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Bevor einer der beiden etwas machen kann, reißt die Schlange an ihrem Unterarm den Kopf nach vorn und verbeißt sich in der Hand des Mannes. Ein ohrenbetäubendes Gebrüll wird laut und auch ruft er einen Alarm aus. „Fuck." Charly schubst den Kerl aus ihrem Weg und sprintet den Gang entlang, um hier irgendwie rauszukommen! Doch von unten und auch von dem Gang gegenüber kommen die ersten Männer heraus- und hochgestürmt. Jeder mit ihren Waffen und einem sauren Gesichtsausdruck. Man entdeckt nun auch den Kerl der immer noch bewusstlos an der Treppe sitzt und zieht ihn aus ihrem Blickfeld. Charlette bleibt mitten im Gang stehen und will sich zurückziehen, kann es aber auch nicht, da die anderen Türen aufgestoßen werden, welche sie vorhin vermieden hat. Ihr einziger Weg geht nach oben, die Treppe nach unten wird von den anderen Männern gestürmt. „Ich hab ihm gesagt das ist ne scheiß Idee.", zischt sie leise und nimmt den einzigen Fluchtweg der ihr noch übrigbleibt. Oben ist ihr egal dass sie die Tür fast aus den Angeln krachen lässt, bevor sie über das flache Dach läuft und kurz vor dem Ende stehen bleibt. „Hehe... Ja scheiße man, ich bin am Arsch." Sie dreht ihren Kopf und presst die Lippen aufeinander. Durch die nun geöffnete Tür kommen immer mehr bewaffnete Männer die sich vor ihr in einer Art Halbkreis aufstellen. Die Wachen aus den zwei Wachtürmen die den besten Überblick haben, zielen mit Pfeil und Bogen auf sie. Auch wenn sie nicht sterben kann, sie möchte trotzdem verhindern dass sie durchlöchert wird. Es gibt einfach Dinge... die sollten nicht in einen Körper eindringen. Besonders nicht in ihren. Darunter fallen jegliche Waffentypen! „Diebin! Gaunerin! Sie hat das göttliche Papyrus gestohlen!" Der Kerl von vorhin kommt durch die Männer gelaufen und stellt sich direkt vor die Reihen an Echrawachen. Charlette mustert ihn und sieht auch, dass er die Schlange von vorhin wohl unterwegs verloren hat. Armes Ding. Die junge Frau hebt ihren rechten Zeigefinger und versucht ruhig zu bleiben. „Ich habe eine Karte gestohlen!" Ganz leise fügt sie hinzu: „Und mein Zeug.", was die anderen aber nicht verstehen können. Andere Sprache, zumindest das letzte. „Gib das wieder her und ich verspreche dir dass dein Tod schnell sein wird.", faucht er sauer und kommt auf sie zu. Charly weicht noch einen Schritt zurück und tritt mit der Ferse schon ins Leere, kann sich aber noch fangen und sieht nach unten. Verdammt hoch! Doch sie richtet sich wieder auf und lächelt. „Zwei Dinge über mich. Ich gebe ungern etwas her was mir gehört, Punkt Nummer eins. Punkt Nummer zwei... das mit dem Tod wird ein wenig problematisch. Soweit ich weiß will Anubis mich nicht mehr so schnell da unten sehen und Osiris... wir haben zwar ein freundschaftliches Verhältnis, aber wir haben uns auch schon länger nicht mehr gesehen. Außerdem dürften sie einiges zu tun haben! Ein netter Besuch für zwischendurch wird vielleicht nicht drin sein!" Erschrocken zuckt sie zusammen, ehe sich der Schmerz breitmacht und der jungen Frau überrascht der Kiefer nach unten klappt. Keuchend sieht sie nach unten und starrt auf den Pfeil der sich in ihren Bauch gefressen hat. Mit zusammengepressten Lippen umfasst sie den Pfeil und versucht ihn herauszuziehen, doch die Spitze geht ab und so hält sie das blutverschmierte Holzteil mit den Federn in der Hand. Diesen mustert sie kurz und schmeißt ihn weg, ehe sie ein extremes ziehen spürt, gefolgt von einem klimpern auf dem Boden. Der Schmerz ist weg und sie sieht nach unten. Die Pfeilspitze wurde einfach aus ihrem Körper ausgeschleust, nur ein Loch ist in ihrem Oberteil zu sehen. Sie hebt den Kopf und zieht eine Augenbraue hoch. „Okay, welcher Arsch hat gerade ohne Befehl geschossen?" Die braunen Augen gehen auch zu den Männern in dem Wachturm, doch keiner rührt sich. „Ich hatte echt nicht vor angeschossen zu werden... und dann auch noch ohne Befehl!" Sie sieht zu dem Kerl der nun mehr bleich aussieht als wütend. Der Schock ist in seinen Augen zu sehen. „Bring mal deinen Hunden bei auf Befehl zu beißen und nicht einfach so, klar?" Mit leicht verzerrtem Gesicht reibt sie sich die Stelle an der sie angeschossen wurde und tritt nun direkt an den Rand. „Ich bin mal weg!" Grinsend salutiert sie, ehe sie ihre Arme zu beiden Seiten ausstreckt und sich nach hinten fallen lässt. Sie spürt das nichts und schließt die Augen als sie fällt. Sie hat die Karte und anders kommt sie hier nicht weg. Ihr Fall wird immer schneller, ihre Mundwinkel gehen immer weiter hoch. Der Wind zerrt an ihren blauen Haaren, an ihrer Kleidung. Ihre Freundinnen aus ihrer Zeit würden sich nicht einmal über so einen Abgang wundern.
Ein relativ harter Aufprall lässt sie wieder in die Realität zurückkehren, ehe sie Sternchen vor Augen hat. Dennoch kann sie sich relativ schnell aufsetzen und sieht grinsend den vor Angst erbleichten Männern zu, wie sie entweder erstarren oder versuchen zu fliehen. Sie kann sich das Lachen nicht verkneifen, während sie auf dem Kopf der riesigen Schlangengestalt Apophis sitzt. Ein Gefühl des Triumphs überkommt sie dann schon und es steigert sich ins extreme, als Apep das Maul weit aufreißt und ein Fauchen der Sonderklasse ertönen lässt, ehe er sich abwendet und mit ihr das Weite sucht. Weiterhin lachend legt sie sich auf den Bauch und gibt ihm einen Kuss auf eine der großen Schuppen. „Das war der WAHNSINN!" Aus dem Augenwinkel sieht sie etwas und dreht ihren Kopf, ehe sie sich aufsetzt und sich die Kleidung richtig umzieht. Das war knapp, denn der auftretende Sandsturm hüllt sie schon bald ein und so sind sie ein paar Minuten unterwegs, bis Apophis wieder langsamer wird. Er lässt sie runter und der Sandsturm verzieht sich, ehe er in seiner menschlichen Gestalt wieder hervortritt und sie halb sauer halb besorgt an den Schultern packt. „Was bei allen Göttern ist passiert?! Warum bist du gesprungen? Bist du noch bei Sinnen?" Charly lächelt leicht und sieht ihn ruhig an. „Es ist einiges passiert, aber..." Sie zieht etwas unter dem Mantel hervor und gibt es ihm. „Nummer eins." Irritiert lässt er sie los und nimmt das zusammengefaltete Stück Papyrus, denn wie die was sie zum Schreiben benutzt hat sieht das nicht aus! Mit gerunzelter Stirn faltet er die Karte auseinander und mustert sie skeptisch, ehe sich seine Züge entspannen und seine Augenbrauen dann hochgehen. „Du hast- Woher hast du die?" Charlette grinst nun breit. „Habe ich in dem Raum gefunden in dem auch das hier war." Sie zieht ein zweites Stück Papyrus hervor und hält es ihm hin. „Nummer zwei." Schon fast erstaunt dass sie es wirklich geschafft hat, nimmt er die zweite Papyrusseite aus ihrer Hand und sieht von dieser zu ihr. „Ich wusste doch dass es eine gute Idee war dich da reinzuschicken! Auch wenn der Abgang... dramatisch war!" Kurz lacht sie und verschränkt die Arme. „Junge, das war die beschissenste Idee überhaupt! Ich hätte den zweiten fast umbringen können!" Sofort ist er aufmerksam und lässt die Hände und die Mundwinkel sinken. „Der zweite...? Charly?" Schuldbewusst grinsend sieht sie auf die Seite. „Tja... als ich rein wollte kam mir einer entgegen, da hat aber ein Schlag ausgereicht. Handgelenk hat danach übrigens gut wehgetan. Nummer zwei hätte die anderen verständigt! Also... musste ich improvisieren. Wenn der Sauerstoff im Hirn fehlt, dann fällt man halt in Ohnmacht, das ist normal. Ich meine, Hallo? Mich hat da oben irgendjemand angeschossen! Also war ich ja noch harmlos." Es hat sie jemand- „Könntest du das vorletzte noch einmal wiederholen?", fragt er lächelnd und tritt einen Schritt auf sie zu. „Das hörte sich so an als hättest du gesagt dass du angeschossen wurdest." Ouh shit. Die dunkle Aura um Apophis herum bringt sein dann doch leicht furchteinflößendes Grinsen noch einmal einen ticken mehr böser aussehen. „Hehe... Uhm... War nicht schlimm! Also- Es hat wehgetan, ja! Aber nicht schlimmer als meine Periode in meiner Welt!" Die bekommt sie nämlich hier nicht, ein Segen. „Sie haben dich also angeschossen?" Die extrem ruhige Stimme macht ihr mehr Angst als alles andere gerade in diesem Moment. „Apep, ich schwöre auf alles dass es mir gut geht und dass du nichts machen musst, okay? Wir haben alles was wir brauchen und vielleicht auch eine Karte mit den Aufenthaltsorten der anderen Stützpunkte! Kein Grund sauer zu werden! Bitte." Die gold-braunen Augen starren ihr in ihre Seele, die Pupillen sind nur noch ein dünner Strich. Der breite Mund ist zwar immer noch zu einem Grinsen geformt, aber das ist kein positives Grinsen. „Ich glaube ich habe noch etwas zu erledigen." Mit einem Mal dreht er sich um und geht ein paar Schritte, bevor Charly nach vorn springt und sein Handgelenk umgreift. „Lass das!" Seine Augen sind voller Hass als er seinen Kopf zu ihr dreht. „Sie haben dich angeschossen! Anubis und die anderen werden sicherlich davon absehen wenn ich sie umbringe!" Wie bringt sie ihn am besten runter? „Apep, bitte!" Ihr Griff wird fester und ihr Blick bittend. „Wenn du sie umbringst und man dich fragt warum und du antwortest damit, dass sie mich angeschossen haben... Dann kommt die Frage warum ich überhaupt da war! Und sie können doch sehen was in dem Leben vorgefallen ist, oder nicht? Wenn einer von denen auspackt sind wir am Arsch! Lass uns einfach nur nach Hause, okay? Wir- Wir können kuscheln wenn du willst! Das sollte helfen!" Hoffentlich.
Die Wut in ihm wütet immer noch, doch trotzdem lässt er sich von Charlette beruhigen und atmet tief durch, ehe er sich ein wenig entspannt. „Sie können froh sein dass du sie verteidigst.", gibt er murrend von sich und muss die Wut wieder im Zaum halten, als er das Loch in ihrem Oberteil sieht. „Haben sie da-" „Ja. Aber wie gesagt, ist alles in Ordnung!" Zögerlich lässt sie ihn los und zieht das Oberteil ein wenig nach oben. Er sieht an sich zum ersten Mal diese Stelle ohne Kleidung, reißt sich aber am Riemen und ist einfach nur froh dass sie wirklich schon die Fähigkeit komplett übernommen hat sich zu regenerieren. Seine Hände gehen zu ihren Wangen und er streicht sanft darüber. „Vielleicht sollte ich nächstes Mal wieder gehen, dann wirst du nicht verletzt." Die junge Frau hingegen grinst breit und schnaubt amüsiert. „Ach, plötzlich war deine Idee doch scheiße?" Mit einem Augenverdrehen lässt er sie wieder los und sieht seufzend auf die Seite. „Das Spiel wieder?" Charly streckt sich gemütlich und setzt sich auf den Sand, sie fühlt sich ein wenig müde. Kommt aber vielleicht auch wegen dem Mist der passiert ist. „Können wir nach Hause?" Sie will jetzt wirklich nach Hause. Einfach nur in ihrem Zimmer sein und auch wieder einmal Ruhe haben. Sie haben in den letzten Tagen und Wochen eigentlich immer nur gesucht und gesucht und gesucht, hatten keinen freien Tag und sie musste sich erst daran gewöhnen dass sie immer weniger zu essen und auch zu trinken braucht. Mit einem Mal kribbeln ihre Zehen und Füße ziemlich komisch und sie sieht nach unten. Angst breitet sich in ihr aus. „Apep?! APEP!" Dieser sieht wieder zu ihr und runzelt die Stirn, ehe er ihrem Blick folgt. „Was zur-" Sofort kniet er sich neben sie und sieht überfordert dabei zu wie sich ihre Füße in Sand auflösen. Es geht immer weiter bis zu ihren Unterschenkeln. „Charly! Weißt du ob du irgendetwas gemacht hast! Irgendeinen Deal? Irgendetwas?" Panisch sieht sie zu ihm, schüttelt aber den Kopf. Sie spürt ihre Beine noch, aber... sie sind nicht mehr da. Sie lösen sich langsam aber sicher in Sand auf. „Ich will nicht weg, Apep..." Tränen sammeln sich in ihren Augen und er nimmt ihre Hand, platziert einen Kuss darauf. Er selbst weiß auch nicht was los ist, hat so etwas noch nie gesehen! Ein Fluch? Er weiß es nicht. „Du wirst nicht weggehen, Charly. Du gehörst zu mir, Kleines!" Apophis nimmt sie in den Arm und legt seinen Kopf an ihren. „Es wird alles wieder gut." Seine eigene Stimme zittert und sie sieht zu ihm hoch. „Du weinst..." Apophis ist von sich selbst überrascht wie schnell so etwas kommen kann, doch er erwidert den Blick, wobei sie leicht verschwommen ist. „Du aber auch, Baby." Sie lächelt leicht, spürt aber die heiße Flüssigkeit an ihren Wangen herunterlaufen. Sie weiß nicht was passiert, sie ist mit allem komplett überfordert und weiß nur dass sie nicht von ihm weg will. Der Prozess der Auflösung schreitet immer weiter voran, ihr Bauch muss auch daran glauben und er legt sie vorsichtig auf den Rücken. Er kann sie nicht verlieren. Wieso! Wieso muss sie jetzt gehen?! Was hat er getan sodass er sie jetzt verlieren muss! „Ist jetzt die Zeit um die Sünden zu beichten?" Muss sie in der jetzigen Situation wirklich noch Witze reißen?! „Spar dir den Atem, wir haben keine zwei Wochen dafür.", erwidert er kalt und bringt sie tatsächlich zum Lachen. Er sieht dabei zu wie sie ihre Hand hebt und sie an seine Wange legt. „Tja... Das war wohl meine Zeit als Ehefrau, was? Aber wenigstens hast du den Zettel und die Karte." Ihr trauriges Lächeln bringt ihn nur dazu noch mehr dieser verdammten Tränen zu produzieren. „Komm schon, Abschiede sind scheiße, das wissen wir beide. Aber wenn du so weiterheulst, dann siehst du irgendwann nicht mehr so gut aus, werter Chaosgott." Apophis beugt sich vor und legt seine Stirn an ihre. „Ich liebe dich, Charly. Du kannst jetzt nicht einfach abhauen! Das ist ein Befehl! Du kannst doch... nicht einfach... weg..." Er merkt wie sie eine seiner Hände nimmt und sie auf ihre Brust legt. Das schlagende Herz ist deutlichst zu spüren und er bringt sich selbst ein paar Zentimeter von ihrem Gesicht weg. „Ich werde mich wohl... aus dem Staub machen.", gibt sie von sich und sieht an sich hinunter. Als der Auflösungsprozess die Stelle erreicht an der Apophis seine Hand hatte, kippt er nach vorn. „Es tut zwar nicht weh aber... Wenn ich an eine Filmszene erinnern dürfte? Ich fühl mich nicht so gut." Apophis sieht dabei zu wie alles sich in Sand auflöst und in seiner Verzweiflung presst er seine Lippen auf ihre. Er schmeckt das Salz seiner eigenen Tränen, spürt aber gleichzeitig ihre Lippen und wie sie den Kuss erwidert. Er hat die Augen geschlossen und öffnet sie erst wieder, als er nichts mehr spüren kann. Sand liegt unter ihm, mehr nicht. Voller Wut und Verzweiflung hämmert er auf den Boden neben sich und brüllt seinen Schmerz über die weite Sandebene heraus. Er brüllt solange, bis ihm die Luft ausgeht und er keuchend in sich zusammensinkt. Sie ist weg. Alles was von ihr übrig ist, ist dieser verdammte Sandhaufen der mit einem kräftigen Wind weggeblasen wird. Apophis legt den Kopf in den Nacken, starrt in den Himmel. „WAS HABE ICH DIR GETAN!", brüllt er in das wolkenlose Blau, bevor die Trauer ihn wieder überkommt.
Apophis weiß nicht wie lange er dort gesessen hat, bevor er wieder einigermaßen zu Sinnen kommt. Sie hatte den Kuss erwidert. War das weil es ihre letzten Augenblicke waren, oder wäre wirklich Platz in ihrem Herzen für ihn gewesen? Wäre etwas daraus geworden wenn sie mehr Zeit gehabt hätte? Wieder überkommen ihn die Wellen der Trauer und er lässt die Tränen weiterhin fließen. Er hat das verloren, worum er wirklich gekämpft hat. Das Einzige was er je wirklich wollte. Die einzige Person die ihn von Anfang an normal behandelt hat. Die er liebte. Liebt, das wird nicht so schnell weggehen. Mit was hat er das bitte verdient? Was war das überhaupt? Was ist eigentlich passiert? Wie konnte das passieren? Jetzt ist sie einfach weg. In seinem Hinterkopf ist ihre Stimme die ihm noch vorschlägt dass sie kuscheln könnten wenn sie daheim wären. Nur damit er wieder runterkommt. Typisch sie, immer an andere denken! Höchstwahrscheinlich hätte sie es gar nicht gewollt, wenn er nicht so sauer gewesen wäre. Sein Blick geht ins Leere, während er weiterhin neben dem Ort sitzen bleibt an welchem sie von ihm gegangen ist. So viele Erinnerungen prasseln nun auf ihn ein und immer wieder muss er das Weinen anfangen. Der Schmerz in seiner Brust wird immer größer, der Verlust. Das Wissen, dass er sie in der Früh nie wieder wecken wird. Es gibt keine dummen Sprüche mehr. Niemand, der sich gegen seinen Bruder stellt. Sitara... was wird Sitara davon halten? Er muss ihr das auch noch irgendwie beibringen! Ob sie noch bei ihm bleiben wird? Oder will sie zu Charly hinübergehen? Wobei er nicht einmal weiß ob sie im Jenseits ist! Mit einem Mal fühlt er sich selbst so kalt, so leer. Einsam. Er ist wieder so einsam wie vorher. Das Haus wird wieder so kalt wie damals. Er ist allein. Die Ewigkeit über. Er will sich nicht mehr binden! Zu groß ist die Angst dass man ihn wieder verlässt. Niemand kann Charlette ersetzen, die Frau aus einer anderen Zeit. Sein perfektes Gegenstück. Aus einer kleinen Tasche bei seinem Lendenschurz zieht er eine kleine Kette hervor und sieht sie sich an. Es ist nicht viel! Doch Hathor, die Göttin der Liebe und der Frauen, hat ihm diesen Schmuck auf Wunsch hergestellt. An einem weichen ledernen Band hängt eine kleine, silberne Schlange die nicht in der Sonne reflektiert, dafür hat Hathor gesorgt. Die Kette passt sich an den Träger an und kann nur abgenommen werden, wenn es der Träger wirklich möchte oder es selbst tut. Egal wie, sie würde sonst nicht abgehen und ist an sein Leben gekettet. Dafür musste er ein wenig Blut opfern, welches in den roten Augen der Schlange als Kristalle verewigt sind. Somit ist die Kette unzerstörbar, da er unsterblich ist. Das wäre sein Hochzeitsgeschenk an sie gewesen, er wollte es ihr heute Abend oder morgen geben. Wo es ihm vorher noch Trost gespendet hat und Hoffnung, so empfindet er nichts als Trauer und Reue wenn er das Schmuckstück ansieht. Er will es wegschmeißen! Schafft es aber nicht und sieht stattdessen nur darauf hinunter. Seine Unterkiefer zittern, weswegen er sie aufeinanderpresst und dem Anhänger der Kette einen sanften Kuss gibt. Er hätte so viel früher machen sollen. Er hätte ihr die Kette früher geben sollen, er hätte ihr früher sagen sollen dass er sie liebt! Er hätte... so viel machen sollen. Nur langsam steht er auf und sieht auf die Stelle herunter wo er sie hingelegt hatte. Er will nicht weg, doch er kann hier auch nicht bleiben. Die Kette umschließt er mit seinen Fingern und drückt sie sanft. Das Einzige was ihm wohl geblieben ist und sie wusste nicht einmal etwas davon. Mit leicht hängendem Kopf wendet er sich ab und hebt die Karte und das Papyrus auf. Er betrachtet ihre Schrift, fährt mit seiner Hand darüber und verwischt dabei die Kohle ein wenig. Beides steckt er weg und geht die ersten Schritte, bevor er wieder stehen bleibt. Ist er verflucht? Ist er der Grund wieso sie nicht bei ihm bleiben kann? Alles was er bisher liebgewonnen hatte ist weg. Jede Person, jeder Mensch, jedes Tier... alle sind sie weg. Er sollte sich an nichts mehr binden. Einfach... nicht mehr fühlen, das wäre das Beste. Sich selbst leicht zunickend, beginnt er normal zu gehen, keine Wandlung, keine Teleportation.
Als er bei seinem Haus ankommt ist es mitten in der Nacht. Er hat doch hin und wieder in seine Schlangenform gewechselt um einfach wieder Zuhause sein zu können, auch wenn ihn dort die Erinnerungen an Charly nun überschütten. Lustlos, die Kette immer noch in der Hand haltend, geht er rein und knallt hinter sich schon fast die Tür zu. Er hat Kopfschmerzen, was wohl von dem ganzen Weinen kommt. Seine Augen brennen leicht und er fühlt sich einfach nur noch leer. Er geht die Gänge entlang und auch die Treppe hoch um zu den Zimmern zu gelangen. Vor ihrem bleibt er stehen und starrt die Tür an. Wenn er sie aufmachen würde, würde er sie nicht schlafend oder nachdenkend vorfinden. Aber Sitara- Nein. Er muss sich erst um sich selbst kümmern. Trotzdem knallt die Faust ohne Kette gegen die Tür. „VERDAMMT!" Nur zögerlich nimmt er die Hand wieder von der Tür und geht zu seinem Zimmer. Er weiß nicht was er braucht, aber vielleicht Schlaf oder so etwas. Vielleicht- „Apep?" Abrupt bleibt er stehen. Die Augen groß. Hat er- Er muss sich das jetzt einbilden. Den Kopf schüttelnd geht er wieder weiter. „Hallo? Erde an Vollpfosten! Knallst irgendwas gegen meine Tür und redest dann nicht mehr mit mir? Fuck... bin ich wirklich tot? Aw, shit..." Fassungslos dreht er sich um, starrt die blauhaarige Frau an die entgeistert auf ihre Hände runtersieht. „Gut... Sitara sieht mich, aber das muss ja nichts bedeuten. Fuck! Ist das ne scheiß Zwischenwelt? Aber ich bin nicht durchsichtig! Und- AU!" Sie hat gegen die Tür geschlagen und schüttelt die Hand mit schmerzverzerrtem Gesicht. „Nein... ouh fuck... Das tut weh!" „Charly!" Sie sieht von ihrer Hand hoch, wird aber im nächsten Moment an Apophis gedrückt. „Du lebst! Du warst- Der Sand! Wie bist du hier her gekommen? Was ist passiert?!" Die junge Frau erwidert die Umarmung aber erst einmal nur und schließt die Augen. Sie braucht das, genau wie er. All die Sorgen, all die Trauer, all die Wut... alles war umsonst. Aber es ist froh darüber dass es umsonst war, überglücklich sogar! Sie ist wirklich da, sie ist nicht weg. „Hey du Gott... heulst du schon wieder?" Apep hebt seinen Kopf und blickt in ein breit grinsendes Gesicht. „Natürlich! Ich dachte du wärst für immer weg, ich dachte ich hätte dich verloren! Und jetzt kreuzt du hier einfach wie aus dem Nichts in unserem Haus auf?" Charlette zieht eine kleine Schnute. „Soll ich wieder gehen?" Die Panik taucht wieder auf als er merkt wie sie wieder zu Sand zerfällt. Hat er sie sich nur eingebildet? Spielt ihm die Trauer einen Streich? Er tritt sogar einen Schritt zurück und sieht dabei zu wie der Sand vor seinen Augen verschwindet. Was bei allen Göttern ist gerade passiert? Schnaubend legt er sich eine Hand auf das Gesicht. „Natürlich war sie nicht echt...", zischt er, die Stimme wieder voller Trauer. Ein Räuspern jedoch lässt seinen Kopf herumreißen. „Nicht echt? Hallo? Ab jetzt mit einem special effect, mehr aber schon nicht." Charly lehnt in einiger Entfernung an der Wand, die Arme ein wenig verschränkt und ein zufriedenes Grinsen auf den Lippen. Der schwarzhaarige sieht von ihr zu dem Ort an dem sie zu Sand wurde und dann wieder zurück. „Aber wie- Was zur- Hä?" Die junge Frau nickt kurz. „Dein Bruder, Apep. Er hat mir doch die Hand auf den Kopf gelegt, weißt du noch? Mit ein bisschen Hokus Pokus... kann ich porten, so wie du. Nur halt mit Sand. Er war da als du noch... ich weiß nicht was gemacht hast und hat mir das alles erklärt. Ich habe mir wirklich gewünscht daheim zu sein, in meinem Zimmer und bei Sitara. Ja... das erste Mal ‚reisen' in dieser Art und Weise hat länger gedauert, aber das sei laut ihm normal. Sein Hochzeitsgeschenk, von dem er mir netterweise nichts gesagt hat. Der Arsch wollte sehen wie wir darauf reagieren." Apophis stellt sich nicht gegen seinen Bruder, allein wegen seiner Macht. Er ist und bleibt der schwächere Bruder, aber im Augenblick hat er größte Lust Ra eine reinzuschlagen. Mit voller Wucht. Ohne sich zurückzuhalten. „Gehört das dir?" Wieder zurück in der Realität sieht der schwarzhaarige, wie sie in die Hocke geht und etwas aufhebt, ehe sie aufsteht und es betrachtet. Die Kette, die er achtlos auf den Boden geschmissen hatte als er sie sah. Mit einem leichten Lächeln geht er auf sie zu und nimmt ihr die Kette vorsichtig aus der Hand. „Das... Du wolltest keinen Ring, also habe ich von Hathor speziell etwas anfertigen lassen. Ich wollte es dir eigentlich geben wenn wir gemeinsam zurück wären! Aber mit dem Ganzen... ich dachte es wäre das Einzige was ich habe das mich an dich erinnern würde. Darf ich?" Er hebt die Kette hoch und legt sie ihr um, nachdem sie nickt. Er fährt mit den Fingern am Lederband bis nach vorn zur Schlange und richtet sie richtig hin. „Ich weiß du kannst dich mit dem Terminus ‚Ehe' noch nicht abfinden, aber ich wollte dir einfach etwas geben dass außenstehenden Personen wenigstens zeigt dass man Respekt vor dir haben sollte. Wenn sie es nicht eh schon haben. Ein Zeichen dass- Dass du zu mir gehörst."
Ihr Herz schmilzt gleich. „Und ich habe nicht mal was für dich, weißt du wie mies ich mich fühle?", gibt sie leicht beleidigt von sich und nimmt den Anhänger in die Hand. „Hey, du musst mir nichts geben. Es- Es war nur für etwas was ich tun wollte. Außerdem hat das Ding hier ein paar Zusatzfunktionen!" Um ein wenig vom Thema abzulenken, deutet er auf die Kette. „Niemand kann dir die Kette nehmen, egal wie sehr sie daran reißen würden. Sie würden dir aber auch nicht damit weh tun, das heißt ersticken kannst du nicht. Gut, ist so oder so nicht möglich, aber du weißt was ich meine!" Ihre Mundwinkel gehen hoch und sie nickt. „Die kleinen roten Augen, das ist mein Blut. Damit ist die Kette an mein Leben gebunden und dadurch dass ich unsterblich bin, wird die Kette nie einen Schaden haben oder Abnutzungen. Nur du kannst die Kette abnehmen, oder nur mit deinem Willen ist es gestattet dass jemand anderes sie wegnimmt. Selbst wenn du kopfüber irgendwo hängen wirst, sie wird nicht runterfallen." So viel Mühe, so viel Arbeit! Und sie hat nichts. Nicht einmal etwas kleines! Kurz denkt sie nach und nimmt die Kette ab. Sofort runzelt er die Stirn. „Gefällt sie dir nicht? I-Ich kann- Was tust du?" Charly legt ihm die Kette um und zieht ihn damit zu sich herunter. „Sie ist wunderbar, Apep." Sanft legt sie ihm ihre Lippen auf seine und merkt, wie die Anspannung in seinem gesamten Körper nachlässt. Dennoch erwidert der den Kuss eher zögerlich, vorsichtig! Trauer? Schmerz? Leid? All die Dinge liegen ihm nun ferner als alles andere. Als Charlette sich wieder löst und ihn loslässt lächelt sie unsicher und sieht auf die Seite. „Tut- Tut mir leid." Doch Apophis nimmt ihr Gesicht in seine Hände und zwingt sie schon fast sie anzusehen. „Charly? Ich will jetzt eine klare Antwort. Willst du mit mir in einer richtigen Beziehung sein?" Die blauhaarige hat zwar den Mund offen, bekommt aber erst einmal keine Worte raus. „Wir-Wir können... erst mal klein anfangen, oder? Normale Beziehung? Das mit Ehe ist... ein beschissen großer Schritt." Auch wenn das nicht die Antwort ist auf die er gehofft hatte, es ist ein riesiger Sprung in die richtige Richtung. „Natürlich, Kleines! Natürlich!" Wieder beugt er sich vor und stoppt vor ihrem Mund, bevor er leicht amüsiert schnaubt und sich den lang ersehnten sanften Kuss voller richtiger Liebe holt. Schlussendlich legt er seine Stirn an ihre und hat die Augen nur halb geöffnet. „Ich weiß nicht ob ich meinen Bruder schlagen oder ich mich bedanken soll.", gibt er zu und richtet sich auf. „Aber auch wenn es jetzt komisch kommt und... das vielleicht wirklich die Stimmung zerstört! Woher der plötzliche Sinneswechsel?" Er nimmt sich selbst die Kette wieder ab und legt sie ihr um, immerhin ist es ihr Geschenk. Charly deutet auf ihr Zimmer und sie gehen rein. Sitara liegt wie immer auf dem Bett und gähnt, während sie die junge Frau mit einem wissenden Blick ansieht. Diese deutet auf die Löwin. „Kein. Wort." Apophis mustert die beiden und zieht eine Augenbraue hoch. „Kannst du sie plötzlich auch verstehen? Habe ich noch mehr verpasst?" Das Lachen der blauhaarigen lässt ihn ein wenig angespannt warten. „Nein, alles gut. Ist... ein Ding zwischen uns." Wieso hat er das Gefühl misstrauisch zu bleiben? „Will ich es wissen? DARF ich es wissen?" Charlette sieht zu Sitara, diese blickt zurück. „Ach, nur Weiberkram. Nichts für einen Gott." Dieser legt ihr eine Hand an das Kinn und dreht ihren Kopf zu ihm. „Es geht dich etwas an, also geht es mich etwas an. Aber wenn du nicht darüber reden willst, dann respektiere ich deine Entscheidung. Ich wollte das andere nur klarstellen." Erst blickt sie ihn noch perplex an, ehe sie lächelt. „Ich liebe dich auch, Apep." Sie sieht dabei zu, wie die schlitzförmigen Pupillen immer runder werden und fast die gesamte Iris ausfüllen. Wie süß kann man bitte sein?! Fehlen nur noch kleine Sternchen und Herzchen um ihn herum! „Aber warum ich mich dazu entschieden habe das alles... zu machen." Fast sofort ist er wieder bei der Sache und er bleibt aufmerksam vor ihr stehen, lässt seine Hand sinken. „Ich dachte ich würde sterben, du dachtest wahrscheinlich dass ich tot bin! Ich... Als ich hier war, war ich erst komplett verwirrt und hatte Angst, Sitara hat mich aber relativ schnell beruhigt. Bevor Ra aufgetaucht ist, hatte ich aber genug Zeit darüber nachzudenken! Ich meine... selbst als ich dachte dass ich sterbe waren meine Gedanken nicht bei meiner Familie, sondern bei dir. Ich wollte nicht von dir weg und ich habe erst gemerkt was du mir bedeutest als ich dachte ich würde wirklich abkratzen. Kann ich ohne dich leben? Nein, so simpel ist die Antwort. Würde ich es präferieren wenn ich in meiner Welt wäre? Nein, meine Zeit dort ist einfach um und ich bin hier. Mein Platz ist hier! Bei... dir. Kitschig? Ja, definitiv. Wahr? Auch ja. Es ist nicht so als dass ich nicht vorher schon etwas für dich empfunden habe! Aber... genau wie du war ich mir nicht sicher was es ist. Bin ich dir nur dankbar dass du mir mein Leben geschenkt hast? Ist es Liebe? Ich wusste es nicht. Bis jetzt." Apophis muss sich erst einmal setzen und starrt ins Leere. Da war schon vorher etwas für ihn da. Und er hat es nicht mitbekommen. „Apep? Alles... Alles in Ordnung? Brauchst du Wasser? Irgendetwas anderes?" Langsam hebt er den Kopf und sieht sie direkt an. „Ich wusste schon lange dass es Liebe war und hatte Angst es dir zu sagen... Weißt du wie dumm ich mir gerade vorkomme?" Charly sieht kurz auf die Seite und setzt sich auf den zweiten Stuhl. „Uhm... kann ich dir sagen dass das alles vielleicht komplizierter gemacht hätte wenn du es gesagt hättest? Es ist alles gut, oder nicht? Es war ein sehr, sehr langer Weg bis hier hin! Aber vielleicht sollten wir nicht darüber nachdenken was wäre passiert wenn. Das ist- Das wird zu kompliziert." Er zuckt zusammen als sie ihre Hand auf seine legt und sieht dorthin, ehe er nickt. „Das klingt nach einem Deal." Langsam dreht er seine Hand und hält ihre sanft fest. „Was hältst du von Bier? Zur Feier des Tages?" Wer könnte da nur nein sagen.
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