Kapitel 35
Draco torkelte durch die Gänge. Er wünschte, er wüsste den Zauberspruch, mit dem Madam Pomfrey ihm den Kopf frei blies. Denn nun konnte er sich haargenau an jedes Wort erinnern, was Abbey gesprochen hatte und zwar höchst unfreiwillig. Höchst unfreiwillig war auch der angekündigte Besuch Dracos Eltern, der demnächst stattfinden sollte. Er konnte sich schon ausmalen, wie das verlaufen sollte:
Narcissa überschlug ihre schlanken Beine, während sie zwischen ihrem Mann und dem Professor hin und her sah. Lucius blickte sich immer wieder hektisch um, als wäre er auf der Flucht und auch Professor Snape schien aufgebrachter als sonst.
„Ich habe alles mit unserem Schulleiter abgesprochen und die Beurlaubung eures Sohnes ist somit geltend. Ihr könnt ihn gleich heute mitnehmen."
Draco stand hinter ihnen, er hatte sich gar nicht getraut, sich hinzusetzen. Er traute sich auch nicht zu atmen, aus Angst, jeder seiner Atemzüge könnte etwas Schlimmes zur Folge haben.
Lucius sprang auf, griff Draco am Arm und schleifte ihn, gegen seinen Willen, aus Hogwarts hinaus, in die prächtige schwarze Kutsche, die draußen stand und scheinbar von alleine fuhr, und sie flogen los. Ins Grauen.
Draco stieß urplötzlich mit jemandem zusammen und entschuldigte sich, bevor er, schneller als vorher, in seinen Schlafsaal eilen wollte. Wer könnte ihm gerade am besten helfen? Crabbe und Goyle machen sich nicht für Geheimnisse. Sie brachten Draco zum Lachen und hielten immer zum Lästern her. Pansy war einfach nur nervig. Und Snape? Der war doch in alles eingeweiht, wieso erledigte nicht er die Drecksarbeit? Dumbledore. Draco hatte ihn äußerlich schon immer verachtet. Anders hätte es sein Vater auch gar nicht geduldet, doch allmählich fragte er sich, wieso er den Schulleiter in so einem negativen Licht sah. Klar hatte er oft zu Gunsten von Potter entschieden und Slytherin höchstpersönlich den Hauspokal abgenommen, doch eigentlich war er gütig. Aber könnte er es wirklich veranlassen, dass Draco nicht mit nach Hause ginge? Was würden seine Eltern tun, um es mit Gewalt durchzusetzen? Daran wollte er gar nicht denken. Aber solange er niemanden zum Reden hatte, musste er darüber nachdenken.
Aber halt, da war doch jemand zum Reden. Einen stillen Zuhörer, der Draco Trost spendete. Aber Abbey konnte er das alles doch nicht anvertrauen. Wie sollte er mit ihr über sie reden? Mit ihr brauchte er diesen Zauber gar nicht, Abbey bewirkte den gleichen Effekt. Was würde mit Abbey passieren? Würde sie, wie in seinem Traum, auf den Steinboden geworfen werden und gefühllos abgeschlachtet werden? Dann wäre ihre gemeinsame Zukunft kaputt. Ach, wartet, das ist sie ja schon.
Dabei hatte Draco doch sein Leben wieder unter Kontrolle gebracht, wäre da nicht der Lord. Draco würde sich natürlich nie öffentlich zu sagen trauen, dass der Lord die Schuld an seinem Leid trug, doch denken konnte er es ja. Wie konnte er da raus kommen? Wie wird seine Zukunft aussehen? Wird er dem Lord entfliehen können? Und würde womöglich Potter den Lord bezwingen? Hätte er noch eine Chance bei Abbey?
Er erschrak still, als ihn zwei zierliche Hände von hinten packten. Diese Kraft, ihn ein Stück davon zu ziehen und ihn dann umzudrehen, ordnete Draco einer bestimmten Person zu.
„Was willst du, Pansy?"
Sie ließ ihn nicht los und Draco fühlte sich nicht in der Verfassung, sich aus ihren Armen zu winden, als sie ihn fest umarmte.
„Hallo? Du bist einfach weg und niemandem sagst du was! Und dann erfahre ich, dass du im Krankenflügel warst und einen Schwächeanfall hattest. Und du bist so ruhig in letzter Zeit, man, Potters Leben wird doch immer besser, wie kannst du da so still sein?!"
„Du bist nicht meine Mutter..."
„Früher war alles anders..." sagte Pansy giftig, sah Draco an, doch ließ ihn nicht los, vielleicht hatte die Angst, dass er erneut untertauchen könnte.
„Es gibt kein früher!" Nun hatte Draco sich doch dafür entschieden, Pansys Klauen zu entkommen und war auch erfolgreich.
„Seit du ein Auge auf Andrews geworfen hast, bist du so! Was hast du mit dieser Schlampe?!" Das „Schlampe" betonte sie besonders laut, sodass es durch die Gänge schallte.
„Das geht dich gar nichts an, halt doch einfach deine Fresse!" Trotz dessen, dass ein paar Gaffer und Schaulustige sich zu ihnen gesellt hatten, konnte Draco sich nicht zurückhalten und fühlte sich gezwungen, vulgär zu werden. Er trat ein Schritt zurück und lief dann zügig weiter. Pansy lief ihm nicht nach. Besser für sie.
Was dachte sie sich?! Nie hatte sie sich getraut, ihm so zu kommen. Sie hatte ihn angehimmelt, war ein treues Schoßhündchen, doch Draco hatte sie wohl zu wenig benutzt. Merkwürdige Art, Minderwertigkeitskomplexe zu zelebrieren. Doch irgendwie konnte Draco sie auch verstehen, er würde Clarkson auch gerne zur Rede zu stellen, was er alles mit Abbey anstellen wollte. Er wünschte sich, er würde einfach verschwinden und sie würde ihm gehören. Ein Eisprinz im Feuerreich.
Als er am Abend im Bett lag und in seinen Unterlagen stöberte, fielen ihm alte Zaubertrankunterlagen in die Hände, die mit Randnotizen bekritzelt waren.
„Treffen wir uns heute im Gewächshaus?" Das war Abbeys Schrift. Abbey hatte so geflucht, als sie damals neben Draco gesetzt wurde, während ihrer Beziehung hatte sich das natürlich verändert und jetzt war es wie vorher. Morgen hätten sie wieder Zaubertränke zusammen.
„Klar <3" Dracos Schrift.
Mit leeren Augen starrte er die Buchstaben an und kämpfte gleichzeitig mit Kopfkino und all den rosanen Erinnerungen.
Er fand noch mehr dieser kleinen Nachrichten und Liebeserklärungen zwischen seinen Notizen und dabei wollte er sich mit dem Lernen doch ablenken. Und irgendwie war er es leid, immer an Abbey denken zu müssen. Er riss die Ränder einfach ab und stopfte sie unter sein Kopfkissen, um nicht zum Papierkorb gehen zu müssen. Aus einer sicheren Quelle, ja, es war Snape selbst gewesen, wusste er, dass sie morgen in Zaubertränke ein Test erwarten würde. Ob Abbey das wusste...? Genug von Zaubertränke, genug von Abbey, der legte seine Notizen zur Seite. Das letzte, was ihm jetzt helfen könnte, war eine heiße Dusche, die er auch nach den Tagen im Krankenflügel bitter nötig hatte. Er ging also ins Bad, schloss ab, streifte sich seine Kleidung vom Körper und stieg unter die Dusche. Er stellte den Hahn auf heißes Wasser, schloss genüsslich die Augen und ließ das Wasser aufs Gesicht prasseln. Nebenbei lauschte er den Stimmen, die ihm immer näher kam. Es waren ganz sicher seine Zimmergenossen, die nun angeregt über etwas belangloses diskutierten und irgendwann ganz verstummten. Als Draco die Dusche verließ, war sein Gesicht rot wie eine Tomate. Aber wenigstens sah er frischer aus als davor. Verbrannt, aber frisch. Der weitere Abend zog sich hin, weil Draco in einen unruhigen Schlaf fiel und immer wieder aufwachte.
Dementsprechend verlief auch der Vormittag und trotz des Tests, war Zaubertränke sein einziger Lichtblick. Doch weil er in der Pause kurz weggenickt war, musste er sich nun beeilen, sonst würde er zu spät kommen. Aber er war nicht der einzige.
„Lass Draco in Ruhe. Für immer, verstehst du?!" Er erkannte Pansys Stimme. Neugierig und genervt zugleich wollte er sehen, was los war. Doch bei den Worten „Du kannst ihn gern behalten. Ich will ihn nicht." Trat er wieder ein paar Schritte zurück. Es war Abbey Stimme. Sie murmelte zwar leise, doch ihre Stimme hätte er aus tausenden erkannt.
Pansy war jetzt wohl völlig verrückt geworden, doch um Abbey zu meiden, ging er einfach. Er würde nicht zu Zaubertränke erscheinen.
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