Kapitel 20
Die Eulerei war plötzlich wieder ein schöner Ort für Draco, denn er erwartete gute Post. Und um sich die süße Vorfreude nicht zu früh zu verderben, machte er den Brief von Bein seiner Eule ab, aber wartete erst, bis er in seinem Zimmer war, um den Brief zu lesen.
Beim Lesen wich ihm allerdings die Freude aus dem Gesicht.
„Draco, mein Sohn, was hast du nur angerichtet?
Liebestrank? Der dunkle Lord hält nichts von deiner schwachsinnigen Idee. Er sagt, damit würde es nie klappen, weil Liebestränke nichts weiter als eine Gaukelei sind. Ich hoffe, du hast einen Plan B und ich hoffe auch, dass dieser Plan B schneller wirkt.
Lucius Malfoy".
Das war eindeutig nicht das Weihnachtsgeschenk, welches er erwartet hatte.
Wieder erfüllte ihn dieses Gefühl, was er niemals vermisst hatte. Ein Gefühl, so grausig, wie der Tod höchstpersönlich und so kalt, wie die Gegenwart eines Dementors. Es fühlte sich an, als würde Draco nur noch mit einer Hand an einer tiefen Klippe hängen, die aber langsam zu brechen droht. Nie hätte er erwartet, dass eine Dienerschaft für den dunklen Lord sich so anfühlen würde.
Vielmehr war seine Vorstellung davon sehr rosig gewesen. Hohes Ansehen, Macht und vor allem Furchtlosigkeit. Aber das Gegenteil war der Fall. Zwar waren die Malfoys schon immer wohlhabend, doch ihr Ansehen zerbrach immer mehr, was auch vor allem an Draco hing. Und auch Angst hatte den blonden Jungen heimgesucht.
Draco wusste eigentlich, dass er seinem Vater sofort zurückschreiben müsste. Immerhin hängt sein und seiner Mutters Leben davon ab.
Er wollte raus. Erstmalig wünschte er sich, nicht mehr Draco Malfoy sein zu müssen. Er verließ den Gemeinschaftsraum geradezu fluchtartig.
Doch vor der Tür hatte schon jemand auf ihn gewartet. Und dieser jemand verbesserte Dracos Laune nicht gerade.
„Wegen dem Weihnachtsball..." begann sie.
Draco fühlte sich, als hätte man eine Schlinge um seinen Hals fest gezogen, als er geradezu schrie: „ICH GEH NICHT MIT DIR!!!" Er hustete und ließ Andrews einfach da stehen.
Peinlich war das, als alle ihm nachsahen und den Kopf schüttelten. „Erniedrigung" war das Wort, was ihm durch den Kopf schoss.
Wohin sollte er gehen um seinen Dampf abzulassen?
Er rannte über den Trainingsplatz für die Flugstunden, vorbei an der peitschenden Weide. Rüber zum schwarzen See, wo er sich auf einem Hügel niederließ.
Er wurde beobachtet. Er wurde beobachtet von niemand geringerem als Abigail Andrews. Sie versteckte sich hinter einem Baum und starrte einfach in seine Richtung. Irgendwann machte sie sich Mut und ging zu ihm. Leise wie eine Katze schlich sie zu ihm und setzte sich neben ihn.
„Geh weg" murmelte Draco leicht weinerlich und ein wenig wütend. Aber er hatte keine Kraft, sie weg zu befördern und so ließ er sie da sitzen, sah sie aber nicht an.
„Wieso bist du traurig?" fragte Andrews direkt und dann sah Draco sie an, während ihm eine Träne über die Wange rollte.
„Ich bin nicht traurig" erwiderte er und richtete seinen Blick auf den See.
„Leugnen hilft nicht, ich hab dich schluchzen hören" meinte sie mitleidig und verspürte das Bedürfnis, ihm ihren Arm um seine Schulter zu legen, um ihn zu trösten.
„Lass mich einfach in Ruhe..." antwortete Draco fast tonlos und wollte gehen, doch Andrews hielt ihn auf.
„Ich weiß nicht, was los ist, aber mit Trauer kenn ich mich aus" versuchte sie ihn zu überzeugen zu bleiben. „Gerade als ich nach Ravenclaw geteilt wurde, war ich sehr traurig, weil ich das Gefühl hatte meine ganze Familie enttäuscht zu haben. Oder als ich mich mit Alice gestritten hatte. Ich habe mir tagelang die Augen aus dem Kopf geheult!"
Draco setzte sich wieder. Er wusste nicht genau, wieso er das tat, aber sie lenkte ihn von seinem Problem ab, in dem sie einfach drauflos quasselte. Er vergaß, wieso er eigentlich so traurig gewesen war.
„Draco..." Er war sogar soweit, dass es ihn nicht störte, dass sie ihn mit dem Vornamen ansprach.
„Draco, ich muss dir was sagen." Andrews wirkte jetzt ganz ernst und sah ihm direkt in die Augen. „Immer, wenn ich dich sehe, habe ich so ein Kribbeln im Bauch und mir wird ganz heiß."
Draco sah sie stirnrunzelnd an. Aber für sie war es kein Problem, offen mit ihren Gefühlen zu sein.
„Das... ähm..." entgegnete er ratlos, doch sie stand auf. Er tat es ihr gleich und beide machten sich auf den Weg ins Schloss.
„Wenn es dir nochmal schlecht geht, ich kenne einen Ort für dich. Hinter den normalen Gewächshäusern gibt es auch eins, was nicht mehr benutzt wird. Da bin ich manchmal, aber sonst keiner" erzählte sie, winkte kurz und ließ Draco einfach da stehen.
Er lächelte in sich hinein, als er zurück in den Gemeinschaftsraum ging. So hatte er Andrews - oder sollte er sagen Abbey- noch nie erlebt. Es gab keine Sticheleien, keine bösen Worte, nur ehrliche Direktheit.
Draco verstand sich gerade selbst nicht, aber er wollte das Gefühl noch einmal spüren und wendete, bevor er den Kerker erreichen konnte. Er ging zum Gewächshaus Nr. 17, welches seit Jahren nicht mehr benutzt wurde.
Das Glashaus war länglich, schmal und hatte anders als die anderen Gewächshäuser nur zwei Reihen mit ehemalig bepflanzten Blumenkübeln, die an den Seiten entlang liefen.
Es duftete nach Blumen und als Draco ein paar Schritte weiter ins Haus ging, bemerkte er auch wieso. In einem Kübel, der noch etwas gepflegter als die anderen aussah, wuchsen kleine, blaue Blumen, die betörend dufteten. Sie wucherten bereits aus dem Kübel hinaus, so als hätte man die Blume vor langer Zeit gepflanzt und dann vergessen.
Noch ein paar Schritte und Draco hatte das Ende des Hauses erreicht. Der Blumenkübel der dort stand, war komplett leer und sah geputzt aus. Also so geputzt, wie ein rostiger Blumenkübel eben sein konnte. Darin lag ein einzelnes, dickes Buch.
Draco schlug es neugierig auf, doch es war nur ein einfaches, stinknormales Buch. Und so legte er es wieder weg.
Aber es ging noch weiter; unter dem Kübel lag ein Holzstück, das Draco an einen Terrassenboden erinnerte. Darauf ausgebreitet war eine Decke. Sie sah schon etwas verfilzt aus.
Draco sah das als eine Sitzmöglichkeit und setzte sich. Eine ganze Weile starrte er nur den Gang entlang. Der Duft der Blumen schien ihn zu beruhigen.
Trotz der kalten Temperatur draußen, wurde ihm langsam warm. Und weil er dieses Gefühl so genoss, blieb er noch eine Weile dort sitzen und dachte über Abbey nach.
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