnerte sie sich an die Pferde, die sie und Tamina bekommen würden.
"Aber wir bekommen eigene Pferde! Die wollen wir morgen aussuchen, da ist ein großer Pferdemarkt."
Die beiden redeten noch eine Weile über Pferde.
Schließlich ging Greta hinunter in die Küche. Dort saß schon der Rest der Familie.
"Also... das Internat, auf welches ihr gehen werdet, heißt Lilienberg und liegt etwa eine Stunde von hier entfernt. Dort ist ein eigenes Pferd Pflicht. Vormittags habt ihr ganz normale Fächer, aber jeden Nachmittag steht eine Stunde Reitunterricht und zwei Stunden Spring-, Dressur- oder Westernreitunterricht an.
Ich habe euch beide für Springunterricht angemeldet.
Greta, du wirst in die achte Klasse gehen, Tamina in die fünfte.
Reitunterricht werdet ihr zusammen haben. Es wird euch dort gefallen, glaubt mir.
Eine meiner Freundinnen war dort während ihrer Schulzeit. Sie war begeistert.
So... alle fertig mit Frühstück? Dann schlage ich vor, dass Tamina mit eurem Vater einkaufen geht, hier ist die Liste, während ich mit Greta schon mal alles packe, was wir bereits zuhause haben.
Nachher packe ich mit Tamina, während Greta ja zum Beispiel eine Liste erstellen könnte, was wir alles für eure zwei Pferde brauchen." erklärte Anna.
"Mama... wann packt ihr eure Sachen?" fragte Greta, während sie in ihren Toast biss.
Während sie die Butter in den Kühlschrank räumte, erwiderte ihre Mutter: "Wir haben schon gepackt. Wir haben den Auftrag schon vor zwei Wochen bekommen. Tut uns leid, dass wir euch nichts gesagt haben, aber wir mussten erst mal alles regeln. Wir mussten ein Reitinternat in Deutschland finden, das euch während dem Schuljahr aufnimmt.
Wir mussten einen Pferdemarkt finden, der innerhalb dieser zwei Wochen stattfindet.
Und nicht zuletzt mussten wir überlegen, wie man seinen Kindern am besten erzählt, dass sie in zwei Wochen auf ein Internat gehen werden."
Während dem Packen war Greta nicht bei der Sache. Zwei mal packte sie etwas Falsches ein.
Schließlich hatte sie jedoch alles für den Schulbeginn beisammen.
Als sie gerade ihren dritten Koffer schloss, ging die Haustür auf und ihr Vater und Tamina kamen herein.
"Wir sind wieder zu Hause!" rief Tamina fröhlich und kam die Treppe hoch.
"Super, dann packe ich jetzt mit dir, Tami. Greta, machst du eine Liste, was wir morgen alles kaufen müssen?
Das läuft morgen so ab: Wir fahren auf den Pferdemarkt. Ich weiß, dass ein Pferdemarkt nicht optimal ist, aber wir würden innerhalb von fünf Tagen kein Pferd aus einem Reitstall kaufen können.
Dort sucht ihr euch zwei Pferde aus, reitet sie Probe, dann kaufen wir sie und nehmen sie gleich mit. Sie stehen dann für die drei Tage in eurem Reitstall.
Ich weiß dass das etwas schnell geht, aber wir haben keine Zeit. Wir müssen uns beeilen." erklärte ihre Mutter.
Greta nickte und suchte einen Zettel, während ihre Schwester mit ihrer Mutter nach oben ging und ihr Vater für ein wichtiges Telefonat im Wohnzimmer verschwand.
Dann setzte sie sich die Vierzehnjährige an den Tisch und überlegte.
Was brauchte man eigentlich alles für zwei Pferde?
Schließlich beschloss Greta, ihre beste Freundin Cleo anzurufen, denn die beiden ritten beide seit zehn Jahren.
So konnte sie sicher sein, dass sie nichts vergessen würde.
Cleo nahm den Anruf sofort an.
Greta sprudelte gleich los: "Cleo, ich brauche deine Hilfe. Was braucht man alles für zwei Pferde? In einem Internat, wo Reiten als Hauptfach drei Stunden am Tag unterrichtet wird? Es gibt auch einmal im Jahr ein großes Turnier, wo der beste Reiter oder die beste Reiterin der Schule ausgewählt wird. Es gibt sogar sozusagen eine Mannschaft für Lilienberg, die bei Turnieren auswärts starten darf! In dieser Mannschaft sind aber nur die Besten von den Besten, ich glaube nicht, dass ich da jemals rein komme. Aber man darf auch so auf Turnieren starten, wenn man sich halt anmeldet."
Sie machte eine Pause und schnappte nach Luft.
Cleo musste grinsen und begann aufzuzählen: "Beruhig dich erst mal!
Also... ihr braucht Sättel, Trensen, Gamaschen, Decken, Satteldecken, Putzzeug..."
Als die Freundinnen fertig waren, war die Liste über eine Seite lang.
Greta bekam einen Schreck, als sie auf die Liste sah. Das würde einiges kosten!
Sie faltete die Liste zusammen und ging ebenfalls nach oben.
Dort klopfte sie an die Zimmertür ihrer kleinen Schwester.
"Mama... ich wäre fertig. Cleo hat mir geholfen, ich hoffe wir haben alles. Hier." Sie gab ihrer Mutter das Blatt.
Diese faltete es auf, las es kurz durch und nickte.
"Das besorgen wir alles morgen" sagte sie und sah erschöpft auf die Uhr, "ach du meine Güte! Schon halb acht! Wir haben heute glatt das Mittagessen ausfallen lassen!
Was haltet ihr davon, wenn wir Pizza bestellen? Dann muss ich nicht kochen und kann mit Tami noch ein bisschen packen. Das dauert irgendwie länger als gedacht..."
Sie stopfte einen Stapel blauer Schlafanzüge in einen der drei überfüllten Koffer auf dem Bett und schloss ihn.
Dann murmelte sie: "Das ist zu wenig Platz... aber wenn ich noch Opas alte Reisetasche nehme... sind drei gigantische Koffer und so ein Monster von Reisetasche wohl erlaubt?"
Gedankenverloren packte sie einen Koffer wieder halb aus.
Dann rief sie entsetzt: "Tamina! Warum hast du alle deine neun Badeanzüge eingepackt? Und hier, die sieben Bikinis auch noch! Und was ist das?
Mensch Tami, die T-Shirts sind dir doch alle zu klein!"
Gretas Schwester machte ein schuldbewusstes Gesich und murmelte: "Die Badsachen hab ich eingepackt, ja. Da ist ja ein See, wo man mit den Pferden baden kann. Aber die T-Shirts hast du da drüben hingelegt!"
Sie deutete auf den Stuhl in der Ecke.
Anna Tarner schlug sich mit der Hand gegen die Stirn und rief: "Ach Schatz! Ja, die hab ich da hingelegt! Aber doch nur, weil ich sie verkaufen will! Nicht zum einpacken!"
Schließlich war in den Koffern doch für alles Platz.
Erschöpft schloss die Mutter der Schwestern den letzten Koffer und ließ sich aufs Bett fallen.
Dann klingelte es auch schon an der Haustür.
Gretas Vater öffnete die Tür, bezahlte die Pizza und nahm sie entgegen.
In der Küche verteilte er sie auf vier Teller.
Als die gesamte Familie sich das Essen schmecken ließ, wurde Greta auf einmal klar, dass sie und Tamina eigentlich riesiges Glück hatten.
Während andere in der Schule nachmittags büffeln mussten, hatten sie Reitunterricht.
Während andere es neben den Hausaufgaben kaum in den Stall schafften, war Reiten bei ihnen ein Pflichtfach.
Ein Reitinternat wie Lilienberg war der Traum vieler Mädchen. Und doch wurde für die wenigsten dieser Traum wahr.
Sie und Tamina hatten das Glück, nach Lilienberg gehen zu dürfen. Mit einem eigenen Pferd.
Und das erste Mal, seit sie es erfahren hatte, freute sich Greta auf die Schule.
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