Kafla 21 - Rugl
Svikari
Svikari.
Svikari!
Svikari!!
Das Wort hallte in meinem Kopf wieder, als würde ich in einer leeren Lagerhalle stehen. Dumpf und bedrohlich.
Der fette Kloß in meinem Hals hinderte mich am schlucken.
Ein Anzug tragender Mann Mitte dreißig, der mir im Bus gegenüber saß schielte heimlich über seinen Buchrücken, während ich vermutlich aussah als würde ich gleich einen Schlaganfall erleiden. Wir hatten schon relativ spät, da ich noch eine Schicht im Café gearbeitet hatte.
Ich war auf dem Weg nach Hause gewesen als mich die Erinnerung überwältigt hatte.
Ruckartig schoss ich hoch und drückte den Knopf zum aussteigen. Ich konnte noch nicht nach hause, nicht nach dem ich mich so aufgewühlt fühlte. Das war es also, was Ana mit Spion gemeint hatte. Eigentlich war mir klar gewesen, was ein Spion war. Es jedoch zu fühlen und zu verstehen was es für eine Person wie Ana bedeutet war etwas ganz anderes.
Sich als Herrscherin eines Landes in einen Mann zu verlieben. Ihm ungewollt Informationen weiter zu leiten, die dazu beitragen, dass das eigene Land dadurch angegriffen wird und in Gefahr geriet könnte sie den Kopf kosten. Und vor allem ihr Bündnis mit Christian.
Es fühlte sich so unreal an, zu wissen, was als nächstes passiert, nachdem man sich an sowas erinnerte. Als hätte ich das offene Kartenblatt obwohl das Spiel grade erst begann. Und ich wusste ich würde verlieren.
Ich stolperte bei dem nächsten Halt aus dem Bus und lief einfach vor mich hin. Zumindest die Richtung zuhause steuerte ich an.
Mein Bauch krampfte sich und es fühlte sich an als hätte mir jemand in meinen Magen geschlagen. Ich dachte immer Herzschmerz würde sich auf das Herz beschränken.
Diese verdammte Erinnerung hatte mich komplett umgehauen.
Wie konnte Kjell ihr nur so etwas antun?!
Ich fasste mir an die Brust und krallte mich mit den Fingern fest. Am liebsten würde ich dieses verdammte verletzte Ding aus meiner Brust reißen.
Es war viel zu viel für mich. Ich konnte nicht klar denken und nicht nicht überlegen.
Wie konnte Ana ihn immer noch lieben, nachdem sie sowas gefühlt hatte. Er hatte sie tiefer verletzt als es ein Schwert je hätte tun können. Er war ein Verräter ihrer liebe. Wie konnte er nur so sehr heucheln dass er sie liebte?!
Dass Ana später Christian heiratet und auch dass sie sich von Kjell distanziert hatte. Nun konnte ich alles verstehen.
So sauer war ich auf Ana gewesen, dass sie sich von Kjell fern gehalten hatte und auch das mit Christian. Wie konnte ich nur an ihr zweifeln. Sie war nicht das gefühlskalte Monster für dass ich sie gehalten hatte.
Sie war so stark und lies sich nach außen nichts anmerken. Sie hatte trotz ihren Wunden eine Schlacht gewonnen. Einen fremden Mann geheiratet. Sie hatte noch viel mehr geopfert, als ich es für möglich gehalten hatte.
Nicht auszumalen an was Kjell noch alles schuld gewesen sein könnte.
Irgendwann war ich zu erschöpft zu laufen kniete mich einfach auf den Boden.
Schon nur allein der Gedanke an diese Erinnerung lies mich immer und immer wieder in Tränen ausbrechen.
-------------------------------
Selbst am nächsten Tag war ich noch in dieser apathischen Stimmung.
Den ganzen Abend hatte ich mir noch den Kopf darüber zermartert.
Nicht mal die Textnachrichten, die mir Elín heimlich von ihrem Handy geschickt hatte, während ihre Elter unaufmerksam waren, konnten mich aufbauen. Die verlangte, dass ich ihr ein Paar Details schrieb und sie auf den neusten Stand brachte, doch ich war kaum im Stande ihr zu antworten, geschweige denn darüber zu berichte, an was ich mich wieder erinnert hatte.
Ich hatte versucht ein paar Infos auf die Kette zu bekommen aber diese Sprünge in der Zeit machten mich ganz verrückt.
So dass ich mir am nächsten Tag vornahm eine Chronologische Reihenfolge der Ereignisse anzufertigen, wenn ich wieder einen klaren Kopf hätte.
In der schule saß ich in der Mittagspause alleine unter einem Baum.
Romy und Jarla, die Mädchen die bei dem Ausflug in meinem Zimmer waren, fragten mich ob ich mir mit ihnen was zu essen holen wolle. Es war süß von ihnen mich zu fragen aber ich war dazu nicht in der Stimmung.
Ich wollte alleine sein und starrte auf das weiße Blatt vor mir, welches auf meinen angewinkelten Kien lag. Zwanghaft versuchte ich mich an die ersten Ereignisse zu erinnern, während die neusten Erinnerung mich nicht los ließen und in meinem Kopf rum spukten.
Heute war einfach schon so viel schief gelaufen. Zwei verschiedene Socken waren an meinen Füßen, ich hatte mir auf dem Weg zur Schule ein Loch in meinen Pulli gerissen und auch sonst schien mich das Schicksal nicht zu verschonen.
Nervös wackelte ich mit dem Kugelschreiber hin und her bis ein Schatten über mich geworfen wurde.
Erschrocken zuckte ich zusammen und stieß mir dabei den Kopf an dem Stamm des Baumes. Ich war so in meine Welt eingetaucht, dass ich nicht bemerkt hatte wie Lucca an mich ran getreten war.
>>Hey Júlía, was machst du hier?<<
Ich spürte nicht, dass flattern im Bauch, welches sonst immer bei ihm auftauchte. Aber ich schob es einfach auch meinen demolierten Zustand.
>>Ähm hey, ich.. äh schreib nur ne Einkaufsliste.<< log ich und merkte selber wie gelogen das klang.
Ein viel Lügender Mensch war ich noch nie gewesen. Zu dem war ich auch echt schlecht.
Nur gut dass ich mich heute allgemein ziemlich Emotionslos anhörte, so verriet ich mich vielleicht nicht direkt.
>Okaaaay.. willst du nicht mit mir und den Jungs Mittagspause machen? Wir wollten uns was zu essen holen.<< seine Hände waren in die vorderen Hosentaschen geschoben und er wippte vor und zurück auf seinen Sneakers.
Wow zwei Essens Einladungen an einem Tag. Hatte das Karma etwa Mitleid mit mir?
Kurz überlegte ich ob ich Zusagen sollte. Aber ich war heute einfach nicht ich selbst. Und einen falschen Eindruck wollte ich auch nicht hinterlassen. Lucca war ein wirklich netter Kerl und einer der Ersten, die mit mir geredet hatten. Ich wollte ihn nicht verscheuchen in meinem Zustand.
Ich lehnte ab und er verschwand mit einem unsicheren Lächeln während er seine Kappe tiefer ins Gesicht zog. Direkt fühlte ich mich schlecht. noch schlechter als vorher.
Nach der Schule trug es mich auf die Klippen. Ich wusste nicht wo ich sonst hin sollte. Ich konnte momentan einfach nicht in Gesellschaft sein. Aber allein fühlte ich mich auch bescheuert.
Von unter dem Baum hatte man einen wahnsinnigen Blick auf das Meer. Das rauschen der Wellen zu hören lies meine Gedanken Kreisen und für einen Moment konnte ich Anas sorgen vergessen. Es war verrückt, wie ihre Gefühle nun mein Leben und auch meine Stimmung steuerten.
Und trotzdem wollte ich sie und die Erinnerung an das, was geschehen war nicht missen.
Meine Kurzen Haare wehten im Wind und die kühle brise lies mich ein wenig frösteln während ich meine Gedanken keisen lies. Auch wenn ich diesen Ort wirklich genoss. Nach einer Stunde sitzen im Wind war mir arsch kalt.
>>Júlía<< eine Gänsehaut über zog meinen ganzen Körper. Gefolgt von dem betörenden Schmerz der sich in mein Herz stahl.
Arian.
Es war dumm aber mit ihm hätte ich momentan nicht gerechnet. Auch wenn ich ihn hier schon einmal getroffen hatte. Ich hatte es einfach gehofft, dass er hier und heute nicht auftauchen würde. Falsch gehofft.
Leicht aufgerichtet drehte ich mich zu ihm um. Es sah so verdammt gut aus, dass ich mich am liebsten geschlagen hätte für die Gefühle, die er in mir weckte.
Die Erinnerung was Kjell getan hatte war zu präsent, um zu verdrängen, dass er die alles vielleicht nicht wusste. Vielleicht.
Möglicherweise wusste er aber auch über alles bescheid. Kjell war nicht nur ein Verräter, an seinen Händen klebte auch das Blut vieler unschuldiger. Was wenn Arian auch so war. Was wäre, selbst wenn er sich nicht erinnern konnte. Die Möglichkeit bestand dass er trotzdem falsch war wie Kjell. Ein krimineller oder schlimmeres.
Der Gedanke daran, dass Arian auch gefährlich sein könnte machte mir plötzlich Angst und ich hatte keine Ahnung wie ich mich verhalten sollte.
Klasse! Jetzt lies mich das Ana-Gen alleine. Wieso konnte ich nicht in Situationen wie diesen ihren Mut und ihre Stärke bekommen.
Ich war mir nicht sicher ob Arian mir was antun würde, wenn er war wie Kjell. Immerhin sah ich nicht aus wie Ana. Er konnte ja nicht wissen wer ich war. Und trotzdem hatte ich ein flaues Gefühl im Magen.
>>Ist alles Okay bei dir?<< wollte er von mir wissen und ich registrierte, dass ich ihn wieder einfach nur angestarrt hatte. Naja das riss es jetzt auch nicht mehr raus. Wenn Arian mir gefährlich werden konnte dann auch wenn ich ihn nicht anstarrte.
>>Ich bin mir nicht sicher<< gestand ich. Ich konnte bei ihm einfach nicht unehrlich sein. Dabei kannte ich Arian nicht.
>>Was ist passiert<< seine stimme wurde behutsam. Besorgt. Als würde es ihn wirklich kümmern wie es mir ergeht.
Ich schüttelte nur den Kopf. Ich wäre nicht fähig gewesen über die Sache zu reden. Vor allem nicht mit ihm.
>>Was machst du hier?<< stellte ich eine gegenfrage. Dabei winkelte ich meine Beine an und zog sie näher an meinen Körper.
Auf der einen Seite war meine Seele am bluten, wenn ich ihn ansah und auf der anderen hatte ich das Gefühl, dass sich die seelischen Wunden schlossen, um so länger ich in seiner Nähe war.
Es war kaum zu beschreiben.
Um ehrlich zu sein redeten wir nicht viel miteinander. Nach einer weile des Schweigens saß er sich in gutem Abstand neben mich unter den Baum uns wir starrten zusammen aufs Meer hinaus während der Wind uns weiter um strich.
Seltsamerweise war mir seit Arian da war überhaupt nicht mehr Kalt. Von ihm strahlte so eine hitze aus, die mich zusätzlich von innen zu wärmen schien. Ich fragte mich immer und immer wieder ob er Ana in mir erkannte. Wieso er sich neben mich gesetzt hatte und wieso er sich noch meine Gesellschaft antat obwohl ich mich in seiner Gegenwart sichtlich seltsam verhielt.
Immerhin brachte ich selten ein ton aus und starrte ihn immer wieder an. selbst jetzt. Während er immer nur auf die Wellen blickte. Doch er wusste dass ich ihn anstarrte. Denn ab uns zu nach dem ich mich wieder in seinen Gesichtszügen verloren hatte begann er ohne ein Blick an mich zu verschwenden zu grinse.
Ich könnte schwören dass ich knall rot war im Gesicht.
Als ich später ging blieb er noch sitzen und ich verabschiedete mich kurz. Ich konnte mich nicht entscheiden ob ich ihm am liebsten in die Arme gefallen wäre oder ob ich vor ihm Angst haben sollte.
Sein neuer Look lies ihn verwegen aussehen und draufgängerischer. Unterstrichen wurde dies durch seine schwarze Lederjacke und die von Wind verwehten kurzen Haare.
Nach dieser Begegnung war ich nicht schlauer, doch ich musste zugeben dass ich lange nicht mehr so durcheinander war wie vorher. Ich hatte mich beruhigen können und auch klar denken war mir wieder möglich.
Aber eins war klar. Ich verstand wieso Ana ihn nicht hassen konnte. Denn unter der ganzen Verwirrung und unter dem tiefgehenden Schmerz versteckte ich trotzdem noch eine Unbesiegbare Liebe. Ich spürte sie. Und nicht nur durch Anas Herz sondern auch durch mein eigenes.
-----------------------------------------
Leute! Schande über mein Haupt !!
Es tut mir leid dass ich so lange gebraucht hab um weiter zu schreiben. 🙈🙈🙈
Ich war in einem nach-Prüfungstief!
Jeder von euch kennt das denk ich mal.
Ab jetzt geb ich mir wieder mehr Mühe!!
Btw. Ich war letztens auf #6 Historische Romane 😍😍
Nur dank euch und euren vielen tollen Kommentaren und Votes ♥️
Anguriadore
Rugl - Verwirrung
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro